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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2020

Neues Stadtquartier an der Heinrich-Wieland-Straße in München

3. Preis

Preisgeld: 18.000 EUR

Thomas Müller Ivan Reimann Gesellschaft von Architekten mbH

Architektur

Weidinger Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

GSE Ingenieur - Gesellschaft mbH Saar, Enseleit und Partner

Bauphysik, Brandschutzplanung

WINTER Beratende Ingenieure für Gebäudetechnik

TGA-Fachplanung

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Visualisierung

Erläuterungstext

Städtebauliche und architektonische Konzeption

Städtebauliche Konzeption

Das Wettbewerbsgebiet befindet sich an der Schnittstelle zwischen stark frequentierten Straßenzügen im Südwesten und ruhigem, landschaftlich geprägtem Areal im Nordosten. Aus der Spannung zwischen diesen so unterschiedlichen Freiräumen entwickelt das Quartier seine unverwechselbare Identität. Die direkte Landschaft räumliche Beziehung zum unmittelbar angrenzenden innerstädtischen Landschaftsraum wird dabei die Wohn- und Aufenthaltsqualität auf dem verkehrsbelasteten Standort maßgeblich steigern. Gleichzeitig hat das Quartier eine gesamtstädtische Wirkung zu entwickeln, welche den wichtigen übergeordneten Knotenpunkt verschiedener Verkehrsverbindungen markiert.

Die städtebauliche und architektonische Konzeption des Entwurfs antwortet auf die gegebene Situation mit der Setzung von zwei gegeneinander leicht versetzten U-förmigen Baukörpern. Durch den Versatz entstehen zum Südwesten und Nordosten hin zwei platzartige Freiräume, welche von Kopfbauten markiert werden und von beiden Seiten her die Eingänge zum Quartier definieren. Die Größe und Maßstäblichkeit der Kopfbauten antwortet auf die beiden unterschiedlichen Stadträume, zu denen sie sich orientieren: zu einem ein wichtiger städtischer Verkehrsknotenpunkt und zum anderen ein weitläufiger Grünzug entlang des Hachinger Baches.

Das Zusammenspiel der U-förmiger Baukörper und der Kopfbauten läßt ein Raumgefüge aus vier klar definierten, miteinander vernetzten Freiräumen entstehen: zwei Eingangsplätzen, welche die Zugänge räumlich definieren und zwei ruhigen, halboffenen Gartenhöfen im Inneren, um die sich die Wohntrakte gruppieren. Die räumliche Verengung an der Schnittstelle zwischen den Plätzen und Innenhöfen definiert den Übergang von den öffentlichen Plätzen zu den internen Höfen und reduziert den Lärmeintrag ohne die einzelnen Freiräume voneinander abzuschotten. Während sich die Traufhöhen der straßenbegleitenden Bauteile an der anliegenden Bebauung orientieren und den Straßenraum stärken, ordnet der kraftvolle Turm an der Kreuzung der Heinrich-Wieland- und der St.-Michael-Straße den unübersichtlichen Stadtraum durch seine klare Präsenz und strahlt über seine unmittelbare Umgebung hinaus.

Das Quartier erscheint sowohl als eine Komposition verschiedener Teilvolumina, als auch als ein skulptural geformter städtischer Block. Die Kopfbauten erhalten dabei durch ihre Position innerhalb des Gesamtkomplexes jeweils unterschiedliche Orientierung und Raumwirkung, die sich je nach Standort und Blickrichtung ändert. Der skulpturale Charakter der Anlage wird durch das regelmäßig umlaufende Fassadenraster unterstützt.





ADRESSE UND EINGNGSSITUATION

Die Konzeption der Eingangsbereiche lässt nicht nur eine attraktive Adresse und räumlich gefasste Eingangssituationen entstehen, sie ermöglicht zugleich eine Aufwertung der inneren Höfe und flexible Zuordnung beider Hauptgebäudeteile zueinander.

