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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2021

Umgestaltung Alter Markt und Umfeld der Stadtkirche in Gudensberg

2. Preis

Preisgeld: 7.975 EUR

TGP Landschaftsarchitekten Trüper Gondesen und Partner mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der Dreiklang aus Obernburg, Stadtkirche und Marktplatz

Dem Burgplateau und Plateau der Stadtkirche folgt eine ebene Intarsie auf dem Marktplatz

In der historischen Altstadt von Gudensberg bilden der Marktplatz und die Stadtkirche den Mittelpunkt eines kleinteiligen Gefüges aus Straßen und Gassen. Der alte Markt und die erhöhte Stadtkirche liegen zu Füßen des Schlossbergs mit der weithin sichtbaren Obernburg. Dieser Dreiklang aus Burg, Stadtkirche und Markt spiegelt die jahrhundertelange Stadtgeschichte Gudensbergs wider und ist bis heute prägend für das Stadtbild. Bis heute thront die Burgruine auf dem 300m hohen Schlossberg, in dessen Schutz man die ersten Wohnhäuser, die Stadtkirche und den Marktplatz gebaut hat. Dieses Ensemble ist heute durch bauliche Ergänzungen, neuerliche Straßen- und Platzgestaltungen sowie Baumaufwuchs nicht mehr im Stadt- und Landschaftsraum erkennbar.

Eine Neugestaltung soll den Dreiklang von Burg, Stadtkirche und Marktplatz herausarbeiten und insbesondere den Marktplatz und die Kirche wieder zum zentralen und erlebbaren Kristallisationspunkt der Gudensberger Altstadt werden lassen.

In die landschaftstypische steile Topographie des Schlossbergs sind für die Obernburg und die Stadtkirche zwei ebene Plateaus eingefügt. Darauf scheinen die beiden Bauwerke zu thronen. Der Markplatz dagegen ist von der starken Topographie geprägt und bietet keine ebene im Stadtraum ruhende Platzfläche mit einer entsprechenden Aufenthaltsqualität und Nutzbarkeit.

Der Entwurf folgt dementsprechend dem Vorbild des Burg- und Kirchplateaus und fügt in den Marktplatz eine mittige ebene Platzintarsie ein.

Nachdem alle Straßen und Gassen der historischen Altstadt auf den Marktplatz führen, bildet hier die innere ruhende Platzfläche den Ort des Ankommens und des Aufenthalts und steht im direkten Dialog mit dem freien Kirchenplateau. Mit der Entnahme vorhandener Bäume werden die Stadtkirche und Platzmitte freigestellt und es entsteht eine Bühne für die rahmenden denkmalgeschützten Fachwerkhäuser.

Das Kirchenplateau und das Platzplateau werden in eine einheitliche Pflasterung gelegt, so dass ein städtischer Gesamtraum aus Marktplatz und Kirche entsteht.

An diesen verbindenden Platzraum schließen die Straßen und Gassen der historischen Altstadt an. Der Besucher erlebt das Ensemble aus Markt und Stadtkirche als einheitlich gestalteten Stadtraum und identifiziert hier den historischen Kern der Stadt Gudensberg.

Ein einheitlicher Pflasterteppich aus sandfarbenem bis hellgrauem Granit-Kleinsteinpflaster in der Passé verlegt, umfasst und verbindet Marktplatz und Stadtkirche. Eingefügt in diesen Pflasterteppich sind das Kirchplateau und das innere Platzplateau des Marktes.

Der neue Marktplatz
Der Marktplatz mit großen Gefälleneigungen ist heute dicht mit Bäumen bestanden. Ein einheitlicher Kontext zwischen historischer Fachwerkbebauung und Marktplatz ist zurzeit nicht mehr erlebbar. Mit dem Entwurf wird diese Erlebbarkeit wiederhergestellt. Mit der Entnahme des Platanenhains an der Stelle des ehemaligen Alten Rathauses entsteht eine freie Platzfläche, die den Blick auf die rahmenden Bürgerhäuser als denkmalgeschützte Fachwerkbauten und die Stadtkirche freigibt. Mit dem Verzicht auf die Linde am Fuße der großen Kirchtreppe wird der Kirchturm in Gänze freigestellt und vom Marktplatz sowie aus den ankommenden Gassen und Straßen wieder weithin sichtbar.

