modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 06/2021

Neues Schul- und Verwaltungsquartier in Ravensburg

4. Preis / REALISIERUNGSTEIL

Preisgeld: 22.500 EUR

Michel + Wolf Architekten

Architektur

Daniel Schönle Architektur und Stadtplanung

Architektur

Preuss Freiraumplanungen

Landschaftsarchitektur

Architekturmodelle Boris Degen Modellbau

Modellbau

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept „Freiraum verbindet“ bildet den roten Faden der Arbeit. Der Rhythmus der öffentlichen Räume von der Burachhöhe bis zur Schützenstraße im Schussental reichen ist sehr gut nachvollziehbar und zeichnet den Entwurf aus. So können die kühlen Luftmassen von den Höhen gut ins Tal abfließen und sorgen für ein besseres Stadtklima. Im Zentrum des neuen Bildungs- und Verwaltungsquartiers wird ein Platz vorgeschlagen, der räumlich über die Gartenstraße hinweg bis zum Landratsamt reicht. Diese Idee wird ausdrücklich begrüßt, weil hierdurch die Fahrverkehre verlangsamt werden können und gleichzeitig eine Ost-West-Verbindung signifikant gestärkt wird. Die Proportion und Gestaltung des Platzes überzeugen nicht ganz, weil die Ränder und Baumsetzungen sehr zufällig und auch in der Anzahl zu wenig erscheinen. Der anschließende Bürgerpark erfährt durch die Öffnung des Bleicherbachs mit seinen abwechselnd landschaftlichen und urbanen Ufern seine besondere Gestaltqualität. Auch der Höhenpark überzeugt. Seine zurückhaltende Gestaltung, seine sinnvollen Wegeführungen und geschickt angeordneten Retentionsräume für das anfallende Regenwasser stellen einen wertvollen Beitrag dar. Der Freiraum zwischen Ravensburg und Weingarten kann somit zu einer grünen Klammer zwischen den beiden Städten entwickelt werden.
Die städtebauliche Konzeption zeigt lange und schmale 3-geschossige Baukörper für die Gewerbeschulen entlang der Ravensburger Straße sowie 4-geschossige Fassaden entlang der Ulmer Straße. Begrüßt wird die Konzeption, bei der Werkstätten im Sockelbereich mit Werkhöfen, und darüber liegend, die Schulräume liegen. Der mit der Längsorientierung gewonnenen Raum im rückwärtigen Bereich für Höfe und Grünflächen bringt viele Vorteile und Möglichkeiten, wenn auch die entstehenden Weglängen hier in Frage zu stellen sind. Die Länge der vorgeschlagenen Baukörper wird vom Preisgericht jedoch kritisch beurteilt. Der vorgeschlagenen Neubau des LRA in Form einer 8 bis 9-geschossigen Stadtmarke wird ausdrücklich begrüßt und ergibt mit der nächsten Erweiterungsstufe ein gut proportioniertes Ensemble.
Bemängelt wird vom Preisgericht der Baukörper von Mensa und Sporthalle, welcher zwar trichterförmig den Platzraum nach Osten überleitet, jedoch mit der Abriegelung der südlichen Wohnbebauung nicht überzeugt.
Die Humpis-Schule wird sinnvoll von Süden her erschlossen, wodurch der wertvolle Landschaftsraum im Norden und Westen geschützt wird.
——
Mit der vorgeschlagenen Setzung des Neubauvolumens in die Mittelposition zwischen die Bestandsbauten erreicht der Verfasser eine klare räumliche Gliederung, welche nicht zuletzt durch die gewählten Abstände eine markante eigenständige Adressbildung und Ablesbarkeit des neuen Baukörpers sicherstellt. Die Abstände untereinander bilden hinreichend Raum für Belichtung und Ausblick der Arbeitsplätze, sowie eine eigenständige und signifikante Adressbildung, bei der eine verstehbare und nachvollziehbare Korngröße der Einzelbaukörper erreicht wird. Allerdings kann hier eine gewisse Steifheit durch die absolut symmetrische Stellung im 1. BA unterstellt werden, die im Preisgericht sehr kontrovers diskutiert wird. Durch das Zurückrücken aus der vorderen Linie an der Gartenstraße ergibt sich ein geschützter und gut vorstellbarer Vorbereich, der welcher in Lage und Größe dem Gebäude in seiner Bedeutung gerecht wird.
