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nicht offenes, einphasiges, hochbaulich-freiraumplanerisches Werkstattverfahren | 04/2021

EMILS QUARTIER - Entwicklung einer Wohnbebauung mit Einzelhandelsflächen in Hamburg-Bahrenfeld

Von-Sauer-Straße

Von-Sauer-Straße

Ankauf

Preisgeld: 15.600 EUR

KBNK Architekten GmbH

Architektur

Landschafts.Architektur Birgit Hammer

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das neue Emils Quartier – eine nachhaltige Entwicklung in Bahrenfeld

Die Entwicklung an der Von-Sauer-Straße, Ecke Bahrenfelder Kirchweg, bietet eine
zukunftsfähige Chance einer Transformation von der „vergessenen Ecke“ zu einem
lebendigen Quartier.

Nicht nur die Innenstädte, sondern auch die Magistralen brauchen dringend neue Impulse und kreative Ideen. Die integrale Verknüpfung verschiedener Funktionen und Ansprüche
einer demokratischen Gesellschaft ist das Leitbild des Entwurfes. Es gilt nicht nur ein vielfäl-tiges Quartier für die neuen Bewohner und Nutzer zu gestalten, sondern auch die angren-zenden Nachbarschaften mit einzubeziehen. Mehr Raum schaffen für die Menschen im Stadtteil, mehr Vernetzungen im Stadtgefüge und mehr architektonische Präsenz an diesem Ort – diese inhaltlichen Grundideen spiegeln sich in dem Entwurf wieder.

Die Von-Sauer-Straße erfährt in ihrer Funktion als Magistrale, gemeinsam mit der nördlichen Entwicklung eine neue bewohnerfreundliche Präsenz. Mehr Raum und Sicherheit für Fuß-gänger und Radfahrer, mehr Aufenthaltsqualitäten an Platzaufweitungen, mehr grün in der Stadt durch Fassadenbegrünungen (Reduzierung der Feinstaubbelastung und des Lärms) und Erhalt aller Bäume, attraktive Erdgeschossnutzungen und eine gute Vernetzung in die angrenzenden Nachbarschaften – der Entwurf eröffnet neue Impulse an diesem Ort.

Die beiden Nahversorger erhalten attraktive Eingangsbereiche an den Platzaufweitungen. Zusammen mit den notwendigen Lagerflächen und angrenzenden kleineren Gewerbeeinhei-ten bilden sie einen Sockel für ein Lärm geschütztes und vielfältiges Wohnen in einem ge-meinsamen grünen Wohnhof.

Über großzügige Treppen werden Verbindungen zum Bahrenfelder Kirchweg und zur
„Gewerbegasse“ geschaffen. Die neue Gasse durchquert das Quartier und schafft kurze ebenerdige Wege für die Bewohner. Ihr angelagert sind wiederum vielfältige Gewerbeeinhei-ten und Zugänge für die Wohnhäuser. Dieser belebte Raum bietet zudem hohe Aufenthalts-qualitäten.

Für das Gelingen eines neuen Quartiers spielt die Maßstäblichkeit im Stadtgefüge die wich-tigste Rolle. Durchwegungsmöglichkeiten, vielfältige Nutzungsbausteine, Häuser mit
„schönen“, haptischen Fassaden und Verweilmöglichkeiten für die Nutzer schaffen eine nachhaltige Stadtentwicklung in Bahrenfeld.


Ökologie und Nachhaltigkeit

Der Auslober hat die Ziele der Nachhaltigkeit in seinen Grundzügen als Leitmaxime formu-liert. Mit dem vorliegenden Entwurf können diese Ziele mühelos umgesetzt werden. In weite-ren Bearbeitungsschritten werden die zukunftsfähigen ökologischen Bausteine weiterentwi-ckelt.


Freiraum

Mit dem Erhalt der vorhandenen Bäume sowohl entlang der Von-Sauer-Straße als auch dem Bahrenfelder Kirchweg bietet sich die besondere Chance die neue städtebauliche Figur mit ihren markanten Volumina weitestgehend harmonisch in die Bestandssituation einzubinden. Der mit dem Erhalt der Bäume verbundene Versatz der Bauflucht im Bahrenfelder Kirchweg wird durch die Einführung der „Gewerbegasse“ hervorragend aufgelößt.
Mittels einer leicht abgewinkelten, organisch fließenden Verkehrsführung, können „Impulse“ aus dem Umfeld, wie dem im Süden angrenzenden großen Gartenhof oder ein das Quartier im Osten tangierender Fußweg aufgenommen und daraus spezifische Orte wie beispielswei-se, die kleine platzartige Aufweitung oder der Brunnen-Platz an der Eisdiele geformt werden.

