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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2021

Neubau Kita in Felsberg

Aussenperspektive

Aussenperspektive

Anerkennung

Preisgeld: 3.300 EUR

ARCHITEKTEN STEIN HEMMES WIRTZ

Architektur

ROSA

Architektur

HKK Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

lichtelandschaften _ landschaftsarchitektur + städtebau PartGmbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Anlass
Mit dem Neubau des Kindergartens wird der Freizeit‐/Sport‐ und Bildungsstandort in Felsberg um Betreuungsangebote für Kindergarten‐ und Krippen‐Kinder erweitert.

Kontext
Der eingeschossige Neubau des Kindergartens schreibt die ortstypische Dachlandschaft Felsbergs fort. Ähnlich eines Teppichs entwickelt sich das Haus wellenartig in die Tiefe des Baugrundstücks, nimmt die klar geometrische Struktur der umgebenden Schul‐ und Sportstätten auf und vermittelt die Fluchten der Gebäudeteile zur Straße und in die Landschaft. Hier ist der Eingang deutlich zurückgesetzt und über einen einladenden Vorplatz zum sicheren, barrierefreien Ankommen, Bringen, Holen der Kinder angeordnet.

Innere Organisation
Die gegliederte Gebäudestruktur liefert eine starke Verzahnung mit den Außenflächen des Kindergartens und den angrenzenden Freiräumen, die sich trotz funktional notwendiger Abtrennung optisch zu einem Grünraum verweben. Der Grundriss gliedert sich dem Raumprogramm folgend in zwei Bereiche: altersübergreifende Gruppen (nach Westen), U3‐Gruppen, Tagesspflege (nach Osten). Das Foyer dient dem Ankommen und ist räumlich mit dem Essbereich, an den die Küche mit zugehöriger Infrastruktur anschließt, verknüpft. Eingangsnah sind auch die Verwaltungs‐ und Teamräume angeordnet. Im Zusammenspiel mit dem direkt anschließenden Mehrzweckraum funktioniert dieser Bereich auch im Veranstaltungsbetrieb außerhalb der Kita‐Nutzung. Dienende Räume sind im Wesentlichen in der Mittelzone angeordnet. Die innere Erschließung ist abwechslungsreich und bietet klare Orientierungspunkte im Haus und Ausblicke ins Freie. In Querrichtung weiten sich die Flurflächen zu einem gut belichteten gemeinschaftlichen Essbereich und zwei Spielfluren auf. Entlang den Wandflächen sind Stauräume für Spiel‐ und Bastelmaterial je nach Altersstufe integriert, um situative und flexible Spiel‐ und Bewegungsmöglichkeiten anbieten zu können. Die Gruppenräume orientieren sich ins Freie, sind geschosshoch verglast und somit hell und lichtdurchflutet. Dies gilt auch für die flurseitigen Bereiche, die im Bereich der Spielfläche, im Essbereich und im Foyer durch Oberlichter zusätzlich natürlich belichtet werden. Durch den starken Bezug ins Freie erleben die Kindern den Wechsel von Wetter und Jahreszeiten. Durch großzügige Faltschiebefenster können die Gruppenräume geöffnet werden. Barrierefrei können die vorgelagerten Terrassen und das Außengelände in die Spielfläche eingebunden werden. Alle Räume und große Teile der Freianlage sind barrierefrei geplant. Im Inneren ergeben sich je nach Nutzung durch die Variation der Dachformen und ‐höhen abwechslungsreiche Raumerlebnisse. Die Gruppenräume erhalten zusätzlich blendfreies Licht über die Dachfenster. Diese unterschiedlichen Raumproportionen und die facettenreiche Wegeführung verleihen dem Kindergarten eine übersichtliche, kindgerechte Maßstäblichkeit.

