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Offener Wettbewerb | 11/2020

Landtagserweiterung NRW und Freiraumplanung des angrenzenden Bürgerparks in Düsseldorf

Blick vom Hafenbecken

Blick vom Hafenbecken

3. Preis / REALISIERUNGSTEIL

Preisgeld: 36.000 EUR

RKW Architektur +

Architektur

WKM Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

R&P RUFFERT Ingenieurgesellschaft mbH

Tragwerksplanung

HTW Hetzel, Tor-Westen und Partner Ingenieurgesellschaft mbH & Co. KG

TGA-Fachplanung

Görtzen Stolbrink & Partner mbB, Beratende Ingenieure für Brandschutz

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

1.0 Entwurfsleitende Idee

Leitgedanke des vorliegenden Entwurfs ist das Entwickeln einer identifikationsstiftenden und integrativen Gesamtanlage, die den modernen Gedanken einer demokratischen Gesellschaft symbolisiert.
Die komplexe städtebauliche Situation mit dem Ensemble der ikonographischen Einzelgebäude Landtag, Rheinturm, WDR und weiter entfernt dem Düsseldorfer „Stadttor“ sowie der beiden Parkanlagen Bürgerpark und Rheinpark Bilk im Gesamtzusammenhang mit dem geplanten Düsseldorfer Blau-Grünen-Ring bildet den reizvollen Rahmen der Aufgabe, der eine hohe Verantwortung und sensiblen Umgang fordert.

Es soll ein Gebäudeensemble aus Bestandsbau, Neubau und Parkfläche entstehen, das sich auf heutige und zukünftige Anforderungen einstellen kann und ein zielorientiertes, kommunikatives und transparentes Arbeiten sowie die Mitwirkung der Bevölkerung in vielen Bereichen ermöglicht. Dabei steht das Neustrukturieren des zergliederten Außenraums neben der Schaffung eines offenen und modernen Büro- und Verwaltungsstandorts an erster Stelle.

Das herausragende Baugrundstück direkt am Rheinufer, zwischen Altstadt und Medienhafen, birgt eine große Verantwortung und die Chance, das Stadtbild von Düsseldorf deutlich zu prägen und weiter zu gestalten.

Der Landtag soll nicht weiter am Rand liegen, er soll Teil der Stadt sein. Durch geschickte Führung verweben sich zukünftig externe und interne Wege zu einer offenen und lebendigen Einheit aus Plenargebäude und Parklandschaft, ohne dass sich diese ungesichert kreuzen. Die Hauptachse hierbei bildet die Verbindung von Altstadt und Medienhafen, die in einem weiten Schwung durch das Planungsgebiet verlaufen wird.

2.0 Originalität und Gestalterische Qualität

Ein schwebender, transparenter Kubus, unter dem die Parklandschaft ungehindert durchfließt, bildet die Grundfigur.
Dabei wird die Topografie geschickt genutzt. Amorph geschwungene Treppenanlagen formen wie selbstverständlich ein großzügiges Auditorium aus Sitzstufen, das unter dem neuen Gebäude einen Raum für Diskussionen, Aufführungen und Debatten schafft, der von jedem Bürger aufgesucht und genutzt werden kann.
Hier befindet sich außerdem die Informationsstelle mit Nebenflächen, wie Garderoben und Schließfächern für Besucher und ein Bistro.

Die nach außen und innen ablesbare Tragstruktur des schwebenden Kubus als 3D-Stahlfachwerk ermöglicht es, den gesamten erdgeschossigen Bereich stützenfrei zu halten. Sie ruht nur auf den zwei Erschließungskernen, die sich aus der Parklandschaft heraus entwickeln, sie bildet das gestaltprägende Element der Fassade.
In jedem Geschoss befindet sich ein Garten, der mit seinem begrünten Außenbereich die Fassade auflockert und dessen Bepflanzung im Innenbereich für ein angenehmes Raumklima im großzügigen Atrium sorgt.

3.0 Funktionalität und Nutzungsqualität

Der Anschluss an den Bestandsbau erfolgt am Geländeversprung des neu entstehenden Bürgerparks. Hier können weitere Plenarräume einseitig belichtet werden, die einen breiten unterirdischen Verbindungsweg flankieren. Dieser Weg weitet sich zu einem internen, seitlich belichteten Marktplatz auf, an dem die drei großen Sitzungssäle angeordnet sind. Sie werden durch das Auffalten ihrer Dächer natürlich belichtet. Diese Dächer zeichnen sich in der Parklandschaft als begrünte Rampen ab. Ihre markante Form wird zum identifikationsstiftenden Leitbild der Außenraumgestaltung.