Das historische Fassadenbild und die Stadtkirche St. Margarethen werden im Stadtraum freigestellt und bilden mit dem baumbestandenen Schlossberg eine eindrucksvolle Kulisse.

Mit der Entnahme der Platanen kann eine ebene Platzfläche geschaffen werden. Der Entwurf legt in die steile Topographie ein mittiges ebenes Plateau als zentrale Aufenthaltsfläche und Veranstaltungsort. Die Höhen werden zur Stadtkirche wie zur Altstadt von dossierten Natursteinmauern abgefangen. Der Höhenverlauf zur Marktstraße wird über ein Rund aus Schleppstufen vermittelt. Während die Mauern das Plateau im Westen nach Norden und Süden fassen, öffnet sich die Platzmitte zur Stadtkirche, Marktstraße sowie zur Hunds- und Braugasse. Die heutige Fahrverbindung von der Braugasse auf den Marktplatz wird zugunsten einer großen ebenen Platzfläche aufgegeben. Die historische Wegeverbindung aus der Unterstadt zur Stadtkirche wird an dieser Stelle durch einen Treppenaufgang betont. Darüber hinaus werden die heute vorhandenen Verkehrsbeziehungen aufrechterhalten. Das Anwohnerparken ist auch zukünftig ohne bauliche Kennzeichnung möglich. Die Rettungs- und Anlieferverkehre können auch mit der Neuordnung des Marktplatzes problemlos stattfinden.

Die Platzmitte ist gegenüber den engen Gassen und Straßen der Altstadt als stadträumliches Konträr offen und frei gehalten.

Vor den platzfassenden Natursteinmauern aus graugelben Sandsteinen stehen lange Sitzbänke als Ort der Begegnung. Die Bänke mit Holzauflagen und Natursteinsockeln bieten Blick auf die malerische Kulisse der Altstadt und Stadtkirche mit dem Schlossberg im Hintergrund. Gleichzeitig flankieren die Bänke ein zentrales Wasserspiel als Fixpunkt des Platzes.

In die Pflasterung der Platzfläche ist eine bodenebene Brunnenanlage mit großen und kleinen Wasserfontänen im Wechsel eingefügt. Die kreisrunde 5m große Bronzeintarsie ist überfahrbar, so dass der Raum bei Veranstaltungen oder in den Wintermonaten für Veranstaltungen genutzt werden kann.
Eine Lochung in den Bronzeplatten lässt die Brunnenfläche leicht und mit der Illumination in den Abendstunden nahezu schwebend erscheinen. Gleichzeitig nimmt die Lochung das Wasser der Fontänen auf und führt es in den Kreislauf der Brunnenanlage zurück. Mit interaktiven Stopp- und Aktivierungsfeldern lassen sich immer neue Wasserbilder kreieren, so dass für die Kinder in den warmen Sommermonaten ein aufregender Spielbereich entsteht. In den Abendstunden sind Bronzeplatte und Wasserfontänen illuminiert und bilden einen stimmungsvollen Akzent im Stadtraum.
Der Entwurf sieht ein ganzheitliches Lichtkonzept vor. Die historischen Fassaden werden ausgeleuchtet und rahmen den Platz stimmungsvoll, während die illuminierte Stadtkirche über dem Marktplatz zu thronen scheint. Die Ausleuchtung des Marktplatzes erfolgt über stringent an den Platzrändern angeordnete Mastleuchten. Die Platzmitte selber erfährt über die Illumination der inneren Maueransichten und des Wasserspiels die notwendige Helligkeit in den Abendstunden.

