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Offener Wettbewerb | 04/2021

Zukunftsinsel Gelsenkirchen - Internationale Gartenausstellung (IGA) 2027

IGA-Becken als atmosphärischer Ort am Wasser

IGA-Becken als atmosphärischer Ort am Wasser

Engere Wahl

A24 Landschaft

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Graduelle Übergange zwischen den Landschaftsräumen

Die beeindruckende Industrie- und Landschaftskulisse mit der ehemaligen Zeche Nordstern und den zahlreichen Bergehalden prägt entscheidend die Identität des Ortes. Die von Menschenhand geschaffene Landschaft ist durchdrungen von technischen Bauwerken, Verkehrstrassen und Relikten der Montanindustrie. Eine Landschaft, die ingenieurtechnischen Gesetzmäßigkeiten folgt und auf eine sich dynamisch entwickelnde postindustrielle Natur trifft.

In einem ersten Schritt wurden bereits zur Bundesgartenschau 1997 Teile der zentralen Emscher-Insel und der angrenzenden Zeche Nordstern zu einem postmodernen Landschaftspark umgestaltet. Die Hauptlinien des initiierten Transformationsprozesses werden aufgegriffen und in einen graduellen Übergang vom urban gestalteten Osten zur wild-romantischen Inselspitze im Westen überführt. Entsprechend dem Gestaltungsprinzip der ehemaligen Gartenschau werden neue Artefakte hinzugefügt, die jedoch stärker auf grüne Infrastrukturen im Sinne eines Smart Parks setzen. Zukunftweisende Themen wie Wassermanagement, Phytoremedation, Klimaresilienz und Artenvielfalt werden als neue Zeitschichten in die Parkstruktur eingeschrieben.

Der Entwurf greift bewusst das Spiel mit der Parallelität der Strukturen aus ehemaligen Schienentrassen, Deichbauwerken, Uferspundwänden und Rohrsystemen auf. Gleichzeitig erhält er aber auch bewusst unfertige Zwischenstände und Wildheit als kontrastierende Stilmittel. Diese zwei Pole prägen das Gesicht der neuen Parkanlage. Ein abwechslungsreicher Kontrast aus Weite und Dichte sorgt für eine spannungsvolle Abfolge von ganz unterschiedlichen Raumeindrücken und Atmosphären, die sich über unterschiedlich lange Rundwegeschleifen miteinander kombinieren lassen. Die lineare Grundstruktur mit seinen langen horizontalen Linien sorgt für eine räumliche Kontinuität vom Parkplatz im Osten bis zum zentralen Parkbereich rund um das Wendebecken und bindet die Elemente der ehemaligen BUGA-Gestaltung wie selbstverständlich in das zukünftige Parklayout ein. Eingespannt zwischen den begradigten Flussläufen von Emscher und Rhein-Herne-Kanal rückt das Element Wasser in den Fokus der Wahrnehmung, mit ganz unterschiedlich gestalteten Ufersituationen und Atmosphären.


Emscher Platz als östliches Entree

Der ehemalige Kohlebunker schafft als einziges bauliches Relikt der Montanindustrie eine weithin sichtbare Landmarke auf der weiten Ebene der Emscher-Insel und steht in enger visueller Verknüpfung zu den baulichen Anlagen der Zeche Nordstern. Der zum Green Tower umgebaute Kohlebunker ist bauliches Wahrzeichen eines neu eingeleiteten Transformationsprozesses, der ein System aus grünen Infrastrukturen im Sinne eines Smart Parks stärkt. Der gesamte Eingangsplatz wird als grüner Generator begriffen, mit einem ausgeklügelten Zusammenspiel aus Wasserkreislauf, Photovoltaik und Biodiversität. Das vorhandene Regenrückhaltebecken wird verlagert und rund um den Green Tower angelegt.

Der Emscher Platz schafft einen neuen Mittelpunkt aus großformatigen Betonplatten. Er betont die zentrale Wegeachse und verknüpft verschiedene überregionale Attraktionen im Park wie Amphitheater und Green Tower mit dem angrenzenden Nordsternpark. Das neue Eingangsgebäude des IGA-Haupteingangs führt verschiedene Funktionen zusammen und schafft einen weiteren räumlichen Bezugspunkt auf dem Platz. Gefaltete Sitzelemente schaffen einen Zuschauerbereich für Videoprojektionen auf der geschlossenen östlichen Gebäudefront des Green Towers. Langgezogene Streifen mit Blühwiesen unterstützen die Linearität und gliedern den Platz in Durchgangs- und Aufenthaltsräume. Baumreihen aus Acer rubrum unterstreichen die lineare Grundordnung.

