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Einladungswettbewerb | 06/2021

Waterkant Kiel - Quartiersentwicklung an der Kieler Förde

1. Preis / Baufeld A

Preisgeld: 33.500 EUR

Baumschlager Eberle Architekten

Architektur

Erläuterungstext

ROTER ZIEGEL AN DER OSTSEE

Baufeld A (West und Ost) liegt exponiert am Kieler Hörn und am Germaniahafen; die Hörnbrücke ermöglicht die fußläufige Verbindung zur Kieler Innenstadt.
Das östliche und das westliche Ufer der Hörn wird durch das Vorhaben stärker verknüpft. Grundlage des städtebaulichen Konzeptes bilden die Festsetzungen der rechtskräftigen Bebauungspläne Nr. 814 und 841, die Vorgaben aus dem Sanierungskonzept sowie die städtebauliche Vorstudie in Bezug auf das maximal zulässige Maß der baulichen Nutzung und die Höhenentwicklung.
Allein schon auf das urbane Leben bezogen, bedeutet das Projekt für den Hafenbereich in Kiel von Bedeutung. Gegenwärtig kann man hier noch von einem transitorischen Ort mit seinen Kleinindustrien und Hafenanlagen sprechen, künftig wird hier die Stadt fortgeschrieben. Es wird ein Ort mit neuen Qualitäten entstehen, der durch das Einbringen von Wohnungen mehr als nur Wochentags bespielt wird.
Das „neue Leben“ am Hafen muss natürlich in einer Form gefasst werden. Klar geschnittene Blöcke bilden die städtebauliche Grundstruktur beider Baufelder (West und Ost); Der Blockrand im Bereich des Baufelds A West wird in Richtung Wasser geöffnet, wobei Wert daraufgelegt wird, dass der Block in seiner Gesamtwirkung klar erkennbar bleibt. Am Schnittpunkt Hörn und Germaniahafen, wird ein Hochpunkt als Solitär mit eigenständiger Identität gebildet. Der Block auf den Baufeld A Ost öffnet sich nach Süden, um einen engen Innenhof zu vermeiden. Auch hier durch die Ausbildung eines Sockels eine klare räumliche Kante zum öffentlichen Stadtraum ausgebildet. Der Bezug – auch im menschlichen Maßstab -zum umgebenden Stadtraum auf beiden Baufeldern wird bewusst gesucht. Halböffentliche Bereiche, wie die Geschäfte im Sockel und die Kolonnade am Wasser, tragen wesentlich dazu bei.
Die Fernwirkung des Quartiers ist bei dieser städtisch relevanten Lage von hoher Bedeutung und wird durch eine abwechslungsreiche städtebauliche Figur mit einem skulpturalen Solitär an der Hafeneinfahrt unterstützt. Nicht zu übersehen wird das Quartier auch durch seine Farbwirkung sein: Das dunkle Rot des Klinkers eröffnet einen sehr schönen Kontrast zum Himmel und dem Wasser.
Durch die flächendeckende Ausbildung des Erdgeschosses als verbindende Sockelzone in beiden Baufeldern (BF A West und Ost) für Geschäftslokale und Parkierung wird die Fläche der teuren unterirdischen Geschosse reduziert. Gleichzeitig entsteht auf dem Dach des Erdgeschosses ein hochwertiger, intensiv begrünter Außenraum, der für die private Nutzung der Anwohner*innen vorbehalten bleibt. Hier können sowohl großzügige Terrassen und Mietergärten für die Bewohner des 1.OG als auch gemeinschaftlich genutzte Flächen und Kinderspielplätze für die Nachbarschaft entstehen.


