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Studienauftrag | 01/2021

Neugestaltung Boulevard auf dem Campus Hönggerberg der ETH Zürich (CH)

Gewinner / Empfehlung zur Weiterbearbeitung

Studio Vulkan Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Hosoya Schaefer Architects AG

Architektur

Drees & Sommer AG

Projektsteuerung

mrs partner ag

Verkehrsplanung

Henauer Gugler Ingenieure und Planer

sonstige Fachplanung

R+B Engineering AG

TGA-Fachplanung

Zimraum Raum + Gesellschaft

Stadtforschung

Erläuterungstext

Studio Vulkan Landschaftsarchitektur
Lukas Schweingruber, Ursa Habic, Timon Eichmüller, Lara Purcelli

Hosoya Schaefer Architects
Markus Schaefer

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Mit dem Bau und dem Bekenntnis zu einem Boulevard macht der Campus Hönggerberg den Schritt von der ursprünglichen Konzeption als landschaftlich verstandener Campus hin zu einer Wissensstadt, dessen zentrales Element der Boulevard wir. Die Assoziation „Boulevard“ erzeugt Vorstellungen von urbanen Zentralitäten, die bei einer Wissensgemeinde von ca. 20‘000 Menschen nur teilweise realistisch erscheinen. Das Projekt schafft daher, ausgehend vom Bestand, einen zentralen Platzraum, der durch die Konzentration der Nutzungen und Bewegungsräumen den urbanen Anspruch realistisch erfüllen mag.

Diese Konzentration schafft darüber hinaus Raum für ganz spezifische Campus- Hönggerberg- Bedürfnisse: In einer gefühlt immer schneller werdenden Zeit kommt der effizienten Erschliessung des Campus eine hohe Bedeutung zu. Gleichzeitig braucht der Campus als Ort des Wissens informelle Begegnungsorte, die sich, analog zu den Kaffeemaschinen in grossen Betrieben, an hoch frequentierten Lagen befinden. Auf dem Boulevard werden so zwei sich auf den ersten Blick widersprechen-de Bedürfnisse verhandelt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau
Mit dem Bekenntnis zum Boulevard macht der Campus Hönggerberg den Schritt von seiner ursprünglichen Konzeption als landschaftlich verstandener Campus hin zu einer Wissensstadt. Die Assoziation «Boulevard» erzeugt Vorstellungen von urbanen Zentralitäten, die bei einer Wissensgemeinde von ca. 20’000 Menschen nur teilweise realistisch erscheinen. Die Hauptidee des Beitrags ist es daher, ausgehend vom Bestand, einen zentralen Platzraum zu schaffen, der durch die Konzentration der Nutzungen und Bewegungsräume diesen urbanen Anspruch auch erfüllt. Der Boulevard wird als öffentlich genutzter und prioritär auf den reibungslosen ETH-Betrieb ausgerichteter, grosszügiger Begegnungs- und Bewegungsraum verstanden. Er soll künftig mit dem «Forum» einen repräsentativeren Charakter erhalten; Forum und Platz werden zentraler Treffpunkt und Veranstaltungsort; offen, urban und von hoher Zentralität. Die räumliche Situation des Campus – lange Gebäudefluchten auf der Ostseite und eine stärkere räumliche Verzahnung auf der Westseite – führen zu einer grundsätzlichen Aufteilung des Boulevards in eine «schnelle Ost-» und eine «langsame Westseite» mit «Raingardens» und Sitzplätzen von hoher Aufenthaltsqualität. Das zusammenhängende Baumdach lichtet sich beim offenen Platz, ermöglicht so Zentralität, gute Orientierung und gefahrlose Überquerung des Platzes. Die endständigen Plätze erfüllen unterschiedliche Funktionen; die «Welcome Plaza» dient der Mobilität, die «Terrasse» ist Meeting Point für Arbeit und Freizeit kombiniert mit Gastronomie. Es handelt sich um einen insgesamt schlüssigen, gleichzeitig konzeptionell hochstehenden und in seiner Funktionsweise pragmatischen Beitrag, welcher in seiner integralen Gesamtsicht überzeugt. Für das «Forum» schlagen die Verfasser ein kreisrundes Pavillondach vor. Dieses nimmt formal das bestehende Lindenrondell auf und schafft einen gedeckten, vielseitig nutzbaren Ort für Aufenthalt, Veranstaltungen und Manifestationen. Die neue Mitte erhält so eine programmatische Aufwertung und wird durch dieses neue Element und die Ausdehnung des Boulevards klar verortet. Die Architektur des «Forums» ist noch genauer zu definieren. Die Raumgestalt der «Plaza» ist präzis gefasst, verkleinert und wird zur expliziten Verbindungsfigur zwischen Ost- und Westseite. Die Differenzierung von «Welcome Plaza» (Elektro-Mobilitätshub mit Velostation und Reparaturwerkstatt), «Terrasse» und Mitte mit «Forum» und «Plaza» als jeweils eigenständige, explizite Aussenräume überzeugt. Die Vorzonen vor den Häusern ermöglichen eine angemessene flexible Reaktion auf die Nutzung der Erdgeschosse und eine gute Adressierung.

