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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2021

Freiraumgestaltung Brunnenstraße „Lebendige Zentren“ in Bremervörde

Blick auf den Postplatz

Blick auf den Postplatz

1. Preis

Preisgeld: 9.000 EUR

TGP Landschaftsarchitekten Trüper Gondesen und Partner mbB

Landschaftsarchitektur

werk3 architekturvisualisierungen

Visualisierung

Erläuterungstext

Neugestaltung Brunnenstraße in Bremervörde

Die Innenstadt und ihre alten und neuen Plätze

In der Innenstadt von Bremervörde bilden der Rathausplatz und der Kirchplatz der Liborius Kirche die beiden bedeutenden Platzräume. Sie sind die Kristallisationspunkte in dem orthogonalen Straßengefüge zwischen Neuer und Alter Straße sowie Brunnen- und Ludwig-Jahn-Straße.

Die Neugestaltung der Brunnenstraße ist in einem räumlichen und gestalterischen Gesamtkontext dieses Innenstadtbereichs zu entwickeln.

Aus der Gestaltungsmaßnahme ´Alter Straße´ leitet der vorliegende Entwurf einen einheitlichen und die gesamte Innenstadt verbindenden Pflasterbelag aus dem hier vorgefundenen Pflasterklinker ab. Der Trennung von Granitpflaster für den Straßenraum und Pflasterklinker für die Fußwege folgend, ist ein Pflasterbelag aus den rotbraunbunten Klinkern im Format 5,5cm x 32cm im klassischen Fischgrätverband für die verkehrsberuhigte Innenstadt gewählt.
In diesen homogenen rotbraunbunten Pflasterbelag fügt der Entwurf gleich Intarsien die alten und auch neue Platzräume ein.

Der Kirchplatz und der Rathausmarkt werden von weiteren kleineren Plätzen zu einer Platzfolge im Innenstadtbereich ergänzt.

Mittig der Brunnenstraße bildet der Postplatz den Auftakt für die Querverbindung zum Rathausmarkt, in der Passage selber leitet ein kleiner Platzraum in die möglichen Grünverbindungen zur Liborius Kirche und zum Platzraum an der Alten Straße über. In der Ludwig-Jahn-Straße verknüpft eine platzartige Querung den Innenstadtbereich mit dem angrenzenden Wohnquartier um die in der Veränderung stehende Grundschule Mitte. Die Plätze sind kleine und große Kristallisationspunkte in der Innenstadt, sie sind Orte des Aufenthalts, aber auch der Orientierung und Weiterführung in angrenzende Innenstadtbereiche.

Alle alten und neuen Plätze in der Innenstadt definieren sich über einen gesonderten Pflasterbelag, sind gekennzeichnet über große Bestandsbäume gegenüber den kleinkronigen Neupflanzungen in den Straßenräumen und weisen unterschiedliche Aufenthaltsqualitäten auf, die sich in Wasserspielen, Spielelementen und im Mobiliar zeigen.

Der Rathausmarkt wird als quadratische Intarsie im neu entstehenden Platzraum definiert. Die innere Platzfläche mit den bestehenden Großbäumen und einem neuen zentralen Wasserspiel wird als Mitte und Gute Stube der Stadt aufgefasst. Hier spiegelt sich der berechtigte Wunsch nach einer definierten Stadtmitte mit hoher Identifikation und Aufenthaltsqualität wider. Der Platz berücksichtigt in seiner Offenheit die Belange des Wochenmarkts, der Stadtfeste und versucht gleichermaßen ein Ort des attraktiven und lebendigen Stadterlebens zu sein.

Das Umfeld von St. Liborius wird als baumbestandener Kirchplatz aufgefasst. Mit dem Erhalt der Bestandsbäume, einer vom Umfeld hervorgehobenen Pflasterfläche und neuen Sitz- und Aufenthaltsmöglichkeiten unter den schattigen Bäumen zeichnet sich der geistige Ort gegenüber dem weltlichen Umfeld ab.

Die Brunnenstraße und der Postplatz

Die Straßenräume der Brunnen- und Kirchenstraße sind nach dem klassischen europäischen Straßenprofil aufgebaut. In den niveaugleichen barrierefreien Pflasterbelag aus Klinker sind zwei 30cm breite Entwässerungsrinnen eingefügt, die neben den Hausvorfeldern eine mittige Lauf- und Fahrspur formulieren. Parallel ist ein durchgängiger taktiler und farblich kontrastierender Leitstreifen eingefügt, der mit Aufmerksamkeitsfeldern in die angrenzenden Straßenräume führt. Der Fischgrätverband in seiner diagonalen Anordnung zur Fahrrichtung kann die Scherkräfte des Liefer- und Rettungsverkehrs gut aufnehmen. Zu den Gebäuden hin schließen die Straßenräume mit einer rötlichgrauen Traufe aus Granit-Mosaikpflaster ab.

Die Brunnenstraße begleitend ist eine neue Baumreihe aus kleinkronigen Magnolien (Magnolia kobus) vorgesehen. Die lichtkronigen Magnolien blühen intensiv duftend mit großen weißen Blüten im März und April vor dem Laubaustrieb.

