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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2021

Entwicklung „Mühlenareal“ in Bad Liebenzell

Blick von der Hugo-Mäulen-Straße

Blick von der Hugo-Mäulen-Straße

1. Preis

Preisgeld: 25.000 EUR

Daniel Schönle Architektur und Stadtplanung

Architektur

Büro Hink Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliches Konzept
Das Mühlenareal bietet die Chance einer besonderen räumlichen und programmatischen Ent-wicklung an zentraler Stelle in Bad Liebenzell. Die bisher schmerzlich vermisste freiräumliche Verbindung vom Stadtsee entlang des Lengenbachs hinunter ins Tal zur Nagold wird hergestellt und gleichzeitig das Wohnangebot mit hochwertigen Angeboten erweitert. Das städtebauliche Konzept orientiert sich an der Körnung der Umgebung und entwickelt die Qualitäten des Ortes zu einem charakterstarken Ensemble weiter.
An die südlich gelegene Brandwand des Gebäudes Wilhelmstraße 25 wird in der gesamten Hö-he angebaut. In den unteren drei Geschossen liegen öffentliche und private Stellplätze, darüber in einem abgestuften Baukörper Wohnungen. Am gegenüberliegenden Hang vor der St. Blasius--Kirche entstehen drei Wohngebäude, die sich in freier Anordnung mit »Sonnenterrassen« in die Topografie einfügen. Im Sockel des untersten Gebäudes an der Wilhelmstraße liegen private Stellplätze für diesen Bereich. Das Gebäude Hugo-Mäulen-Str. 12 wird erhalten.
Ein öffentlicher Grünraum zieht sich zentral durch das Gebiet. Die Anschlüsse zum Stadtsee über die Hugo-Mäulen-Straße und zum unteren Teil des Lengenbachs über die Wilhelmstraße werden qualifiziert. Das terrassierte Gelände macht unterschiedliche Angebote für Aufenthalt, Begegnung und Bewegung. Der Lengenbach ist freigelegt und erlebbar und trägt in besonderem Maße zur hohen Aufenthaltsqualität des Ortes bei. Die offene Bebauung am Hang ermöglicht interessante Blickbeziehungen zur Kirche.

Wohnungsangebot
In den drei Gebäuden »Sonnenterrassen« entstehen insgesamt 23 Wohnungen unterschiedlicher Größe (2-5 Zimmer). Die Lage am Hang und die freie Anordnung der Baukörper ermöglichen ei-nen starken Freiraumbezug für alle Wohnungen und zahlreiche interessante Blickbeziehungen im Gebiet und in die Umgebung.
Die Terrassierung des Südhangs ermöglicht es, dass die Wohnungen in den unteren beiden Wohngeschossen jeweils einen direkten Gartenzugang haben. Darüber sind alle Wohnungen mit Loggien bzw. großzügigen Dachterrassen ausgestattet. Diese Struktur schafft eine große Varianz der Wohnungsgröße und -orientierung, die den Ansprüchen einer heterogenen Bewohnerschaft gerecht wird. In den unbelichteten, in den Hang eingegrabenen Bereichen befinden sich die Kel-ler der Wohnungen. Zwischen den Gebäuden liegt ein kleiner halböffentlicher Nachbarschafts-platz.
Über den drei Parkdecks im Süden des Geländes entstehen auf drei Geschossen weitere fünf Wohnungen mit vorgelagerten Terrassen. Von hier aus bieten sich besondere Blickbeziehungen zum Stadtsee, zur Kirche und in die umgebende Landschaft.

Erschließung und ruhender Verkehr
Das gesamte Gebiet ist autofrei. Die Gebäude und Freiräume sind über ein attraktives Wegenetz fußläufig erschlossen. Dieses verbindet zukünftig auch die Ober- mit der Unterstadt.
In zwei Parkierungsanlagen sind die öffentlichen und privaten PKW-Stellplätze untergebracht. Im Sockel der Bebauung »Sonnenterrassen« liegen 22 PKW-Stellplätze, die als Tiefgarage in den Hang geschoben und direkt von der Wilhelmstraße angefahren werden. Ebenfalls von der Wil-helmstraße erschlossen sind die zwei unteren Parkierungsebenen im südlichen Gebäude mit insgesamt 36 Stellplätzen, davon sind 27 öffentlich. Die beiden Ebenen sind über eine unter dem terrassierten öffentlichen Freiraum liegende, unterirdische Rampe miteinander verbunden. Das dritte Parkdeck in diesem Gebäude wird direkt von der Hugo-Mäulen-Straße erschlossen und beherbergt weitere 10 private Stellplätze.
Die privaten Fahrradstellplätze liegen jeweils geschützt in der Parkierungsebene am Eingang. Zusätzliche öffentliche Fahrradstellplätze sind im Vorbereich an der Hugo-Mäulen-Straße ange-ordnet.

Freiraum und Ökologie
Die starke Topografie ist das herausragende Charakteristikum des Gebiets, dass besondere Qualitäten für die Bebauung und die Freiräume bietet. Über die Terrassierung entsteht eine räumliche Differenzierung, die Orte mit sehr unterschiedlichen Talenten und Atmosphären schafft. Entlang der öffentlichen Wegeverbindung werden Angebote für Spielen, Sitzen, Liegen u.a. gemacht. Der Lengenbach ist zugänglich und stellt eine besondere Attraktion dar.
Das Konzept ermöglicht große zusammenhängende Grünflächen mit hoher ökologischer Quali-tät, die auch einen wichtigen Baustein für die Biotopvernetzung bilden. Die Vegetation in Ver-bindung mit dem Bach schafft ein angenehmes Mikroklima, dass auch an heißen Sommertagen den Aufenthalt im Freien ermöglicht. Das Regenwasser wird oberflächig und erlebbar geführt und zeigt so einfache natürliche Prozesse wie Fließen, Einstauen und Versickern als Teil einer Stadtnatur, die nah an natürlichen Systemen gebaut wurde.
Die neuen Gebäude werden nach höchstem ökologischem Standard umgesetzt. Dies bezieht sich sowohl auf den Einsatz nachhaltiger Baustoffe als auch auf das Energiekonzept.

