modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Geschlossener, anonymer, hochbaulicher Realisierungswettbewerb mit hochbaulichem Ideenteil | 11/2020

Entwicklung des Scharnhorst-Quartiers in Bremen

Grüner Innenhof mit Gemeinschaftshaus

Grüner Innenhof mit Gemeinschaftshaus

ein 3. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

LRW Architektur und Stadtplanung PartG mbB

Architektur

moka-studio GbR

Visualisierung

IBP - Ingenieurgesellschaft für Brandschutzplanung mbH

Brandschutzplanung

KFP Ingenieure GmbH

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Städtebauliche Einordnung

Das neue Scharnhorst-Quartier ist Teil der städtebaulichen Entwicklung und gestalterischen Aufwertung des Niedersachsendamms und bietet mit der direkten Nähe zum Werdersee und dem umgebenden Grün einen qualitätsvollen Standort für modernen Wohnungsbau.

Innerhalb der städtebaulichen Rahmenplanung sollen Realisierungs- und Ideenteil ein gemeinsames Ensemble bil-den, das in der Nachbarschaft zu den Typologien der südlichen Kasernengebäude eine eigenständige Quartiersi-dentität formuliert. Trotz einer einheitlichen Anmutung erfüllen die Baukörper in ihrer städtebaulichen Lage unter-schiedliche Funktionen: Die südlichen Zeilen bilden eine straßenbegleitende Raumkante aus, der westliche Riegel mit Tordurchgang akzentuiert den Auftakt vom Niedersachsendamm und die Punkthäuser entlang des Deichs er-halten als Gartenhäuser eine besondere Verbindung zum nördlichen Freiraum.
In dieser baulichen Kombination entsteht ein lebendiges Wohngebiet mit einem vielfältigen Angebot an Wohnun-gen und Außenraumqualitäten.

Typologien und Hauskonzept

HAUS A
Das Auftaktgebäude mit seinem markanten dreigeschossigen Tordurchgang wird zur Adresse des neuen Quartiers. Es zeigt zukunftsweisendes Wohnen in einer besonderen gemeinschaftsorientierten Typologie und ist ein innovati-ver und äußerst wichtiger Baustein im Gesamtquartier.

Funktional ergibt sich die Chance, an dieser Stelle einen besonderen Wohnungsbau zu konzipieren, durch die Bün-delung der geforderten kleinen Wohnungen mit einem effizienten Erschließungssystem.
Die Effizienz des Wohnungskonzeptes ermöglicht an wenigen, sozusagen notwendigen Erschließungssituationen gleichzeitig gemeinschaftliche Mehrwerte anzubieten.

Das Torgebäude beinhaltet einen Großteil der geförderten Wohnungen. Eine ökonomische Planung für die Vielzahl der kleinen Wohnungen mit zwei Treppenräumen und einer Mittelflurerschließung, die oberhalb des Tordurch-gangs mit Gemeinschaftsangeboten zusammenwächst, ermöglicht es, den Innenhof des Realisierungsteils frei von Aufstellflächen der Feuerwehr zu gestalten.

Das differenziert gestaltete Brandschutzkonzept für dieses Gebäude sieht vor, den zweiten Rettungsweg im 1. und 2.OG über die Steckleiter zu gewährleisten. Im 3.OG werden beiden Treppenräume durch einen Mittelflur verbun-den und im 4.OG bietet eine Außentreppe einen Zugang von der gemeinschaftlichen Dachfläche in das Treppen-haus des darunterliegenden Geschosses.

Die geförderten Wohnungen, die hier in großer Anzahl kleinere Wohnungsgrößen aufweisen, werden ergänzt durch anmietbare Gästezimmer, Gemeinschaftsflächen und die Option auf anmietbare Büroflächen für das Homeoffice oder eine gemeinschaftliche Quartierswerkstatt. Der dreigeschossige Tordurchgang wird im Erdgeschoss aufgewei-tet und bietet neben den Hauseingängen ebenfalls einen direkten Zugang zu diesen Nutzungsangeboten.

Die rein nach Westen orientierten Wohnungen erhalten im Bereich der vorgeschriebenen B-Plan Ausweisung ver-glaste Schallschutzloggien, die sowohl den Freisitz schalltechnisch schützen, als auch eine Belüftung der Wohn- und Schlafräume ermöglichen.

