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zweistufiger baukünstlerischer Wettbewerb, Stufe I: international, offen und anonym, Stufe II: geladen, anonym | 03/2008

"Pavoreal"

1. Preis

Pichler & Traupmann Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Nach wie vor gelten für unser Projekt jene bereits artikulierten Grundsätze, die nun im Folgenden nochmals zusammenfassend dargestellt werden: Das bestehende Niveau, welches auf der Oberkante der Tiefgarage und unter der Krone der historischen Befestigungsmauer liegt, wird mit einem neuen Plateau überbaut.
Dieses Plateau wird zwar einerseits mit einer deutliche Fuge von der Stadtmauer, deren Charakter dadurch massiv gestärkt wirkt, abgerückt, erlaubt aber andererseits einen ungehinderten und weit schweifenden Blick in und über den Stadtpark, wie er in dieser Form bisher nicht möglich war. Das städtebaulich attraktive und aktive Programm wird in drei einzeln stehende Häuser gegliedert: in ein Hotel und zwei Wohngebäude. Diese Strategie erlaubt eine sensible Gliederung und Einbettung der Gesamtbaumasse in das historische Stadtgefüge. Das
Projekt wird als städtische Komposition dreier Häuser und weniger als ein Großprojekt erlebt. Jedes der Häuser nimmt unterschiedliche städtebauliche Bezugslinien auf und reagiert unterschiedlich auf die jeweiligen stadträumlichen Situationen. Am wesentlichsten erscheint jedoch, dass die bisherigen Blickbezüge nach wie vor vollkommen
ungehindert möglich sind: der Blick vom Stadtpark zum Grazer Uhrturm, der Blick vom Stadtpark auf das Dach des Landesarchivs mit dem dahinter liegenden Schlossberg und der Blick vom Karmeliterplatz in die Baumkronen des tiefer liegenden Stadtparks.

In der sensiblen Zone des Übergangs von Altstadt zu Stadtpark, die trotz ihrer Lage innerhalb der Befestigungsmauern nie bebaut war, werden rautenförmige Grundrisse entwickelt, die weniger auf klassische Gebäudetypologien Bezug nehmen als vielmehr auf die geknickten, polygonalen Verläufe der ehemaligen Befestigungsanlagen. Vom Stadtpark aus erscheinen die Baukörper daher äußerst schlank sowie zurückweichend und belassen der historischen Stadtmauer ihre Dominanz. Der Karmeliterplatz hingegen wird nach Osten hin geschlossen bei gleichzeitigem Erhalt seines Bezugs zum Stadtpark.
Ein Wasserbecken zieht sich in Reminiszenz an den historischen Burggraben entlang der gesamten Länge der historischen Stadtmauer. Die Uferkante zum Park bildet Buchten zum Verweilen und wurde durch den Schattenwurf der neuen Gebäude gebildet. So wird zweimal im Jahr der Schatten exakt auf die Wasseroberfläche treffen. Die Architektur der Gebäude tritt so in unmittelbaren Bezug zur Landschaftsarchitektur.
Das statisch-konstruktive Konzept berücksichtigt die Vorgaben des Bestandes, ohne jedoch dadurch gestalterische Einschränkungen in Kauf nehmen zu müssen. Um einerseits die Stahlleichtbauweise auszudrücken und andererseits die Einbindung
der Gebäude in die charakteristische ziegelrote Dachlandschaft herzustellen, sind Fassaden und Dächer mit in der Farbe sich der Dachlandschaft annähernden Lochblechtafeln von unterschiedlicher Lochgröße überzogen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Altstadt von Graz bekommt mit dem Siegerprojekt eine zeitgemäße und vielfältige Antwort auf eine komplexe und sensible Aufgabe. Die Juryierung ist eine Reise mit allen Beförderungsmitteln gewesen, wo das gemeinsame Reisen an sich zum Ziel wurde. Dies ergab sowohl architekturtheoretische Gespräche sowie mehr realbezogene Betrachtungen um das beste Projekt des Wettbewerbs zu finden. Der Entschluss ist einstimmig und die Jury ist der Meinung, dass die Stadt Graz hiermit einen Neugewinn für ihre Bewohner bekommt. Ich darf auch auf die Ambition des privaten Auftraggebers, einen wesentlichen öffentlichen Beitrag leisten zu wollen, hinweisen. Eine seltene Einstellung die man hoch werten sollte.
Architekt MNAL Kjetil T. Thorsen, Juryvorsitzender