Nach neuerlichen von Wandel und Zeitgeist geprägten Platzgestaltungen soll mit dem vorliegenden Entwurf eine Lösung gefunden werden, die die Geschichte des Ortes aufgreift, die denkmalgeschützte Bebauung zur Geltung bringt und einen vielfältig nutzbaren und lebendigen Stadtplatz kreiert.

Die Neugestaltung des Marktplatzes folgt dem berechtigten Wunsch nach einer hohen Aufenthaltsqualität und einer Funktionalität, die Märkte, Veranstaltungen und Feste als Ausdruck eines attraktiven und lebendigen Stadtlebens ermöglicht. Mit dem ebenen Platzplateau sind die Belange des Wochen- und Weihnachtsmarkts, der Stadtfeste und von Theaterveranstaltungen berücksichtigt.

Ein verbindendes Pflasterbild für die Altstadt von Gudensberg
Der Entwurf stellt einen einfachen Materialkanon für die Straßen und Plätze der Altstadt auf. Eine einheitliche Pflasterung aus grauem und sandfarbenem Granit-Kleinpflaster bildet für alle Gassen, Straßen und Plätze einen homogenen Teppich. Über Steinformate und Pflasterverbände werden die unterschiedlichen Straßen- und Platzräume herausgearbeitet. Die Straßenräume sind nach dem klassischen europäischen Straßenprofil aufgebaut, während die Platzfläche und das Umfeld der Stadtkirche in einen homogenen Kleinpflaster-Verband aus Steinformaten 9-11cm in der Passé ausgepflastert sind. In diesen Pflasterteppich fügen sich Entwässerungsrinnen aus 30cm breiten Muldensteinen ein, die die Platzkanten und Fahrbewegungen gleichermaßen nachzeichnen. Zu den Gebäuden hin schließen die Straßen- und Platzräume mit einer gleichfarbigen Traufe aus Granit-Mosaikpflaster ab.

Eine einheitliche und fein differenzierte Pflasterung führt die historischen Gebäude und städtischen Freiräume wieder zu einem erlebbaren Gesamtbild zusammen.

Das Plateau der Stadtkirche
Das erhöhte Plateau der Stadtkirche St. Margarethen wird als einheitlich gestalteter Kirchhof aufgefasst. Dem Dreiklang aus Obernburg, Stadtkirche und Marktplatz folgend, sieht der Entwurf eine Abstufung von weich und grün zu hart und steinern vor. Auf das grüne Plateau der Obernburg folgt ein Kirchhof mit Rasenfugenpflaster aus Naturstein. Der Kirchhof ist mit der durchgängigen grünen Pflasterung auch ein vielseitig nutzbarer Aufenthalts- und Veranstaltungsraum. Die Lauf- und Aufenthaltsräume werden sich mit den Jahren im Pflaster abzeichnen und mit den unterschiedlichen Nutzungen auch wandeln. Es entsteht ein lebendiger Ort, der das Stadt- und Gemeindeleben aufnimmt und widerspiegelt. Die Nordseite des Kirchengrundstücks wird von einer schattenverträglichen Stauden- und Gräserpflanzung aus Arten wie Geißbart, Farnen, Perlgrass und Schattensegge gefasst. Narzissen, Glockenblumen und Herbstanemonen bilden die Blühaspekte in der Pflanzung.

