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Werkstattverfahren als nicht-offenes, einphasiges kooperatives städtebauliches Verfahren | 10/2021

KINDL KONGLOMERAT: Die Stadt Berlin im Bestand weiterbauen

Collage 1 | KINDL-Promenade

Collage 1 | KINDL-Promenade

Gewinner / Team 2

ff-Architekten Feldhusen Fleckenstein

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

häfner jiménez betcke jarosch landschaftsarchitektur gmbh

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Im Rahmen des städtebaulichen Werkstattverfahrens gilt es die mögliche Überbaubarkeit der ehemaligen VOLLGUT-Lagerhallen auszuloten. Dabei soll einerseits die behutsame Vervollständigung des KINDL-Konglomerats betrachtet, andererseits die komplexen baukonstruktiven Gegebenheiten berücksichtigt werden. Die Entwicklung eines differenzierten Nutzungsprogramms sollte - durch eine Angebotsvielfalt für den Kiez - das Potential bieten, die sozialräumliche Einbindung in das Umfeld des KINDL-Areals zu ermöglichen.

Grundlage der städtebaulichen Konzeption ist der Erhalt der Bestandskonstruktion der zurzeit als Kartbahn genutzten VOLLGUT-Lagerhalle. Neben den ökologischen Aspekten sehen wir in der Transformation der bestehenden Industriearchitektur die Chance, die Identität des Ortes zu erhalten und weiter zu schreiben. Wir erkennen die Halle als robustes Raumgerüst an und ergänzen es mit einem im besten Sinne verstandenen Pragmatismus. Wir sind überzeugt, dass den Dimensionen und der Rigidität des Tragwerks eine Offenheit innewohnt, in der sich eine Vielzahl von Nutzungen entfalten und so den Raum weiter diversifizieren können.

Die hohen Räume der Halle werden als kommunikative und nutzungsoffene Werkstatt-, Gewerbe- und Büroflächen qualifiziert, die sich zur Neckarstraße als großzügig geöffnete Fassade zeigt. Zur Seite des KINDL-Hofs werden hier auch die Räume der Interkulturellen Waldorfschule angeordnet, die ein Potential bieten, synergetisch mit der weiteren Nachbarschaft genutzt werden zu können: Bibliothek, Mensa, Aula und Werkstätten. Die Sporthallen formen zudem einen eigenständigen Bereich, um für verschiedene Nutzer*innen zugänglich zu werden. Die introvertierteren Bereiche der Schule, die ein höheres Maß an Schutz benötigen, werden hingegen in die Obergeschosse gelegt. Hierfür wird ein kompakter Holzbau auf die Bestandshalle gesetzt, der die Fassade zum KINDL-Hof akzentuiert. Auf dieser Ebene erfolgt der Anschluss an die Dachfläche, die als Schulhof und Stadtbalkon gestaltet wird.

Die weiteren, erdgeschossigen Flächen der Halle werden des Weiteren durch zwei lineare Werkhöfe belichtet und erschlossen. Um diese legt sich ein Nutzungsband, das im weiteren Prozess frei teilbar bleibt und sich dynamisch an die Zusammensetzung der Mieterschaft anpassen kann. Über diese Prozessvariabilität sehen wir sichergestellt, dass sich verschiedene Klientel mit verschiedenen Möglichkeiten schwellenlos in die KINDL-Hallen einmieten können. Je nach Bedarf sind hier verschiedene Baustandards und zusätzliche Zwischenebenen realisierbar, die gegebenenfalls auch im Selbstbau ausdetailliert werden können. Angestrebt wird eine Balance aus angemessenen Investitionskosten und resultierenden Mietkosten. Unabhängig von der Größe wird jede Mietfläche einzeln adressierbar und erhält das Potential als selbstständige Einheit an der Fassade sichtbar zu werden sowie sich auf die umliegenden Freiräume zu projizieren.

