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Einladungswettbewerb | 03/2019

Neubau Gemeindehaus Mater Dolorosa in Langenau

3. Preis

Rapp Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Die Kirche bleibt im Dorf

Die katholische Kirche Mater Dolorosa ist ein markantes Zeichen in der ansonsten unscheinbaren und heterogenen Umgebung.
Das neue Gemeindehaus fügt sich nahtlos in die gewachsene Struktur der umgebenden Bebauung ein. Durch die zwei, etwas versetzt stehende Giebel nimmt es die Maßstäblichkeit der Nachbarschaft auf und nimmt sich selbst so weit zurück, dass die Kirche das dominierende Gebäude bleibt. Der Platz zur Straße bleibt offen und lässt die Sicht zur Kirche frei.

Gemeinschaft für Gemeinde

Der Kirchplatz vor dem bestehenden Kirchengebäude erhält mit dem neuen Gemeindehaus erstmals ein Gegenüber. Kirche und Gemeindehaus treten miteinander in Beziehung. Der Besucher tritt aus der Kirche hinaus, hin zum Gemeindehaus. Und umgekehrt. Über den Kirchplatz erstreckt sich die ganze Bandbreite des kirchlichen Lebens. Es entsteht ein Zentrum der Gemeinde, an dem sich alle Aktivitäten bündeln und alle Gruppen der Gemeinde sich begegnen.

Der Zugang zum Gemeindehaus orientiert sich hin zur Kirche. Es sind übersichtliche und kurze Wege, ein unkompliziertes Zusammenspiel.
Der große Gemeindesaal, Konferenzraum und Foyer bilden mit dem Kirchplatz eine flexible und mit vielfältigen Möglichkeiten bespielbare Fläche. Großflächige, verschiebbare Wände und öffenbare Fassaden bieten dafür die Grundlage.

Der große Saal befindet sich, fast stadelartig, unter dem ersten Giebel. Eine große Fassadenfront öffnet sich zum Kirchplatz. Hölzerne Oberflächen prägen den Raum und geben ihm ein warmes, gemütliches Ambiente. Die Höhe des Raumes bietet gute akustische Bedingungen bei allen Veranstaltungen.
Im hinteren Gebäudeteil finden sich in drei Kuben die dienenden Bereiche. Materialräume, Toiletten und die Küche mit separater Zugangs- und Anliefermöglichkeit.

Das Obergeschoss ist ebenfalls sehr einfach zu erreichen. Direkt vom Eingangsbereich führt das offene Treppenhaus hinauf. Während unten die öffentlichen Räume sind, geht es oben etwas ruhiger und diskreter zu. Gleich anschließend an das Treppenhaus sind Pfarrbüro und Sekretariat untergebracht, dahinter, etwas eigenständiger, ein Gruppen- und ein Jugendraum mit Dachterrasse.

Alle Räume sind barrierefrei nutzbar. Ein leicht auffindbarer Aufzug im Eingangsbereich ermöglicht die barrierefreie Erreichbarkeit des ganzen Gebäudes.