Im Bereich der „Gewerbegasse“ werden vorrangig schmalkronige Bäume wie die Thüringi-sche Säulenmehlbeere / Sorbus thuringiata `Fastigiata`, die Säulenhainbuche / Carpinus be-tulus `Fastigiata` sowie der mit seiner rotleuchtenden Blattfärbung besonders auffällige Acer ‘Robin Hill‘ gepflanzt. Als Belag kommt ein Mix verschiedener Materialien wie ein abgesplitte-ter Asphaltbelag im Bereich der hochbelasteten Anlieferzone, ein offenporiges Ökopflaster im Bereich der Gehwegflächen sowie ergänzend wassergebundene Wegedecken im Bereich untergeordneter Bewegungsflächen bzw. im Bereich von Fahrradstellflächen zu Einsatz. Dort wo das Platzangebot es zulässt werden zwecks Rückhaltung des Niederschlagswassers tie-ferliegende Vegetationsinseln eingebettet.
Der Aufenthaltscharakter der Gasse wird durch pointiert gesetzte Einbauten wie ein Wasser-becken oder ein Trinkbrunnen, diverse Sitzobjekte und kleine Spielangebote betont.

Das „grüne Herz“ des neuen Quartiers bildet ein weiträumiger, auf dem Dach der beiden im EG befindlichen Einkaufsmärkte angelegter, Gartenhof. Zwei großzügig dimensionierte und mit einer attraktiven Bepflanzung kombinierte Treppenanlagen verbinden den Gartenhof mit dem Gehwegsniveau. Eingewebte Sitzstufen machen die beiden süd- bzw. westbesonnten Treppenanlagen darüber hinaus zu attraktiven Treffpunkten mit Ausblick in die angrenzen-den öffentlichen Räume. Ein öffentlich zugänglicher Fahrstuhl stellt die notwenige barriere-freie Erschließung des Dachgartens her.
Locker gesetzte mehrstämmige Bäume wie mit malerischem Habitus tragen dazu bei dem durch die rahmende Wohnbebauung geschaffenem rund 2.400 qm großen Hofraum eine ein-ladende parkartige und gleichzeitig unprätentiöse Atmosphäre zu verleihen.
Im Nahbereich der beiden Treppenanlagen überwiegt der Anteil an mineralischen bespielba-ren Freiflächen. Hier konzentrieren sich diverse Aufenthalts- und Nutzungsangebote wie ein kleiner Gartenpavillon, Kinderspielflächen, ein „Lange Tafel“, etc..
Bäume in Kombination mit Staudenbändern und einer leichten Modellierung der Gelände-oberfläche unterstützen auf subtile Weise die Staffelung des Gartenraumes von mehr öffent-lich frequentierten Flächen hin zum Privaten.
Grundsätzlich geht der Entwurf davon aus, unabhängig von der Tatsache, dass es sich bei der gesamten Hoffläche um eine unterbaute d.h. versiegelte Fläche handelt, befestigte Flä-chen überwiegend als Tennenfläche mit atmosphärischen Qualitäten und günstigen Abfluß-beiwerten anzulegen. Durch den rahmendenden Arkadengang besteht jederzeit ein gut nutzbarer „Schlechtwetterweg“.
Die Angebote für Urban Gardening richten sich ausschließlich an die Bewohnerschaft. Auf-grund der Vielzahl an Bewohnern werden zwei Standorte für Urban Gardening vorgeschla-gen die sich im Bereich der gemeinschaftlichen nutzbaren Gartenzone, in der Nähe der Treppenhäuser befinden.