Die externen Besucher des neuen Erweiterungsbaus betreten das Gebäude an Zugängen im gläsernen Sockelbereich, über dem der Bürowürfel schwebt.
Die Hauptzugänge liegen in Richtung Bestandsbau beziehungsweise Rheinturm.
Im Erdgeschoss befinden sich die Information und das Bistro.

Über die weitläufige Treppenanlage des Auditoriums gelangt man vorbei an der erst hier gelegenen Sicherheitsschleuse in das eigentliche Erweiterungsgebäude mit ca. 400 Einzelbüros und den geforderten Besprechungs- und Sitzungsräumen.
Sie sind ringförmig um einen glasüberdeckten Innenhof angeordnet.
Alle Büros verfügen über mindestens ein öffenbares Fenster sowie die gewünschte Ausstattung mit Handwaschbecken und die Vorhaltung für einen Einbaukühlschrank.
Die außenliegenden Gartenbereiche mit angegliederter, innenliegender Kommunikationsfläche bieten geschossweise die Möglichkeit zur spontanen Diskussion und Gedankenaustausch, oder einfach für Pausen und Gespräche.

Der gesamte Komplex ist nach DIN-18040 Teil1 für öffentliche Gebäude barrierefrei. Zusätzlich sind fünf rollstuhlgerechte Büroräume geplant.

4.0 Nutzerkomfort und -behaglichkeit

Die Aufteilung der Einzelbüros folgt dem Fassadenraster von 1,35 m. Die leichten Innenwände, die den Schallschutzanforderungen entsprechen, können innerhalb des Rasters flexibel versetzt werden. Mindestens jedes zweite Fassadenfeld verfügt über einen manuell bedienbaren Öffnungsflügel. Die Büros sind zusätzlich mechanisch be- und entlüftet. Die zusätzlich zum innenliegenden Blendschutz außen angebrachten Sonnenschutzlamellen mit Tageslichtlenkung sind raumweise steuerbar.

5.0 Wirtschaftlichkeit

Die ringförmigen Regelgeschosse zeichnen sich durch hohe Flächeneffizienz und Umnutzungsfähigkeit aus. Auf dem Grundraster lassen sich alle gängigen Büroaufteilungen und -formen umsetzen.
Die archaische Grundform des Würfels sorgt für eine Minimierung der Fassadenflächen, die durch die regelmäßige Anordnung von Öffnungsflügeln leicht von Innen oder über den Dachüberstand der Geschossplatten zu reinigen ist.
Die weit auskragenden Geschossdecken sorgen im Sommer bei hochstehender Sonne für natürlichen Hitzeschutz und im Winter bei niedrig stehender Sonne für einen hohen Strahlungseintrag.

6.0 Energie und Ressourcen

Die Bepflanzung der Gärten sorgt für ein gesundes Klima im Gebäude. Durch ihre einfache Erreichbarkeit sind sie leicht zu pflegen. Außerdem ist die gesamte Dachfläche begrünt. Die Baustoffe sind mit Blick auf Nachhaltigkeit ausgewählt. Es werden ausschließlich lokale Materialien genutzt, sodass der CO²-Faktor für die Beschaffung niedrig gehalten werden kann. Alle Komponenten sind leicht wieder zu trennen und recyclebar.

7.0 Einbindung des Gebäudes in den landschaftsarchitektonischen Kontext und Stärkung des Stadtgrüns

Das neue Gebäude lässt sich im Hinblick auf den landschaftsarchitektonischen Kontext in zwei Teile gliedern. Zum einen lässt sich der schwebende Kubus selbstbewusst als klare, archaische Grundform deutlich als besonderer Bau für eine gesellschaftlich hoch relevante Institution ablesen. Zum anderen sind große Bereiche des Raumprogramms mit der Umgebung verschmolzen und bilden durch ihre Dachlandschaft einen spannungsvollen Teil der Parkanlage, die geschickt mit der Topografie umgeht.

