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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2020

Umbau und Sanierung des Fruchtkastens in Herrenberg

Anerkennung

Preisgeld: 8.000 EUR

arabzadeh.schneider.wirth architekten

Architektur

TIDO BRUSSIG SZENERIEN

Innenarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Auseinandersetzung mit der städtebaulichen und freiräumlichen Situation beschränkt sich aus dem von den Verfassern selbst auferlegtem sog. Respekt vor Gebäude und Altstadt auf bescheidene Nutzungsangebote im Umgriff des Fruchtkastens. Eine gastronomische Nutzung im westlichen „Schlupf“ erscheint schwierig, der Hof wird als Verweilbereich mit dem Charakter eines bäuerlichen Gartens angeboten - wird allerdings vom Fruchtkasten nur über eine seitliche Stiege erschlossen. Die Konzentration des Entwurfs gilt also dem Gebäude und verzichtet weitgehend auf die Potentiale im städtebaulichen Kontext. Das gestalterische Konzept macht sich an zwei Handlungssträngen fest. Die äußere Gestalt wird zum einen durch die Rückführung in die Ockerfassung des Fachwerks geprägt und macht dadurch die öffentliche Bedeutung des Bauwerks deutlich. Zum anderen erfolgt eine Setzung von freien Fensterformaten zur Tübinger Straße. Diese freie Setzung kann vom Preisgericht nicht nachvollzogen werden, da sie gegen die Tektonik der Hauptfassade arbeitet und möglicherweise nicht als Spannung, sondern als Störung verstanden werden könnte. Die innere Gestaltung wird von der Weiterverendung aller vorhandene Geschossdecken bestimmt. Diese Entwurfsentscheidung bietet ein Maximum an nutzbarer Fläche, verhindert aber auch, dass das Gebäude an einer oder mehreren Stellen „atmen“ kann und die Geschosse eine räumliche Verbindung aufbauen können. Die Vertikalerschließung ist durch die alternierenden einläufigen Treppen klar aufgebaut und lässt eine gute Orientierung im Gebäude zu, wenngleich die räumlichen Potentiale von Treppenanlagen nur bescheiden genutzt werden. Die Nutzungen sind sinnfällig auf den Ebenen verteilt. Ein großzügiger Antritt im EG mit Café und Ausstellungsbereichen lässt eine gute Verknüpfung zum öffentlichen Raum erwarten. Die Entscheidung zwischen das EG und die Hauptausstellung eine Versammlungsebene zu legen muss ambivalent gesehen werden. Zum einen ist die Nähe von Gastronomie und Versammlung vorteilhaft, zum anderen wirkt die Ausstellung im 2. OG etwas abgehängt vom Leben im Haus und in der Stadt. Die Entwurfsentscheidung der Erhaltung aller Geschosse ermöglicht einen großen und vorteilhaften Bestandserhalt der denkmalgeschützten Konstruktion. Auch werden die Treppenanlagen parallel zu den Balkenlagen geführt und vermeiden Kollisionen zwischen Bestand und neuem Einbau. Der zurückhaltende Umgang mit der vorhandenen Bausubstanz kann als nachhaltige Konzeption verstanden werden. Die konsequente Auslegung des Prinzips führt allerdings zu Einschränkungen bei wichtigen zeitgenössischen Anforderungen an Nachhaltigkeit. Innen- und Außenbezüge, Tageslicht und gebäudeklimatische Anforderungen müssen zurückweichen. Mit einer medialen Präsentation zu Stadtgeschichte empfängt eine erste Ausstellungseinheit die Besucher im historischen Steinbau im Erdgeschoss. Zentrales Objekt ist ein interaktives Modell der Herrenberger Stadtbildes. Im 1. OG schließt sich mit dem Thema Streuobstwiesen eine szenographisch stark durchgearbeitete Abteilung zum Thema an, deren Gestaltung an ein Science Center erinnert, was durchaus für verschiedene Altersgruppen attraktiv sein kann. Die Präsenzausstellung mit Sammlungsobjekten zu Themen der Stadtgeschichte zusammen mit einem Raum für Kulturvermittlung belegen das gesamte 2. OG. Entlang einer gedachten Führungslinie sind die Themen klar gegliedert. Der historische Raum einschließlich der Träger und der bestehenden Holzdielen bleibt als Ganzes erfahrbar und bildet einen spannenden Kontrast zur modernen Ausstellungsarchitektur. Diese erscheint im Rendering jedoch relativ massiv und hat ggf. noch das Potential luftiger gestaltet zu werden, um den Raum noch besser erfahrbar zu machen. Insgesamt zeigt der Entwurf eine konsequente Haltung zu einem sehr hohen Bestandserhalt des Baudenkmals auf, die allerdings deutliche Einschränkungen bei der Entwicklung eines offenen Hauses für Kultur und Kommunikation in der Altstadt Herrenbergs mit sich bringt.