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Einladungswettbewerb | 09/2020

„ungewöhnlich wohnen III - Kinder in der Stadt“: Wohnungsneubau Gartenstadt-Werdersee in Bremen-Huckelriede

G1

G1

3. Preis

Preisgeld: 6.250 EUR

claudia gräfe marion schonhoven architekten BDA in partmbB

Architektur

schramm + partner Landschaftsarchitektur PartG mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die beiden neu konzipierten Gebäude sollen mit einem vielfältigen Wohnungsmix, gepaart mit diversen Begegnungsmöglichkeiten, einen Beitrag leisten für ein gutes Zusammenleben von Familien in unterschiedlichen Konstellationen und einzelstehenden Bewohnern in einer weitgefächerten Generationenvielfalt. Bei dieser Planungsaufgabe liegt der Fokus auf den Kindern. Ein gutes Zusammenleben mit Kindern ist abhängig von den räumlichen Möglichkeiten, die eine Wohnung samt seines Umfeldes für Kinder zu bieten hat. Es muss Möglichkeiten geben, Freunde kennenzulernen und mit ihnen Zeit zu verbringen. Kinder sollen Orte erobern können und gleichzeitig im Blick und geschützt durch Erwachsene sein, sie sollen eine Akzeptanz durch Mitbewohner für bewegtes Spielen und Toben erfahren. Dazu gehört, daß Rückzugsmöglichkeiten nicht immer nur im Privaten gefunden werden, sondern auch im halböffentlichen Bereich. Unsere Gebäude zeichnen sich durch ein Spiel mit privaten, halböffentlichen und öffentlichen Bereichen aus. Diese Zonierung findet sich sowohl im Gebäude, durch das Spiel mit Loggien, Balkonen und Laubengängen als auch im Aussenraum wieder. Die lebendige Atmosphäre einer kinderreichen Wohnstraße mit Spielen auf dem Bürgersteig wird hier in der Vertikalen weiterentwickelt: Beide Gebäude werden über Laubengänge erschlossen, die neben der erforderlichen Gehbreite Nischen und Versprünge haben, die ein gemeinsames Spielen, ein Gespräch mit den Nachbarn oder auch den Genuss einer Tasse Kaffee mit sozialem Anschluss, bieten. Es entsteht eine soziale und räumliche Verzahnung durch unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten, die man an dem Gebäude ablesen kann.

G1
Das Baugrundstück G1 wird über die im Norden liegende Wohnstraße erschlossen und bildet mit seinen 4 und 5 Vollgeschossen einen Hochpunkt des Quartiers. Hier entstehen besondere Blickbeziehungen zum Landschaftsraum Werdersee. Die exponierte Lage bildet den nordöstlichen Abschluss des Quartiers. Die dem Landschaftsraum und Wohnquartier zugewandten Fassaden zeichnen sich durch eine klare Raumkante in Zusammenspiel mit der zukünftigen Nachbarbebauung aus. Die straßenseitigen Fassaden im Erdgeschoss, das 10cm über dem Gelände liegt, schieben sich nach hinten in den Garten durch. Dadurch entsteht vor den Wohnungen eine halböffentliche Zone, die den eigentlichen Wohnräumen dahinter mehr Privatheit gewährleistet. Das Gebäude ist mit einer Tiefgarage unterkellert, die über eine Rampe an der südlichen Fassade erschlossen wird. Das einzige innenliegende Treppenhaus mit einer Aufzuganlage liegt im Knick des Gebäudes. Es führt auch direkt in die Tiefgarage und erschliesst einige Abstellräume im Untergeschoss. Das Treppenhaus kann über zwei Eingänge an der Nord-und an der Ostfassade erreicht werden. Ein zweites aussenliegendes Fluchttreppenhaus wird über die Laubengänge erschlossen und führt über eine einläufige Treppe direkt in den Gemeinschaftsgarten. Die Wohnungen im Erdgeschoss erhalten jeweils einen eigenen Zugang. Jede Wohnung ist mindestens zu 2 gegenüberliegenden Fassaden ausgerichtet (entweder Ost- West oder Nord –Süd). Die Bewohner der Erdgeschosswohnungen haben direkten Zugang zum Garten, die Bewohner aus den darüber liegenden Geschossen haben den Laubengang als Erweiterung des privaten Lebensbereiches und Aussenflächen in Form von Loggien und Balkonen zur Verfügung. Ein Treffpunkt im Eingangsbereich des Erdgeschosses und eine großzügige Dachterrasse werden der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt. Alle Bewohner haben somit die Möglichkeit, den einzigartigen Ausblick zu genießen. Die Terrrasse ist als Ort zum Entspannen, zum Spielen und zur gemeinschaftlichen Gartenarbeit in Hochbeeten angedacht.

