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Mehrfachbeauftragung | 10/2020

Entwicklung des Areals Aischbachstraße in Herrenberg

Teilnahme

LP&H_architekten

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Welsner + Welsner Freie Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Strategie
Grundlage für die Entwicklung eines lebendigen, kleinteiligen, vielfältigen und urbanen
Wohnquartiers auf dem Gelände des bisherigen Sportplatzes an der Aischbachstraße ist
eine robuste städtebauliche Grundstruktur die die vorhandenen Rahmenbedingungen des
Ortes aufnimmt und sich in die übergeordneten städtebaulichen Beziehungen wie
selbstverständlich einfügt. Zentrales Anliegen der Verfasser ist es deshalb die
Stadtstruktur Herrenbergs an dieser wichtigen, zentrumsnahen Stelle in der Logik des Ortesweiterzubauen und kein fremdes, neues Quartier zu implementieren.

Städtebau
Die vorgeschlagene städtebauliche Grundstruktur des Aischbachquatiers ergänzt die
vorhandenen Baufelder und Wegebeziehungen und bettet sich so in die direkte
Nachbarschaft ein. Der erhaltenswerte Baumbestand wird dabei genauso berücksichtigt wiedie Notwendigkeit der topographischen Anhebung des Areals zum Schutz vor Hochwasser.

Im Westen wird die Bestandsbebauung entlang der Schäferlinde so zu einem größeren
Baufeld vervollständigt und typologisch geklärt dass es umlaufend eine äußere öffentliche
Erschließung sowie im Inneren einen privaten Grünbereich aufweist. Im Südosten schafft
eine neue mäanderförmige Blockrandstruktur ein weiteres großes Baufeld mit einem
zusammenhängenden gemeinschaftlichen Innenhof. Im Norden wird das VFL-Center
Herrenberg in seinem Gebäudebestand städtebaulich solitärartig freigespielt und bildet nun gleichzeitig die nördliche Raumkante des zentralen inneren Freibereiches des Quartiers.

Eine weitere solitärartige Zeile schafft den nordöstlichen Abschluss der neuen Bebauung
zum Park hin. Die Höhenentwicklung der Gebäude ist so verteilt, dass neben der für die
gewünschte Urbanität notwendigen Dichte und der für den öffentlichen Raum wichtigen
Betonung bestimmter Raumkanten vor allem auch eine gute Besonnung und Durchlüftung
der Innenhöfe und Gassen gewährleistet ist.

Gebäudetypologie und Nutzung
Die vorwiegend zusammenhängende blockrandartige Gebäudestruktur der vorgeschlagenen Baufelder lässt in ihrer Ausformulierung fast alle denkbaren gebäudetypen und Nutzungen zu. Alle im Rahmen einer geschlossenen Bebauung möglichen Typen von Geschoßwohnungsbau sind genauso möglich wie einzelne Stadthäuser oder zusammenhängende Reihenhausstrukturen. Die Bebauungsstruktur, eignet sich damit bestmöglich für das geplante kleinteilige Konzeptvergabeverfahren.
Die dargestellte Parzellierung und Verteilung von möglichen Reihenhausbebauungen ist dabei lediglich beispielhaft zu verstehen. Sogenannte Nichtwohnnutzen sind im Sinne eines urbanen Quartiers grundsätzlich überall möglich, am südwestlichen Quartierseingang und am Zentralen Quartiersplatz sind diese allerdings im Erdgeschoß als städtebaulich notwendig zu betrachten.
Weiterführende Angebote in der neuen Bebauung können neben einem
Gemeinschaftsraum auch Nahversorger wie z.B. ein Bäcker sein. Auch co-working-space,
Radwerkstatt, Beratungsbüro oder ein kleines Café sind bei Bedarf denkbar.

Verkehr und Parklätze
Der gesamte Innenbereich des neuen Quartiers ist autofrei ausgebildet und wird nur vom
Anlieferverkehr, der Feuerwehr und den Müllfahrzeugen befahren. Der gesamte ruhende
Verkehr wird in zwei Tiefgaragen unter den Baufeldern sowie in wenigen oberirdischen Parkplätzen an den nördlichen und südlichen Quartiersrändern untergebracht. Die Aischbachstraße wird zur Einbahnstraße. Der Kfz-Verkehr wird von der B 294 kommend in Richtung Westen geleitet. Fahrräder können in beide Richtungen auf Schutzstreifen fahren.
Von der Aischbachstraße aus werden die Tiefgaragen-Zufahrten des neuen Quartiers von
außerhalb erschlossen. Aufgrund des südlichen Gehwegs an der Kastanienreihe wird das
informelle Parken unter den bestehenden Bäumen nur noch in Teilbereichen ermöglicht.
Zwischen Fahrbahn und nördlichem Gehweg wird der hier sehr tief liegende, verdolte
Aischbach an der Oberfläche durch eine Wasserrinne abgebildet und wertet damit den
öffentlichen Erschließungsraum auf. Der Radweg entlang der Bahnlinie, der die Verbindung zur Innenstadt schafft, wird entlang der Aischbachstraße weitergeführt.

