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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2021

Neubau Einfeld-Sporthalle an der Reichshainschule in Memmingen

Anerkennung

Preisgeld: 2.500 EUR

Architekturbüro Josef Prinz BDA

Architektur

w+p Landschaften

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Einbindung in die Umgebung, Städtebauliche Zielsetzungen und Freiraum

Der Neubau der Sporthalle formt zusammen mit den bestehenden Gebäuden der Reichshainschule für die Schülerinnen und Schüler einen Ort der Entfaltung und Geborgenheit. Eingefügt in den innerstädtischen Parkring der Stadt Memmingen entsteht dabei im Zusammenspiel aus Architektur und Freianlagen eine harmonische Einheit, eine geschützte Idylle der Naturerfahrung und Bewegung.

Das Grundstück der Reichshainschule befindet sich unmittelbar am historischen Parkraum der Stadt Memmingen umgeben von altem Baumbestand und vielfältigen Angeboten zur wohltuenden Erholung. Aufgrund des Ziels eines achtsamen Einfügens in diese gewachsene Struktur positioniert sich das geplante Gebäude im räumlichen Zusammenhang der ehemaligen Sporthalle. Ein Ensemble aus Bestand und Neubau entsteht. Erschlossen wird dieses über die bestehende Wegeführung im Süden des Parks, die sich in ihrer freien Formensprache um den Neubau legt und den Park in den Schulhof holt. In immer kleinteiliger zerfallenden Inseln werden Einschlüsse des Parks in den Schulhof geführt, die thematisch unabhängige Behandlung unter einander ermöglichen. Im lichten Schatten der bestehenden Bäume entsteht eine Schullandschaft zum bewegen, entdecken und experimentieren im geschützten Umfeld. Ein reiches Angebot an Nutzungsmöglichkeiten, vielfältigen Möblierungen und abwechslungsreicher Grünraumgestaltung bieten den nötigen Freiraum zur uneingeschränkten Entfaltung der Schüler und Schülerinnen. Räume zum Toben und zum Rückzug halten sich die Waage. Übersichtliche räumliche Abhängigkeiten und zusammenhängende Raumabfolgen sorgen für ein hohes Maß an Überschaubarkeit der gesamten Pausenfläche und sorgen für die entspannte Beobachtung der spielenden Kinder durch die Lehrer. Das Aufenthaltsangebot wird durch die neue Außenterrasse am bestehenden Mensagebäude weiter ausgebaut. Die Sitzstufen eröffnen Optionen zum Lernen im Freien, fungieren als Theatrum eines Rollenspiels oder als Bühne der Schulband.

Durch die Abgrenzung des Schulhofes von der angrenzenden Parkfläche entsteht sowohl ein hoher Grad an Sicherheit beim freien toben, als auch die Nutzbarkeit der Parkfläche nach Schulschluss durch die Vereine. Ergänzt wir dieses Angebot durch Fahrradstellplätze sowohl unter dem auskragenden Vordach als auch in direkter Nachbarschaft zur Kemptner Straße, eine neue Wegführung durch den Park führt zur direkten Erreichbarkeit dieser. Insgesamt wird durch die Neugestaltung der Freianlagen das bestehende Schulgelände in ein neues Zeitfenster gerückt und zusammen mit dem wertvollen Baumbestand zur Schule im Park, der Stadt Memmingen.

Architektur und Gebäudetypologie

Zur Aufnahme dieses Themas in die Struktur der Sporthalle wird eine filigran strukturierte Sporthalle vorgeschlagen die sich in ihrer feingliedrigen Struktur in die Baumlandschaft der Umgebung eingliedert, und den Bestand zum Ensemble ergänzt. Ziel ist hierbei eine bestmögliche Integration bei gleichzeitig zurückhaltendem und behutsam Identität stiftenden Erkennungswert in die Umgebung. Das neue Gebäude soll zum Bestand fortschreibend sich selbstverständlich, zurückhaltend und unaufgeregt der Situation und der Nutzung angemessen präsentieren: in einer typologisch modifizierten gegliederten Fassade, die behutsam gestaltprägend die vorgefundenen Strukturen und Körnungen der bestehenden Umgebung aufnimmt und, ohne sich in den Vordergrund drängen zu wollen, fortführt und zu einem neuen, Gesamten zusammenführt. Auf diese Weiße schafft das Gebäude in seiner Kleinteiligkeit den Übergang freier Parkflächen zu dichter Altstadtstrukturen.