Freiraumgestaltung
Die Verfasser deuten die Situation auf dem Hönggerberg um und führen als neues Moment den «Urban Forest» ein. Dieser soll die beiden seitlichen Wälder von Käferberg und Zürichberg mit seiner waldartigen Bepflanzung verbinden und eine Art landschaftliche Querung im Herzen der Anlage erzeugen. Durch die kreuzförmige Konstellation entstehen deutlich erkennbar die vier Quadranten des neuen ETH-Campus. Der ursprünglich lockere und landschaftlich durchlässige Campus wird in eine dichte und kompakte Wissensstadt überführt. Diese ist klar durch den Ring gefasst, der künftig vermehrt auch schnelle und vermittelnde Verkehrsfunktionen aufnimmt. Differenzierte Beläge charakterisieren die Materialisierung der parallelen Trassen; ihr Rauhigkeitsgrad und ihre Farbigkeit entstammen einer Familie. Die Busspuren sind in Asphalt materialisiert, die Velos fahren auf geschliffenem Asphalt und die Fussgängerinnen und Fussgänger gehen auf einem Stabilizer-Belag mit hoher Sickerfähigkeit. Das bewährte Belagsmuster der Plaza aus Natursteinplatten mit orthogonalem Fries wird auch im Bereich der Fahrbahnen verwendet. Von der verkehrsorientierten Mitte werden die Velos direkt auf boulevardnahe Stellplätze geleitet. Insgesamt ist die Materialisierung von Fassade zu Fassade mineralisch. Dies erlaubt eine hohe Flexibilität der Bespielung und eine Aktivierung ausgehend von den angrenzenden Gebäuden. Für die Baumpflanzungen auf dem Boulevard wird ein Klassiker aus einem Quartett von Leitbäumen vorgeschlagenen. In den Randlagen finden auch experimentelle Arten ihren Platz. Es handelt sich durchwegs um aus der Fachliteratur bekannte Zukunftsbäume und Sträucher, die das künftige Strassenbild prägen werden. Für den Querschuss des «Urban Forest» wird ein Artenmix aus heimischen Waldbäumen vorgeschlagen. Auf der langsamen Seite des Boulevards sind in periodischem Rhythmus leicht vertiefte «Raingardens» zur Entwässerung angeordnet, welche von Bänken in Längsrichtung gesäumt werden. Sie werden durch Strassen querende Rinnen alimentiert, welche aus bau- und erschütterungstechnischer Sicht jedoch als problematisch taxiert werden. Ähnliches gilt für den Strassenbelag aus Naturstein im Bereich der «Plaza». Die Beleuchtung ist in drei Schichten schlüssig organisiert: Den durchlaufenden Layer mit 6 m Mastleuchten, die szenische Illuminierung der Boulevardränder und «Raingardens» mit niedrigen Mastleuchten und die Lichterwolke über dem Forum. Durch die präzise Analyse der Benutzerströme und des Charakters der heute am Hönggerberg vorhandenen Freiräume gelingt es dem Projekt, eine zukunftsorientierte und zugleich orts- und nutzerbezogene Neuinterpretation des Campus zu kreieren. Das Beurteilungsgremium würdigt den überzeugenden, konzeptionellen Ansatz mit dem querenden «Urban Forest». Kritisch gesehen werden aus Auftraggebersicht der Stabilizer-Belag und die strassenquerenden Entwässerungsrinnen.