Freianlagen
Der wertvolle Baumbestand im Bearbeitungsgebiet wird erhalten und der Charakter einer
leicht hügeligen Liegewiese mit Solitärbäumen und Baumgruppen für die Anlage eines
zentrumsnahen Bürgerparks genutzt. Dabei spiegelt der Schwung der Topografie die Idee,
Besucher jeden Alters in Bewegung zu setzen.
Die Hauptwege werden mit wenig Gefälle in den tieferliegenden Bereichen geführt.
Dazwischen ergeben sich auf den höher liegenden Inseln Bewegungs- und
Aufenthaltsflächen mit unterschiedlichen Themen für verschiedene Altersgruppen. So sind
von Kleinkind-Schaukeln über Klettergeräte und Wasserspielbereiche auch Flächen für
Ballspiele, Boule oder Yoga möglich. Dabei werden durch die Höhengestaltung des
Geländes sowohl geschützte Zonen als auch Aussichtspunkte gestaltbar. Bewegungspunkte werden im ganzen Planungsbereich immer wieder angeboten.
Zum Radweg hin ist eine Jugendwerkstatt als niederschwelliges Angebot möglich. Temporäre Angebote wie ein sommerlicher Eisverkauf, eine Bücher-Tausch-Box und Info-Flächen zeigen, welche Optionen gemeinsam mit den Bewohnern entwickelt werden können. Auf der Fläche des ehemaligen Freibades entsteht ein Park, der der sozialen Integration im Quartier dient – ein Ziel, für das die Bundesregierung auch Fördermittel zur Verfügung stellt.

In den Grünanlagen sind tieferliegende, wasserdurchlässige Belags- und Vegetationsflächen ausgebildet, die auch der Oberflächenwasser-Retention dienen.
Durch seine Bepflanzung mit großen Bäumen kann der Park gerade in heißen Sommern ein Erholungsraum für die Menschen der Stadt sein (Schatten, Verdunstung und Abkühlung). Das Thema Wasser wird als Reminiszenz sowohl in einem Wasserspielbereich aufgenommen als auch in der Wasserlinie, die an den darunterliegenden Aischbach erinnert.
Die organisch vernetzte Gestaltung des Parks zieht sich bis in die Wohnhöfe mit gemeinschaftlich genutzten Spiel- und Aufenthaltsflächen.
Die Verbindung zwischen Bebauung und Grün ist durchlässig und
vernetzt das neue Quartier mit dem Stadtpark. Innenhof und Privatgärten werden als
zusammenhängender Freiraum begriffen.

Im Mittelpunkt des Quartiersplatzes stehen die drei großen und sehr vitalen
Kastanienbäume. Sie bilden die Kulisse für die Bühne unterhalb der Sitzstufen, ein über das ganze Jahr offener Treffpunkt mit Raum für Veranstaltungen. Die anliegenden Sport- und Kindereinrichtungen öffnen sich zum neuen Bürgerpark.
Ein neues Quartier steht und fällt mir der guten Nachbarschaft und Akzeptanz der Bewohner. Es wurde deshalb besonderer Wert auf Anbindungen und Übergänge gelegt.

Beurteilung durch das Preisgericht

- die Verfasser präsentieren einen Entwurf mit vielen sympathische Elementen
- die räumliche Abfolge entlang der Aischbachstraße mit einer Öffnung zum Park ist gut gelungen
- der Anschluss an bestehende Bebauung an der Schäferlinde ist sehr sensibel gewählt und fügt sich gut ein

jedoch
- es wird ein überdimensionierter Platz innerhalb des Quartiers vorgesehen (ca. 72 x 30 m); ob eine entsprechende Belebung funktionieren und die Rückseite des Fitnessstudios als Platzwand kraftvoll genug sein kann, ist fraglich
- ein Baufeld mit Reihenhäusern als Platzhalter im Nordosten schirmt nicht den Lärm von der Bahnstrecke ab und fügt sich nicht gut in die sonstige Gebäudestruktur ein
- das leicht geknickte Baufeld im Norden müsste aufgrund der Lärmproblematik zu großen Teilen gewerblich genutzt werden
- der künstlich hochgelegte Bach an der Aischbachstraße erschwert die Erschließung der Gebäude
- die Parkgestaltung mit einer starken Modellierung erscheint sehr kleinteilig und ist vermutlich aufwendig zu unterhalten.