Das Kirchplateau wird als Pendant zum freigehaltenen Marktplatz aufgefasst.
In der einheitlich gestalteten Fläche aus Granit-Kleinsteinpflaster mit Rasenfuge sind die drei Eingangsbereiche der Kirche hervorgehoben und mit Sitzbänken akzentuiert. Weitere Sitzbänke sind an der Kirchenmauer mit Blick auf die Altstadt und den Marktplatz angeordnet. Der ehemalige Aufgang vom Kirchhof zur St. Crucis-Kapelle wird durch eine Treppenergänzung wiederhergestellt. Der Entwurf sucht hier die räumliche und funktionelle Beziehung zwischen Kirche und Kapelle. Veranstaltungen können zukünftig raumübergreifend stattfinden.
Das historische Ensemble aus Fachwerkhäusern und Stadtkirche wird mit der Neugestaltung zum Identifikationspunkt und zur Visitenkarte der Stadt Gudensberg. Gleichzeitig bilden die offenen und großzügigen Platzflächen von Markt und Stadtkirche wieder den Kristallisationspunkt des Stadtlebens. Es können wieder der Wochenmarkt und die jährlichen Oster- und Weihnachtsmärkte sowie Theaterveranstaltungen stattfinden, die mit dem Hintergrund der historischen Stadtkulisse zu unvergleichlichen Erlebnissen werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser:innen schaffen in Ergänzung zur Obernburg und zur Stadtkirche auf dem Marktplatz ein drittes Plateau. Mit der Einfügung einer nahezu ebenen Fläche entsteht eine klare Zonierung in Be-wegungsraum und Aufenthaltsraum. Das Plateau wird in Lage und Höhe mittig in die bestehende To-pografie des Platzraums eingeschoben. Es wird nach Norden und Süden mit Mauern, nach Westen mit einer Stufenanlage baulich gefasst, an die Marktstraße und Pfarrgasse gelingt eine höhengleiche Anbindung.
Es entsteht eine große freie Fläche, die sehr gut für Veranstaltungen und Markt nutzbar ist. Vorhandene Wegebeziehungen von der Fußgängerzone in Richtung Stadtkirche und Burg über den Markt-platz wurden berücksichtigt. Die Blickbeziehungen zur Kirche und auf die giebelständigen Fachwerkfassaden werden sehr gut unterstützt.
Besonders überzeugend wertet das Preisgericht die Zonierung in die Straßenbereiche, die für Parken zur Verfügung stehen und die davon vollkommen frei gehaltene Fläche auf dem Plateau. Allerdings bleibt dabei die Frage unbeantwortet, wie das Freihalten der Platzfläche von Parkierung durchgesetzt werden kann.
Als Aufenthaltsbereiche werden lange Sitzbänke entlang der Ränder des Plateaus sowie im Kirchgarten angeboten. Zusammen mit dem bespielbaren Element des bodenbündig eingelassenen Brunnens entstehen hier qualitätsvolle Orte, die dem Marktplatz eine zukunftsfähige Aufwertung verleihen.
Die gewählte Materialität aus Kleinpflaster im Passeverband, Stufen aus Granit sowie Schwerlast-mauern aus Sandstein mit abfallender und aufsteigender Mauerkrone ist angemessen gewählt, gut gestaltet und gekonnt detailliert.
Das Kirchenumfeld wird als einheitlich gestalteter Raum mit einer durchgängigen Pflasterfläche konzipiert. Als Oberflächenbelag werden Rasenfugen genannt, dadurch entsteht trotz der im Lageplan grün anmutenden Darstellung im Zusammenspiel mit dem Marktplatz ein sehr großer befestigter Raum, der im Preisgericht kontrovers diskutiert wird. Die Anforderung eines barrierefreien Zugangs zur Kirche sowie die Treppenanlage bei der St. Crucis Kapelle wurden nicht bearbeitet.
Sehr kritisch gesehen wird der Entfall der sechs Platanen, sowohl hinsichtlich der Haltung, alten bestehenden Baumbestand zu entfernen als auch hinsichtlich des sehr stark befestigten und weitgehend von Grün freiem Gesamteindrucks des Entwurfs und der damit verbundenen zu erwartenden Aufheizung der Platzfläche im Sommer.
Die vorgeschlagenen Mauern sind deutlich höher als im Bestand und werden in Teilbereichen als zu massiv empfunden. Insgesamt leistet die Arbeit durch eine sehr klare und konsequente Gestaltsprache, gelungene Zonierung und Höhengestaltung sowie insbesondere durch die neuen Aufenthaltsangebote auf dem Platz einen sehr überzeugenden Beitrag.