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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2021

Grundschule Süd in Bitburg

Axonometrie

Axonometrie

Anerkennung

Preisgeld: 4.667 EUR

MOSAIK architekt:innen bda

Architektur

GrünPlan Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das Entwurfsgebiet als innerörtliches durchmischtes Quartier ist geprägt durch seinen heterogenen Charakter mit teilweise stark differenzierter Körnung. Die Adressbildung insbesondere zum Borenweg ist wenig ausgeprägt und verfügt über keine klaren Raumkanten.
Das bestehende Schulgebäude stellt mit seinem zeilenartigen, der Straßenkrümmung folgenden Baukörper einen klaren und maßstäblich guten Stadtbaustein dar. Mit seiner Mittelflurerschließung entspricht der Bestand jedoch nicht den Raumanforderungen aktueller und zukünftiger pädagogischer Konzepte
Diese Eigenschaften als Chance zu begreifen, bestehende Qualitäten zu stärken, Potentiale zu entwickeln und dem Quartier einen lebendigen Stadtbaustein hinzuzufügen, der Altes und Neues miteinander verbindet, ist erklärtes Ziel dieses Entwurfs.
Dabei ist es uns ein Anliegen, dass sich die neue Bebauung in Körnung, Maßstab, Materialität und Habitus zum einen in den Bestand einfügt, sich benimmt und zurückhält und zum anderen, gemeinsam mit dem bestehenden Schulgebäude eine eigenständige, zusammenhängende und selbstbewusste Position einnimmt, welche Ausstrahlung und Wirkung auf das Gesamtquartier und die Stadt entfaltet.

Körnung, Maßstab, Kontext – Entwicklung einer transformierten Typologie

Der neue Schulerweiterungsbau wird als kompaktes, zweigeschossiges Volumen im nördlichen Teil des Grundstücks verortet und an den Bestand angeschlossen. Dabei wird die Sporthalle teilweise im Erdreich versenkt um eine sinnvolle Anbindung an die Bestandshöhen gewährleisten zu können. Es entsteht ein adressbildender Kopfbau, der die benachbarten Raumkanten zum Borenweg aufgreift und miteinander verbindet. Im Zusammenspiel mit dem Bestand wird eine zusammenhängende und harmonische Gesamtform entwickelt, die mit ihrer Auffaltung nach Osten einen neuen, gut proportionierten Platz ausbildet. Hier befindet sich, zwischen Alt und Neu, der neue Eingang zu Schule: ein Treffpunkt, ein Willkommensort und eine Bühne zugleich.
Der so entwickelte Baukörper passt sich in die vorgefundene Umgebung ein und bildet gleichzeitig einen neuen, eigenständigen Stadtbaustein mit hohem Wiedererkennungswert und klaren Freiräumen aus.

Lernlandschaften

Das Erdgeschoss des neuen Baukörpers wird als offener Kommunikations- und Lernort ausgebildet. Hier befinden sich die gemeinschaftlichen Nutzungen wie Mensa, Multifunktionsraum, Pausen- und Aufenthaltsbereiche. Durch die Absenkung der Sporthalle in das Untergeschoss wird auch die Tribüne in die Kommunikationslandschaft einbezogen. Flexible Abtrennungen schaffen differenziert nutzbare, multifunktionale Erlebnisräume mit spannenden Ein- und Ausblicken innerhalb eines zusammenhängenden, großzügigen Raumgefüges. Durch die funktionale Verknüpfung von Mensa, Multifunktionsraum und Willkommensplatz entsteht ein halböffentlicher Ort für Veranstaltungen und Schulfeste, der die Kommunikation mit dem Stadtraum herstellt, diesen belebt und aufwertet.
Im zweiten Bauabschnitt wird, angrenzend an die Mensa und den Multifunktionsraum, die Bibliothek angeordnet. Sie wird somit gleichsam Teil des Stadtraumes sowie der Schullandschaft. Das bestehende WC-Häuschen wird als Lesepavillon umgenutzt. Über den gemeinsamen Büchergarten wird dieser mit der Bücherei verknüpft und bietet Raum für ruhiges Schmökern im Grünen.
Im nordwestlichen Teil des Neubaus befinden sich die Küchenräume, welche funktional vom Kirchweg angeliefert werden können.
Über eine zentrale, große Freitreppe, welche mit ihren Sitzstufen eine erweiterte Tribüne zur Sporthalle und zur Pausenhalle bietet, gelangt man in das erste Obergeschoss. Hier befinden sich die als Lerncluster ausgebildeten Unterrichts- und Differenzierungsräume. Aufgeweitete Flurzonen, Nischen und Boxen machen auch Zwischenräume nutzbar und bieten Rückzugsmöglichkeiten und Platz für unterschiedliche Lernsituationen im Cluster. Ein eingeschnittener Innenhof sorgt für optimale Belichtungsverhältnisse und kann als Außenklasse genutzt werden. Die vorgelagerte Dachterrasse zum Schulhof dient als Freifläche für den Ganztagsbereich. Sie ist zugleich vom Neubau als auch vom Altbau erreichbar. Eine optionale Außentreppe kann die Dachterrasse mit dem Schulhof verbinden.
Im Untergeschoss befindet sich die teilweise unter das Geländeniveau versenkte Sporthalle mit den effizient angeordneten Umkleiden, Nassbereichen und den Geräteräumen.
Die weiteren Unterrichtsräume und Nebenräume des Ideenteils werden als kompakter Baukörper im Süden an den Bestandsbau angeschlossen. Die provisorische Containerlösung kann während der Umbauten an ihrem jetzigen Standort belassen werden.

