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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2021

Standortentwicklung Friedrichshafen mit Neubauten für das Landratsamt

1. Preis

Preisgeld: 86.000 EUR

wulf architekten

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Jetter Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Béla Berec Architektur-Modellbau-Gestaltung

Modellbau

Beurteilung durch das Preisgericht

Verwaltungsgebäude
Das Gebäude sieht sich als Antithese zu dem bestehenden Verwaltungsgebäude (Hochhaus) Albrechtstr.77: Die einzelnen Kuben nehmen die Körnung der benachbarten Wohnbebauung auf und transponieren durch die flächige Anordnung des strukturellen Rasters und die differenzierte Höhenstaffelung das große Volumen des BA 2 in einen kleinteiligen Maßstab. Hierdurch entsteht eine hohe Eigenständigkeit des Gebäudes, die aufgrund ihrer Maßstäblichkeit eine Nahbarkeit und Bürgernähe vermittelt. Durch die Vor- und Rücksprünge der Kuben wird die städtebauliche Zielsetzung einer prägnanten Abgrenzung zum Straßenraum nicht erreicht. Aufgrund der flächigen Anordnung der Kuben bleiben nur Restflächen für begrünte Freiräume übrig. Auch die Wegeführung zwischen BA 2 und 3 wird der Funktion als Grünzone und Frischluftschneise nicht gerecht.
Die symbolhafte Eingangssituation von allen 4 Seiten in das kreuzförmige Foyer lassen eine niederschwellige bürgernahe Zugangssituation entstehen. Die innenräumliche Nutzung der Halle für die Arbeitsplätze des Bürgeramtes ist jedoch von den funktionalen Aspekten mit Herausforderungen verbunden. Die Erschließung durch die 4 Treppenhäuser lässt kurze Wege in den einzelnen Büroeinheiten zu. Die Flexibilität der Büroräume mit Blick auf unterschiedliche Büroraumkonzepte ist in hohem Maße gegeben. Auch die Belichtung und Belüftung ist als gute Lösung zu werten. Lediglich die Erschließung der obersten Büroräume ist fraglich, auch unter dem Aspekt des zweiten Flucht- und Rettungsweges. Die Dachgärten versprechen eine hohe Aufenthaltsqualität für die Mitarbeitenden.
Das konsequent als Holzbau konzipierte Gebäude birgt Herausforderungen unter dem Aspekt des Brandschutzes und der Brandüberschlagsflächen.
Die verspringende Hülle des Baukörpers führt zu einem erhöhten A/V-Verhältnis (es liegt im oberen Bereich) und somit auch zu einem erhöhten Energiebedarf. Durch den Lichthof, werden die hofseitigen Büroräume nur mäßig belichtet. Ein außenliegender Sonnenschutz sowie opake Fassadenelemente begünstigen das Raumklima sowie die Nachtluftkühlung. Der hohe Anteil nachwachsender Rohstoffe wird durch den modularen Holzbau erreicht. Der nördliche Eingang ist ausschließlich über eine Freitreppe erreichbar und nicht barrierefrei erschlossen.
Die Arbeit stellt mit ihrer überraschenden Konzeption ein positives Beispiel für ein offenes und bürgernahes Verwaltungsgebäude dar, das durch die flexible Büroraumnutzung eine hohe Nutzerzufriedenheit erwarten lässt und neben den zeitgemäßen Aspekten der Nachhaltigkeit auch die Frage nach den „neuen Arbeitswelten“ beantwortet.