Diversität der Uferkanten

Die offene Weite der Wasserläufe kontrastiert stark mit der dichten grünen Masse der Vegetation. Die Insellage wird wahrnehmbar herausgearbeitet, dazu wird großer Wert auf eine differenzierte Gestaltung der Uferkanten gelegt. Der Wasserbezug entlang des Rhein-Herne-Kanals wird über durchgehende Wegeverbindungen direkt an der Uferkante herausgearbeitet und schafft verwunschene Orte direkt an der Wasseroberfläche von hoher ökologischer Qualität. Innerhalb dieses Systems spielt das das IGA-Becken (ehemaliges Wendebecken) eine zentrale Rolle.

Die Emscher dagegen bleibt in ihrem Verlauf und Querprofil unangetastet. Der stark funktional gestaltete Wasserlauf wird als industriekulturelles Zeugnis herausgearbeitet und durch den 1,8 km langen Panoramaweg entlang der Deichkrone gestärkt. Eine filigrane Fußgängerbrücke schließt die Lücke am Schwarzbach und unterstreicht die Linearität der Promenade.

Der renaturierte Schwarzbach markiert den Übergang vom industriell geprägten Osten in einen stärker landschaftlich geprägten westlichen Abschnitt. Während das Dükerbauwerk und die westliche Deichkante komplett unangetastet bleiben, wird die östliche Böschungskante überformt und stärker in den angrenzenden Spielplatz einbezogen. Dem derzeit stark eingeengten Bachbett wird mehr Raum zum natürlichen Mäandrieren gegeben. Bachgärten und Trittsteine schaffen attraktive Orte im Bach zum Entdecken. Freilandlabore laden zum Experimentieren ein.


IGA-Becken als zentrales Gelenk

Als neuer Sehnsuchtsort direkt am Rhein-Herne-Kanal wird das momentan unzugängliche Wendebecken herausgearbeitet. Hier wird das Element Wasser stark in den Fokus gerückt. Eine ringförmige Holz-Stahl-Konstruktion passt sich als markante Großform in die Kontur des ehemaligen Hafenbeckens ein. Die Formgebung erzeugt eine schützende Distanz zur angrenzenden Bundeswasserstraße. Der skulpturale Holzsteg wird so eingepasst, dass die bestehenden Spundwände komplett erhalten werden können. Die multifunktionalen Stege dienen als Aufenthaltsbereiche mit Sitzstufen am Wasser, Treffpunkte für den Angelsport oder auch als Anlegepunkt für Kayaks und Wassersportler. Schwimmende Gärten mit Schilfklärbecken und Wasserpflanzen (Phragmites australis, Typha, Lemna, Papyrus, Carex und Acorus) sorgen für eine Filtration des Kanalwassers und beschicken den geschützten Badebereich mit ökologisch gereinigtem Wasser aus dem Kanal.

Podestartige Sitzstufenanlagen und Rampen vermitteln zum bis 4m höheren Bestandsniveau der Hafenkante. Ein umlaufender Uferweg aus wassergebundener Wegedecke rahmt das IGA-Becken. Die heutzutage stark zugewachsene Böschung zwischen Ufer und Mobilitätsachse wird ausgelichtet, der umschlossene Charakter des Hafens soll dennoch erhalten bleiben. Sitzstufenbänder aus Beton werden in die Rasenstufen eingebunden. Ein in die Topographie eingepasster Gastronomie-Pavillon dient als Café mit lauschiger Biergartenterrasse am Wasser. Von hier aus ergibt sich ein guter Überblick über das Wendebecken und das Flusspanorama mit den vorbeiziehenden Frachtkähnen und Sportbooten.


Spielskulptur Nordstern

Angrenzend an das Wendebecken schafft der neue Spielplatz einen weiteren Schwerpunkt im Zentrum der Parkanlage.
Herzstück ist die großmaßstäbliche Spielskulptur Nordstern. In Anlehnung an die namensgebende Zeche liegt das monolithische Objekt wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten auf einer Lichtung im Wald. Gerahmt von Erdbauwerken schwebt die über Rampen begehbare Skulptur über dem Spielplatz. Die Membran kondensiert die Luftfeuchtigkeit und sammelt sie in einem Biotop direkt unterhalb der Skulptur. Die Außenhaut aus einer orangeroten Membran leuchtet zwischen dem Grün der Baumwipfel. Im Kontrast dazu stehen die mineralischen Becken mit dunklen „Kohlebrocken“ aus anthrazitfarbenem Beton. Die angrenzende leicht erhöht liegende Halde wird ebenso in den Spielplatz eingebunden wie Teile der neu gestalteten Böschungskante zum Schwarzbach. Kletterwände, Balancierobjekte und Rutschen vermitteln zwischen den unterschiedlichen Geländeniveaus. Es entsteht ein geheimnisvoller Ort inmitten üppiger Natur. Der Kontrast aus herausfordernden Spielobjekten aus artifiziellen Materialien mit didaktischen Orten in der Natur vermischt sich zu einem neuartigen Spielerlebnis.


