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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2021

Neubau Ortenau Klinikum am Standort Achern

Visualisierung Eingang

Visualisierung Eingang

ein 2. Preis

Preisgeld: 35.000 EUR

LUDES Architekten - Ingenieure GmbH

Architektur

Wankner & Fischer GmbH Landschaftsarchitekten und Stadtplaner

Landschaftsarchitektur

Amstein + Walthert AG

sonstige Fachplanung

Erläuterungstext

FREIRÄUMLICHE LEITIDEE
Die vorgeschlagene städtebauliche Grundstruktur gibt einen klaren Rahmen für die zukünftige Entwicklung des Areals vor. Den nördlichen Auftakt bildet der Vorplatz, welcher sich zwischen Klinikum, Ärztehaus und der neuen Zufahrtsstraße erstreckt, in das Areal hineinführt und als Verteiler fungiert. Der Platz ist durch seine klare Gestaltung gekennzeichnet und nimmt die Sprache der Baukörper auf, welche in den Außenraum übertragen wird. Baumüberstellte Bänder aus Gräsern und blühenden Stauden akzentuieren lineare Verbindungen, bieten Sitzmöglichkeiten und führen in den Zugangshof des Klinikums, wo sich der Außenbereich mit dem Gebäude verzahnt. Eine Auflockerung der klaren Platzstruktur bilden hineinragende Grünstrukturen, welche durch Mauern eingefasst sind und ebenfalls zum Verweilen einladen.
Diese lebendigen Grünstrukturen, bestehend aus Wiesenflächen mit locker angeordneten Gehölzen, ziehen sich als Lebensadern und verbindende Elemente über das gesamte Areal, verknüpfen die verschiedenen Bereiche miteinander und bieten Orientierung. Sie schaffen einen fließenden Übergang zwischen Vorplatz, Parkanlage, Parkplätzen sowie Baukörpern und halten das Gesamtgefüge zusammen. Ein weiteres Freiraumelement sind lineare Baumreihen, welche dem Areal einen Rahmen geben und infrastrukturelle Verbindungen aufzeigen. Im Südosten des Areals wird ein weicher Übergang zum Schulgelände sowie zum angrenzenden Wohngebiet ausgebildet, was den Park als Herzstück des Areals zum Ort der Begegnung für verschiedene Nutzergruppen macht.
Der naturnahe Umgang mit Niederschlagswasser spielt eine zentrale Rolle auf dem Gelände. Organisch geformte Sickermulden nehmen das anfallende Niederschlagswasser der befestigten Flächen auf und ziehen sich über das gesamte Areal. Begleitet wird die sanfte Geländemodulation von den Gehölzstrukturen und einer lockeren Anordnung von Kleinbäumen.
Um ein angenehmes Stadtklima zu schaffen sowie um einen Beitrag zur Energieeinsparung zu leisten, werden alle Flachdachflächen mit einer extensiven Begrünung versehen.

