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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2021

Neubau Bürger- und Familienhaus, Café und Bankfiliale in Memmingen-Ost

Anerkennung

Preisgeld: 5.500 EUR

Beer Bembé Dellinger Architekten und Stadtplaner

Architektur

BEM : Burkhardt | Engelmayer | Mendel Landschaftsarchitekten Stadtplaner Partnerschaft mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Für die Bürgerinnen und Bürger des Ostteils der Stadt Memmingen soll prominent an der Stadteinfahrt ein neues Bürger- und Familienzentrum entstehen. Auch ein Café und eine Bankfiliale soll hier seinen Platz finden.
Drei Baukörper, im Rhythmus der egenüberliegenden Wohnzeilen gesetzt, bilden das neue Ensemble. Dreieckige Plätze zum Bayernring nehmen Bezug zum Gegenüber und bilden die neuen Adressen. Im Süden für das Jugendzentrum, in der Mitte für das Bürger- und Familienzentrum und im Norden für das Café und die Bankfiliale. Die großzügigen und einladenden Eingangsbereiche sind so leicht zu finden unabhängig zu nutzen.
Die Baukörper schützen die westlichen Freibereiche vor Schall und schaffen durch ihre gezackte Anordnung eine Gliederung der Funktionsbereiche.
Trotz innerorganisatorisch getrennter Einrichtungen entsteht durch ein enges Wegenetz und räumlicher Verknüpfung die Möglichkeit zur Kooperation und zum interkulturellen Austausch.
Breite und kommunikative Sitztreppen mit großzügigen Lufträumen verbinden die Geschosse und schaffen Möglichkeiten der Kommunikation. Einrichtungsübergreifende Veranstaltungen und räumliche Synergieeffekte sind somit problemlos möglich.
Mit dem Auto erreicht man das Grundstück von Nord-Westen. Hier befinden sich die offenen und gedeckten Besucherparkplätze und von hier aus gelangt man auf kurzem Wege zum Café. Auch die Tiefgarage mit den restlichen Stellplätzen befährt man von hier aus.
Die nutzbaren Freianlagen befinden sich aufgrund der hohen Verkehrsbelastung auf der von der Straße abgewandten Seite des Gebäudes. Über verschiedene Wegeverbindungen, durch und entlang des Gebäudes, gelangt man von der Straße in den geschützten „Innenhof“. Dort befinden sich, angegliedert an einen länglichen Platz, die Freibereiche von Café und Bürgersaal. Dieser neue Quartiersplatz dient zukünftig als Treffpunkt für die ganze Nachbarschaft. Durch eine einheitliche Materialität der Beläge entsteht zudem eine attraktive und durchgehende Verbindung in die bestehende Nachbarschaft Richtung Revalweg.
Ebenfalls im Innenhof verortet sind die Freianlagen von Kindergarten und Kindertagesstätte, welche durch die angrenzenden Gebäude einen geschützten Charakter erhalten. Diese gehen fließend, nur durch einen dezenten Holzzaun abgetrennt, in den parkartig gestalteten Spielplatz über. Die wertvollen Bestandsbäume werden durchgehend erhalten und durch gezielte Neupflanzungen in einen kleinen Hain verwandelt. So entsteht eine großzügige Grünanlage mit unterschiedlichsten Atmosphären und Aufenthaltsräumen, welche durch eine landschaftliche und zurückhaltende Wegeführung durchlässig und erlebbar gemacht wird.
Die Vorplätze entlang des Bayernrings werden durch Retentions- und Ausgleichsflächen mit verschiedenen extensiven Vegetationsgesellschaften, von frisch bis wechselfeucht, ergänzt. So kann ein positiver und wertvoller Beitrag sowohl zur Klimaanpassung als auch zur Artenvielfalt geleistet werden. Zudem hebt sich die Vegetation des wechselfeuchten Standorts der Retentionsmulden ab und stellt so für ankommende Besucher einen attraktiven Vordergrund dar und bildet einen Kontrast zur Architektur. An diesen Auftaktplätzen befinden sich ebenfalls dezentral verortet die Fahrradstellplätze um möglichst kurze Wege zu gewährleisten.
Das Gebäude wird als zweigeschossiger Holzbau konstruiert. Ein durchgängiges Konstruktionsraster mit kleinen bis mäßigen Spannweiten erlaubt eine wirtschaftliche Bauweise in einfachen Massivholzplatten. Fortführend mit Außenwänden in Holzständerbauweise, die auch zum sommerlichen Wärmeschutz mit Cellulose ausgedämmt werden und einem Dachaufbau als Warmdach mit Bitumendichtung und extensiver Begrünung zur Retention bzw. Bekiesung mit PV-Anlagen.