Die Topographie des Grundstückes und die Beschaffenheit der anliegenden Stadt- und Freiräume wird in die städtebauliche Grundordnung integriert. Die Anlage befindet sich auf einem neu geschaffenen Plateau. Der Eingangsplatz liegt auf dem Niveau der Straßenkreuzung, der Höhenversprung zu den Innenhöfen definiert den Übergang zwischen dem öffentlichen Stadtraum und dem Innenbereich des Quartiers. Der nordöstliche Platz auf der Schnittstelle zum Park liegt auf dem gleichen Niveau, wie die begrünten inneren Höfe. Von
diesen werden die Erschließungskerne einzelner Hauseinheiten direkt erreicht. Die Höfe bilden Möglichkeiten zum Aufenthalt im Freien, für informelle Kommunikation und Begegnungen.

Die Nutzungszuordnung innerhalb des Quartiers unterstützt die Differenzierung und Thematisierung der Freiräume: Die Einzelhandelsflächen und kleine Gastronomieeinrichtungen orientieren sich zu stark frequentierten Bereichen an der Schnittstelle zwischen der Stadt und dem Quartier hin. Die öffentlich begehbaren Flächen entlang der Straßen werden durch Arkaden erweitert, um genug Bewegungsraum zu gewährleisten. Sie bieten zugleich wettergeschützte Warte- und Aufenthaltsflächen für Halte- und Wartebereiche des ÖPNV, entlang der Straßen angeordnet sind.

Die beiden Innenhöfe sind hauptsächlich für die Bewohner bestimmt. Sie sind gärtnerisch gestaltet und bieten Aufenthalt- bzw. Spielflächen. Durch die klare Herausbildung beider Zugangssituationen zur Stadt und zur Landschaft hin werden sie mit der anliegenden Stadt- und Landschaftsräumen vernetzt. Die Kindertagesstätte liegt an der Schnittstelle zwischen dem Quartier und dem Park mit direktem Bezug ins Freie. Die Dachflächen auf den verbindenden Bauteilen werden als begrünte Terrassen mit Aufenthaltsangeboten für die Bewohner konzipiert. Technikflächen werden auf dem nördlichen Turm angeordnet.

Energiekonzept
Das Energiekonzept setzt auf einen möglichst CO2-neutralen Gebäudebetrieb und auf moderne Gebäudetechnik. Die Kernelemente des Konzepts werden im Folgenden kurz beschrieben.

Geothermiebasierte Wärmeversorgung
Kern des Energiekonzepts bildet die Fernwärmeversorgung, welche in der Heinrich-Wieland-Straße unmittelbar am Gebäude anliegt. Die Anforderungen der ENEV und des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) werden durch diese umweltfreundliche Bereitstellung der Energie über das geothermiebasierte Versorgungsnetz bereits eingehalten.

Ein Trockenkühlwerk reduziert im Sommerbetrieb die Temperatur in den Betondecken der Büroflächen im so genannten Freikühlbetrieb, einer sehr wirtschaftlichen Art der nächtlichen Auskühlung. Eine Nachkühlung im Tagesbetrieb erfolgt über konventionelle zentrale Kältetechnik. Der Heiz- und Kälteenergiebedarf dieses modernen Gebäudes wird aufgrund der hervorragenden Isolierung der Fassade und des optimal geplanten Sonnenschutzes bereits mit baulichen Maßnahmen auf ein Minimum reduziert.

Technische Infrastruktur im Gebäude
Die Erfordernis von mechanischen Lüftungsanlagen wird auf die Nutzungen der Büro- und Einzelhandelsflächen begrenzt. Zur Grundtemperierung der Büroflächen (4.000 m²) wird eine wirtschaftlich günstige und effiziente Betonkernaktivierung vorgesehen. Für die Wohnungen ist eine natürliche Fensterlüftung grundsätzlich ausreichend (für höherwertige Wohnungen kontrollierte Wohnraumlüftung mit WRG).

Dachbegrünung und Photovoltaik
Die Dachfläche des Gebäudes wird intensiv begrünt. Durch die Begrünung und die damit verbundene Verdunstung des Regenwassers trägt sie im Sommer zur Kühlung des darunter liegenden Geschosses bei, aber auch der darüber liegenden Photovoltaik bei (die Dachfläche kann optional für eine PV-Nutzung vorbereitet werden). So könnte die Effizienz der optionalen Photovoltaikanlage und der Ertrag an „hausgemachtem“ Ökostrom gesteigert werden.