ÄUSSERE INFRASTRUKTUR UND ERSCHLIESSUNG
Die übergeordnete Anbindung des Klinikareals an das Straßennetz erfolgt über die geplante Nord-Ost-Tangente, die geplante Zufahrtsstraße im Norden sowie die bestehende Berliner Straße im Süden und die Morezstraße im Osten. Die infrastrukturelle Vernetzung stellt die städtebauliche Verbindung des Areals in alle Richtungen sicher und mach das Klinikgelände gut erreichbar.
Der ruhende Verkehr für Mitarbeiter und die Parkplätze für Besucher sind räumlich voneinander getrennt, was eine Auflockerung der zahlreichen Parkplatzflächen schafft und die Bewegungsströme der PKWs voneinander trennt. Der südliche Parkplatz mit rund 230 Stellplätzen ist für Mitarbeiter sowie für das Schul- und Wohnheimgebäude reserviert. Der Mitarbeitereingang im Südosten der Klinik ist von den südlich gelegenen Stellplätzen durch die Wegeverbindungen im Park gut zu erreichen. Die Parkplätze für Besucher befinden sich im Norden des Areals und somit in räumlicher Nähe zur Klinik. Der Hauptparkplatz für Besucher befindet sich im Nordosten, ein Abzweig führt zu weiteren Stellplätzen nördlich des Ärztehauses. Die nordwestlichen Stellflächen werden separat erschlossen. Diese Zufahrtsstraße führt zudem zum 24-h Eingang, wo Parkplätze für Selbsteinweiser situiert sind.
Der Vorplatz gewährleistet eine übersichtliche Führung der Patienten-, Besucher- und Verkehrsströme, wodurch die unterschiedlichen Funktionen klar voneinander getrennt und gut ablesbar sind. Die Anfahrtsmöglichkeiten werden im Westen des Platzes gebündelt. Taxis, Drop-Off und Kurzzeitparker können hier zentral ankommen. Gebäudenahe Behindertenstellplätze befinden sich im Nordwesten des Klinikums, von dort ist der Vorplatz in unmittelbarer Nähe zu erreichen.
Die Liegendkrankenaufnahme ist für Rettungswägen über eine Nord-Süd-verlaufende Straße im Westen des Areals erschlossen, womit die Notaufnahme von beiden Richtungen und Einzugsgebieten schnell erreicht werden kann. Der Wirtschaftshof befindet sich im Untergeschoss auf der Westseite des Klinikneubaus. Die verkehrstechnische Anbindung für die Anlieferung sowie für die Ver- und Entsorgung erfolgt deshalb ebenfalls über die westliche Straße und führt dann über eine Rampe in den Wirtschaftshof. Im Untergeschoss befindet sich zudem die Fahrzeughalle für den Rettungsdienst. Die westliche Straße wird mit Schranken versehen und nur von Rettungswägen und LKWs befahren, was zu einer Entflechtung des Verkehrs führt und eine Kreuzung mit anderen Verkehrsteilnehmern verhindert.
Eine übergeordnete Anbindung sowie innerstädtische Konnektivität wird durch die neue S-Bahnhaltestelle sowie durch die geplante Bushalltestelle am Eingangsplatz erreicht. Für Fußgänger und Radfahrer entsteht zudem eine hohe Verknüpfung mit dem bestehenden Wegenetz der Umgebung sowie auf dem Areal selbst. Das Klinikgelände wird mit dem Wohngebiet im Süden, mit dem westlichen Schulareal sowie mit der nördlichen Zufahrtsstraße verbunden und die Besucher- und Patientenströme können sich auf dem weitläufigen Klinikareal verteilen. Fahrradstellplätze befinden sich am Haupteingang, am Nebeneingang für Mitarbeiter sowie im Bereich des 24h-Eingangs.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich überzeugt der Entwurf durch seine eindeutige und kompakte Setzung, die einen großen harmonischen Freiraum generiert und klare Raumkanten bildet. Der quadratische Baukörper bildet damit eine städtebauliche Konstante in dem sonst sehr heterogen städtebaulichen Umfeld. Auch die Erweiterung des Ärztehauses und Wohnheims folgt diesem Duktus. Eine direkte Anbindung des Ärztehauses ist jedoch nicht dargestellt.

Die vorgeschlagenen Erweiterungsmöglichkeiten sind gut gelöst, aber summarisch in der Fläche eher zu groß gedacht. Kritisiert werden die fehlenden Erweiterungsoptionen der Kernbereiche.

Die Lage der Parkplätze ist differenziert ausgebildet und im Bereich der Berliner Straße an sich gut gewählt. Die Wege für die Mitarbeiter sind jedoch weit und umwegig um das Gebäude herumgeführt. Die Anordnung der Besucherstellplätze im Bereich der Planstraße und dem benachbarten Ärztehaus kann nachvollzogen werden, birgt aber noch Potenzial insbesondere in Verbindung mit der hier noch verbesserungswürdigen Freiraumgestaltung. Dies gilt auch für die fehlende Verbindung der östlichen Parkplätze zum Klinikhaupteingang.

Die Anordnung der großen Parkanlage schafft genügend Distanz zur östlichen Wohnbebauung und bietet nicht nur Patienten, sondern auch für die Bevölkerung einen räumlichen Gewinn. Die vorgeschlagene lockere Wegeführung, die Gestaltung mit Wiesenflächen, Gehölzstrukturen und organisch geformten Sickermulden und die nahtlose Einbindung der Schulbereiche sind wohltuend angenehm und wirken wie selbstverständlich. Über den klassischen Spazierpark hinaus fehlen jedoch differenzierte aktive Vorschläge für die Freiraumnutzung.