Im Rahmen der effizienten Entwicklung dieser notwendig gebäudetiefen Wohnform, wird die zulässige Baukörper-tiefe des B-Plans partiell überschritten, allerding durch eine Freisitzfassade mit Loggien, die sich in Balkone auflöst. Im Ausgleich werden die Baugrenzen der Häuser B und C nicht voll ausgenutzt, so dass das Verhältnis der baulichen Körnung zum umfließenden Freiraum weiterhin dem Vorkonzept folgt.

HAUS B und HAUS C
Das Haus B wird über zwei nach Süden orientierte Dreispänner organisiert. Die zur Straße gewandten Freisitze wer-den als Halbloggien ausgeführt, die der urbaneren Raumkante Rechnung tragen. Im Haus C werden zwei Zwei-spänner und ein Dreispänner geplant, die in der Folge ermöglichen, durchgesteckte Wohnungen in West-Ost-Richtung anzuordnen. Die Wohnungen profitieren von der Sonnenlage und sind von der Feuerwehr an der Ostfas-sade zu erreichen. Beide Gebäude bilden zum angrenzenden Straßenraum ein Hochparterre von ca. 70 cm aus, das zur Privatsphäre der EG Wohnungen beiträgt. Als zusätzliche Qualität erhalten die EG Wohnungen hier erhöhte Ter-rassen, die über eine kleine Treppe einen direkten Zugang zum Garten/Außenraum bieten und dabei ein lebendi-ges Erdgeschossmotiv bewirken.

HAUS D
Das Haus D wird als besonderes Gartenhaus über einen Vierspänner konzipiert. Ein innenliegendes Treppenhaus ermöglicht eine maximale Ausnutzung der Fassaden zur Belichtung der Wohnungen und somit einen hohen Bezug zum Außenraum. Die Balkone werden als vorgestellte Stahlkonstruktionen geplant, an denen sich partielle Fassa-denbegrünungen ranken. Die Freisitze erzeugen so das Bild eines „grünen Zimmers“ mit Blick auf den Werdersee und die landschaftlichen Innenhöfe. Dieses Leitmotiv wiederholt sich kompakt an der Westfassade des Haus C und prägt wie ein großes grünes Fassadenzimmer den Charakter des Hofes.

PAVILLON
Der frei zu gestaltende Bereich des Innenhofes für gemeinschaftliche Nutzungen wird als dezenter, transparenter, eingeschossiger Pavillon geplant. Dieser bietet die Möglichkeit eines Quartiers-Treffpunkts mit Innen- und Außen-raum, was gerade in Übergangsjahreszeiten und in Zeiten der Pandemie von großer Bedeutung ist. Er könnte aber auch als anmietbarer Eventraum genutzt werden. Eine offene Glasfassade, ein schlankes weit auskragendes Dach und eine leichte Absenkung des Geländes sollen den Baukörper in seiner Erscheinung dem Freiraum und den ande-ren Häusern unterordnen und viele Durchblicke durch das Quartier ermöglichen.

IDEENTEIL
Die Häuser E und G folgen der Konzeption der straßenbegleitenden Zeilen des Realisierungsteils: Nach Süden orien-tierte Mehrspänner, lebendiges, zugängliches Hochparterre und Halbloggien bestimmen die Gebäudekonzepte im Inneren. Das Haus I stellt den Abschluss der Gebäudeabfolge dar und definiert den entstehenden Platz am Wende-hammer. Die Häuser F, H und J wiederholen den Typus des Gartenhauses identisch oder leicht abgewandelt zum Haus D und bilden somit eine rhythmisierte Fassadenanmutung zur nördlichen Promenade am Werdersee, als auch zu internen Wegeverbindung im Quartier.

Insgesamt entstehen im neuen Scharnhorst-Quartier 247 Wohneinheiten (RT 142 WE + IT 105 WE) in vielfältigen Größen zwischen 2- und 5-Zimmern im gewünschten Mix.