Erschließung und Funktion
In den Obergeschossen der Baufelder A-Ost und A-West wird freifinanzierter und qualitativ hochwertiger Wohnungsbau entsprechend des vorgesehenen Nutzungskonzept geplant. Weiterführend werden im Erdgeschoss der Baukörper A-West und A-Ost öffentlich zugängliche Gewerbeflächen geplant, sodass ein urbanes mischgenutztes Quartier entsteht
Die Hauseingänge der Wohnhäuser befinden sich immer auf der Straßenseite, sie sind gut erkennbar und unterstützen logischerweise die Adressbildung. Die Eingänge werden von flexibel einteilbaren Gewerbeeinheiten gefasst, die eine offene Fassade zu den öffentlichen Vorbereichen bilden.
Einen weiteren halböffentlichen Bereich bildet die Kolonnade, wie im Gestaltungsleitfaden vorgesehen. Sie bietet bei schlechtem Wetter einen geschützten Bereich entlang der wasserseitigen Promenade, ermöglicht ein Flanieren an der Wasserkante und trägt somit zu einer dauerhaften Belebung des Quartiers bei.
Erschließung extern: Das Verkehrskonzept des Sanierungsgebietes verfolgt das Ziel, den Kfz-Verkehr zu reduzieren und die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zu erhöhen. Entsprechend werden für den ruhenden Verkehr jeweils eine Splitt-Level-Tiefgarage mit zwei Ebenen im inneren Bereich der Erdgeschosse vorgesehen. Die Erschließung erfolgt auf kurzem Wege über der „Zur Helling“ bzw. „Former“. Für den Radverkehr wird derzeit die Einrichtung mehrerer Fahrradstraßen in der Umgebung geplant, Fahrrad-Stellplätze werden ebenfalls im verdeckten Inneren der Gebäude vorgesehen
Erschließung intern: effiziente 4-6 Spänner, alle Wohnungen haben mindestens ein Zimmer zur Straße orientiert – auf diese Weise können die Rettungsfahrzeuge der Feuerwehr von hier agieren, weil ja der Innenhof weitgehend bis zum 1. OG verbaut ist. Lediglich beim Hochpunkt im Baufeld West wird der zweite Rettungsweg über zwei ineinander verschachtelte Treppenräume nachgewiesen. Hier wird aus Wirtschaftlichkeitsgründen auf ein kostspieliges und technisch aufwendiges Sicherheitstreppenhaus verzichtet.
Funktion: der Wohnungsmix wird gemäß Anforderungsprofil erfüllt. Der Bezug von Außenraum und Innenraum ist vor dem Hintergrund der sehr attraktiven Umgebung ein wesentliches Thema. Einem Großteil der Wohnungen öffnet sich der Blick auf das Meer. Die Orientierung der Wohnungen zum Wasser wird durch das Eindrehen der Straßenfassaden seewärts verstärkt. Die größeren Einheiten sind durchgesteckt, um eben eine attraktive Vielfalt an Blickperspektiven zu bieten. Aber auch die kleineren Wohnungen verfügen zumindest über eine anziehende Sicht nach außen. Allen Wohnungen gemeinsam ist der jeweils private Außenraum der Loggien. Ungleich praktischer als Balkone sind sie veritable persönliche Freibereiche im Wohnungsverband, die, geschützt vor Wind und Wetter, länger im Jahr genützt werden können.

Konstruktion und Material
Die Primärkonstruktion setzt sich aus den tragenden Außenwänden, den Kernen und den Wohnungstrennwände zusammen. Auf diese Weise wird die Flexibilität in der Nutzung erhöht. Das „Gesicht“ der Wohnblöcke wird durch den Einsatz von Ziegel geprägt, wie er im Stadtbild von Kiel omnipräsent ist. Primärmaterial ist ein massiver, warmtoniger Vormauerklinker. Dieser soll durch Verwendung eines zweiten, hellen Farbtons ergänzt werden. Auf beiden Baufeldern entstehen farblich und materialmäßig zusammengehörige Neubauten, die jedoch individuelle Ausprägung haben

Ökonomie und Ökologie
Beide sind Teil eines kommunizierenden Systems, Kompaktheit der Form, Einfachheit der Konstruktion und Flexibilität sparen Kosten und Energie. Ein optimales Verhältnis von Nutzflächen zu Verkehrsflächen und Bruttorauminhalt wird erzielt. Im Detail: Es entsteht eine energetisch günstige, hohe Speichermasse. Die tiefen Laibungen der Loggien machen ergänzende Sonnenschutzmaßnahmen weitgehend überflüssig. Der Einsatz von Fernwärme ist angedacht.


Architektur
Die städtebauliche Grundstruktur „Haus-Block-Quartier“ verfügt über eine gemeinsame räumliche Identität, die Blöcke ein gemeinsames Erscheinungsbild und die Häuser ein gemeinsames Gesicht zu Straße und Hof. Differenzierungen finden im städtebaulichen Kontext statt, der die Wirkung der Architektur beeinflusst.
Die Fassaden als Gesichter zur Stadt entwickeln sich aus dem ruhigen flächigen Hintergrund von Öffnung und Geschlossenheit mittels der markanten Loggien und die Drehungen an den Straßenseiten. Auf diese Weise wird die Tiefe und damit die Plastizität des Gebauten ebenso wie der Rhythmus der Straßenwände akzentuiert. Der Übergang zwischen Innen und Außen als Thema der Architektur rückt in den Vordergrund. Es entsteht insgesamt ein hohes Maß an Wiedererkennbarkeit, sodass die Identität der Anlage verstärkt wird. Im Detail wird diese primäre Plastizität durch die mäanderförmige Erscheinung der Loggien – durch den Wechsel der Öffnungen an den Seiten – ergänzt, womit das Abstrakt-Ornamentale sehr dezent einen Aspekt des Quartiers bildet.
Die halböffentlichen Bereiche – Innenhöfe wie Kolonnaden – tragen ebenfalls zum Besonderen und vor allem zum Komfort des Quartiers bei. Die Öffnung der Baufelder nah Westen und Osten sind städtebaulich logisch, sie vermitteln aber auch eine Geste des Einbeziehens der Anlage in den öffentlichen Raum, sodass das grundsätzlich Hermetische des Blocks relativiert wird.
Das neue Quartier entsteht aus den elementaren Möglichkeiten der Architektur, aus Geometrie, Licht und Materialwirkung, sodass eine Authentizität vermittelt wird, die in der Stadt und von den Bewohner*innen als werthaltig angenommen werden soll. Über die Zeiten und Moden hinweg.
Lageplan

Lageplan