G2
Das Baugrundstück G2 liegt an der nordöstlichen Schleife des sogenannten Loops. Es befindet sich im Inneren des Quartiers, wo eine abwechslungsreichere Formensprache der einzelnen Baukörper erwünscht ist. Das Gebäude spielt mit seinen Raumkanten und schafft vielfältige Blickwinkel. Das Wohnungsgemenge des Baufeldes G2 richtet sich besonders an Familien und Haushalte mit Kindern. Hier sollen insbesondere verschiedene Clusterwohnungstypen für EinElternfamilien angeboten werden. Die 3 Clusterwohnungen befinden sich übereinander in dem 3-geschossigen westlichen Gebäudeteil. Der Cluster im Erdgeschoss hat einen eigenen Zugang von der Straße. Die darüber liegenden Cluster und auch die anderen unterschiedlich großen Wohnungen werden über Laubengänge erschlossen. Im Bereich der Clusterwohnungen haben die Laubengänge allerdings eine größere Tiefe, um eine größere Spiel- und Aufenthaltsfläche zu schaffen. Der Eingangsbereich soll als Treffpunkt und Dreh-und Angelpunkt des Hauses genutzt werden. Eine gemeinschaftlich zu nutzende Dachterrasse, sowie ein kleiner Gemeinschaftsraum, in dem man z.B eine kleine Teeküche integrieren könnte, um dort kleinere Familienfeiern, Geburtstage u.ä. zu veranstalten, wird das Gemeinschaftsgefühl im Haus stärken.

Organisation + Gestaltung
Ähnliche Gestaltungsprinzipien bei beiden Gebäuden sind sofort zu erkennen und zeigen ihre Zusammenhängigkeit. Die Wohnungen sind so übereinander angeordnet, dass sich eine wirtschaftliche Ver-und Entsorgung ermöglichen lässt. Zusätzlicher Abstellraum ist größtenteils direkt in der Nähe der Wohnungen realisiert und erlaubt einen schnellen Zugriff durch die Bewohner. Die Fassaden erhalten ein Verblendermauerwerk aus einem hell-beigefarbenen Ziegelstein. Die Kunststofffenster und die Bekleidung der umlaufenden Attika erhalten den gleichen hell-beigen Farbton wie der Ziegel. Fenster sind größtenteils bodentief geplant, um auch den kleinen Bewohnern den direkten und sicheren Blick auf die Welt draussen zu ermöglichen. Balkone und Loggien haben Geländer aus Glas im Wechsel mit gemauerten Ziegelsteinbrüstungen. Die Außenwände und Decken von zurückspringenden Loggien oder Unterschnitten im Erdgeschoss werden in kräftigen Farben hervorgehoben. Die Außenwandbekleidung der Innenhoffassaden ist ein Wärmedämmverbundsystem in der Farbe des Ziegelsteins (hell-beige). Die Geländer der Laubengänge werden aufwändig gestaltet, sie sollen den Aufenthaltscharakter unterstützen und eine Identifizierung mit dem näheren Wohnumfeld auf der Etage ermöglichen. Die Geländer sind ein rythmisches Wechselspiel aus Glasbrüstungen, Pflanztrögen und Sitzbänken aus Holz. Sie sind die Möblierung der Laubengänge, ein üppiger Bewuchs der Pflanztröge und Geländer ist erwünscht, die Sitzbänke laden zum Verweilen ein.

