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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2020

Neuerrichtung der Volksschule und Doppelturnhalle in Au (AT)

1. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

Bernardo Bader Architekten

Architektur

merz kley partner

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Die Schule im Dorf - natürliche Verortung und Adressbildung für die Kinder

Der Planungsperimeter umschreibt einen Binnenraum zwischen bestehender Schule, dem Vereinehaus Au sowie der naturräumlichen Dominante der Mittagsfluh. Morphologisch wird der Siedlungskörper von Au, wie im Bregenzerwald üblich, durch die Gruppierung von solitären Baukörpern charakterisiert. Bauten von besonderem öffentlichem Interesse - Kirche, Schule, Gemeinde - agieren in der Regel durch ihre bauliche Konfiguration, ihre Größe und Präsenz ordnend und identitätsstiftend. Diese Hierarchisierung von Öffentlichkeit passiert im neuen Schulcampus von Au einerseits durch die Gliederung der Baukörper, die Höhenentwicklung und die daraus resultierende Abfolge von Platzgefäßen unterschiedlicher Ordnung. Das so neu formulierte und dadurch gestärkte Dreigestirn aus bestehender Schule, Turnsaal und neuer Volksschule bildet den neuen Schulcampus.

Pädagogisches „offenes“ Konzept - selbstinitiiert und selbstgesteuert
Die präzise ortsräumliche Setzung der neuen Baukörper schafft eine differenzierte Abfolge von sich aufspannenden Platzräumen - Schulhof Neue Mittelschule | Schulhof Volksschule | Sportplatz. Sowohl auf den Schulhöfen (Sommertage) als auch auf den großzügigen Loggien der neuen Lerncluster finden Freiklassen ihren jahreszeitlich geeigneten Platz.
So entstehen Platzräume besonderer Identifikation, welche zukünftig als neue Mitte des Campus fungieren. Diese dienen als Schnittpunkt aller Wege und sind Auftakt der inneren Wegführungen.

Über den nördlich vorgelagerten, multifunktional bespielbaren Schulhof der neuen Mittelschule wird der Schulcampus wie selbstverständlich erschlossen. Die Situierung der Zugänglichkeiten und Funktionen im Erdgeschoss sichern eine nachhaltige Lebendigkeit auf dem Niveau des Ankommens.

Der durch den Abbruch der bestehenden Turnhalle neu zu formulierendem Haupteingang der neuen Mittelschule sowie der Vereinszugang zum Foyer des neuen Turnsaales fungieren als Gelenk zwischen den Schulhöfen der neuen Mittelschule sowie der Volksschule. Die neue Volksschule bildet den südseitigen Abschluss des Ensembles und wirkt Ortsbaulich bis in den Straßenraum. Der vorhandene Niveauunterschied in Ost- Westrichtung wird mittels einer großzügigen Aussentreppe überwunden und der Schulhof somit mäandrierend mit dem Sportplatz verbunden. Unterschiedlich proportionierte und aufgewertete Außenräume tragen entscheidend zu einer verbesserten Qualität der gesamten Örtlichkeit bei.

Bewegungsvolksschule - ein differenziertes & erweitertes Außenraumangebot

Der zentrale, multifunktional bespielbare Schulhof bildet das Entree zur neuen Volksschule. Der Zugang zum Foyer befindet sich an zentraler Stelle im Erdgeschoß an der nordseitigen, gedeckten Vorzone. Das Foyer dient als zentraler Verteiler für unterschiedlichen Bereiche der Lehrenden und Lernenden. Ebenfalls auf Ebene des Ankommens befindet sich der Multifunktionsraum, welcher dem Foyer zugeschaltet werden kann.Das Foyer ist zentraler Treffpunkt für Schüler, Lehrer und Eltern. Der gemeinsame Mittagstisch der Kinder mit Ganztagsbetreuung erfolgt im Foyer der neuen Mittelschule.

Die Zentralgarderobe sowie die Werkräume als auch die Verbindung der Schulen erfolgt auf Ebene des Turnsaales im Untergeschoß. Durch den bestehenden Niveauunterschied ist die Zentralgarderobe sowie die Werkräume natürlich belichtet und beide Räume haben die Möglichkeit eines Niveaugleichen Ausganges zum Sportbereich. Die Nebenräume des Turnsaales werden über die Verbindungsspange erschlossen. Der Turnsaal ist einerseits auf Ebene Untergeschoß an die Schulen angebunden und andererseits erfolgt auf Ebene Erdgeschoss die barrierefreie Anbindung für externe Nutzung durch Vereine sowie für Zuschauer.