Die von den Architekten Pichler und Traupmann vorgeschlagenen drei rhombenförmigen Baukörper fügen sich in der Dimension in die Umgebung ein, wahren aber eine hohe Eigenständigkeit. Der Entwurfsgedanke eines angehobenen Platzniveaus bringt eine überzeugende Abstufung von öffentlichen über halb-öffentlichen zu privaten Räumen, die die Sichtbeziehungen und Durchwegungen vom Karmeliterplatz zum Stadtpark beibehalten bzw. neu eröffnen. Die Funktionen des Hotels und des Wohnens sind klar gegliedert und bieten damit eine schöne Ergänzung in den vorhandenen Nutzungen der
Umgebung. Kritisch merkte die Jury die vorgeschlagene Lösung der Tiefgarageneinfahrt und der Materialität der vorgeschlagenen Fassadengestaltung an. Mit dem 1. Preis entsteht eine bauliche Abrundung der Altstadt, die dem Karmeliterplatz eine geschlossene
Kontur gibt, bei gleichzeitiger reizvoller Verbindung zum Park. Es entsteht etwas Neues mit neuer Gebäude- und Architektursprache ohne die Qualität des Vorhandenen zu beeinträchtigen, setzt also die qualitätsvolle Geschichte der Altstadt von Graz fort.
Dr. Irene Wiese von Ofen, UNESCO

Der in Abstimmung mit dem Weltkulturerbe-Managementplan ausgelobte Wettbewerb brachte ein einstimmiges Ergebnis, welches als starker architektonischer Beitrag auch von sämtlichen konservatorischen Beratern gutgeheißen wurde. Die lange geforderte direkte Verbindung des Karmeliterplatzes mit dem Stadtpark ist durch das Projekt abgesichert. Die Baumassenverteilung berücksichtigt die Besonderheiten der Stadtkrone und setzt sich wie ein Filter an die historische Stadtmauer.
Stadtbaudirektor Dipl.-Ing. Mag. Bertram Werle

Als Vertreter des Auslobers bin ich sehr zufrieden, dass es nach langer Vorarbeit und mit Hilfe eines europaweit offenen Wettbewerbes gelungen ist, an dieser städtebaulich so sensiblen Stelle ein Ergebnis zu erreichen, das die Zustimmung der Vertreter von Unesco, Bundesdenkmalamt, ASVK, Stadtplanung und Stadtbaudirektion gefunden hat.Die Stadt Graz hat mit dem \"Grazer Model\" ein Verfahren angeboten, welches die Abstimmung zwischen öffentlichen und privaten Interessen zu einem frühen Projektentwicklungszeitpunkt leistet. Wir haben uns für dieses Modell entschieden, obwohl es - gerade in der komplexen Situation über der Tiefgarage Pfauengarten – mit erheblichem Aufwand verbunden war. Die zugesagte Beschleunigung im Bewilligungsverfahren wird eine rasche Umsetzung des ausgewählten Entwurfes ermöglichen.
Dipl.-Ing. Jörg Krasser, Vertreter des Auslobers

Ich muss den ArchitektInnen gratulieren und möchte mich bedanken: Wir haben enorm vielfältige Antworten auf unsere diffizile Fragestellung bekommen. Wie ich finde wurde durchwegs in sehr hoher Qualität und – insbesondere in der zweiten Runde – mit Leidenschaft und Sachverstand gearbeitet und präsentiert. Die Entscheidung war deshalb nicht leicht, aber letztendlich klar.
Dr. Reinhard Hohenberg, Investorenvertreter