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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2021

Aufwertung „Straßen in der Ortsmitte“ in Eitensheim

Skizze

Skizze

1. Preis / Zur Realisierung empfohlen

Preisgeld: 32.000 EUR

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

DAY & LIGHT LICHTPLANUNG

Lichtplanung

Erläuterungstext

Konzept

Die Ortsmitte von Eitensheim besitzt eine reizvolle wie stattlicher Gebäude. Selbst auf den ersten Blick irritierende Bauten, wie die alte Feuerwehr, die Viehwaage oder der alte Schulbäck vervollständigen auf den zweiten Blick den Reigen sympathisch-individueller Bauten. Das Verbindenden, das Mitte bildendende jedoch fehlt. Der leer geräumte und lediglich nach verkehrsplanerischen Aspekten dimensionierte öffentliche Raum ist dazu ungeeignet, ja, vielmehr unterstreicht er rein visuell einen Eindruck von spürbarer Tristesse und ausgeräumter Distanz.

Hier setzt das vorliegende Konzept an. Gemeinsame Mitte, das ist lesbare Wertigkeit, empathische Dichte und virulente Lebendigkeit. Augenmerk liegt so nicht auf dem Leben hinter den Fassaden, sondern auf dem Bereich, der für die meisten von uns das Bild einer Stadt erfahrbar werden lässt und prägt – dem öffentlichen Raum, der sich erfahrbar zwischen den Fassaden aufspannt.

Der Ansatz konzentriert sich dabei auf drei Schwerpunkte:
• Mehr Grün in die Ortsmitte – der leere Raum wird durch akzentuierende Setzung von Solitären in Teilräume gegliedert und die Übergänge Tor artig betont. Die Bäume entwickeln ein einladendes Licht- und Schattenspiel, fokussieren wichtige Blickbeziehungen (Kirche, Rathaus, Pfarrhaus) und unterstützen durch schwammartige, offenporige ausgelegte Baumquartiere den Klimaschutz
• Verbindender hochwertiger Stadtboden – Mitte wird durch einen lesbar hochwertigen und doch robusten Stadtboden verdeutlicht, der sich von Fassade zu Fassade erstreckt.
• Aktivierung von Gebäuden – Leer stehende Gebäude werden durch eine gemeinschaftliche Initiative mit neuen Nutzungen versehene und tragen so zu einer Belebung der gestalterisch aufgewerteten Mitte bei - beispielsweise Eiscafé, Dorfladen mit regionalen Produkten, ergänzender „Verkaufsautomat“ in der alten Viehwaage, Bücherhaus…..


Städtebauliche Ergänzungen

Die beiden angedachten städtebaulichen Ergänzungen entstehen im engen räumlichen und funktionalen Dialog mit den benachbarten Grundstücken, um so überhaupt nutzbare Fläche für eine adäquate bauliche Ergänzung entwickeln zu können. Beide Bauten sind zweigeschossig bieten im Erdgeschoss Flächen für nicht störendes Gewebe und im Obergeschoss Wohnraum.


Verkehr

Die erforderlichen Straßenbreiten und Begegnungsfälle bildeten das Grundgerüst für das Flächenlayout. Rinnen, Homburger Kanten und das Spiel mit der Topografie geben auch in den homogenen Flächen die nötige Orientierung. Stellplätze sind dezentral über den gesamten Bereich verteilt. Die Bushaltestelle mit den barrierefreien Kassler Borden ist dezent integriert. Wartebereiche haben Sitzbereiche. Die naheliegende „alte Feuerwehr“ wird zum einladenden Warte- und Verweilbereich mit ergänzender Eisdiele ausgebaut.


Stadtboden

Ein einheitliches Belagsprinzip erstreckt sich zukünftig in der zentralen Zone von Fassade zu Fassade. Rinnen gliedern die Fläche und geben die erforderliche Orientierung. Mit dem Kohlhofner Muschelkalk orientiert sich die Materialität in Struktur und Farbe an den lokalen Besonderheiten.
De Belag wird aus lediglich zwei Formaten als Kompositfischgrät optisch richtungslos verlegt. Für die befestigten Flächen werden die Belastungsklasse BK 1,8 nach RStO 2012 sowie eine ungebundene Bauweise zugrunde gelegt. Sollte eine höhere Belastungsklasse erforderlich werden – oder ein schlechterer Baugrund anzutreffen sein -, so könnte dies durch eine wasserdurchlässige Asphalttragschicht (Drainasphalt) bei gleicher Oberflächen-Optik erreicht werden.
Durch die ebenen wie griffigen Oberflächen, die geringen Schwellen bei Homburger Kante und Plattenrinne (unter 3 cm) sowie die Vermeidung von Stufen in der Hauptlaufrichtung ist die Barrierefreiheit gewährleistet.


