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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2021

Umbau und Erweiterung Alterszentrum Bruggli in Netstal (CH)

ROTAERD

1. Rang / Zur Realisierung empfohlen

Preisgeld: 40.000 CHF

Bob Gysin Partner

Architektur

vetschpartner Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Alters- und Pflegeheime Glarus Nord

Bauherren / Investoren

Erläuterungstext

Die Setzung des Bestandsgebäudes in der Talebene zwischen Löntsch und Linth ist durch die imposante Landschaft geprägt: Die Fernsicht in die Tiefe des Tals und auf die Glärnischkette sowie die Nahsicht auf Felder und Bäume sind identitätsstiftende Motive und tragen zum Wohlbefinden der Bewohner bei.
Um diese Qualitäten zu erhalten, wird eine minimalinvasive Erweiterung beim Westflügel vorgeschlagen. Dadurch entsteht im Norden eine gemeinsame Adressierung aller Nutzungen, während im Süden alle Aussenräume in ihrer Grosszügigkeit erhalten bleiben.

Indem der Erweiterungsbau hindernisfrei mit allen Geschossen des Bestandes verbunden wird, entstehen zudem optimale Betriebsabläufe und vielfältige Wegbeziehungen zwischen Bestand und Erweiterung, welche die Bewohner selbständig nutzen können und den Mitarbeitern kurze und direkte Wege ermöglichen. Treffpunkte, Waschsalons und Optionsräume auf den Etagen bieten hierbei informelle Begegnungsmöglichkeiten, die den Austausch fördern und die Bewohner aktivieren. Die Wohnungen wirken durch die austarierten Raumabfolgen und vielfältigen Ausblicke sehr grosszügig und können individuell möbliert werden.

Das Bestandsgebäude wird in allen Geschossen mit geringer Eingriffstiefe und unter Berücksichtigung der statischen Gegebenheiten aufgewertet: im Erdgeschoss und 1.Obergeschoss werden die öffentlichen Bereiche (Empfang, Restaurant u.a.) attraktiver gestaltet und Richtung Süden mit einer grösseren Aussenterrasse ergänzt. In den weiteren Geschossen wird mit einem Minimum an Eingriffen ein Optimum an räumlicher Qualität erreicht, damit die Umbauzeit kurz und die Kosten tief sind.