8.0 Funktionalität und gestalterische landschaftsarchitektonische Qualität der äußeren Erschließung

Das im neuen Bürgerpark angelegte Wege- und Platzsystem komplettiert folgerichtig die bereits vorhandenen Verbindungen, ohne dabei an Eigenständigkeit zu verlieren. Der Formenkanon der Außenanlagen, der sich in der untergeordneten Gebäudestruktur fortsetzt, ist sehr gut geeignet, die Aufgabe des neuen Parks als Bindeglied und Drehscheibe der südlichen Freiraumstrukturen der Stadt Düsseldorf wahrzunehmen.

9.0 Erarbeitung eines innovativen Verkehrs- und Mobilitätskonzeptes
Die derzeitige Anfahrts- und Anlieferstraße, die den Park teilt, wird zukünftig über eine Rampe unter die Parkebene geführt. Sie dient weiter die Parkgeschosse und Anlieferbereiche des Bestandsbaus an.
Über diese unterirdische Verbindung wird auch die zweigeschossige Tiefgarage des Neubaus erschlossen. Sie fasst ca. 490 PKW-Stellplätze, die optional mit Elektroladestationen ausgestattet werden können. Eine ausreichende Zahl von Behindertenstellplätzen sowie übergroße Stellplätze für Familien sind eingeplant. An der Moselstraße werden zusätzlich ca. 27 Außenstellplätze für PKWs vorgehalten.
Die großzügige Fahrradgarage wird über eine separate, in den Formenkanon der Parkanlage integrierte Rampe erschlossen. Sie verfügt über einen Dusch- und Umkleidebereich und ist mit einer kartenlesergeschützten Sicherheitsschleuse an den Neubau angebunden.

10.0 Sicherung der stadtklimatisch wichtigen Durchlüftung durch entsprechende Gebäudestruktur, Begrünung von Dach/Fassadenflächen

Die Beschränkung auf einen im höchsten Maße kompakten Baukörper, der die maximale Höhe von 28 m nicht überschreitet, stellt die beste Möglichkeit dar, die stadtklimatisch wichtige Durchlüftung am Planungsgebiet so wenig wie möglich zu stören. Dabei konnte die Gebäudemasse kleingehalten werden, da gewisse Teile des Raumprogramms geschickt in den Geländeversprung gelegt wurden. Somit sind sie Teil der Parklandschaft und tangieren die Frischluftschneise nicht. Die in jedem Geschoss befindlichen stark begrünten Gartenterrassen und das begrünte Dach tragen einen zusätzlichen, wertvollen Beitrag zu einem gesunden Stadtklima bei.