Ein Haus für morgen

Nachhaltigkeit bedeutet, dass Lebensgrundlagen erhalten bleiben. Es scheint selbstverständlich, jedoch vor dem Hintergrund von z.B. Klimaerwärmung, Artensterben und der absehbaren Endlichkeit vieler Rohstoffe zeigt sich, dass der Mensch inzwischen zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist und er seinen eigenen Lebensraum bedroht.
Nachhaltiges Handeln beginnt schon in der Planung und lässt die Auswirkungen des eigenen Handelns bedenken. Es berücksichtigt die Herstellung, die Nutzung und das Lebensende des Gebäudes.
Es ist unser Bestreben, dass endliche Ressourcen nicht verbraucht, sondern jederzeit wiederverwendet werden können, und dass nachwachsende Rohstoffe am Ende Ihres Lebenszyklus wieder dem natürlichen Stoffkreislauf zugeführt werden können (Cradle-to-cradle-Prinzip).
Eine einfache, flexible Gebäudestruktur, die den über den Verlauf der Zeit sich ändernden Anforderungen genügen kann, der Einsatz von dauerhaften, nachwachsenden oder recycelbaren Materialien und Konstruktionen, die Vermeidung von klima- und umweltschädlichen Emissionen und Gefahrenstoffen in Herstellung und Betrieb des Gebäudes sind Bausteine eines ganzheitlichen Konzeptes.
Das neue Gemeindehaus ist ein platzsparendes Haus. Mit der zur Verfügung stehenden Fläche des Grundstücks wird genauso sorgsam umgegangen und das Gebäude klein und zweigeschossig statt eingeschossig und großflächig geplant.
Die zur Verfügung stehenden Mittel und Materialien werden unter dem Aspekt der Angemessenheit eingesetzt und auf das Notwendige begrenzt.


Konstruktion und Energiekonzept

Die beiden Giebel des Hauses unterscheiden sich in ihrer Struktur und ihrem Charakter. Dementsprechend unterscheidet sich die Bauweise. Der erste Giebel des Gemeindesaals wird als Holzkonstruktion errichtet und prägt durch die sichtbar gelassenen Holzoberflächen den Raumeindruck. Der hintere Giebel beherbergt kleinere Räume mit überwiegend funktionaler Natur.. Er wird massiv errichtet. Die Oberflächen sind hier steinern und robust Durch seine Massivität dient er als Massespeicher im sommerlichen Wärmeschutz.

Das Energiekonzept für einen CO2-freien Betrieb besteht aus mehreren Komponenten:
Das Gebäude erhält eine hochwirksame Wärmedämmung, die die Wärmeverluste minimiert.
Die Beheizung erfolgt durch eine Grundwasser- oder Geothermie-Wärmepumpe mit niedrigen Vorlauftemperaturen über eine Fußbodenheizung. Der Bedarf an elektrischer Energie dafür wird über eine dachintegrierte Photovoltaikanlage vor Ort erzeugt.
Für die Belüftung der Räume kommt eine unterstützende Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung zum Einsatz.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen ein Haus vor, das sich in die umgebende Bebauung an der
Olgastrasse einfügt. Durch zwei versetzt zueinander stehende Giebel nimmt der
Neubau zwar die Körnung der Umgebung auf, lehnt sich aber dabei auch
typologisch sehr an die vorhandene Wohnbebauung an.
Die Positionierung des Gemeindehauses an der südwestlichen Ecke des
Grundstückes lässt den Blick zur Kirche frei und einen großzügigen Kirchplatz zu,
jedoch wird der Platz gleichzeitig durch die Anordnung der Stellplätze leider verstellt.
Räumlich und architektonisch werden die zwei Langhäuser folgerichtig
unterschiedlich behandelt. Das zweigeschossige westliche Haus nimmt im
Erdgeschoss Sanitärbereich und Küche auf. Gemeindesaal und Konferenzraum
liegen gegenüber und lassen sich zum Foyer hin öffnen, dabei wirkt das
längsgerichtete Foyer als breiter Flur trotz der Gliederung der dienenden Schiene in
Kuben.
Die Erschließung in das erste Obergeschoss ist leicht erreichbar, die Lage des
Pfarrbüros mit Sekretariat wird kritisch gesehen.
Die unterschiedliche Behandlung der zwei Langhäuser wird auch im Innenausbau
konsequent geführt und gut ausgearbeitet. Auch die Ablösung der zwei Häuser
zueinander über das Oberlicht, das das Foyer zusätzlich belichtet ist gelungen.
Insgesamt eine gute städtebauliche Lösung, die sich der Idee der zwei Häuser
unterwirft dabei eine große Kubatur hervorruft und eine Zweigeschossigkeit in Kauf
nimmt.