Materialität und Konstruktion:

Im Kontext und als Reaktion auf die heterogene und differenzierte Nachbarschaft soll sich das Erscheinungsbild des neuen Ensembles als ruhige, klare Form abbilden. Hierzu werden differenzierte Öffnungen gezielt und stringent gesetzt, sodass eine kompakte Lochfassade mit ruhigen, großflächig zusammenhängenden Klinkerflächen entsteht.
Als Fassadenmaterial wird ein Vollklinker in einem hellen, weiß-grau-beigen Farbton, Ton in Ton verfugt vorgesehen. Feine Detaillierung, Gliederung und Abstufung erhält die Fassade in Form von durchgefärbten Sichtbetonstürzen und Einfassungen der großformatigen Fenster.
Der neue Schulbau wird in einer Hybridkonstruktion geplant. Das KG sowie das EG werden sinnvollerweise, mit ihren großen Spannweiten sowie den schallschutztechnischen Anforderungen, als Stahlbetonbau errichtet. Das Obergeschoss wird als leichte Holzkonstruktion auf den „Stahlbetontisch“ des Erdgeschosses aufgesetzt. Im Zusammenspiel entsteht so eine CO2-optimierte, nutzungsoptimierte und Lebenszyklusoptimierte Konstruktion, die eine hohe Dauerhaftigkeit mit wenig Instandhaltungsaufwand aufweist.
Die nicht als nutzbare Dachterrassen vorgesehenen Dachflächen des Neubaus werden als retentionsfähige Gründächer ausgebildet. In optimaler Südausrichtung bietet das Dach des 1.OG Platz für großflächige PV-Anlagen.

Plätze und Freiräume

Durch die Baukörperstellung im Zusammenspiel von Alt- und Neubau entstehen differenzierte Freiräume mit unterschiedlichen Qualitäten. Neben dem urbaneren und multifunktional nutzbaren Willkommensplatz wird im nördlichen Bereich ebenfalls ein intimer Büchergarten unter dem Dach der vorhandenen Bäume geschaffen, der die bestehende Einfassung der Natursteinmauer und die Anbindung an den Lesepavillon nutzt. Eine Nutzung durch die Öffentlichkeit außerhalb der Schulöffnungszeiten funktional durchführbar.
Im südlichen Bereich entsteht der gefasste und durch den Kopfbau von der Straße abgeschirmte Schulhof. Eine mit Sitzkanten einfasste Spielinsel unter Verwendung von Bestandsgeräten und Bauminsel gliedern diesen. Ein Grünband am Kirchweg nimmt u.a. Schulgarten und Hochbeete auf. Südlich wird der Schulhof mit dem Kleinspielfeld abgeschlossen.
Die erforderlichen Stellplätze und die Kiss&Go-Zone werden kompakt mit definierter Zu- und Abfahrt südlich des 2. BA angeordnet. Ein Großteil der Bestandsbäume kann erhalten werden.
Im Zusammenspiel von Alt- und Neu, von Körnung, Freiraum und Material entsteht eine neue Schule, welche sich wie selbstverständlich in den Kontext des Ortes einfügt und gleichsam eine starke Eigenständigkeit mit identitätsstiftender Wirkung entfaltet. Die einladende Geste des neuen Ensembles sowie die maßstäblichen Raumproportionen lassen einen sozialen und lebendigen Ort der Gemeinschaft und der Kommunikation innerhalb des Quartiers entstehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser*innen schlagen für die Erweiterung der Grundschule eine kompakte Bebauung im nordwestlichen Grundstücksbereich vor. Folglich ist ein Erweiterungsbau geplant, der alle Nutzungen um einen Willkommenshof gruppiert, welcher zu einem neugeschaffenen zentralen Eingang mit Foyer führt, das das Gelenk zwischen Alt- und Erweiterungsbau fungiert. Das Foyer trennt zudem den öffentlichen Willkommenshof vom Schulhof ab.

Städtebaulich entsteht im Norden durch das Gebäude eine deutliche Adressbildung und durchaus nachvollziehbare bauliche Raumkante, die jedoch den Entfall mehrerer vorhandener Bäume erfordert. Nach Westen zur Kirchgasse positioniert sich der Entwurf ebenfalls gut. Hier entsteht im Bereich des Schulhofs ein aufgewerteter Stadtraum. Die neu geplante Sporthalle gibt sich nördlich davon durch die vorgesehenen Verglasungen deutlich offener und transparenter als bisher.