Alle Gebäude und Nebengebäude sind mit Gründächern versehen. Zudem ist bei den Nebengebäuden eine Eingrünung mit Kletterpflanzen vorgesehen, wodurch diese einen attraktiven Hintergrund für die Nutzer des Areals darstellen und zudem einen positiven Effekt auf deren Wohlbefinden ausübt. Die vorgeschlagene Konstruktion ist somit nachhaltig und umweltschonend. Zur Beheizung wird eine zentrale Holzpelletheizung
vorgeschlagen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Anordnung der drei schlicht gehaltenen, miteinander verbundenen Baukörper erzeugt angemessene, den Anforderungen entsprechende Freiräume. Auf Grund der durchgehenden Zweigeschossigkeit ist die gewünschte deutliche Präsenz und Akzentsetzung im Straßenraum insbesondere am Kreisverkehr nicht gegeben. Auch die geometrische Ausrichtung am Parkhaus ist in diesem Zusammenhang nicht hilfreich. Die durchgehend zweigeschossigen Baukörper erzeugen für die Kinderspielbereiche vom Verkehrslärm abgeschirmte, ruhigere und qualitätvolle Freiräume im Westen. Die Verknüpfung der öffentlichen Spielflächen mit der alternativen Durchwegung entlang der südwestlichen Grundstücksgrenze ist sehr gelungen und bietet eine gute fußläufige Vernetzung und Erreichbarkeit mit und aus dem Quartier. Der damit einhergehende Erhalt des Baumbestandes kann auch einen, wenn auch überwiegend psychologischen, Beitrag zur Abschirmung der Nachbarschaft leisten. Die angemessenen Vorbereiche unterstützen die Adressierung der einzelnen Zugänge am Bayernring mit eingangsnahen Fahrradstellplätzen und Aufenthaltsangeboten. Die ökologische Ausrichtung der Vegetation und Regenwasserretention ist hier sinnvoll angeordnet. Dass der direkte Weg vom Fußgängerübergang zwischen Kalker Feld und Quartiersplatz von einer Retentionsmulde abgeschnitten wird, ist unverständlich und vergibt die Chance, die Wahrnehmung der öffentlichen Einrichtungen am Verkehrsknotenpunkt zu erhöhen. Der Quartiersplatz ist mehr Durchgangsraum und kann sein Potential nicht ausspielen. Auch die Anordnung der Freisitzbereiche des Cafés unter der Hochspannungsleitung, direkt am Parkplatz, der durchaus etwas mehr Schattenbäume vertragen könnte, wird hinsichtlich der Akzeptanz bei den Besuchern kritisch gesehen. Die kompakte Anordnung der Stellplätze lässt perspektivisch bei Veränderungen im Mobilitätsverhalten eine bauliche Weiterentwicklung der Fläche zu, hat aber zur Folge, dass etwas weitere Fußwege insbesondere zur Kita entstehen. Die Verteilung der Nutzung in die drei Häuser ist grundsätzlich sehr gut gelungen. Vom Café könnte eine stärkere Aktivierung des Quartiersplatzes ausgehen. Gleichzeitig wäre eine bessere Auffindbarkeit vom Straßenraum aus wünschenswert. Bürgerzentrum, Kita und Jugendzentrum sind funktional und in der räumlichen Qualität gut gelöst, auch wenn eine stärkere Verknüpfung der Eingangssituationen von Bürgerzentrum und Kita zu einem gemeinsamen Haus vermisst wird. Im Detail geben Raumzuordnungen wie beispielsweise Thekenbereich und Lager im Bürgerzentrum oder lange Wege vom Krippenfreibereiche zu Toilettenanlagen Anlass zu Kritik. Auch sind einige Brandschutzthemen für alle Baukörper noch nicht zufriedenstellend gelöst. Der getrennte und dennoch wertige Eingang zum Jugendzentrum und der eigene, durch den Baukörper zur direkten Nachbarschaft abgeschirmte Freibereich am Dach helfen mit, Nutzungskonflikte und negative Befindlichkeiten zu vermeiden. Der Holzbau mit seinem durchgängigen Raster und die insgesamt sehr kompakte Bauweise lassen Wirtschaftlichkeit in Errichtung und Betrieb erwarten. Auch hinsichtlich Nachhaltigkeit und Energieeffizienz zeugt der Beitrag daher von einem hohen planerischen Anspruch. Die Fassade weist eine hohe Qualität in der Durcharbeitung und Erscheinung auf. Insgesamt haben die Autor*innen einen guten, unaufgeregten Lösungsvorschlag unterbreitet, der einen wertvollen und tragfähigen Beitrag für das Quartier und für die Aufgabenstellung leisten kann. Vermisst wird jedoch die städtebauliche Präsenz.