Die beiden Eingängen von Westen und der Gartenstraße nimmt der Entwurf die Topografie auf und schafft einen transparentes und multipel bespielbares Erd- und Gartengeschoss: der zentrale große Luftraum stellt mit der Treppe sichtbar die Verbindung dieser Ebenen her und sorgt für eindeutige Orientierung. Stadträumlich stellt er damit den Neubau als wichtigen Verbindungsbaustein zwischen die Gartenstraße und das westliche Gebiet, welches damit einbezogen und aufgewertet wird.
Die Grundrisse sind klar gegliedert in die Mittelzone mit Luftraum und seitlichen Beraterplätzen sowie den angrenzenden seitlichen Beraterzonen bzw. Einzelbüros. Im Norden wird der Neubau für die Mensa-Nutzung geschickt in den Altbau hinein entwickelt und der Kontakt zur angrenzenden Grünzone damit hergestellt. Sinnvoll perforiert der Verfasser di Erdgeschosszone mit verschiedenen Lichthöfen und sorgt damit für die notwendige Belichtung der sich aus dem Entwurf ergebenen, tieferen Grundrissbereiche. Als übergreifendes, verbindendes und in den beiden Stadtebenen offenem Haus mit seinem großzügigem, Geschosse verbindendem Luftraum und mit der Durchgängigkeit dieser offenen Zone entsteht hier ein offener und attraktiver Archetyp eines Bürgerhauses.
Die Obergeschosse versprechen eine zeitgemäße Bespielung mit verschiedenen Bürokonzepten, wenngleich die Fluchttreppen mit der Positionierung im Mittelbund hier noch mehr Nutzfläche ergeben hätte.
Das vorgeschlagene Tiefgaragen Konzept wird vom Preisgericht eher kritisch gesehen. Das betrifft die beiden Zufahrten von der Ravensburger Straße genauso wie die Tiefgarage unter dem neuen LRA selber: Sie ist konstruktiv in ihrer Herstellung aufwändig und müsste im Anschluss an die Bestandsbauten deutlich überarbeitet werden.
Die Fassaden grenzen sich bewusst von den Bestandsbauten ab und bilden mit ihrer Vertikalität eine eigene Grammatik, die sich sinnvoll aus der individuellen Stellung des Baukörpers zwischen den Bestandsbauten ableitet. Wünschenswert wäre hier jedoch eine Weiterentwicklung, bei der die vorgeschlagene, raumhohe und auch sehr gleichförmige Komplettverglasung mit Alu-Rahmen-Elementen im Zuge eines zeitgemäßen Energiekonzepts mit seinen Anforderungen an sommerlichen Wärmeschutz überarbeitet wird. Deutlich zu kurz kommt die Behandlung der Themen Nachhaltigkeit und Energiekonzept. Hier werden mehr und vertiefte Aussagen bzw. auch eine sinnvolle Integration in den guten Ansatz der Arbeit erwartet.
Die vorgeschlagene Erweiterung im Süden an der Gartenstraße ist die sinnvolle Weiterführung 22des vorgeschlagenen Konzepts, bei der stirnseitige Position der Büroriegel zum Straßenraum hin fortgeführt wird und damit die begonnene Struktur des 1. Bauabschnitts weiter stärkt.
Mit seiner überraschend klaren Haltung und einer eindeutigen Adressbildung liefert der Entwurf einen guten Beitrag zu der komplexen Aufgabenstellung und liegt durch seine Kompaktheit im wirtschaftlichen Bereich. Mit der im Preisgericht intensiv diskutierten Reduktion von Baukörper und Fassadensprache des Zentralbaus entsteht eine Kraft und Klarheit, die über das unmittelbare Umfeld dieses Stadt- und Landschaftraums in den Landkreis hinaus eine überzeugende Strahlkraft entwickelt.
Mit einer differenzierteren Ausformulierung des Erscheinungsbildes hätte allerdings hier noch eine deutliche Steigerung der architektonischen Qualität erreicht werden können, insbesondere mit der dringenden Berücksichtigung des Themas der Nachhaltigkeit.