Ausstattung

Das Leben, die freie Bespielung steht im Vordergrund, sodass die vorgesehene Ausstattung zurückhaltend, kompakt oder mobil verteilt vorgeschlagen wird. In regelmäßigen Abständen werden einfache Bänke mit Holzauflagen und Steinsockel akzentuierend in der. Raumfolge verortet. Unter der Baumgruppe am Kirchplatz befindet sich eine belebende Brunnenscheibe.
Im Zuge des Projektes sollen zudem die privaten Anlieger motiviert werden, Vorgärten mit Holzzaun und Staudenfülle zum öffentlichen Raum hinzuentwickeln. Spaliere mit Kletterrosen sollen das Fassadenspiel beleben und einen sympathischen floralen Aspekt in den öffentlichen Raum eintragen.


Lichtkonzept

In den Straßen werden dekorative schlichte Leuchten verteilt, um die Verkehrsflächen auszuleuchten und sich dabei der wesentlichen Gestaltung des Stadtraumes unterordnen. Rathaus, Pfarrhaus, Kirchenmauer, Kirche und Brunnen am Kirchplatz erhalten eine dezente Effektbeleuchtung.
Die Fassaden bleiben auch abends charaktergebende Raumbegrenzungsflächen des Platzes: Die charakterisierenden Altstadtleuchten sollen umgebaut und als Schlüssellicht erhalten werden: Sie werden mit einer deutlich wärmeren Lichtfarbe (2200 Kelvin) ausgestattet, blendfrei nach vorne abgeschirmt und hellen partiell die zum Teil farbigen Fassadenflächen auf.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt durch die klare Ausformulierung einer gut ablesbaren Ortsmitte für Eitensheim, die alle wichtigen Gebäude über eine einheitliche Gestaltung der Straßenräume zusammenführt. Geschickt wird hierbei eine Unterscheidung zwischen den heranführenden und zentral gelegenen Straßen getroffen. Der Belagswechsel unterstützt diese Herangehensweise und fördert die Wahrnehmbarkeit für alle Verkehrsteilnehmer. Im Besonderen kann die Umverlegung der Bahnhofstraße und die somit einhergehende Entschleunigung des Fahrverkehrs überzeugen. Auch werden die an dieser Stelle vorgeschlagenen städtebaulichen Ergänzungen begrüßt, da diese langfristig eine dem Urkataster entsprechende räumliche Reparatur ermöglichen. Auch der Vorschlag, diesen Bereich bis zur Gebäuderealisierung mit einem Obstgarten zu besetzten, wirkt im dörflichen Kontext sehr passend. Offen bleibt jedoch die Realisierbarkeit dieser Vorschläge, da diese zum Teil auf privatem Grund liegen. Der Grundidee folgend wird für die Ortsmitte konsequenterweise ein einheitlicher Belag für Fahrbahn und Seitenräume gewählt. Diese aus konzeptioneller Hinsicht nachvollziehbare Geste erweist sich jedoch bei genauerer Betrachtung als durchaus problematisch und für den vorgefundenen dörflichen Kontext als unangemessen und zu monoton. Auch wird das gewählte Material Muschelkalk mit gebrochener Oberfläche in Hinblick auf die Barrierefreiheit und Belastbarkeit (Frosthärte) als nicht geeignet erachtet. Insgesamt wird eine stärkere Gliederung der durchaus räumlich sehr unterschiedlichen Bereiche durch eine gezielte Materialdifferenzierung vermisst. Auch erscheint der Anteil der versiegelten Flächen überdimensioniert. Im Gegenzug fehlt es der Ortsmitte an raumhaltigem Grün, da eine Vielzahl der dargestellten Baumstandorte auf privatem Grund liegen.
Die Idee der durchgehenden begrünten und mit Holzzäunen gefassten Gebäudevorzonen ist ein reizvoller Beitrag und trägt wesentlich zur Steigerung des Ortsbildes dar Die markanten Linienführungen und die hierdurch entstehende Unterbrechung der Straßenverläufe werden begrüßt. Hinsichtlich der Funktion, insbesondere in Zusammenhang mit der Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern wird die Praktikabilität jedoch angezweifelt. Insbesondere entlang der beibehaltenen Kirchenmauer entsteht hier eine ungeklärte Fußgängerführung. Mit dem Gegenüber von Kirchhof und dem Kirchplatz werden richtige Akzente im Zentrum gesetzt. Der räumliche Ausdruck und die Präsenz der Kirche wird durch diese Anordnung sehr gut inszeniert. Diese können zusammen mit dem zukünftigen gastronomischen Angebot im ehemaligen Feuerwehrhaus durchaus zur gewünschten Stärkung und Belebung der Ortsmitte beitragen. Der wassergebundene Platzbelag wird hierbei in Funktionalität und Dauerhaftigkeit kontrovers diskutiert. Auch in diesem Bereich werden jedoch die westlichen Grundstücksgrenzen nicht beachtet, weshalb die dargestellte Parkierung so nicht möglich ist.Insgesamt stellt die Arbeit einen soliden Beitrag zur Umgestaltung der Ortsmitte von Eitensheim dar, der jedoch an manchen Stellen etwas die Feinfühligkeit im Umgang mit dem dörflichen Kontext vermissen lässt.
Lageplan

Lageplan