Regenwasser zur Gebäudekühlung und Bewässerung
Das Regenwasser, welches auf die Dachflächen niederfällt, wird in einem Regenwassertank eingesammelt. Im Sommer wird das Regenwasser in den Lüftungsgeräten Retail und Büro auf der Abluftseite verdunstet, wodurch nutzbare Verdunstungskälte freigesetzt wird. Diese Kälte wird, kontaktlos – getrennt durch einen Wärmetauscher - an die Zuluft abgegeben und sorgt so für eine angenehme, energiesparende Frischluftversorgung der zu versorgenden Bereiche.

Option: Solare Vorwärmung der Außenluft
Die Frischluft für die in jedem Falle mechanisch zu belüfteten Räumen (z.B. von Stadtwerken eigens genutzte Büroflächen) wird durch einen, sich auf dem Dach befindlichen, Biofilter geleitet. Neben einer ökologischen Vorfilterung der Außenluft erfüllt der Biofilter im Winter noch eine zusätzliche Funktion. Durch seine gläserne Hüllfläche stellt die Biofiltereinheit einen solaren Luftvorerwärmer dar, welcher die Luft vortemperiert.






BRANDSCHUTZ

Gebäudeteil Nord

Der Gebäudeteil Nord wird mittels zwei inneren Brandwänden in 3 Brandabschnitte untergliedert.

Die Nutzungseinheiten verfügen jeweils über einen Rettungsweg, der über einen notwendigen Treppenraum, der teilweise über einen notwendigen Flur zu erreichen ist. Der zweite Rettungsweg erfolgt, mit Ausnahme der Kindertagesstätte, über anleiterbare Fenster, bis 8 m Anleiterhöhe über tragbare Rettungsgeräte der Feuerwehr, über 8 m über Hubrettungsfahrzeuge. Die erforderlichen Flächen für die Feuerwehr werden ausgebildet.

Zur Sicherstellung der Erschließung der Feuerwehr wird im nordöstlichen Grundstücksbereich eine Feuerwehr-Bewegungsfläche ausgebildet.

Die Kindertagesstätte erstrickt sich über zwei Geschosse, die beide über den notwendigen Treppenraum angeschlossen sind. Die interne Verbindungstreppe bildet den zweiten Rettungsweg über eine Halle aus. Beide Rettungswege sind unabhängig voneinander zu erreichen.


Gebäudeteil Süd

Der Brandschutz wird analog zum Gebäudeteil Nord umgesetzt.

Der Gebäudeteil Süd wird ebenfalls durch zwei innere Brandwände in drei Brandabschnitte untergliedert. Bei dem westlichen Gebäudebereich handelt es sich um ein Hochhaus.

Zur Sicherstellung der Rettungswege wird im Bereich des Hochhauses und im südlichen Gebäudeteil ein Sicherheitstreppenraum gem. den Anforderungen der Hochhausrichtlinie ausgebildet.

Die sonstigen Nutzungseinheiten verfügen jeweils über einen Rettungsweg, der über einen notwendigen Treppenraum, der teilweise über einen notwendigen Flur zu erreichen ist. Der zweite Rettungsweg erfolgt über anleiterbare Fenster, bis 8 m Anleiterhöhe über tragbare Rettungsgeräte der Feuerwehr, über 8 m über Hubrettungsfahrzeuge. Die erforderlichen Flächen für die Feuerwehr werden ausgebildet.

Zur Sicherstellung der Erschließung der Feuerwehr wird im nordöstlichen Grundstücksbereich eine Feuerwehr-Bewegungsfläche ausgebildet.

Der Gebäudeteil des Hochhauses wird mit einer flächendeckenden Brandmelde- und Alarmierungsanlage ausgestattet.

Für den Löschangriff der Feuerwehr wird im Hochhaus ein Feuerwehraufzug angeordnet. Die Vorräume des Sicherheitstreppenraumes und des Feuerwehraufzuges erhalten Wandhydranten.


Tiefgarage

Die Tiefgarage im 1. Untergeschoss wird entsprechend Garagenverordnung in Rauchabschnitte kleiner 2.500 m² eingeteilt. Im Bereich der Tiefgarage im 2. Untergeschoss wird eine Sprinkleranlage ausgebildet entsprechend der Forderungen der Garagenverordnung. Die Rauchabschnitte im 2. Untergeschoss betragen mas. 5.000 m².