Insgesamt entsteht so eine vernetzte Gesamtanlage, die einerseits «Wohnen, Betreuen und Pflegen aus einer Hand» sichergestellt und andererseits ein Raumgefüge darstellt, das nicht als «Institution» wahrgenommen wird, sondern Wohnlichkeit ausstrahlt und allen Bewohnern ein Zuhause bietet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfassenden schlagen vor, mit einem westseitig an den Bestand angebauten sechsgeschossigen Volumen das Alterszentrum Bruggli zu erweitern. Der Bau stellt aufgrund seiner Lage, Höhe und Präsenz am Zugang einen neuen «Auftritt» des Bruggli dar. Die Ankommenden werden auf selbstverständliche Weise zum klar gefassten, nordseitigen Aussenraum gelenkt. Dort sind die Zugänge zu Pflegebereich und Wohnungen eindeutig adressiert. Auch die Parkplätze sowie die Anlieferung sind auf dieser Seite – zwar etwas umständlich erschlossen – folgerichtig angeordnet. Im Gegensatz zur Nordseite des Gebäudes, welche primär die Funktionen des Ankommens und Anlieferns aufnimmt, wird die Südseite des Gebäudes zugunsten einer grosszügigen Garten- und Parkfläche zum Verweilen und Flanieren freigespielt.
Auf die vorgefundene Situation reagieren die Verfassenden mit einem etwas ambivalent interpretierbaren Baukörper. Volumetrisch zeigt sich ein im Ansatz gedachter Kopfbau, welcher den Bestand um zwei Geschosse überragt und sich nach oben verjüngt. Der Baukörper setzt sich südseitig durch eine räumlich ausformulierte «Fuge» sowie einer differenzierten Fassadengestaltung vom Altbau ab. Von Norden betrachtet sowie im Grundriss umgesetzt, verbindet sich das Neubauvolumen jedoch nahtlos mit dem Altbau und die windmühleartig auf zwei Seiten angeordneten und unterschiedlich hohen Gebäudevorsprünge suggerieren eine bandartige Verlängerung des Altbaus, welche mit einer räumlichen Zäsur südseitig den Abschluss findet.
Die Neuplanung bietet eine eindeutige Adressbildung und eine klare Gliederung des Freiraumes in einen Erschliessungs- und einen Gartenbereich. Ein übersichtlicher Vorplatz auf der Nordseite lädt die Ankommenden ein und der grosszügige Garten auf der Südseite wird erhalten und aufgewertet. Rundwege im Garten verbinden und verknüpfen Bestand und Neues innerhalb des Areals und mit dem Anschluss an den Bruggliweg erfolgt der Übergang in die Nachbarschaft. Die Restaurantterrasse, vom Gartenniveau abgehoben und etwas umständlich nur über eine schmale Rampe und Treppe mit dem Garten verbunden, lässt eine einladende Adresse für externe Besucher sowie Grosszügigkeit vermissen. Eine Dachterrasse verbindet den Neubau mit dem Bestand.
Durch das Andocken des Neubaus an der Schmalseite des Bestandes kann der Anbau gut während dem laufenden Betrieb umgesetzt werden. Sowohl Schnittstellen und bauliche Eingriffe im Altbau als auch der Landverbrauch werden minimal gehalten. Neben der Vergrösserung der Restaurantterrasse im Süden, welche mit einer Treppe und Rampe die Verbindung in den Garten südseitig etwas umständlich herstellt, werden im Ostflügel zusätzliche Wohnungen zweckmässig, unter Berücksichtigung der statischen Struktur, umgebaut. Der Eingangsbereich im Erdgeschoss soll durch Strukturbereinigungen attraktiver gemacht werden. Die Umsetzung des geforderten Raumprogramms haben die Verfasser mehrheitlich mit «Raum-Rochaden» erfüllt.
Durch die Erweiterung werden nach wie vor eine optimale Aussicht und Besonnung sämtlicher Wohnräume wie auch der südlich vorgelagerten Umgebung gewährleistet. Der Anbau schliesst so an den Bestand an, dass die Verbindung der beiden Teile mit einem einzigen Durchbruch über alle Geschosse hindernisfrei erfolgen kann und kurze Wege für einen effizienten Betrieb bietet. Der Neubau kann über den nordseitigen Zugang im Erdgeschoss, wo neben dem Fitnessraum auch Waschküche und Keller angeordnet sind, oder über den Gartenzugang im 1. Obergeschoss betreten werden. Über einen Erschliessungskern mit Treppe, Lift sowie Aufenthaltsbereiche, welche sich teilweise über zwei Geschosse entwickeln und attraktive Ausblicke und Aufenthaltsqualitäten erwarten lassen, werden pro Geschoss drei unterschiedliche, nach geographischer
Ausrichtung gut geschnittene Wohnungen erschlossen. Eingangsraum, Wohnraum und Wohnküche mit Loggia, im Grundriss zueinander verschoben und in unterschiedliche Richtungen orientiert, bilden eine abwechslungsreiche, gut nutz- und möblierbare Raumfolge. Die Schlafzimmer sowie mehrheitlich natürlich belichtete und belüftete Sanitärräume sind über kurze interne Wege zueinander angeordnet. Den Verfassern gelingt es, trotz kompakter Grundfläche, pro Geschoss drei «individuelle», aufs Wohnen im Alter zugeschnittene Wohnungen zu schaffen.
Aufgrund der Volumetrie sowie der gezielten und minimalen Eingriffe im Altbau ist ein wirtschaftlich günstiges Projekt zu erwarten.
Mit der Setzung eines westseitigen Anbaus schlägt das Projekt ROTAERD einen klaren ortsbaulichen Eingriff vor. Durch diese Setzung wird neben dem minimalen Landverbrauch auf selbstverständliche Art eine eindeutige Adressierung und klare Zonierung des Areals geschaffen. Volumetrisch und im architektonischen Ausdruck zeigt sich das Projekt jedoch noch etwas unentschieden. Neben dem konzeptionell einfachen Ansatz überzeugt das Projekt insbesondere durch äusserst attraktive, auf die jeweilige Ausrichtung optimal zugeschnittene und für ältere Personen gut nutzbare Wohnungen.