modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 09/2020

Neubau eines Hotels am Gothaer Platz in Erfurt

3. Preis

Preisgeld: 19.600 EUR

Max Dudler GmbH

Architektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAU UND ARCHITEKTUR
Mit unserem Entwurf für das neue Hotel am Gothaer Platz schlagen wir ein Gebäudeensemble mit einer zeitlosen skulpturalen Architektur vor. Prominent am westlichen Stadteingang gelegen, präsentiert sich die Bebauung dem Ankommenden als gestaffelter Baukörper mit klarer Ausformulierung des Hochpunktes am Gothaer Platz. Mit seiner vielschichtigen Kubatur wird er zum attraktiven wie prägnanten Stadtbaustein und prägt künftig den westlichen Auftakt der Stadt Erfurt. Einheitlich und vielfältig zugleich wird aus den ursprünglich zwei Baugrundstücken eine zusammenhängende Blockfigur entwickelt. Ein gemeinsamer Sockel bindet beide Bauteile optisch zusammen. Die unterschiedlichen Funktionen – Hotel, Büro, Einkaufen – sind einerseits subtil ablesbar, andererseits ordnen sie sich dem harmonischen Gesamtbild unter. Mehrere Innenhöfe und Gebäuderücksprünge rhythmisieren das große Bauvolumen. So entsteht eine differenzierte Gebäudefigur, die eine spannungsvolle und urbane Stadtsilhouette ausbildet. Aus der Staffelung der Gebäudevolumen eröffnen sich unterschiedlich ausgerichtete Dachterrassen für die Hotel- und Büronutzung. Es entsteht ein attraktives Umfeld sowohl für Büromitarbeiter als auch für Hotelgäste. Kombiniert mit den öffentlich genutzten Erdgeschosszonen wird dem sich entwickelnden Quartier ein Baustein hinzugefügt, der die angestrebte Nutzungsmischung verkörpert und seinen aktiven Teil zur Lebendigkeit der „City West“ beiträgt.
Die Vorgaben aus dem städtebaulichen Rahmenplan werden eingehalten. Die geforderte Oberkante der Sockelbebauung am Gothaer Platz wird durch eine überhöhte Attika gebildet. Die Proportion des Hochpunktes wird durch den flach gehaltenen Sockel sowie den Gebäuderücksprung deutlich verbessert.

FASSADE
Die in Anlehnung an die bestehenden gelblich-bräunlichen Klinkerbauten gestaltete Fassade erhält ihre skulpturale Wirkung durch die fein ausdifferenzierte Reliefierung der Fläche. Über das Material wie über ihre reduzierten Details sucht sie den Dialog mit den umgebenden Ziegelbauten und entwickelt eine dem Ort angemessene, zurückhaltende aber ausdrucksstarke Sprache. Die harmonische Fassadengliederung wird erzeugt mittels umlaufender horizontaler Geschossbänder in Kombination mit wandartigen Pfeilern. Diese Pfeiler werden mittig nach innen gefaltet, um die Vertikalität und Expressivität der Fassade zu verstärken. Je nach Tageslichtbedarf wird der Wandpfeiler breiter oder schmaler ausgeführt, so beträgt der Fensteranteil im Hotelbereich ein Drittel der Fassadenfläche, im Bürobereich die Hälfte der Fassadenfläche. Die Eingangsbereiche werden betont, indem die Faltung hier tief in das Gebäude hineingezogen wird. Um die skulpturale Wirkung der Gebäudesilhouette zu betonen, wird die Klinkerverkleidung einheitlich über alle Gebäudeteile gezogen. Um im vorgegebenen wirtschaftlichen Rahmen zu bleiben, wird ein Wärmedämmverbundsystem aus mineralischer Dämmung und Klinkerriemchen aus original Wasserstrich-Vollsteinen vorgeschlagen. Zur Integration technischer Ausstattung (Lüftungsanlagen, Rückkühler, Photovoltaik, Aufzugsüberfahrten) auf dem Dach des Hochhauses wird die Attika überhöht ausgeführt. Die Faltung im obersten Geschoss gibt dem Gebäude einen Abschluss und nimmt subtil Bezug zur Altstadt und zur gotischen Architektur des Doms. Die Werbung für das NinetyNine Hotel wird harmonisch und weithin sichtbar in die Gebäudekrone des Hochhauses integriert.

Mitarbeiter: Dennis Assaf, Aysin Soydan, Miguel De Castro, Roberta Privitera, Jochen Soydan

Beurteilung durch das Preisgericht

Dem Entwurf gelingt es, eine der besonderen stadträumlichen Situation angemessene Lösung zu formulieren: Durch eine geschickte Gliederung der Volumina mit gezielt eingesetzten Vor- und Rücksprüngen wird sowohl die Dominante betont, als auch dem Gothaer Platz und der Warsbergstraße eine präzise räumliche Fassung gegeben.
Die helle, warme Farbigkeit der plastisch ausgearbeiteten Klinkerfassade wird von der Jury als absolut stimmig hinsichtlich der Einfügung in das Stadtbild empfunden. Das Hochhaus überschreitet dabei aber die zulässige Höhe deutlich um 1,5 Meter, was den Bedingungen der Auslobung widerspricht.
Die Verfasser interpretieren die Verteilung der Nutzungen neu und eigenständig. Das dem Gothaer Platz zugewandte Volumen nimmt ab dem 1. Obergeschoss die Büronutzung auf, das Hotel befindet sich überwiegend auf dem nördlichen Baufeld an der Warsbergstraße. Dies wird zunächst begrüßt, da sich insbesondere am Platz alltägliches Leben und Arbeiten etablieren kann, was jedoch erhebliche Nachteile bei der Hotelorganisation mit sich bringt. Der Zugang des Hotels am Gothaer Platz ist nachgewiesen, führt aber für die Gäste zu überlangen Laufwegen zum eigentlichen Hotelbau. Um die Zimmer zu erreichen, müssen zwei unterschiedliche Aufzüge genutzt werden. Der um einen Innenhof gruppierte Hotelbaukörper ist kompakt und wirtschaftlich organisiert.
Die öffentlichen Bereiche erstrecken sich dabei über zwei Etagen, was operativ ungünstig ist. Eine Anlieferzone für die Hotelnutzung fehlt.
Unglücklich gewählt ist der Eingang zum Bürobau, der unmittelbar neben dem Hoteleingang am Gothaer Platz liegt und eine eigenständige Adressbildung vermissen lässt. Die Großzügigkeit der Büroflächen scheint vielversprechend, wobei die Teilungsmöglichkeiten noch nicht ausgearbeitet bzw. nachgewiesen sind (Fehlen eines zweiten Erschließungskerns).
Aus Sicht des Einzelhandels funktioniert die Organisation des Supermarkts weitestgehend. Allerdings ist der Eingang von der Warsberstraße zu knapp bemessen, die Verkaufsfläche zu klein und ohne direkten Bezug zur Parkierung.
Die Organisation der Stellplatzanlagen sowohl im EG beim Markt, wie auch im 1. UG, entsprechen qualitative und quantitativ nicht der Auslobung.
Grundsätzlich scheint das Gebäudeensemble wirtschaftlich. Den zunächst vermutlich hohen Investitionskosten stehen niedrige zu erwartende Instandhaltungskosten gegenüber. Weiterführende Aussagen zur Nachhaltigkeit fehlen.
Insgesamt stellt die Arbeit architektonisch und städtebaulich einen sehr wertvollen Beitrag dar. Die operativen Anforderungen der Hotelnutzung kann der Entwurf aber leider nicht erfüllen.