Fassadengestaltung und Materialkanon

Alle Gebäude erhalten umlaufend Fassaden aus rose-braunem Verblendklinker in leicht unterschiedlichen Farbnu-ancen, bestimmt durch die städtebauliche Lage im Gesamtquartier. In der Folge erhält jedes Gebäude eine eigene Adresse und Anmutung, bleibt aber Teil eines gesamtheitlichen Gestaltungskonzeptes.

In der Gestaltung der Fassaden bilden die straßenbegleitenden Zeilen eine horizontale Bänderung in Höhe der Ge-schossdecken aus, die im Bereich der Brüstungsfenster nach oben gezogen wird. Durch dieses Konzept entsteht trotz der Vorgabe des Bauherren von Brüstungsfenstern eine vertikal anmutende Fassade, die von einem unterge-ordneten horizontalen Netz belegt wird.

Die Freisitze werden an den urbaneren Raumkanten als Halbloggien oder Balkone ausgeführt, die „schubladenartig“ auf der Längsseite mit Verblendriemchen und auf den Stirnseiten mit Stabgeländern geplant werden.

Die Gartenhäuser erhalten das gleiche Gestaltungskonzept, werden aber in nur einer Steinfarbe angedacht, so dass die Fassadengliederung und Ornamentik eher subtil in den Hintergrund tritt. Hauptgestaltungselement der Gar-tenhäuser ist das vorgestellte „Balkonregal“ mit hell angestrichenen Stahlstützen und –rahmen. Teilbereiche dieser Balkone erhalten Fassadenrankgitter und auch der oberste Balkon erhält eine Überdachung, um die Konzeptidee des „grünen Zimmers“ weiter auszuformulieren.

Diese „Balkonregale“ werden in Teilbereichen bewusst leicht aus der Bauflucht des Gebäudes gerückt, um so eine stärkere Rhythmisierung der Baukörperabfolge zu erreichen und andere Blicke vom Freisitz in die Umgebung zu ermöglichen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Von geringfügigen Abweichungen abgesehen, befolgen die Verfasser die städtebaulichen Vorgaben des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans.

Die städtebauliche Haltung ist insgesamt überzeugend, wobei die Ausarbeitung der Gebäudeköpfe in Richtung Werdersee noch etwas entschlossener hätte erfolgen können. Die gestaltsprachliche Differenzierung der Gebäude über feine plastische Hervorhebungen in der Ausarbeitung der Fassaden ist sehr versiert, zurückhaltend und elegant. Das Element des "Grünen Zimmers" passt jedoch nicht zu dieser Haltung und überzeugt das Preisgericht in der aufgezeigten Umsetzung hingegen nicht. Dimensionierung, Platzierung und die vorgeschlagene Ausführung erzeugen den Eindruck einer zu formalistischen Haltung.

Die Adressbildung erfolgt konsequent zum Boulevard bzw. von den untergeordneten Erschließungswegen des bestehenden Freiraumkonzepts und stärkt diese Entwurfselemente nachdrücklich. Der Umgang mit dem einwirkenden Gewerbelärm ist plausibel.

Sämtliche Gebäude verfügen über präzise und gut durchgearbeitete Grundrisslösungen von hoher Qualität. Die Entfluchtung der Obergeschosse wird ohne über die vorgesehenen Erschließungsflächen hinausreichenden Fahr- oder Aufstellflächen sichergestellt. Der Außenauftritt des Gemeinschaftshauses ist sehr zurückhaltend, hier wäre eine stärkere Aufmerksamkeit wünschenswert.

Die Arbeit ist gut durchgearbeitet und die Verfassenden treffen viele plausible Entscheidungen. Leider fehlt dem Beitrag die erforderliche entwurfliche Geschlossenheit für eine uneingeschränkte Empfehlung.
Lageplan

Lageplan

Konzeptskizze

Konzeptskizze

Lageplan mit Erdgeschoss

Lageplan mit Erdgeschoss

Fassade Ost zum Hof (Ideenteil)

Fassade Ost zum Hof (Ideenteil)

Konzept Anordnung Freisitze

Konzept Anordnung Freisitze

Grüne Höfe und Gartenhäuser zum Werdersee

Grüne Höfe und Gartenhäuser zum Werdersee

Quartiersauftakt am Niedersachsendamm

Quartiersauftakt am Niedersachsendamm