Landschaftsmosaik

Der westliche Teil der IGA setzt sich aus einem vielfältigen Landschaftsmosaik zusammen und führt die weiche Formensprache fort. Die Bergehalde wird durch kleine Schotterpfade zugänglich gemacht und erschließt über eine mäandrierende Rampe die zentrale Erdpyramide mit Aussichtsplattform. Wilde Gärten mit Waldrand- und Schattenstauden schaffen Orte innerhalb des Ruderalwäldchens. Der westlich an den Schwarzbach angrenzende Wiesenpark schafft ein subtiles Zusammenspiel aus extensiven Wieseneinsaaten und gemähten Rasenschotterwegen. Unterschiedliche Bodensubstrate beeinflussen ein abwechslungsreiches Patchwork aus artenreichen, insektenfreundlichen Blühwiesen. Extensive Wiesenlandschaften mit einer Artenzusammensetzung aus Bromus biebersteinii, Dactylis glomerata, Medicago sativa, Medicago arborea, Lathyrus odoratus, Vicia cracca, Vicia faba, Anthemis arvensis, Phaseolus coccineus, Trifolium pratense und Cinara cardunculus begünstigen die Phytoremedationsprozesse zur Reinigung kontaminierter Bodenschichten. Eingestreute Picknickdecks schaffen Ruhe- und Rückzugsbereiche inmitten summender Wiesen. Zur Zeit der Gartenschau entsteht hier ein Schwerpunkt für Themengärten. Der Auwaldpfad erschließt das schattige Bestandswäldchen und betont die vorhandenen Blänken durch kleine Aufenthaltsorte aus einfachen Holzplattformen. Der Eingangsplatz West schafft einen angemessen dimensionierten Auftakt im Westen und schließt den großen Rundweg. Die Uferzone entlang des Rhein-Herne-Kanals wird durch vernässte Ufergärten und Feuchtbiotope begleitet. Sitzblöcke aus Beton schaffen Aufenthaltsorte am Wasser. Der Hafen Karnap wird durch einen kleinen Hafenplatz mit Shuttle-Haltepunkt betont.


Gartenschau

Der neue Haupteingang am Emscher Platz schafft nicht nur zur Zeit der Gartenschau ein wichtiges Gelenk zu den angrenzenden Stadträumen und zum wichtigen Ankunftsort am Hauptparkplatz im Osten. Dieser kombiniert Pkw-Stellplätze, Bushaltepunkte, Fahrradstellplätze und E-Ladepunkte zu einem Mobility Hub in unmittelbarer Parknähe. Der Emscher Platz ist optimal in die prägnante Ost-West-Orientierung eingebunden und erlaubt dem Besucher eine schnelle Verteilung auf dem Gelände. Die Mobilitätsachse mit Elektro-Shuttle schafft eine zentrale Klammer zwischen den einzelnen Gartenschaubereichen. Die Nebeneingänge im Westen und im zentralen Bereich werden über die Mobilitätsachse angebunden. Ein Großteil der Besucher bewegt sich entlang der Uferkanten. Eine Uferpromenade führt entlang des Rhein-Herne-Kanals und schließt sich mit dem Panoramaweg entlang der Emscher zur großen IGA-Runde zusammen. Jeder Teilbereich erhält ebenfalls seinen eigenen Loop, der einzelne Themenbereiche umkreist. Es gibt eine klare Hierarchie aus Hauptwegen und wichtigen Anlaufpunkten, die gut erreichbar sind und durch den IGA-Shuttle angesteuert werden, und Subsystemen die entdeckt werden wollen, wie der Wilde Garten oder die Auwaldgärten.