Beschattet unter den Bäumen sind Sitzbänke mit Blick auf das Flanieren der Straße aufgestellt. In einer Reihe und im Wechsel mit den Bäumen sind zeitgemäße Mastleuchten zur gleichmäßigen Ausleuchtung des Straßenraums vorgesehen. Da die Brunnenstraße auch mit dem Rad erreicht werden soll und als Radwegeverbindung zwischen Bahnhof und Vörder See fungiert, sind im Straßenverlauf 35 Fahrrad-Parker angeordnet.

Mittig der Brunnenstraße vor dem alten Postamt und im Übergang der Passage zum Rathaus sieht der Entwurf im Sinne der Leitidee von Platzfolgen einen neuen Aufenthaltsplatz, den Postplatz vor.

In einem weichen Übergang wechselt der rotbraunbunte Klinker in einen sandfarbenen Klinkerstein desselben Formats. Die Platzfläche zeichnet sich gleich einer eingefügten Intarsie im Straßenverlauf ab. Hier verbleibt die große Bestandslinde, ergänzt von der Neupflanzung eines Schnurbaums (Sophora japonica). Das Wasserspiel mit seinen Skulpturen wird mit neuen einladenden Bänken, gleich kleinen Stadtsofas zum Mittelpunkt des Postplatzes und die Außengastronomie der Eisdiele und des Restaurants flankieren diese Platzmitte.

Der Postplatz als Mittelpunkt und zentraler Aufenthaltsort in der Brunnenstraße wird als kleines Pendant zum großen Marktplatz verstanden und leitet somit auch die stadträumliche Verbindung zwischen den beiden Plätzen ein. In den Abendstunden unterstreichen Bodenleuchten als leuchtende Steine im Verband des Pflasters stimmungsvoll die Eingänge zur Passage.

Mittig der Passage formuliert der Entwurf erneut einen kleinen Aufenthaltsplatz mit Sitzbänken unter Bäumen und einem Trinkbrunnen für den ruhigen Aufenthalt gegenüber den lebendigen Stadträumen in der Brunnenstraße und am Rathaus. Auch dieser Platz leitet in angrenzende Stadträume über und bindet die Gartenwege an, die zur Alten Straße und zur St. Liborius Kirche führen.

Mit dem Gestaltungsansatz für die Brunnenstraße ist der Ausgangspunkt für einen einheitlichen und verbindenden Materialkanon in der verkehrsberuhigten Innenstadt von Bremervörde gegeben. Die Baumreihen aus weißblühenden Magnolien prägen identitätsstiftend die neu gestalteten Stadträume. Mit den neuen und alten Plätzen ist eine Platzfolge geschaffen, die in der Innenstadt Orientierungs- und Aufenthaltsorte schafft.

Die neuen Straßenräume und Plätze mit in ihrer individuellen Ausgestaltung und Nutzung werden zu atmosphärischen und attraktiven Aufenthaltsorten des Stadtlebens in Bremervörde.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf versteht den Stadtraum zwischen Brunnenstraße, Alter- und Neuer Straße sowie Ludwig- Jahn-Straße als Innenstadtquartier und versieht dieses mit einem homogenen im Detail aber durchaus differenzierten Klinkerbelag der im Fischgrätverband verlegt ist. Die verschiedenen Platzsituationen des Brunnenplatzes und des neuen Rathausmarktes werden farblich als Platz-im-Platz-Situationen abgesetzt. Insbesondere der Brunnenplatz entwickelt sich über eine farbliche Änderung mit einer gewissen Selbstverständlichkeit aus dem verwendeten Belag. Gleichzeitig werden damit die Besucher: innen wie selbstverständlich in die Fußwegeverbindung zum neuen Rathausmarkt geführt. Kontrovers diskutiert wird der neue Quartiersplatz. Innerhalb der rückwärtigen Gartensituationen sollte seine Funktion als kleiner Platzraum im Verlauf der Wegeverbindung und der gestalterischen Ausprägung der Situation noch einmal überdacht werden. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Flächen sich nicht in städtischem Eigentum befinden. Positiv wird die Idee des Gartenweges aufgenommen. Die Zonierung der Brunnenstraße und der anderen Wegebeziehungen erfolgt über durchlaufende Klinkerpflasterbänder, die eine mittlere Fahrspur markieren sowie einen durchgehenden taktilen Leitstreifen, der auch in den Verbindungsweg führt. Die verwendeten Materialien greifen die vorhandene Materialsprache auf und gewährleisten ein hohes Maß an Nutzbarkeit. Das Weglassen von sich in ihrer Materialität absetzenden Fahrspuren unterstreicht den Charakter der Fußgängerzone. Der Erhalt einzelner Bestandsbäume wird begrüßt. Die neue Magnolienreihe kann eine identitätsstiftende Wirkung entfalten. Die funktionalen Anforderungen werden von dem Entwurf vollumfänglich erfüllt. Die vorgeschlagene Zonierung sorgt für angemessene Aufenthaltsbereiche im Straßenverlauf. Die Möblierung der Platzsituation erscheint demgegenüber im Detail überarbeitungsbedürftig. Die Wirtschaftlichkeit des Entwurfes erscheint im Sinne der Angemessenheit gegeben.
Blick in die Brunnenstraße

Blick in die Brunnenstraße

Lageplan M 1:500

Lageplan M 1:500

Lageplan Brunnenstraße M 1:200
Lageplan Passage M 1:200

Lageplan Brunnenstraße M 1:200 Lageplan Passage M 1:200