Verkehr
In der Gesamtsituation werden über die Moderation der Geschwindigkeiten der Raum und seine Atmosphäre geprägt. Die alleegesäumten Landstrassen und der Ring bewältigen die schnellen Geschwindigkeiten, die «Urban Forest»-Bereiche der Querachse die langsamen Geschwindigkeiten. Der Boulevard wird als gemeinsamer Raum verstanden, auf dem sich alle Verkehrsträger bündeln und einen parallelgeschalteten Strang bilden. Er verfügt über eine schnelle und eine langsame Seite, wobei für die Velos ein Zweirichtungsradweg in Seitenlage vorgeschlagen wird. Im mittigen «Plaza»-Bereich wird der Fussund Veloverkehr gemischt. Als Reaktion auf die unterschiedlich definierten Volumen östlich und westlich des Boulevards eine «schnelle und langsame» Seite zu etablieren, ist nachvollziehbar und schafft eine spezifische Atmosphäre. Die Ausbildung des Boulevards mit differenzierten Schichten für unterschiedliche Verkehrsmittel und ihre spezifischen Tempi überzeugt grundsätzlich sowohl in ihrer Erscheinung als lineare Partitur als auch in ihrer Anpassbarkeit, Flexibilität und Aneigenbarkeit. Die separate Veloführung auf einem Veloweg in Seitenlage mindert den Nutzungsdruck auf den befahrenen Strassenraum und ist, aus dem Gesamtkonzept heraus entwickelt, nachvollziehbar. Es ergeben sich aus der vorgeschlagenen Lösung aber auch Herausforderungen, die in der Weiterentwicklung gelöst werden müssen. Bei der genauen Dimensionierung der einzelnen Schichten sind Justierungen vorzunehmen für die Busspurbreite, die Wartefläche bei der nördlichen Bushaltestelle im Zusammenhang mit der grosszügig dimensionierten Velospur und die Ausbildung der Bushaltekanten als «Wannen». Ebenso ist die Ausbildung des Knotens am Nordportal unter der vorliegenden Konzeption konfliktfrei zwischen wendenden Bussen und dem Veloverkehr zu erreichen. Die Verfasser schlagen vor, die Fahrleitung mit einseitigen Masten und Auslegern zu realisieren; dies wird aus räumlich architektonischer Sicht positiv gewertet, dürfte jedoch aus statischer Sicht Einfluss auf deren Dimensionierung haben. Die notwendigen Anpassungen und Auswirkungen dürfen jedoch kein gesondertes Bewilligungsverfahren nach sich ziehen; dies hätte sonst aufgrund des laufenden Plangenehmigungsverfahrens deutliche Terminverzögerungen für das Elektrifizierungsprojekt der Linien 69 und 80 der VBZ zur Folge. Diese Klärungen haben unter dem Aspekt zu erfolgen, dass in Zukunft der Ring als Hauptverteiler für die Velos aktiviert wird und der Boulevard als atmosphärisch aufgeladener Ort der Begegnung und des Treffens auch ein dosiertes Nebeneinander von (Verkehrs-) Funktionen erlaubt. Der elektromagnetischen Strahlung durch Fahrleitungen wurde in Bezug auf die Fahrleitungsmasten Rechnung getragen: der Abstand zwischen Gebäude HPQ und Fahrbahn beträgt 16.0 m. Die Warteposition der Busse befindet sich jedoch entgegen der Programmvorgaben auf der zum Gebäude HPQ zugewandten Seite, was zu einer Überschreitung der zulässigen Strahlungsbelastung führt. Die Erläuterungen zum Strassenaufbau und zur Erschütterungsthematik sind wenig präzis. Die Bauabläufe sind beschrieben und weitgehend plausibel dargestellt. Es erfolgt eine Aufteilung in West, Mitte und Ost und weist insgesamt 8 Etappen aus. Die Linie 69 soll bereits bei Inbetriebnahme im südlichen Bereich Fahrleitungen erhalten. Die gewählte Etappierung bedingt eine Vielzahl von temporären Wendeplätzen. Die Anforderungen des ETH-Link (Ladestation Elektrobusse während der Bauzeit in Betrieb) sind schwierig umzusetzen. Das Konzept beinhaltet eine terminliche Straffung des Bauablaufs, was als zu ambitiös beurteilt wird.

Medienplanung
Das Wassermanagement mit Raingarden-Kaskaden baut auf den Vorgaben auf und wird als bewilligungsfähig beurteilt. Das gezeigte Muldensystem entspricht grundsätzlich den Vorgaben und kann mit weiteren Notüberläufen ergänzt werden. Die gezeigten Ideen zu den Höhenlagen der Strassen und Wege sind weiter zu verfolgen und die Art der Abschlüsse (Betonelement mit offener Rinne) und das genannte Rinnensystem zu präzisieren. Im Grundsatz wurde erkannt, dass die bestehenden Werkleitungen mit dem Projekt anzupassen und zu ersetzten sind. Aussagen zu Schnittstellen Projekt und bestehendem Medienkanal wurden keine gemacht.

Honorierung
Das Honorarangebot ist vollständig vorliegend und beschreibt marktkonforme Konditionen. Die Nebenkostenpauschale sowie der Stundenansatz bei der Gesamtleitung werden als hoch bewertet. Die Plausibilität des Leistungsanteil bei Städtebau / Architektur ist hinsichtlich der Berechnungsmethodik unklar. Das Angebot wird insgesamt als wirtschaftlich eingestuft.