Diese Zielsetzungen der behutsamen Integration zu einem Ganzen bei gleichzeitiger zurückhaltender Selbstdarstellung wird durch die vorgeschlagene Materialität und Farbgebung gestützt: So sorgt die Materialwahl des hellen Eichen Holzes zur klaren Kontrastierung während die großzügigen Glasflächen durch Spiegelung und Durchlässigkeit der Umgebung ein verschmelzen mit dieser erzeugen.

Dieser gezielte Materialeinsatz setzt sich im Innenraum fort, so wird der strukturelle Grundriss in ein atmosphärisches Konzept aus Austausch und Rückzug übersetzt. Während sich das Obergeschoss vollständig öffnet bietet das Erdgeschoss einen Differenzierten Umgang mit der Umgebung die sich in der Materialwahl manifestiert. Völlige Transparenz zum Eingangshof fördert den Austausch zwischen Innerem und Äußerem Verweilen. Diese Haltung wird kontrastiert vom Rückzug des angrenzenden Sportbereiches vor der Öffentlichkeit. Zum Park entsteht durch die Verdopplung der Fassadenrasterung ein Filter zwischen Innen und Außen, beim Gefühl des Turnens im Park wird dennoch der Einblick minimiert. Die Geschlossene Fassade zum Innenhof verhindert darüber hinaus das Ablenken der Schüler während des Unterrichtsbetriebes, durch die völlige Öffenbarkeit dieser Fassade durch die Vielzahl von Türen, wird die Sporthalle jedoch auch zum Teil des Schulhofes eine ganztätig bespielbare Fläche entsteht, die Grenzen zwischen Innen- und Außenraum verschwimmen.

Innere Ordnung

Diese Struktur von Öffnen und Schließen kulminiert in einem klaren Grundriss, der die Abläufe des Schulaltages in räumliche Abfolgen übersetzt. Mit der Positionierung des Gebäudes als Vermittler zwischen Schule und Öffentlichkeit, wird die Halle für jegliche Nutzer gleichberechtigt zugänglich. Die zwei unabhängigen Eingänge ermöglichen ungehinderte und unabhängige Abläufe. Auch bei Verzögerung der vorausgehenden Gruppe ist Raum für die wartenden Kinder im Erdgeschoss vorhanden. Durch ein unabhängiges Flursystem werden sowohl reine und nicht reine Flure voneinander getrennt als auch aufeinanderfolgenden Gruppen voneinander unabhängig geführt. Im direkten Zusammenhang der Halle sind barrierefreie Umkleiden und Umkleiden für Lehrer angeordnet, die sowohl die Erschließung der Halle erleichtern, als auch zur besseren Übersichtlichkeit der Halle beitragen.

Konstruktion und Wirtschaftlichkeit

Ein eingestellter, statisch aussteifender, Betontisch der die innenräumliche Untergliederung vornimmt wird überspannt von einem freitragenden Holztragwerk aus Leimbinder. Durch ein enges Raster des Tragwerks kann dieses in filigranen Abmessungen dimensioniert werden. Horizontale Bänder sorgen für eine Rückverankerung der Fassade, ermöglichen eine differenzierte Gestaltung und tragen die Zweigeschossigkeit nach Außen. Die gewählte Bauweise ermöglicht eine wirtschaftliche Erstellung bei einer hohen technischen und innenräumlichen Qualität.

Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Ressourcen

Angestrebt wird eine anspruchsvolle, technisch innovative und dennoch einfache, den heutigen Anforderungen an ein öffentliches Gebäude gerecht werdende, technische Installation. Für den anzustrebenden sinnvollen Einsatz von erneuerbaren Energien wird eine gute und tragfähige Grundlage gegeben. Durch sinnvollen Einsatz von Passivhauskomponenten und den nachhaltigen Baustoffen wird ein nachhaltiges und ökologisch zeitgemäßes Gebäude entstehen können.
Der Fensteranteil mit ca. 85% zur Fassadenfläche trägt zur thermischen Behaglichkeit bei. Es erfolgt ein gut kontrollierbarer Eintrag der Wärme durch außenliegenden effektiven Sonnenschutz aus textilen Rollos. Diese bieten trotz Ihrer Effizienz im Sonnenschutz die Möglichkeit wage Ausblick in den Park zu erhalten und das Tageslicht zu filtern. Das Anbringen im Erdgeschoss und Obergeschoss ermöglicht eine unabhängige Steuerung und damit ein höchst möglichen Grad an Flexibilität. Zu öffnende Fenster mit kontrollierbarem Einstellgrad können teilweise zur Nachtauskühlung herangezogen werden und bieten hohen Benutzerkomfort zur individuellen Benutzung ergänzend zu den mechanischen Anlagen. Zur zusätzlichen Be- und Entlüftung der Sporthalle kann eine kombinierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung zum Einsatz kommen.
Der massive eingestellte Betontisch bietet darüber hinaus ausreichend Speichermasse.

Die Stromerzeugung mittels Photovoltaik kann maßgeblich zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien beitragen. Die Dachfläche der Sporthalle kann hierfür vollflächig bestückt werden. Die Dachfläche sollte unterhalb der Kollektoren ein wasserrückhaltendes Substrat erhalten.
In einer künftigen intensiven interdisziplinären Zusammenarbeit mit den entsprechenden Ingenieuren in Zuge der weiteren Planungsphasen werden diese sinnvollen Zielsetzungen und beabsichtigten Maßnahmen weiter untersucht und präzisiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Baukörper des Neubaus nimmt die nördliche Kante des Erweiterungsbaus auf und wird so weit wie möglich nach Osten in Richtung Parkfläche geschoben. So positioniert, gibt er den Bestandsgebäuden ausreichend Raum und lässt zwischen den Gebäuden wohl proportionierte Platzflächen entstehen. Die transparente, zart gegliederte Fassade lässt die Turnhalle trotz Zweigeschossigkeit pavillonartig wirken. Dennoch wird die Höhe des Gebäudes im Kontext mit dem historischen Bestand kritisch gesehen.

Das weit auskragende Vordach ist als großzügige Überdachung der Eingangsbereiche sinnvoll, gestalterisch und konstruktiv jedoch fragwürdig. Aus Sicht des Preisgerichts wird die Gestaltsprache des Pavillons dadurch gestört. Insgesamt erscheint die Fassade eher museal anmutend. Die Ausführung mit einer flächigen Verglasung bis zum Boden, ist für die Sportnutzung der Turnhalle nur mit umfangreichen zusätzlichen Maßnahmen denkbar. Die Transparenz der erdgeschossigen Wände stellt insbesondere für die Schüler des Förderzentrums eine Schwierigkeit dar.

Die innere Organisation hat funktionale Schwächen und wird grundsätzlich in Frage gestellt, da die vom Turnschuhgang abwärts führende Treppe nur eine der beiden abteilbaren Hallenteile direkt erschließt.

Die Freiflächen sind klar strukturiert und gut zoniert. Die Grünstruktur der Parklandschaft setzt sich im Pausenhof fort und löst sich in Grüninseln auf – Bestandsbäume können so erhalten und integriert werden.

Vor dem Bestandsgebäude entsteht ein langgestreckter, bewegungsintensiverer Bereich, der über den neu verglasten Zwischengang sinnvoll miteinander verbunden wird. Die Verschiebung der Pkw-Stellplätze aus dem Schulgelände heraus wird positiv bewertet. Dadurch kann der Schulhof von Erschließungsverkehr freigehalten werden, während gleichzeitig eine außerschulische Nutzung der Parkplätze möglich wird. Fahrradstellplätze sind im westlichen Schulhof und unter dem Vordach der Turnhalle gut angeordnet. Die zusätzlich angebotenen neuen Terrassen an der Nordseite des Erweiterungsbaus ergänzen den Pausenhof auf schöne Weise.

Insgesamt wirkt der Entwurf angenehm zurückhaltend. Der Neubau fügt sich unprätentiös in die vorhandenen Strukturen ein, die Freiflächen verschmelzen mit der Parklandschaft und bieten vielfältige Spielräume bei einem guten Gleichgewicht aus Versiegelung und Grünflächen.