Freiraum
Das Außengelände wird durch die Anlage neuer Wegeverbindungen gegliedert. Durch barrierefreie Fuß‐ (und Rad‐)wege entsteht eine neue Verzahnung zwischen Schulgelände, Freibad, Campingplatz und dem Kindergarten. So bilden sich verschiedene Bereiche heraus: Im Norden erhält das Freibadgelände einen neuen Abschluss, es entstehen zugeordnete Außenflächen für die Kindergartenkinder im Westen, Außenflächen für den U3 Bereich im Osten, sowie offen zugängliche, topographisch modellierte Flächen. Diese sind als multifunktionale Retentionsbereiche ausgebildet und enthalten auch Angebote für Spiel, Bewegung und Aufenthalt. Auch durch die Vor‐ und Rücksprünge des Baukörpers ergeben sich in der Freianlage Zonen unterschiedlicher Qualität mit Nischen die auch Rückzugsräume bilden. Gleichzeitig sind die beiden altersgestaffelten Freigelände für die Betreuenden gut einsehbar. An die Gruppenräume schließen Terrassen und Sandspielflächen an. Diese Bereiche können von den jeweiligen Gruppen bespielt und individuell gestaltet werden. Die Spielbereiche U3/AÜ verfügen darüber hinaus über großzügige altersspezifische und barrierefrei erreichbare Gemeinschaftsspiellandschaften. Diese fungieren als naturnahe Erlebnisfelder und sind unterschiedlich ausgestaltet mit modellierten Wiesenflächen und befestigten Bereichen. Sanfte Höhenmodulationen gliedern die Fläche, stärken die taktilen Fähigkeiten der Kinder und laden zum Bespielen und Erkunden ein. Darin eingebettet werden Spielmöglichkeiten, welche dem Alter entsprechend zum Klettern und informellem Spiel einladen. Befestigte Rundwege sind bewegungsfördernd angelegt und können mit unterschiedlichem Spielgerät genutzt werden. Darüber hinaus gibt es Bereiche mit essbaren Pflanzen. Es werden langlebige, freundliche und ortsangepasste Materialien verwendet.
Für die Verschattung des Geländes, sowie Einbindung in den Kontext werden großzügig Baumneupflanzungen vorgesehen. Es werden standortgerechte Gehölze, teilweise auch heimische Obstgehölze vorgeschlagen. Die Einfassung der Spielbereiche erfolgt durch einen Holzzaun im Süden, sowie heimische freiwachsende Hecken. Im Bereich des Haupteingangs werden 20 überdachte Fahrradstellplätze, sowie 6 + 2 barrierefreie PKW‐ Stellplätze vorgesehen.

Nachhaltigkeit
Bei der Entwicklung sollen alle Aspekte einer nachhaltigen, umweltschonenden Bauweise beachtet werden. Abstände und Verhältnis der Gebäude zueinander sorgen für ein gesundes Umfeld. Regenerative Energien (wie Solarenergie) können flächendeckend installiert werden. Ein System aus Dachbegrünung, Retentionsmulden, Versickerung und Rückhalt des Regenwassers fördert eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung und reguliert das Mikroklima. Den versiegelten Flächen für erforderliche Erschließungs‐ und Stellplätze werden eine großzügige Grünfläche mit vorhandenem Baumbestand gegenübergestellt.

Konstruktion, Material und Energie
Der Kindergartenbau selbst trägt in seiner Bauweise und den Einsatz ressourcenschonender und umweltfreundlicher Baustoffe modernen umwelttechnischen Erfordernissen Rechnung. Lediglich erdberührende Bauteile (Boden‐/Sockelplatte) werden aus Stahlbeton errichtet. Innenwände sind als Leichtbaukonstruktion mit schalltechnischer Wirkung vorgesehen. Die Außenwände bestehen aus hochgedämmtem Holzrahmenbau mit einer Fassadenverkleidung aus thermobehandeltem Holz. Die Deckenkonstruktionen ist im Inneren sichtbar. Zur Kostenreduktion und Terminsicherung wird ein hoher Grad an Vorfertigung angestrebt, was eine wirtschaftliche Umsetzung erwarten lässt. Durch reduzierten Materialeinsatz im Innern wird Raum für das bunte Leben der Kinder geschaffen. Lediglich die Böden sind mit farbigem Linoleum belegt. Zur Energieversorgung des Kindergartens wird eine effiziente und regenerative Energiequelle empfohlen (Nahwärme). Oberlichter versorgen innenliegende Gebäudeteile mit Tageslicht und dienen der Entlüftung. Alle Aufenthaltsräume sind natürlich über Fenster belüftet und können bei Bedarf zusätzlich durch eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung mechanisch be‐ und entlüftet werden. Die Überdachungen im Bereich der den Gruppenräumen vorgelagerten Terrassen dienen auch als sommerlicher Wärmeschutz, indem sie ungewollte Wärmeeinträge verhindern. Zusätzlich und zu Verdunklungszwecken ist ein außenliegender textiler Sonnenschutz vorgesehen. Der Öffnungsanteil der Fassaden ist auf die Bedürfnisse des sommerlichen Wärmeschutzes hin optimiert. Mittels Nachtluftspülung soll Verdunstungskühle des angrenzenden Freibereichs genutzt werden. Die extensive Dachbegrünung verhindert eine Überhitzung der Konstruktion, puffert Temperaturspitzen ab und wirkt sich positiv auf das Mikroklima aus. Die Dachflächen können optional solar genutzt werden. Zur Reduzierung des Frischwasserverbrauchs und des Abwasseraufkommens werden Vakuumtoilettenanlagen vorgeschlagen. Diese benötigen ca. 1/6 der Wassermenge normaler Toilettenanlagen und können mit auf dem Dach gesammeltem (Rest‐) Regenwasser betrieben werden. In seiner zurückhaltenden, angemessenen Architektursprache fügt sich der Neubau sehr gut in den Kontext ein. Im Inneren entsteht durch die Ausbildung der Hülle und Oberflächen eine geschützte und freundliche Atmosphäre.