Es gibt zwei Hauptausstellungsbereiche mit temporären Inhalten und Leistungsschauen. Im Osten konzentriert ein Veranstaltungsschwerpunkt Event- und Gastronomieeinrichtungen rund um Amphitheater und Green Tower. Ein zweiter Gastronomieschwerpunkt entsteht am ehemaligen Wendebecken. Themenwelten wie Recyceln + Reinigen sowie Energie + Nachhaltigkeit sind die Leitthemen, die insbesondere rund um den umgebauten Green Tower aufgegriffen und anschaulich dargestellt werden. Biodiversität + Artenvielfalt spielen bei den Wiesenkabinetten im Westen eine wichtige Rolle. Diese werden um weitere naturschutzfachliche Themen ergänzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Als Grundgerüst und Leitthema werden auf dem Gestaltungsprinzip der BUGA 1997 aufbauend neue Artefakte im Sinne der Zukunftsinsel herausgearbeitet. Dabei wird die Parallelität der vor-handenen Strukturen – Gleise, Ufer, Leitungen, Hecken und Baumreihen – aufgenommen und auf die neu zu gestaltenden Bereiche übertragen. Wege sind wie im Nordsternpark überwie-gend achsial und linear ausgerichtet, ebenso begleitende Blütenbänder. Darüber hinaus ver-wendet der Entwurf wie im Nordsternpark kontrastierende Stilmittel.
Die räumliche Organisation der einzelnen Freiflächen überzeugt: Überwiegend offene Räume im Osten gehen in geschlossene Bestände im Westen über. Somit entstehen qualitätvoll Situatio-nen mit unterschiedlichen Funktionen, den jeweiligen Orten angemessen ausformuliert.
Der östliche Eingangsbereich am Greentower wirkt in seiner Gestaltung mit dem Wechsel von Wegen, Pflanz- und Möblierungsbereichen maßstäblich richtig und bietet formal gelungenen Auftakt zur Zukunftsinsel, zumal die Verbindung zum Parkplatz entsprechend großzügig ist.
Insbesondere im Bereich des Wendebeckens wirken die Vorschläge im Detail dann aber mit den sehr großen Holzdecks überdimensioniert und überinstrumentiert. Ebenso wird die zunächst spektakulär anmutende Spielskulptur in ihrer Dimensionierung, aber auch in Bezug auf Spiel-wert und Gestalt in Frage gestellt. Sehr gelungen allerdings ist die Integration des Cafés in den terrassierten Hang.
Auch beim Schwarzbach gehen die vorgeschlagenen, weiten Mäander der Renaturierung über die Zielvorstellungen hinaus, das Wasserdargebot dürfte für die vorgeschlagenen doppelten Wasserläufe nicht ausreichend sein.
Die Ausstellungsflächen sind insgesamt schlüssig positioniert und versprechen eine abwechs-lungsreiche Abfolge für die Besucher. Der Gärtnermarkt ist in der Nähe zum Parkplatz etwas peripher verortet, dafür aber funktional vorteilhaft in der Nähe des Parkplatzes positioniert. Das Blütenband verbindet die verschiedenen Ausstellungsbereiche wie ein roter Faden. Die vorge-schlagenen Themen Energie, Nachhaltigkeit, Biodiversität und Artenvielfalt bilden eine tragfä-hige und attraktive Basis für die Ausstellungsbereiche.
Der Wiesenpark auf dem Stadtgebiet der Stadt Essen sollte naturnah in Form einer natürlichen Sukzession entwickelt werden. Die von West nach Ost verlaufenden Wiesenbänder werden auf Dauer nicht so zu erhalten sein.
Die Arbeit bietet insgesamt einen guten Beitrag zur Entwicklung dieses Landschaftsraumes an und ist professionell durchgearbeitet; allerdings wirken einige Bereiche übergestaltet. Ein zu-kunftsorientierter Ansatz wird – nicht zuletzt im Hinblick auf die Ausstellung in 2027 – ver-misst.
Gesamtübersicht M 1:2500

Gesamtübersicht M 1:2500

Lageplan Gartenschau M 1:1000

Lageplan Gartenschau M 1:1000

Urbanes IGA Entree mit Emscher Platz

Urbanes IGA Entree mit Emscher Platz

Längsschnitt Emscher Platz M 1:100---Parkentree Ost Gartenschau M 1:250---Parkzentrum M 1:250---Querschnitt IGA-Becken M 1:100

Längsschnitt Emscher Platz M 1:100---Parkentree Ost Gartenschau M 1:250---Parkzentrum M 1:250---Querschnitt IGA-Becken M 1:100

Funktionen und Atmosphäre

Funktionen und Atmosphäre

Uferpromenade mit Bachgärten

Uferpromenade mit Bachgärten