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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2021

Ortsentwicklung „Ehemaliger Gasthof Hirsch mit Umfeld“ in Haldenwang

2. Preis

Preisgeld: 13.000 EUR

becker architekten

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Burger Landschaftsarchitekten Susanne Burger und Peter Kühn Partnerschaft

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Das neue Dorfzentrum stellt mit seinem Baukörper und seiner Positionierung eine starke städtebauliche Setzung dar. Die Verfasser setzen sich sehr intensiv, ganzheitlich und in die Zukunft gedacht mit der Aufgabenstellung für Entwicklung Haldenwangs auseinander. Es entsteht ein stimmiges und impulsgebendes Gesamtkonzept mit dem Neubau des Dorfzentrums, der Kirche und dem Rathaus mit eigenständigem Charakter und Zugewinn für die Alltagsnutzung und den ganzen Ort. Durch die Setzung des neuen Baukörpers entstehen sehr qualitätsvolle Freiräume zwischen Kirche, Rathaus und Dorfzentrum, so wie der Dorfplatz, der umfriedete Kirchbereich und der ebenso neu gestaltete Rathausplatz. Der Platzraum zwischen Dorfzentrum und Kirchberg bietet eine großzügige, atmosphärische und für den Dorfladen und seinen Außenbereich attraktive Nutzung. Dies gelingt auch dadurch, dass dieser Platzraum sich durch einen durchgehenden Bodenbelag vom Straßenraum absetzt. Dadurch ist die Möglichkeit gegeben, diesen Platz zu bestimmten Zeiten vom Durchgangsverkehr freizuhalten, was jedoch verkehrstechnisch noch kritisch zu prüfen ist.

Der weitsichtige Vorschlag schafft zusätzlich im Ideenteil mit der Neugestaltung des Kirchenumfelds mit Bühne, barrierefreier Anbindung an das Dorfzentrum und Freitreppe im Verbund mit seiner Einfriedung für die Zukunft Haldenwangs ein Gesamtensemble. Man kann sich gut vorstellen, dass sich dadurch eine lebendige Mitte mit hoher Aufenthaltsqualität für die Bürgerinnen und Bürger Haldenwangs und ein Anziehungspunkt über die Ortsgrenzen hinaus entwickelt. Sicher ist hierfür eine große Anstrengung und komplexe Einbindung verschiedener Akteure, wie z.B. der Kirche, mit zu berücksichtigen. Die Versetzung des Kriegerdenkmals an den Rand des Ensembles wird seiner Bedeutung für die Haldenwanger Bevölkerung nicht gerecht. Ein Teil des Vorschlags befindet sich allerdings außerhalb des Wettbewerbsumgriffs und wird aus diesem Grund nicht in die Wertung einbezogen.

Der polygonale Baukörper sitzt selbstbewusst und weitestgehend maßstäblich in der dörflichen Struktur, lediglich die Nordwestseite in Bezug zur Nachbarschaft ist kritisch zu überprüfen. Sein solitärer Charakter spiegelt die Bedeutung des Dorfzentrums für das Gemeindeleben wider. Durch die städtebauliche Setzung passt sich der Baukörper selbstverständlich in die Topographie ein.

Die Beziehungen zwischen innen und außen im Erdgeschoß (Dorfladen, Wohnadresse, Lager mit Anlieferung, Einfahrt Tiefgarage) sind schlüssig und funktional gut gesetzt. Dorfladen und Cafe liegen an der richtigen Stelle. Sie funktionieren in ihren Größenverhältnissen gut. Die Wohnungen sind gut geschnitten und erhalten durch die Lage der Loggia ein großzügigen Raumcharakter und Raumweitung. Das innenliegende Treppenhaus wirkt beengt und das vorgesehene Dachoberlicht wird die Tagesbelichtung vermutlich nicht erfüllen. Positiv für die Belebung und das Wohnungsangebot in Haldenwang wird die hohe Anzahl der Wohneinheiten gesehen. Die Fassade wirkt etwas „zeitgeistig“ und unruhig, dem Ort noch nicht ganz angemessen und lässt noch etwas die Auseinandersetzung mit dem Kontext anders als im restlichen Entwurf vermissen. Die Markisen bieten einen zusätzlichen Akzent und löst die Verschattung angemessen. Die Materialität und Konstruktion des Hauses entspricht der Idee des „umspülten Steines“.
Die Entwurfsverfasser schlagen vor, die Tiefgarage teilweise unter die Hauptstraße zu legen, was große Fragen bzgl. der Realisierbarkeit, Wirtschaftlichkeit, zeitlichen Dauer und Angemessenheit aufwirft. Die dadurch angedachten, zusätzlichen Stellplätze für die Kirchenbesucher und die barrierefreie Anbindung mit dem Aufzug zur Kirche werden mit einem hohen Aufwand erkauft, schaffen aber zusätzliche Funktionalität für Haldenwang und ein Freihalten der Platzräume von Parkierung.

Die Entwurfsverfasser schlagen drei spezifisch gestaltete Platzräume vor, die sich in ihrer Materialität und Baumauswahl voneinander unterscheiden. Der Dorfplatz ist von einem durchgehenden Natursteinbelag gekennzeichnet. Ein im Süden gesetzter Großbaum spendet Schatten und schafft eine angenehme Aufenthaltsatmosphäre. Durch die reduzierte Gestaltung bleibt der Platz offen für unterschiedliche Gebrauchsmöglichkeiten. Der Kirchplatz ist als wassergebundene Aufenthaltsfläche mit Baumhain ansprechend und als kontemplativer Raum dem sakralen Ort angemessen gestaltet. Der Rathausplatz ist locker durchgrünt und lässt vielfältige Nutzungen zu. Die Freianlagen unterstreichen die Wirkung des Gesamtensembles.

Insgesamt stellt der Beitrag einen mutigen und außerordentlich interessanten Beitrag dar, stellt die Gemeinde jedoch vor große Herausforderungen und bedeutet eine gemeinsame Kraftanstrengung für alle Beteiligten.