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EU-weiter hochbaulicher Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb und parallelem Verhandlungsverfahren | 11/2020

Neubau Null Emissionsbürogebäude der Hafen City Hamburg

2. Preis

haascookzemmrich STUDIO2050

Architektur

Werner Sobek AG

Bauingenieurwesen, Energieplanung

hhpberlin - Ingenieure für Brandschutz GmbH

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Leitidee
In den letzten Jahrzehnten hat die Forschung im Bausektor den Schwerpunkt auf die Senkung des Energiebedarfs im Gebäudebetrieb gesetzt. Dadurch sind Gebäude entstanden, die zwar einen sehr geringen Energiebedarf im Betrieb haben (z.B. Passivhäuser), deren zur Errichtung notwendige energetische Aufwand allerdings nicht thematisiert und berechnet wurde. Diese Herangehensweise hat zunehmend zu mehr Anlagentechnik und damit mehr Material im Gebäude geführt.
Bei der Planung des Null Emmissionsbürogebäudes für die HafenCity werden neue Wege beschritten.
Hier wird nicht nur der Energieverbrauch im Gebäudebetrieb planerisch bewertet, sondern alle Ressourcen, die für die Errichtung, den Unterhalt und den Rückbau notwendig sind, werden in der Entwurfsplanung berücksichtigt.
Das Null Emmissionsbürogebäude der HafenCity kann eine Landmarke für die Vision dieser
zukunftsgewandten urbanen Gemeinschaft werden. Das Gebäude zeichnet sich durch den bewussten Umgang mit Ressourcen aus. Für die Neuerrichtung von Gebäuden werden Holz und natürlich nachwachsende Baustoffe und Lehm als natürliches Material mit geringem Energieverbrauch eingesetzt. Auf Anlagentechnik soll so weit wie möglich von Anfang an verzichtet werden. Natürliche Belüftung mit einem geringen Anteil mechanischer Grundversorgung ist ein Grundprinzip der Klimatisierung. Alle passiven Maßnahmen zur Verschattung und optimaler Tageslichtnutzung werden berücksichtigt. Jedes sonnengerichtete Fassadenpanel dient zusammen mit den Dachflächen der
Energiegewinnung. Diese Maßnahmen reduzieren den Bedarf an „grauer Energie“ und stellen die Recyclierbarkeit für spätere Generationen sicher.
Neben den genannten Maßnahmen, der Verwendung nachwachsender und natürlicher Baustoffe sowie dem Einsatz wiederverwerteter und wiederverwendbarer Materialien sind es auch die vielen kleinen, kaum sichtbaren Entscheidungen, die dazu beitragen, ein klimaneutrales Gebäude zu schaffen. So wird auf gipsgebundene Baustoffe im Haus verzichtet. Aquapaneele übernehmen die klassischen Trockenbauaufgaben. Installationen werden sichtbar geführt, um Wartung und Neuinstallation zu vereinfachen. Dämmstoffe bestehen aus Recyclestoffen (Schaumglasschotter).
Der Einsatz ökologisch unbedenklicher Baustoffe führt zu einer Reduktion der mit dem Bau
verbundenen Umwelteinwirkungen und verbessert damit wesentlich die Ökobilanz eines Gebäudes.
Mit der Vermeidung von umweltschädlichen Anteilen in Baustoffen können auch hohe Kosten bei der Entsorgung vermieden werden. Ebenso kann mit dem Einsatz von emissionsarmen Baustoffen das Risiko einer gesundheitlichen Beeinträchtigung der Nutzer verringert werden.
Dieser in der Summe aller Maßnahmen einmalige Ansatz bei der Planung des
Nullemmissionsbürogebäudes für die HafenCity wird dem Haus ein Alleinstellungsmerkmal geben.
Die Form dieser integralen Bauweise leitet sich dabei aus einem interdisziplinär erarbeiteten Entwurf ab, in dem formale, funktionale und tragwerktechnische Aspekte auf einander abgestimmt wurden.
Der Ansatz verfolgt damit konsequent das Ziel einer gesamtwirtschaftlichen Lösung, indem
Funktionen integriert werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser verfolgen mit dem Entwurf den Anspruch, dass, außer für tragende
Bauteile in den beiden unteren Geschossen, für die Recyclingbeton verwendet
werden, nur nachhaltige oder nachwachsende Baustoffe eingesetzt werden. Die
oberen Geschosse bestehen aus einem Holzfachwerk als Primärkonstruktion. Die
geschlossenen Fassadenteile bestehen aus vorgefertigten Lehmbauteilen. Auch
im Innenbereich werden Lehmbauteile verwendet. Dadurch entsteht bereits bei
der Konstruktion ein sehr geringer CO²-Verbrauch. Mit Ausnahme einer Solewasserpumpe für die Erzeugung von Wärme, wird auf technische Lösungen weitgehend verzichtet. Dadurch wird voraussichtlich ein sehr gutes Raumklima erreicht.
Auch im Betrieb weist der Entwurf eine gute CO²-Bilanz auf.
Der Einsatz von Lehm, insbesondere für die Fassade, birgt ein Risiko für die Langlebigkeit dieser Bauteile. In dem Einsatz von Lehmbauteilen, auch im Innenbereich, werden Einschränkungen der Flexibilität, bei möglicherweise erforderlichen
Veränderungen der Grundrisse, gesehen.
Das Erscheinungsbild des Gebäudes wird geprägt durch eine schlichte, einheitliche
lange Fassade entlang der Straße Am Dalmannkai. Dieser Schlichtheit wird der,
mit einem auskragenden Wintergarten ausgebildete, östliche Kopf des Gebäudes
gegenübergestellt. Von diesem Wintergarten können allerdings nur die unmittelbar angrenzenden Nutzungen profitieren.
Das Erdgeschoss ist zwar zur Straße geöffnet, kritisch gesehen werden jedoch die
schwer auffindbaren Zugänge – der schmale Eingang im westlichen Gebäudeteil
neben dem PKW-Lift, die Eingänge auf der „Rückseite“ – und die sparsamen und
wenig einladenden Empfangsräume.
Kritisch gesehen wird auch die mangelnde Flexibilität der Regelgeschosse. Gründe
hierfür sind die von der Fassade nach innen abgerückten Stützen aber auch die
Lage der beiden Erschließungskerne.
Insbesondere wegen der vorgeschlagenen Baukonstruktion, des konsequenten
Einsatzes nachhaltiger oder nachwachsender Rohstoffe und der damit bereits
beim Bau erzielbaren sehr guten CO²-Bilanz wird in dem Entwurf ein wertvoller
und innovativer Wettbewerbsbeitrag gesehen.