KITA / Leitstelle / Wohnungen
Der Versuch, die differenten Anforderungen der KITA / Leitstelle / Wohnungen in einem gemeinsamen Gebäude unterzubringen, bringt Probleme in der Erschließung der Wohneinheiten mit sich. Hierdurch entstehen in der Ebene 2 lange dunkle Flure. Durch die zentrale Erschließung in der Mitte der vier Kuben wird das zusammenhängende Raumgefüge einer Kindertagesstätte getrennt. Die Funktionalität lässt Defizite in der Erschließung und Barrierefreiheit erkennen. Die nordseitige Anordnung der Außenspielflächen für die KITA ist ungünstig.
Mit der kraftvollen Setzung des quadratischen Baukörpers zeigen die Verfasser zum einen eine sehr selbstbewusste, aber mit der feinen Ausgestaltung zum anderen ei-ne zurückhaltende städtebauliche Herangehensweise für den Neubau des Landratsamts an der Stadtein-/ausfahrt.
So entsteht ein gelungenes Gegenüber zu dem Hochhaus des derzeitigen Landrat-samts. Die klare geometrische Ordnung stärkt die Prägnanz und Präsenz des neuen Gebäudes.
Da im Erdgeschoß der beachtliche Höhensprung von 3,5 m zwischen der Glär-nischstrasse und der Zeppelinstrasse mit einer großen Freitreppe und fen elegant überwunden wird, entsteht ein einladendes, großzügiges Entree und gleichzeitig wird ein großer öffentlicher Raum geschaffen.
Dies ist eine sehr einladenden Geste und das Amt öffnet sich wirklich für die Bürger. Man sieht förmlich vor sich, wie in diesem schönen Foyer die unterschiedlichsten Veranstaltungen stattfinden können.
Ganz anders ist die Lage und Ausgestaltung des Sitzungsraums zu beurteilen: Das spitze Dreieck, das sich in den Straßenraum Richtung Innenstadt schiebt, nimmt der Prägnanz des Hauptgebäudes auf ungute Art ihre Wirkung. Auch sind der Grundrißzuschnitt und die Teilbarkeit nicht gelungen.
Leider fällt die Weiterentwicklung des 3. und 4. Bauabschnitts im Hinblick auf den Städtebau mit niedrigem Quadrat und eher unmotiviertem Rechteck deutlich ab.
Die Arbeitsplätze in den verschiedenen Geschoßen sind gut erschlossen, es lassen sich unterschiedliche Bürokonzepte entwickeln, jedoch hinsichtlich der natürlichen Querlüftung und der Belichtung der innenliegenden Büroräume stellen sich viele Fragen. Sehr begrüßt wird die Kantine und die Dachterrasse mit Blick zum See,
Insgesamt hat das Gebäude einen ruhige, elegante und nahbare Ausstrahlung, die einen angenehme Arbeitswelt erwarten lässt.
Das starke Gebäude wird mit differenzierten Freiflächen in die Gesamtstadt eingefügt und auch die unterschiedlichen Plateaus und Ebenen sind hervorragend miteinander verknüpft. Erwähnenswert ist zudem die intensive Beschäftigung mit der Auswahl der Gehölze, die an diesem Ort gedeihen können, und dass dieses Gebäude die geringste GRZ aller Arbeiten aufweist.
Die Energie- und Nachhaltigkeitskennwerte der Arbeit liegen im Wettbewerbsmittel. Während die Ausführung der Doppelfassade als effizienter Schallschutz dient, wird jedoch die Tageslichtversorgung hierdurch gemindert. Auch die teilweise innenliegenden Flure sowie Besprechungsräume sind nur über Kunstlicht zu versorgen und mechanisch zu belüften. Der Sonnenschutz im Scheibenzwischenraum ist mäßig effizient. Eine wetterunabhängige Nachtluftkühlung wird durch die zur Verfügung gestellte Speichermasse und die gut positionierten Öffnungen in der Primärfassade gewährleistet. Durch die Holz-Beton Hybrid-Konstruktion weist der Beitrag einen hohen Anteil nachwachsender Rohstoffe auf.
Aufgrund der geringen Dachfläche und der vorgesehenen Sekundärfassade, sind wenig Solartechnikflächen vorhanden und der Reinigungsaufwand erhöht sich. Die Betriebskosten liegen somit über dem Durchschnitt.
1. BA
Wenn bei der Begutachtung des Landratsamts einige Zweifel hinsichtlich der durch-gehenden Qualität bestehen, besticht der 1.BA auf ganzer Linie:
Die Entscheidung, im 1. BA zwei unabhängige Baukörper zu entwickeln, ist richtig.
Der Kindergarten mit den umgebenden Freiflächen ist auch auf Grund seine geringen Höhe eine gelungene Überleitung zu der kleinteiligen umgebenden Bebauung und das höhere Wohnhaus vermittelt richtig zu dem großen Gebäude des Landrat-samts selbst.
Selbstverständlich kann man sich die Frage stellen: muss die geometrische Form wiederholt werden?
Aber da dieses Grundstück die Infrastruktur (TG ) des Landratsamtes beherbergt, ist dieser formale Verweis richtig und zeigt, dass die Verfasser sich mit der gesamten Umgebung intensiv auseinandergesetzt haben. Zudem nehmen die Gebäude die Körnung der Umgebung auf.
Die Grundrisse des Kindergartens sind so aufgebaut, dass die Nutzflächen sehr gut belichtet sind und in der großzügigen Mittelspange alle Nebennutzungen untergebracht werden können.
Auch die Entscheidung, die Leitstelle im EG des Wohnhauses unterzubringen, un-terstreicht die Haltung, alle notwendigen Nutzungen störungsfrei und unkompliziert anzuordnen.
Ebenso sind die Freiflächen des Kindergartens optimal positioniert.
Insgesamt eine Arbeit, die sich mit allen Nutzungen sowie deren Bedürfnissen aus-einander gesetzt hat und dies in eine selbstverständliche, elegante, ja fast heitere Architektur mit den dazugehörigen Freiflächen umsetzt.