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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2021

Gestalterische Aufwertung und Attraktivierung öffentlicher Straßenräume in Sonthofen

Perspektive

Perspektive

2. Preis / Ideenteil

Schegk Landschaftsarchitekten | Stadtplaner

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzept

Ziel des Konzepts ist es, die unterschiedlichen Identitäten der öffentlichen (Straßen-)Räume in der östlichen Stadtmitte Sonthofens herauszuarbeiten und damit ihre hohen städtebaulichen Qualitäten wieder wahrnehmbarer zu gestalten, insbesondere gegenüber der heute dominanten Verkehrsfunktion.
In der Raumfolge von der Hindelanger Straße bis zur Kirchstraße werden dementsprechend die Funktionen Ankommen - Eintreten - Erleben - Verweilen gestalterisch herausgearbeitet.

Verkehr

Auf Grundlage der Leitidee versucht das Verkehrskonzept dem Raumangebot bestmöglich Rechnung zu tragen. Hindelanger Straße und Marktstraße werden als 'verkehrsberuhigter Geschäftsbereich' ausgewiesen. Ab dem Anwesen Hindelanger Straße Nr. 8 gilt Tempo 10 km/h.
Die Einbahnregelung in der Kirchstraße begünstigt eine Mischnutzung (Schrittgeschwindigkeit), die Fuß- und Fahrverkehr gleichberechtigt und teilweise Parkmöglichkeiten für Anlieger bietet, auch ohne dass diese besonders ausgewiesen sind.
Der Parkplatzbedarf z.B. für kirchliche Feste und von Süden kommende Besucher der Innenstadt deckt künftig ein einfacher zweigeschossiger 'Parkstadel' mit 40 PKW-Stellplätzen im Bereich des bestehenden Parkplatzes zwischen Altstädter Straße und Vorderer Burgauffahrt. Ein Eckbau mit Infostelle, WC und Aufzug markiert hier den südlichen Stadteingang.

Grün

Die prägende Grünstruktur im Gebiet ist der Kalvarienberg mit seinem Baumbestand. Das Konzept sieht vor, diese in Ost-Westrichtung in den Ort hineinzuziehen und stärker mit dem Ortskern zu vernetzen. Durch Erhaltung und Stärkung des Grünbestandes im Bereich der Kirchenstraße entsteht hier das 'grüne Herz' Sonthofens. Wesentliche Bausteine dieser Grünverbindung sind der neugestaltete Pfarrgarten, die den historischen Spuren entsprechend vergrößerte und ökologisch deutlich aufgewertete Grünfläche an der Kirche St. Michael und der grüne Brunnenplatz an der Einmündung zur Schlossstraße. Das 'Parkstadel' wird in die an der Burgauffahrt bestehende grüne Böschung integriert und mit berankten Seilen überspannt. So kann es als attraktiver Grünraum in Zukunft auch für andere Nutzungen als den ruhenden Verkehr zur Verfügung stehen.
Der in der Marktstraße südlich der Raiffeisenbank geplante Parkplatz wird mit dachförmig gezogenen Laubbäumen überstellt, so dass hier inmitten der überwiegend 'steinernen' Marktstraße eine grüne Zelle entsteht.

Aufenthalt

Der Aufenthalt in der östlichen Ortsmitte Sonthofens wird wieder viel attraktiver: Die verkehrsberuhigten und neu gestalteten Straßenräume motivieren zum Flanieren und Einkaufen. Platz zum Sitzen bietet hier -über die bestehenden Gastronomie-Freibereiche hinaus- eine lange Bank vor der als Begrenzung zum Parkplatz neu geschaffenen Mauer südlich der Raiffeisenbank. Diese lädt ergänzt mit einem kleinen Trinkbrunnen zum Genießen der Abendsonne ein.
Vielfältige Möglichkeiten zum Verweilen bietet die Abfolge von Grünräumen im Bereich der Kirchenstraße: im neu gestalteten Pfarrgarten lassen sich Stauden und Kräuter studieren, an der Pfarrkirche können Passanten ganz spontan auf der erhöhten Einfassung Platz nehmen oder sich auf der S-förmigen Sonthofener Bank im Schatten der Bäume ausruhen. Der kleine Brunnenplatz an der Schloßstraße, der einen historischen Brunnenstandort aufgreift, wird zum neuen Treffpunkt.

Straßenraumgestaltung

Um den Erlebniswert der östlichen Stadtmitte zu verbessern, wird die vorgegebene Kategorie 'verkehrsberuhigter Geschäftsbereich' (Tempo 10 km/h) an die durch Topographie und Gebäudebestand geprägten örtlichen Besonderheiten angepasst. Führung und Trennung des gegenläufigen Fahrverkehrs wird durch eine klar definierte Mittelnaht und -entwässerung erreicht. Die Fahrgassenbreite beträgt in der Regel 5,50 m, die Gehbereiche sind mit einer Aufkantung bis ca. 3 cm abgegrenzt. Während diese Linie in der Hindelanger Straße den sanften Schwung der Mittelrinne nachzeichnet, folgt sie im Bereich von Engstellen und Platzsituationen in der Marktstraße stärker den Hausfassaden, so dass ein lebendiger, in sich jedoch homogen gestalteter Stadtraum entsteht.