Die Belüftung und Entrauchung erfolgt über Lichtschächte und Deckenöffnungen. Aufgrund der großen Abmessungen der Garage wird die natürliche Entrauchung bereichsweise durch Jet-Ventilatoren unterstützt.

Die Garage wird aufgrund der Verbindung zum Hochhaus mit einer flächendeckenden Brandmelde- und Alarmierungsanlage ausgestattet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf besteht aus 2 U-förmigen 4-geschossigen Baukörpern, die an den Ecken Hochpunkte aufweisen, die sich über 6 bis 13 Geschosse erstrecken. Durch die Verzahnung der beiden U’s entsteht eine sehr interessante Platzfolge. Vom Quartiersplatz am Hochpunkt ausgehend entstehen so unterschiedliche Platzqualitäten in den Höfen und zum Hachinger Bach hin. Die skulptural geformten Baukörper haben ein regelmäßiges Fassadenraster und die Fassade ist in ihrer Materialität sehr ansprechend. Der Einzelhandel befindet sich im nördlichen und südlichen Baukörper. Hier sollten jeweils ein Zugang zur Tiefgarage und die Unterbringung der Einkaufswägen stattfinden. Es gibt Bedenken hinsichtlich der Ausbreitung der Garage im Norden aufgrund von Konflikten mit dem schützenswerten Baumbestand. Die Abfahrtsrampe scheint zu steil und zu kurz, die Schleppkurvenradien zu eng. Für Fahrradfahrer sollte eine eigene Abfahrt geschaffen werden. Das Wohnen im Erdgeschoss zum Park hin ist denkbar. Rein nordorientierte Wohnungen aufgrund der reduzierten Anzahl von Treppenhäusern werden kritisiert. Die großen Wohnungen sollten durchgesteckt konzipiert und kleine Wohnungen in die anderen Himmelsrichtungen orientiert werden. Die Bike & Ride-Stationen sind zu weit entfernt und zu klein. Die Lösung der Anlieferung ist aus verkehrlicher Sicht positiv zu bewerten, da Rückwärtsfahrmanöver von der Straße bzw. vom Grundstück auf die Straße vermieden werden können. Die interne Abwicklung wäre im weiteren Verfahren zu klären. Der Entwurf der Kita ist sehr ungünstig für den betrieblichen Ablauf. Der Entwurf überzeugt sowohl in der städtebaulichen Setzung als auch mit den skulpturalen Baukörpern und der wertigen Fassade. Freiraum: Durch die städtebauliche Grundstruktur entsteht eine interessante Raumabfolge, die über eine Durchwegung den neuen Quartiersplatz im Südwesten mit dem öffentlichen Grünzug am Hachinger Bach gut zu verknüpfen vermag. Der Quartiersplatz am U-Bahnabgang wirkt in seiner Proportion und Fassung schlüssig und lässt eine Aufenthaltsqualität vermuten, die aber alleine durch das Baumkarree im Lageplan noch nicht ablesbar ist. Der Freiflächenentwurf zeigt einen zu hohen Anteil an befestigten Flächen, was auch dem Umstand geschuldet ist, dass die Innenhöfe umlaufend von der Feuerwehr zur Erschließung genutzt werden. Die Außenspielfläche der Kindertagesstätte ist im Nordosten grundsätzlich gut platziert. Die kompakten Höfe werden von Lärmemissionen relativ frei gehalten. Der sich dabei aus dem Städtebau ergebende Platzbereich im Nordosten wirkt im Übergang zu dem anschließenden Landschaftsraum jedoch zu befestigt. Die Dachterrassen sollten der Gemeinschaft zugänglich gemacht werden. Die Dachflächen der niedrigeren Baukörper würden ein hohes Potenzial für eine gemeinschaftliche Dachgartennutzung bieten, die sich jedoch in dem Beitrag noch nicht erschließt. Es wäre wünschenswert, wenn die Treppenhäuser der einzelnen Gebäude auf die Dachflächen geführt werden könnten. Problematisch wird die Auswirkung der Lage der Anlieferung auf die öffentliche Grünfläche im Osten bewertet. Durch die großen befestigten Manövrierflächen, die für eine Erschließung auf dieser Seite erforderlich werden, lässt sich das übergeordnete Ziel eines ansprechenden Parkeingangs auf der Westseite des Hachinger Bachs leider nicht verwirklichen.