11.0 Zusammenfassung

Dem vorliegenden Entwurf gelingt das Entwickeln eines Architektur- und Landschafts- Ensembles, das den Gedanken einer modernen demokratischen Gesellschaft symbolisiert. Er findet die Antwort auf die komplexe städtebauliche Situation im Gesamtzusammenhang mit der existierenden Wegesystematik sowie dem geplanten Düsseldorfer Blaugrünen-Ring.
Der Landtag wird ein Teil der Düsseldorfer Rheinpromenade.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Arbeit gelingt es, durch seine Positionierung am westlichen Rand des Grundstücks und mittels eines in seiner Anmutung und architektonischen Ausformung als schwebend erscheinenden Glaskubus die Außenräume des Bürgerparks und der Rheinpromenade sehr gut miteinander zu verbinden. Nicht vordergründig formal, sondern eher subtil in der Art der Haltung zum Thema demokratischen Bauens bezieht der Gebäudeentwurf Stellung, indem die Öffentlichkeit auf einer unter dem Gebäude gelegenen witterungsgeschützten Plaza außerhalb des Sicherheitsbereichs willkommen geheißen wird. Eine große Sitztreppenanlage lädt zum spontanen Treffen, Vortragen und Diskutieren ein, ein Café mit Rhein- und Parlamentsblick ist sommers wie winters bespielbar. Das reizvolle Atrium zieht das Thema des Parks in das Gebäude hinein und ermöglicht visuelle Kommunikation zu den Bürobereichen, was durch die Jury positiv gewertet wird. Kontrovers wird jedoch das äußere Erscheinungsbild hinsichtlich des fehlenden Bezugs zum Landtagsbestand sowie die städtebaulich abgesetzte Positionierung zum Parlamentsbau diskutiert.
Kompaktheit und eine noch einmal aus der Fassadenflucht eingerückte Verglasung der unteren beiden Geschosse sichern glaubhaft die stadtklimatische Durchlüftung in Nord-Süd-Richtung.
Ein in die Topografie des Bürgerparks geschickt integrierter, wenn auch langer Wegraum zwischen Parlament und Erweiterungsbau qualifiziert die Verbindung über Angebote an Kommunikationsflächen und Sitzungssälen. Ausstellungen, Interviews, informelle Treffen und Diskussionen – vieles wird hier geplant oder spontan möglich sein. Interessant ist die Formensprache der Dachoberlichter, die diesen Bereich ausreichend mit Tageslicht versorgen und geschickt der Formensprache der Penker’schen Parkanlage entlehnt ist. Auch der Rheinturm wird Teil dieses stadträumlichen Gefüges.
Die Bürobereiche sind – der Kompaktheit des Entwurfs geschuldet – konservativ als weitestgehend zweibündige Zellenreihung ausgelegt. Die Einzelbüros sind schmal – werden jedoch für funktional bespielbar erachtet. Die Barrierefreiheit ist in den zu schmalen Fluren nicht gegeben. Zwar gibt es je Geschoss einen Garten und Teeküchen an den Gebäudeecken als informelle Treffpunkte, diese müssten jedoch entgegen einer zeitgemäßen Bürolandschaft aktiv aufgesucht werden. Spontan informeller Austausch auf den Büroetagen ist kaum möglich. Da die Nutzergruppen der Bürobereiche durch den Landtag noch nicht festgelegt sind, ist das auf Multifunktionalität ausgelegte und dabei an Brückentragwerke erinnernde Tragwerk ein überzeugender, positiv gewerteter Ansatz.
Betonkernaktivierung und die die mögliche natürliche Fensterlüftung unterstützende mechanische Lüftung sowie die Waschbecken in jedem Büro fördern die Nutzerbehaglichkeit.
Aus dem kompakten Bauvolumen resultieren im Vergleich zum Wettbewerbsmittel ein geringer Energiebedarf und im Zusammenspiel mit den innenhofüberspannenden PV-Lamellen auch niedrige Betriebskosten. Die Hofüberdachung mindert jedoch die Tageslichtversorgung der atriumsseitig angeordneten Büros spürbar. Zudem lassen sich diese Arbeitsplätze auch nur maschinell be- und entlüften. Durch das außerhalb der thermischen Hülle liegende Fassadentragwerk, die erhöhten Raumtiefen der Büros und das größtenteils unterirdisch liegende Erdgeschoss reduziert sich wiederum der Tageslichteintrag. Auch das Erdgeschoss und die innenliegenden Flure müssen maschinell belüftet werden. Die Barrierefreiheit ist im Hochbau durch die zu schmalen und langen Flure leider eingeschränkt.
Die räumliche Nähe zum WDR-Gebäude und das technische Fassadenbild werden kontrovers diskutiert. Dies bezieht auch die Frage nach einer Lesbarkeit als Erweiterung des Parlaments mit ein. Diese Frage beantworten die Verfasser am Ende selbst, indem ihre Leitidee ein identitätsstiftendes Ensemble ist. Es gelingt den Verfassern eine Antwort auf die nicht ohne Widersprüche formulierte Aufgabenstellung aus Nähe zur Architektur des Bestandsbaus und Eigenständigkeit in der Haltung in dieser Frage zu finden, indem die Nähe zur Architektur des Bestandsbaus als Verwandtschaft in der Frage der Integration und Nähe zu Park und Bürgern und somit als Demokratieverständnis formuliert wird.
Insgesamt bietet die Arbeit einen spannenden Beitrag, der den Innen- und Außenraum gut miteinander vernetzt und weiterhin eine attraktive Verbindung vom Bürgerpark an den Rhein gewährleistet. Allerdings bleiben zahlreiche Probleme ungelöst und in der Ausarbeitung treten zu viele Kompromisse zutage, die mit einer konsequenteren Haltung hätten vermieden werden können.
Blick vom Bestandsgebäude

Blick vom Bestandsgebäude

Innenraumperspektive

Innenraumperspektive

Lageplan

Lageplan

Vogelperspektive

Vogelperspektive

Grundriss EG

Grundriss EG

Nutzungsverteilung

Nutzungsverteilung

Längsschnitt

Längsschnitt

Ansicht Rheinseite

Ansicht Rheinseite

Grundriss 1. OG

Grundriss 1. OG

Geschossgarten

Geschossgarten

Großer Saal

Großer Saal