Materialität

Als Bodenbelag im Straßenraum wird der 'Sonthofener Riegel' vorgeschlagen, ein Pflasterstein aus feinkörnigem grauen Granit, der optisch an den ortstypischen Grünten-Sandstein erinnert (Breite: 12 cm, Dicke: 15 cm, Länge: 25 - 40 cm). Mit gesägten und aufgerauten Flächen erfüllen sie die Anforderungen der Barrierefreiheit, das langrechteckige Format eignet sich auch besonders für die steilsten Abschnitte der Marktstraße (teilweise bis 5,9 % Gefälle). Im Bereich der Traufen und Arkaden sind Platten bzw. Pflasterplatten etwas breiterer Formate vorgesehen.
Im Bereich des Kirchenumfeldes sind gebundene Wegedecken vorgesehen (z.B. gelblich gefärbter Dränaspalt in befahrenen, wassergebundene Decken in reinen Fußgängerbereichen).
Die vorgeschlagenen Mauern entsprechen in ihrer Bauweise den ortstypischen bestehenden Mauern. Sie sind verputzt und mit Abdeckplatten aus grauem Schilfsandstein (Grünten oder Rohrschacher) versehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Ideenteil
Zur gestalterischen und räumlichen Qualität des Planungskonzepts:
Der vorgelegte Entwurf enthält ein durchgängiges Planungskonzept im Ideenteil.
Aus Richtung Kirchplatz fehlt allerdings die eindeutige Orientierung in Richtung Heimathaus bzw. neues Stadtmuseum. Die Verbindung Stadthausgalerie - Stadtmuseum auf der Nordseite der Kirche ist aber dennoch gut gelöst.
Der Vorplatz vor dem Pfarrhaus als öffentliche Grünfläche hat gute Qualitäten.
Die Idee des Parkdecks am südlichen Ende der Marktstraße ist zu begrüßen, da man sich davon eine höhere Frequenz erwartet. Eine Tourist-Info an dieser Stelle wäre jedoch ungeeignet, da für die dann zu erwartenden Besucher wiederum zu wenig Parkplätze vorhanden wären.
Die südliche Kirchenmauer zu belassen, wird kritisch gesehen, da eine offenere Gestaltung des Kirchenumfelds wünschenswert wäre. Insbeondere eine Erhöhung der Mauerreste macht keinen Sinn. Eine Verschiebung der Mauer ist erst recht problematisch, da sie die historischen Tatsachen verfälschen würde.
Realisierungsteil
Insgesamt betrachtet, handelt es sich um eine sehr urbane Lösung. Angemessener Umgang und Einfügung in den historischen und orts-bildprägenden Kontext ist gegeben, allerdings sind Schwierigkeiten bei der bautechnischen Umsetzung, insbesondere wegen der vorgesehenen Aufkantung, erkannt worden. Selbst wenn man diese egalisieren würde, also gleiche Höhe bzw. Ebene des Straßenbelages erstellen würde, stellt sich die Frage, ob angesichts von derzeit 7000 Fahrzeu-gen pro Tag eine praktisch umsetzbare Lösung vorgeschlagen worden ist. Es zeigt sich hier die Diskrepanz zwischen einem städtebaulich wünschenswerten, aber praktisch schwierigen Vorschlag.
Maßstäblichkeit ist gegeben, Orientierbarkeit ebenso, bei der Funktionalität besteht die oben genannte Einschränkung der praktischen Umsetzbarkeit.
Die Idee der Gestaltung der Achse ist durchaus von anerkennenswer-ter Qualität, wird aber der derzeitigen und künftig zu erwartenden verkehrlichen Nachfrage nicht gerecht. Daraus ergibt sich ein hohes Konfliktpotential zwischen den Fahrverkehren und den anderen Nutzern.
Wünschenswert wäre darüber hinaus eine qualitätsvollere Anbindung an die Fußgängerzone im Bereich Oberer Markt.
Realisierbar wäre das Konzept - man könnte es so bauen. Fraglich ist, ob es unter der Verkehrsbelastung funktionieren würde. Auch sind Mit-tel und Materialauswahl angemessen, wenn man das angestrebte gestalterische Ziel erreichen will. Die Materialwahl in grauem Granit würde wahrscheinlich ein zu düsteres Erscheinungsbild hervorrufen.
Wirtschaftlichkeit: die großen Flächen in grauem Granit wären mög-licherweise sehr teuer.
Die straßenbegleitenden Sitzmauern bei der Raiffeisenbank erscheinen als nicht angemessen.
Konzept

Konzept

Lageplan

Lageplan

Perspektive

Perspektive