In den Obergeschoßen liegen die Kernlernbereiche der 2 Cluster mit jeweils drei Klassen und zwei Gruppenräumen bzw. dem Sprachförderraum sowie der Lernlandschaften als funktionales Herz des jeweiligen Clusters. Die jeweils an den Gebäudeecken positionierten Klassenräume garantieren optimale Belichtungssituationen und schaffen eine klare Grundrissstruktur. Die 2 Cluster werden so angeordnet und organisiert, dass ein nutzungsflexibles und veränderbares Raumkontinuum entstehen kann. Den wechselnden Tagesabläufen der neuen Schulformen entsprechend haben alle Lernenden und Lehrenden Anteil an allen Himmelsrichtungen und Landschaftsqualitäten der Örtlichkeit. Die Cluster sind geprägt von einer gut zonier- und wahlweise möblier baren Mitte, auf welche alle Klassenzimmer gleichwertig Zugriff haben. Durch Schiebewände sind die Unterrichtsräume eines Clusters zu den Lernlandschaften fließend öffenbar, Glaselemente ermöglichen den Pädagoginnen die Lernzonen von den angrenzenden Räumen aus zu überblicken und fördern die jahrgangsübergreifende Zusammenarbeit. Die Bereiche der Klassenzimmer können mittels variabler Transparenz dem Kernbereich zu- oder weggeschalten werden. Die Lernlandschaften haben einen unmittelbaren Zugang zu einem direkt vorgelagerten, regengeschützten Freibereich und erweitern die Unterrichtsräume. Dies erweitert das räumliche Angebot der Cluster sinnvoll und eröffnet weitere Möglichkeiten für das Pädagogische Konzept der Schule.

Die inneren Raumfolgen sind spannungsvoll und abwechslungsreich mit sehr hoher Aufenthaltsqualität und vielfältigen Ein- und Ausblicken. Gruppenbildung, Raumsequenzen, Außenraumbezüge, Durch- und Ausblicke und eine klare Strukturierung garantieren jene Qualität, die dem Selbstverständnis einer zukünftigen Schule gerecht werden soll.

Holz für die Kinder von Au

Die Konstruktion sieht einen konstruktiven Holzbau vor, welcher mit einer hohen Flexibilität ausgestattet ist. Die feingliedrigen Holzfassaden mit sehr großzügig dimensionierten Holzrahmenfenstern prägen das Erscheinungsbild und die Semantik des Ensembles. Gerade die für den Ort und den Bregenzerwald typische Holzkonstruktion verleiht den Häusern durch Ihre Texturierung eine wohltuende Feinheit, welche die Volumen nachhaltig in den vorhandenen baulichen und landschaftlichen Kontext verwebt.
Im Innenraum dominiert neben einer angenehmen Transparenz ein Wechsel aus Glas- und Holzoberflächen. Es sind gerade die Innenräume der Cluster denen mittels einer atmosphärischen und subtilen Ausgestaltung in Holz und in fein abgestimmten mit Farbe gestalteter Flächen eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Die Bereiche des Außenraumes (Platzabfolgen, Grünbereiche) sollen zwar differenziert aber sehr unprätentiös und selbstverständlich gestaltet werden. Der Raum Außen soll weder durch unnötige fixierte Einbauten noch durch den Einsatz zu vieler Materialien geschwächt werden und an Raumfluss und Kraft verlieren. Eine bewusste Ausnahme bildet die Baumpflanzung als Gelenk zwischen den Schulhöfen und das blattartige Dach als erweitertes Außenraumangebot für die Schüler.

Beurteilung durch das Preisgericht

Auf den ersten Blick besticht das Projekt mit einer überraschenden, von großer Klarheit und nicht zu überbietender Selbstverständlichkeit getragenen konzeptionellen Idee. Für die beiden Nutzungen wird je ein eigenständiger Baukörper formuliert, für die Volksschule ein dreigeschossiger kompakter Kubus und kontrapunktisch dazu für die Doppelturnhalle ein flaches, lagerhaft geprägtes Volumen. Diese beiden freigestellten Objekte werden so in das Baufeld gesetzt, dass sie im Zusammenspiel mit den bestehenden Bauten der Neuen Mittelschule und der Feuerwehr wohlproportionierte und nutzungsspezifisch gestimmte Freiräume bilden. Die überzeugende Qualität dieses öffentlichen Raumkontinuums wird besonders auch durch die spannungsvoll und präzise inszenierten Übergänge bestimmt, die zudem den Niveauunterschied des Bauareals äußerst geschickt thematisieren und nutzen. Der Baukörper der Volksschule ist auch im baukulturellen Kontext als „Schulhaus“ eindeutig lesbar und durch seine Situierung im südlichen Grundstücksteil auch von der vorbei führenden Bundesstraße aus präsent. So wird der Forderung nach „Adressbildung“ in einem städtebaulich heterogenen Umfeld mit einer unaufgeregten, aber trotzdem espritvollen Selbstverständlichkeit entsprochen.
Die gleiche Präzision und Klarheit wie die städtebauliche Konzeption zeichnet auch die funktionale Organisation und die damit verbundene räumliche Durchbildung aus. In besonderem Masse trifft dies auf die vorgeschlagenen Lerncluster zu, deren Qualität herausragend ist. Die von der Benutzerseite eingebrachte Fragestellung, welche Auswirkungen die Geschoßtrennung der beiden Cluster im Schulalltag hat, wurde von der Jury nach eingehender Diskussion als nicht nachteilig eingestuft. Besondere Anerkennung verdienen auch die vorgeschlagene Fassadengestaltung und Materialisierung, deren konkrete Verbindlichkeit in wohltuendem Gegensatz zur häufig anzutreffenden Reduktion auf weitgehend nur mehr graphische Effekte steht.
Angesichts der angeführten Qualitäten empfiehlt die Jury dem Auslober einstimmig, dieses Projekt weiterzuverfolgen und in der vorgeschlagenen Form zu realisieren. Weiterführende Hinweise und Empfehlungen sind nicht erforderlich.