Zusammengebunden werden alle Bereiche über einen seitlich verlaufenden Freiraum - der KINDL-Promenade. In diesem Bereich wird das Hallentragwerk entkleidet und zum Außenraum umgewidmet. Wir sehen in diesem Raum eine lebhafte Frequentierung, in welchem sich die Nutzer*innen des Konglomerats in ihrem Alltag bewegen und begegnen. Die Flächen unter den Trägern lassen sich zudem von den angrenzenden Nutzungen bespielen und mehrfach nutzen. Die singulären Gebäude des Konglomerats werden so strukturell verbunden und können so in diesem charakteristischen Raum kulminieren.

Dabei erscheint es uns unverzichtbar, Verbindungen in den erweiterten städtischen und sozialräumlichen Kontext Neuköllns herzustellen und Möglichkeitsräume mit Aneignungspotential zu schaffen, damit sich das KINDL-Areal mit seinen Nutzungen in diesem komplexen Kontext verwebt. Die Poesie des Projektes liegt in den Erzählungen vergangener wie zukünftiger Ereignisse, die sich auf das Vorgefundene sowie auf das Neue projizieren lassen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Kommentar Team 2 | KINDL-Hallen

ff-Architekten mit häfner jimenez betcke jarosch Landschaftsarchitektur

Unter der Prämisse „Charme des Rationalen“ illustriert der Entwurfsansatz das besondere Potential, das mit dem Erhalt der Hallenkonstruktion verbunden ist. Der Entwurf „Kindlhallen“ schlägt vor, das bestehende Stahltragwerk statisch zu ertüchtigen. Die Gebäudehülle aus Fassade und Dach erhält durch Einschnitte und Öffnungen Außenbezüge, wodurch eine Abfolge aus unterschiedlichen Räumen erschlossen und belichtet wird.

Auf der Hofebenen entsteht mit der „Kindlpromenade“ ein lang gestreckter Freiraum, der parallel zur Rollbergstraße eine Reihe an „Werkhöfen“ erschließt. Die klar gegliederten Freiräume bieten eine gute Orientierung und neue Zugangsmöglichkeiten für verschiedene Nutzer*innengruppen. Über die Werkhöfe erhalten alle gewerblich genutzten Flächen einen ebenerdigen Zugang und damit eine gut erkennbare Adresse. Exemplarisch nachgewiesen werden unterschiedlich zugeschnitte Gewerbeeinheiten, die sich an unterschiedliche Nutzer*innengruppen richten.

Der Kindl-Hof wird durch einen Schulbau flankiert, für den das Hallentragwerk um zwei Geschosse aufgestockt wird. Der Schulhof befindet sich auf dem Dach – wie auch weitere Flächen für Spiel und Sport sowie ein öffentlich zugänglicher „Stadtbalkon“. Von hier aus lässt sich die Neuköllner Stadtsilhouette erleben. Die großzügig bemessenen Dachflächen stehen tagsüber Schüler*innen zur Verfügung. Nachmittags ist ein Teilbereich auch für die Stadtöffentlichkeit nutzbar.

Das Obergutachter*innengremium lobt vor allem den behutsamen Umgang mit dem Areal und seinen materiellen Ressourcen. Die Neubau-Konzeption knüpft dazu an die industrielle Geschichte des Orts an. Grundrisse und Schnitt zeugen zudem von einer hohen Nutzungsflexibilität, die eine wirtschaftliche Entwicklung des Projekts erwarten lassen. Auch die Dreidimensionalität der erlebbaren Freiräume und deren vorgeschlagene Zuordnung zu einzelnen Funktionsbereichen überzeugten das Gremium. Der Entwurf wird mit großer Mehrheit als Grundlage des Konglomeratsplans empfohlen.
Collage 2 | KINDL-Hallen

Collage 2 | KINDL-Hallen

Collage 3 | Dachlandschaft

Collage 3 | Dachlandschaft

Modellfoto 01

Modellfoto 01

Dachaufsicht

Dachaufsicht

Modellfoto 02

Modellfoto 02

Modellfoto 03

Modellfoto 03

Abgabeplan 01

Abgabeplan 01

Abgabeplan 02

Abgabeplan 02

Abgabeplan 03

Abgabeplan 03

Abgabeplan 04

Abgabeplan 04

Abgabeplan 05

Abgabeplan 05

Abgabeplan 06

Abgabeplan 06