Bauweise und Wirtschaftlichkeit
Die Häuser haben alle einen in den Hang geschobenen Betonsockel. Die darüber liegenden Ge-schosse werden in Holz-Hybrid-Bauweise mit Holzfassade errichtet. Die Grundstruktur der drei nördlichen Gebäude ist gleich und ermöglicht bei durchgängiger Konstruktion und Leitungsfüh-rung ein hohes Maß an Flexibilität in der Grundrissgestaltung. Gleiches gilt für die Wohnge-schosse auf den Parkdecks im südlichen Gebäude. Durch die Anordnung der Parkierungsanla-gen und die Höhenstaffelung der Gebäude bleibt der Eingriff in das bestehende Gelände ver-gleichsweise gering. Insgesamt ermöglicht das Konzept eine sehr wirtschaftliche Umsetzung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Ausgehend von der städtebaulichen Aufgabe der Wiedernutzung dieser heutigen Leerstelle im Stadtgrundriss, schlagen die Verfasser am Südhang des Kirchbergs ein Ensemble von drei frei gesetzten Wohngebäuden vor und ergänzen damit recht selbstverständlich die vorhandene Bebauungsstruktur in Körnung, Ausrichtung und Orientierung. Dabei wird die Kirche nicht verstellt und wichtige Sichtbeziehungen, sowohl zur Kirche wie auch vom Kirchgarten in die Stadt beibehalten. Die Gebäudegruppe bildet um einen Nachbarschaftsplatz eine ausreichende Privatheit für eine gute Wohnqualität. Die Lage des freigelegten Lengenbachs mit seinem durch Sitzstufen erlebbaren Uferbereich gliedert das Plangebiet in diesen nördlichen Bereich am Südhang des Kirchbergs und den südlichen Teilbereich zwischen Wilhelmstraße und Hugo-Mäulen- Straße. Der Freiraum durchfließt locker von West nach Ost, erhält eine grüne Fuge und bildet den öffentlichen Aufenthaltsraum in selbstverständlicher Abgrenzung zum privaten Freiraum des Wohnens. Entlang dieses Freiraums führen die Verfasser die Wegeverbindung als Mühlengässle und erreichen die Anbindung an den Stadtsee. Mit der gestalterischen Aufwertung des Übergangs durch z.B. einen Belagswechsel im Straßenraum zeigen die Verfasser das Potenzial der freiräumlichen Verbindung entlang des Lengenbachs über das Plangebiet hinaus auf. An das Gebäude Wilhelmstraße 25 wird an der Nordseite eine dreigeschossige Parkierungsanlage mit darauf aufgesetzte Wohnnutzung ergänzt. Der Baukörper wird in seiner Volumetrie, der Abstaffelung und Ausprägung zu Straßenraum kontrovers diskutiert und wirkt noch etwas holzschnittartig. Die Verfasser zeigen jedoch auf, dass unter Ausnutzung der Topografie an dieser Stelle das gewünschte Parkierungsangebot standortverträglich integriert werden kann, gleichwohl die innere Erschließung der Parkierungsebenen mit ihrer Rampenanlage Fragen der Funktionalität und topografischen Einbindung offenlässt: so u.a. ob die Rampe im Freiraum sichtbar wird, was dringend zu vermeiden ist. Die Erschließung von der Hugo-Mäulen-Straße führt dort leider zu einer großen privaten Erschließungsfläche, die eine gewünschte straßenräumliche Fassung gegenüber dem Stadtsee vermissen lässt. Die funktionale Ausprägung und der architektonische Ausdruck bedürften bei einer weiteren Bearbeitung einer Überarbeitung. Die Wohngebäude bieten als Zweispänner bereits eine gute Vielfalt unterschiedlicher Wohntypologien. Die klare Gebäudegliederung lässt eine Anpassung des Wohnungsgemenges im weiteren Planprozess sicher zu. Leider fehlen den Ansichten der Gebäude in Ergänzung der guten städtebaulichen Setzung noch der gewisse entwerferische Esprit. Den nördlichen Wohngebäuden ist eine Tiefgarage zugeordnet, die nur einen Teil der notwendigen Stellplätze bereithält und nur an ein Gebäude direkt anbindet. Andererseits wird der bauliche Eingriff in die Tiefe des Hangs an dieser Stelle so für angemessen angesehen. Mehr Stellplätze in diesem Bereich führen zwangsläufig zu baulichen Eingriffen und Aufwendungen, die vom Preisgericht kritisch gesehen werden. Die städtebaulichen Kennzahlen liegen im oberen Bereich und die Anzahl der Wohnungen im mittleren Bereich aller Arbeiten. Die Arbeit zeigt die städtebaulichen Chancen und freiräumlichen Aufwertungspotenziale des Standorts mit einem sensiblen und angemessenen Konzept auf und gibt überzeugende Antworten auf die schwierigen und divergierenden Anforderungen. Die Verfasser zeigen auf, wie zukünftig an diesem Standort einerseits attraktiv gewohnt und gelebt werden kann und gleichzeitig der Stadtraum in der Innenstadt aufgewertet werden kann.
Perspektive

Perspektive

Lageplan

Lageplan

Konzept

Konzept

Grundrisse

Grundrisse

Schnitte

Schnitte