Der Freiraum
Das Gestaltungskonzept für den Freiraum der beiden Baukörper, mit ihrer Lage direkt hinter dem Deich, orientiert sich am Landschaftsraum des Werdersees. Der See mit seiner weitläufigen Wiesen- und Deichlandschaft bestimmt die Atmosphäre des Ortes. Diese Charakteristik spiegelt sich in der Gestaltung der beiden Höfe wieder. Sanfte Hügel, Wiesen-, Rasen- und Gehölzflächen lassen unterschiedliche Räume entstehen, definieren private, halböffentliche und öffentliche Flächen und schaffen vielfältige Möglichkeiten für deren Aneignung und Kinderspiel. Ein Fußweg verbindet die beiden Höfe und schließt im Norden an den Deichpark und Spielplatz, im Süden an das angrenzende Wohngebiet an. Die privaten Flächen befinden sich, in Form von Terrassen und kleinen Mietergärten, direkt an den Gebäuden. Sowohl an den privaten Eingangsbereichen, als auch in den rückwärtigen Höfen, entstehen durch Bepflanzung, kleine Mauern und Hügel Rückzugsorte für die Bewohner der Erdgeschosswohnungen. Die Haupteingänge der Wohngebäude sind dagegen offener gestaltet. Es gibt Raum für Begegnung und Kommunikation. Der Übergang zwischen privaten und halböffentlichen Flächen gestaltet sich fließend. Die Abgrenzung ist durchlässig und ermöglicht den Bewohnern ins Gespräch zu kommen und Kontakt aufnehmen. Im Zentrum der halböffentlichen Flächen befindet sich ein kleiner Platz mit einer Sandspielfläche. Es gibt Sitzmöglichkeiten und Raum für unterschiedliche Aktivitäten. Hier können Hoffeste und Kindergeburtstage gefeiert werden. Kleinere Kinder können im Sand spielen, mit Kreide malen und Bobby Car fahren. Größere Kinder können über den Platz und die anschließenden Fußwege aus dem Hof heraus die weitere Umgebung (Spielplatz, Wohngebiet etc.) erkunden. Zum rückwärtigen öffentlichen Fußweg, der beide Höfe verbindet, öffnet sich der Hof. Die Dichte der Bepflanzung nimmt ab und hügelige Wiesenflächen bestimmen das Bild. Viel Wert wird auf eine vielfältige, alle Sinne anregende, robuste Bepflanzung gelegt, die einerseits Sichtschutz und Privatsphäre schafft, andererseits auch Möglichkeiten zum Spielen bietet (Verstecken, Basteln mit Blättern, Samen, Früchten). Das Thema Farbe spielt in der Freiraumgestaltung der beiden Gebäude eine bedeutende Rolle. Unter dem Motto „Bunt ist meine Lieblingsfarbe“ werden sowohl in der Architektur als auch in der Freiraumgestaltung Akzente gesetzt. So werden einzelne Flächen in der Fassade sowie die Untersichten der Laubengänge farbig gestaltet. Blüten- und Laubfarben, Herbstfärbung und Früchte von heimischen Gehölzen, farbige, punktuell verwendete Pflastersteine sowie farbige Ausstattungselemente setzen das Gestaltungsthema im Außenraum um. Farbe schafft vor allem für Kinder Orientierung, Identität und Wiedererkennbarkeit. PKW-Stellplätze befinden sich beim Gebäude G1 in einer Tiefgarage. Neben der Tiefgarageneinfahrt befindet sich auch der überdachte, abschließbare Fahrradabstellplatz für G1. Beim Gebäude G2 befinden sich die Stellplätze in Form von Carports und offenen Stellplätzen mit Rasenfugenpflaster jeweils auf beiden Seiten des Gebäudes. Hier befinden sich auch die Fahrradabstellplätze. Die Gestaltung der Nebengebäude, eine Kombination aus Holz und Mauerwerk, orientiert sich an den Fassaden der Wohngebäude. Carports und Fahrradabstellplätze erhalten eine extensive Dachbegrünung. Feuerwehraufstellflächen befinden sich bei G1 nördlich des Gebäudes. Der zweite Rettungsweg ist über eine Fluchttreppe in den Hof gewährleistet. Bei G2 befinden sich die Feuerwehraufstellflächen östlich und westlich des Gebäudes. Dort sind entsprechende Flächen zum Anleitern des Gebäudes vorgesehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept beantwortet die grundrisslichen Fragen der Aufgabenstellung schlüssig. Die vorgeschlagene Lösung zur Clusterung von Wohnungen ist plausibel, der Wohnungsmix in hervorragender Weise nachgewiesen.
Die Dachgärten bzw. -terrassen sind schlüssig in das Entwurfskonzept integriert. Das Motiv einer reihenhausähnlichen Wohnsituation in den Erdgeschossen ist funktional und im Hinblick auf die Förderung von Nachbarschaft vielversprechend.
Die Organisation von Privatheit und Öffentlichkeit ist jedoch nur unzureichend gelöst. Schlafräume liegen teilweise direkt an den – in der Intention der Verfasser*innen belebten und bespielbaren - Laubengängen. In wie weit Letztere die ihnen übertragenen sozialen Funktionen tatsächlich übernehmen können, erscheint in der vorgeschlagenen Dimensionierung, insbesondere für das Baufeld G2, jedoch fraglich. Festzuhalten ist eine zu dieser Fragestellung etwas inkonsequente Entwurfshaltung.
Das Freiraumkonzept erscheint vor dem Hintergrund der Aufgabenstellung insgesamt etwas zu konventionell. Die Zonierung ist teilweise wenig eindeutig. Die Verknüpfung der beiden Baufelder ist noch optimierbar, eine schlüssige Quartiersdurchquerung in Nord-Süd-Richtung ist nicht gegeben.
Die architektonische Gestaltsprache ist angemessen.
Die Arbeit liefert einen sehr guten Beitrag auf der Ebene der Wohnungsgrundrisse. Bei der Organisation der funktionsräumlichen Teilbereiche offenbart der Beitrag jedoch Schwächen, die im Rahmen des Grundkonzepts nicht vollständig behebbar erscheinen.
G2

G2