Hochwasserschutz
Aufgrund der besonderen Lage im Überschwemmungsgebiet ist der Kindergarten auf + 1,00m über Gelände = 157,40 ü.NN geplant. Erdberührende Bauteile sind als Betonkonstruktion ausgeführt und dienen als schützender Sockel für den aufgehenden Holzbau. Über Rampen und Böschungen sind Eingänge, Spielbereiche und Austritte ins Freie barrierefrei erreichbar.

Erläuterungen vorbeugender Brandschutz
Die Anforderungen an die Feuerwiderstandsklasse der tragenden Bauteile sind mit der gewählten Konstruktion nachweisbar. Der notwendige Flur ist als Garderobenbereich konzipiert und kann daher nicht von Brandlasten freigehalten werden. Eine Abweichung von der Forderung nach Brandlastfreiheit ist möglich, weil alle Aufenthaltsräume für Kinder einen direkten, schwellenlosen Ausgang ins Freie besitzen. Lediglich der weitere Rettungsweg wird über den inneren Flur geführt.

Ausblick
Mit dem Neubau des Kindergartens wird der wichtige Baustein ‚Bildung und Betreuung‘ in Felsberg weiterentwickelt. Gleichzeitig verwandelt sich das Areal in einen Ort voller Überraschungen, der nicht nur die kindliche Neugierde fördert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Einfügung des Gebäudes in den Bestand ist gut gelungen. Durch die kleinteilige Gliederung des Baukörpers, entsteht ein dörfliches Gesamtbild. Die Verfasser nehmen die städtebauliche Struktur auf und runden diese mit dem geplanten Baukörper ab. Die Gebäudestruktur ist nahezu mittig auf dem Grundstück angeordnet und ist von der südlich verlaufenden Erschließungsstraße „Zur Reithalle“ barrierefrei über eine Rampen-/Treppenanlage erschlossen.

Die geforderten PKW-Stellplätze und das Fahrrad-Haus sind im Südosten des Grundstücks platziert.

Die vier Gruppenräume AÜ und der Mehrzweckraum sind nach Westen orientiert, die Gruppenräume U3, der Personalbereich und die Tagespflege sind nach Osten orientiert. In der Draufsicht und in der Ansicht zeichnen sich die Räume als mögliche Einzelhausstruktur da, die durch unterschiedlich geneigte Satteldächer ausgebildet sind. Die Schlafräume werden zusätzlich durch eine archetypische Form eines eingeschobenen Giebel in der Fassade abgebildet. Der horizontal gegliederte Grundriss suggeriert eine dörfliche Struktur als Einzelhäuser nach, diese Struktur ist eine ideale Lösung für eine offene Arbeit, hat jedoch den Nachteil, dass es eine personalintensive Betreuung der Kinder erfordert. Der Mehrzweckraum unterschreitet den Grenzabstand zur Verkehrsfläche bzw. müsste noch überprüft werden. Das Gebäude wurde um den notwendigen Meter gegenüber dem Ursprungsgelände angehoben die im Westen und Osten angeordneten Frei- und Spielbereich sind den Gruppenräumen von U3 und AÜ vorgelagert, durch eine Geländemodellierung mit Anbindung an die vorgelagerten Terrassen werden fließende Übergänge in den Außenraum geschaffen. Die Freiraumgestaltung ist ausgewogen für alle Altersgruppen mit Spiel- und Klettergeräte sowie Bewegungsräumen ausgestatte. Die räumliche Trennung von U3/AÜ erzeugt auch für den Freiraum eine hohe personelle Betreuung.

Die interessante archetektonische Grundidee und kleinteilige Gliederung stellt eine kindgerechte Lösung da, deren Umsetzung ein entsprechendes pädagogisches Konzept mit dem dazu gehörigen Personal voraussetzt.
Lageplan M1:500

Lageplan M1:500

Innenraumperspektive

Innenraumperspektive

Lageplan

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