Die gewählte Baukörperform mit dem räumlich sehr interessanten Gebäudezugang führt dazu, dass der Standort der Mensa nördlich des Willkommenshofes, d.h. nicht am Schulhof liegt. Dies kann nicht abschließend überzeugen, weil dies die gewünschte Außenbestuhlung der Mensa ausschließt. Kritisch gesehen wird auch, dass der Sporthalle im neugeschaffenen zentralen Foyer einer Schule eine zu große Wichtigkeit eingeräumt wird. Beim Betreten des Gebäudes befindet man sich nahezu unmittelbar im Tribünenbereich und Luftraum der Halle, was einerseits räumlich interessante Blickbeziehungen zur eingegrabenen Sporthalle ermöglicht, aber insgesamt nicht als angemessen eingeschätzt wird, da alle weiteren Hauptnutzungen nur über seitlich angeschlossene und teilweise enge Flure erreichbar sind. Eine räumlich wertigere
Anbindung der Schulnutzungen an das Foyer wäre wünschenswert. Auch führt die von den Verfassern als „Eingang für alle“ beschriebene Erschließung zu Einschränkungen bei der unabhängigen Nutzbarkeit von Schule und Sporthalle. Dies scheint jedoch lösbar – wenn auch auf Kosten der Raumqualität des Foyers.

Die geplante Lernlandschaft des Obergeschosses bietet gut nutzbare Räume, interessante Raumbeziehungen und kann insgesamt überzeugen. Die Belichtung der Mittelzone des relativ tiefen Grundrisses wird über einen Lichthof gelöst, der als Gartenklasse genutzt werden soll. Zum Schulhof hin ist ein weiterer Dachgarten mit Pergola vorgesehen, der eine hohe Aufenthaltsqualität erwarten lässt. Die Anbindung der neuen Lernlandschaft an das Foyer und den Altbau mit einer, dem Neubau abgewandten Treppe und in deren Folge zusätzlichen räumlichen Engpässen bedarf einer Optimierung. An das neue Foyer ist ein Aufzug angeschlossen, der zwar einziger Aufzug ist, jedoch aufgrund seiner zentralen Lage dennoch eine angemessen barrierefreie Erschließung des gesamten Gebäudes gewährleistet.

Die zusätzliche Erweiterung des Ideenteils ist an zwei Standorten vorgesehen. Südlich in Verlängerung des Bestandsgebäudes sind zweigeschossig die zusätzlichen Unterrichtsräume vorgesehen. Die Bibliothek wird als Anbau an die Mensa im Norden geplant. Der gewählte Abstand im Bereich der zu erhaltenden Mauer erscheint dort zu gering. Die Tatsache, dass bei nachträglicher Umsetzung des Ideenteils nochmal Baustellen an zwei neuralgischen Punkten bei laufendem Betrieb auf dem Schulgelände entstehen wird kritisch gesehen.

Die Verfasser*innen schlagen die Errichtung des Gebäudes in Hybridbauweise vor. Die Fassade wird mit Klinkern und Betonfertigteilen zoniert. Auf dem entstehenden Flachdach soll eine PV-Anlage mit Südausrichtung realisiert werden. Dachflächen, die nicht als Aufenthaltsbereiche genutzt werden, sollen als retentionsfähige Gründächer vorgesehen werden.

Dem Schulhof kommt die kompakte Bauweise des Gebäudes im Norden des Grundstücks zugute. Es entsteht eine angemessen proportionierte Hoffläche, deren angedachte Gliederung gut vorstellbar ist. Die Stellplätze werden im südöstlichen Grundstücksbereich gut gewählt platziert, so dass es weder Überschneidungen mit den Zugängen noch Einschnitte in den Schulhof gibt. Die erforderliche Stellplatzanzahl kann jedoch nicht vollständig nachgewiesen werden.

Der Entwurf zeichnet sich im Wettbewerb eher als eine der kompakteren Lösungen aus, was grundsätzlich eine wirtschaftliche Umsetzung erwarten lässt. Aufgrund des gewählten Standortes im Bereich der bestehenden Sporthalle können zwar die Interimscontainer während der Bauphase erhalten werden, jedoch können jegliche Neubaumaßnahmen erst nach dem Rückbau der alten Halle erfolgen und keine Teilbereiche vorab realisiert werden.

Insgesamt stellt die Arbeit mit ihrem eigenständigen und nachvollziehbaren Entwurfsansatz einen starken Beitrag im Wettbewerb dar, kann aber nach kontroverser Diskussion aufgrund verschiedener ungelöster funktionaler Anforderungen nicht in allen Bereichen überzeugen.
Schwarzplan

Schwarzplan

Lageplan

Lageplan

Grünräume

Grünräume

Detailansicht Fassade

Detailansicht Fassade

Ansicht

Ansicht

Schnitt

Schnitt

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Obergeschoss

Obergeschoss