Bei der Auswahl der Bepflanzung wurde ein besonderes Augenwerk auf die Verwendung sogenannter Zukunftsbäume, sprich von Bäumen die sich langfristig vital an ihrem Standort etablieren können wie z.B. der Feldahorn ‘Acer campestre ‘Elsrijk‘, die Hopfenbuche / Ostrya carpinifolia, Ulmus resista oder der Lederhülsenbaum (Gleditsia triacanthos Skyline), gelegt. Neben der Baumauswahl spielt auch die richtige Verwendung der Stauden insbesondere un-ter dem Aspekt der Pflegeaufwendungen eine große Rolle. Hier greifen wir auf pflegeleichte ‘prärieartige Pflanzung’ mit Verbena, Stipa, Allium, Salvia, Perovskia, Levendula, Thymus, Rudbeckia, Calamagrostis und Oenothera zurück. Im Bereich der „Langen Tafel“ werden essbare Sträucher wie Johannisbeere und Weinbeere gepflanzt.
Der Charakter und die Außenwirkung des neuen Quartiers wird u.a. auch durch den vielfälti-gen Einsatz der Fassadenbegrünung mitgeprägt. Ob das leuchtende Rot des Wilden Weins (Parthenocissus quinquefolia ‚Engelmannii), die intensiv orangefarbenen Blüten des Gold-Geißblattes oder der würzige Geruch der Akebie (Akebia quinata), jede Fassade erhält eine ihr eigene Prägung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Prägend für den Städtebau ist die Ausbildung einer gemeinschaftlichen Anlieferung des Vollsortimenters und des Discounters durch eine offene Gewerbegasse. Hieraus bildet sich ein grüner Hof auf Ebene +1 und eine Gasse inklusive eines städtischen Platzes auf der Ebene 0. Die offene Gewerbegasse wird beidseitig bespielt durch nicht störendes Gewerbe. Die Ausbildung von Platzaufweitungen an der Von- Sauer-Straße im Westen und Osten bildet die Erschließung der beiden Supermärkte. Das Studentenwohnen an der Von-Sauer-Straße springt zurück um den städtebaulichen Bezug zur Bestandsbebauung herzustellen. Die Ensemblebildung wird durch eine einheitliche Materialität (Ziegel und Beton) in den Fassaden innen und außen ausgebildet. Die Körnung im Städtebau / die Gliederung in einzelne Häuser wird durch die Ausbildung von Gebäudefugen / das Durchstechen der Laubengänge an die Fassade gebildet. Über Treppenanlagen werden fußläufige Verbindungen zum Bahrenfelder Kirchenweg und zur „Gewerbegasse“ geschaffen. Die Anlieferung durch die offene Gasse zu führen, wird lärmtechnisch als schwierig angesehen. Die städtebauliche Einbindung wird positiv bewertet. Die Höhenentwicklung wird als angemessen angesehen, lediglich das 7-geschossige Studentenwohnen wirkt zu hoch in seiner solitären Alleinstellung und der Nähe zum östlichen Bestand. Durch die Ausbildung der langgezogenen Balkone wird die Fassade an der Ecke zur von-Sauer-Straße kritisch gesehen. Hier fiel der Begriff der 50er Jahre Anmutung. Die liegenden langgezogenen, horizontal gegliederten Häuser zur Straße werden städtebaulich als schwierig angesehen. Der an Siedlungsbau anmutende Charakter wirkt nicht städtisch genug.
Grundsätzlich gilt, dass die Grundrisse gut ausgearbeitet sind. Es entsteht eine hohe Wohnqualität sowie ein gemeinschaftlicher Charakter im Quartier. Jedoch werden auf der Ebene 0 entgegen der Anforderungen aus dem Aufgabenpapier keinerlei Stellplätze nachgewiesen. Die Realisierbarkeit des Projektes ohne diese Stellplätze ist nicht möglich.
In Bezug auf Aspekte des nachhaltigen Bauens wurde festgestellt, dass durch die vorgestellten Balkone Wärmebrücken reduziert werden. Die Attikahöhen der Gebäude erscheinen allerdings als zu gering. Das Wasser / Grünkonzept des Hofes wird positiv bewertet.
Durch die Ausbildung von Laubengängen werden an der Von-Sauer-Straße nahezu alle schützenswerten Schlafräume zur ruhigen Innenhofseite ausgebildet. An der nordöstlichen Seite zur Von-Sauer-Straße werden Schlafzimmer zur Straße ausgebildet, die durch Loggien geschützt werden. Der Lärmeintrag von der Von-Sauer-Straße, der durch die Ausbildung der Gewerbegasse ins Quartier entsteht, wird als schwierig angesehen. Ebenso der zusätzlich entstehende Lärm durch die Führung der Anlieferung durch das Quartier. Die entstehenden Fassadenreflexionen zur gegenüberliegenden Bebauung an der Von- Sauer-Straße wurden nicht gelöst.
Lediglich die Kinderspielflächen im nördlichen Hof können als Kinderspielflächen angerechnet werden. Die Aufenthaltsqualität der Gewerbegasse wird angezweifelt.
Der Übergang zum Denkmalschutzensemble wird als gelungen angesehen.
Dieses Projekt kann funktional nicht bestehen durch die eingezogene Anlieferungsgasse und der daraus entstehenden Lärmbelastung für das Quartier.
Die hochbauliche Ausgestaltung der langgezogenen, horizontal gegliederten Häuser wirkt nicht städtisch genug.
Lageplan

Lageplan

Bahrenfelder Kirchenweg

Bahrenfelder Kirchenweg

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 1.OG

Grundriss 1.OG

Innenhof

Innenhof

Grundriss RG

Grundriss RG

Fassadendetail

Fassadendetail

Fassadendetail

Fassadendetail

Ansicht/Schnitt Nord - Von-Sauer-Straße

Ansicht/Schnitt Nord - Von-Sauer-Straße

Ansicht West - Bahrenfelder Kirchenweg

Ansicht West - Bahrenfelder Kirchenweg

Schnitt Nord-Süd

Schnitt Nord-Süd