Das Konzept eines durchgängigen dreigeschossigen kompakten Solitärbaukörpers für das Klinikum nimmt Rücksicht auf den flachen Landschaftsraum und ist in Körnung und Maßstäblichkeit sehr gut gelungen. Die Lage des Zugangs und die Gestaltung des Eingangsbereiches entspricht vollumfänglich den Erwartungen der Auslobungen. Eine eindeutige Adressbildung ist gegeben. Die innere Organisation mit hierarchisch abgestuften, klar strukturierten Verkehrsflächen und die Anordnung innenliegender Atrien ergibt eine logische Zonierung des Gebäudes und garantiert eine gute Übersichtlichkeit, natürliche Belichtung und Orientierung.

Besonders überzeugt die wohlproportionierte und gut strukturierte Fassade bestehend aus heimischen Holzelementen mit umlaufendem Balkonband. Es entsteht eine flexible Fassade mit einer natürlichen und warmen Anmutung, die Bezug zur regionalen Landschaft nimmt, die nicht der Assoziation einer „Krankenhausarchitektur“ entspricht, sondern in Dimension und Anmutung zurückhaltend und nachhaltig erscheint.

Der Entwurf weist eine klar strukturierte Erschließungssituation auf, auffällig sind die Vielzahl an Aufzügen (3x Personen, 5x Bettenaufzug). Dies trägt allerdings zu einer optimalen Trennung der Ströme bei. Als geringfügig nachteilig können die Güterströme beurteilt werden. Kreuzungspunkte sind nahezu nicht vorhanden. Die vorgelagerten Stützpunkte im Allgemeinpflegebereich führen zwar zu einer guten Übersichtlichkeit, können aber im späteren Betrieb zu mangelnder Einsehbarkeit in die Pflegebereiche führen.

Das Entwurfskonzept einer kompakten Bauweise mit extensiver Dachbegrünung, Sickermulden, Tageslichtbeleuchtung und Verwendung heimischer Materialien nimmt Grundzüge einer nachhaltigen und zukunftsweisenden Baurealisierung auf.

Es werden Synergien und ein wirtschaftlicher Betrieb nachgewiesen. Im Bereich der Funktionalität ist eine gute Umsetzung zu erwarten. Die Stationsstrukturen mit den vorgelagerten Stützpunkten generieren zum Teil lange Wege. Die Lage des zentralen Aufzugsknotens bedingt leichte Defizite in der Orientierung. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die Wegeführungen auch bei Reduzierung der Gesamtaufzugszahl weiter in der Qualität erhalten bleiben. Hier wären sicherlich Umstrukturierungen erforderlich sein. Die Arbeit setzt in weiten Teilen das BO-Konzept um und lässt gute Betriebsabläufe erwarten. Das Pandemiekonzept wird gut umgesetzt. Die Erweiterbarkeit vom OP, allerdings nur um einen Saal, wird im Hauptgebäude nachgewiesen. Die ICU kann durch Verdrängung von Nebenräumen der Allgemeinpflege erweitert werden. Die Erweiterbarkeit der ZNA ist nicht nachgewiesen.

Brandschutztechnisch erfüllen die Grundrisse wesentliche Aspekte der Genehmigungsfähigkeit; dies gilt auch für das vorgeschlagene umlaufende Balkonband zur Verhinderung eines Brandüberschlags, welches jedoch in den Atrien-Innenbereichen fehlt. Zudem wird die geringe Anzahl an Treppenhäusern brandschutztechnisch kritisiert. Der Entwurf liegt mit seinen Kennwerten unterhalb des Durchschnitts und weist eine geringe Grundfläche und Rauminhalt auf. Eine wirtschaftliche Umsetzung ist damit gegeben.

Insgesamt ein überzeugender Entwurf, der durch seine städtebauliche Einbindung, Freiraumgestaltung, Maßstäblichkeit und Raumbildung eine wohltuende Antwort auf die gestellte Aufgabe bietet und eine hohe Funktionalität bietet. Die kompakte Bauweise unter Einsatz heimischer Hölzer generiert einen guten ökologischen Fußabdruck und weist eine hohe Nachhaltigkeit auf, die für die Stadt und den zukünftigen Nutzern vorbildlich erscheint. Die ansprechende Fassade in Verbindung mit einer guten Betriebsabläufen erlaubt eine wirtschaftlich gute Umsetzung. Kurz: unter allen Aspekten ein sehr guter Beitrag zur gestellten Aufgabe.
Visualisierung Hof

Visualisierung Hof

Lageplan

Lageplan

Modellfoto

Modellfoto

Modellfoto

Modellfoto