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Mehrfachbeauftragung | 10/2021

Umgestaltung Marktplatz in Soest

Teilnahme

wbp Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Innenstadt von Soest ist geprägt von einer mittelalterlichen Stadtstruktur. Im Stadtgefüge sind die historischen Spuren auch heute noch gut ablesbar. Den Stadtkern umgibt eine Grüne Wallanlage, die in den letzten Jahren nach der Aufstellung eines Wallentwicklungskonzeptes etappenweise aufgewertet wird. Im Zentrum der Altstadt steht das Ensemble aus mittelalterlichen Kirchen mit den ortstypischen grünen Sandsteinmauern. Zusammen mit den umliegenden Fachwerkzeilen bilden sie den ottonischen Stadtkern.
Ein weiteres Merkmal Soests ist der Loerbach, der das Stadtgebiet in Nord-Süd Richtung durchfließt.
Ein Gutachten hat gezeigt, dass vor allem im Zentrum in den Sommermonaten zu einer starken Hitzeentwicklung kommt. Deshalb gilt es in Zukunft vor allem in der Freiraumplanung darauf zu achten ausreichend Strukturen zu schaffen, die dieser Entwicklung entgegenwirken können.
Zum einen sollte deshalb großräumig auf Grünverbindungen geachtet werden. Eine Möglichkeit wäre, ergänzend zum Grünen Wall eine Grüne Achse vom Bergenthalpark Richtung Osten zu etablieren, die vorhandene Grün- und Freiflächen miteinander vernetzt und so das Klima im Stadtraum positiv beeinflussen kann. Eine weitere Aufgabe der nächsten Jahre sollte die Freilegung des Bachs sein. Stellenweise ist dies schon passiert, sollte aber weiter ergänzt werden.
Der Marktplatz liegt nahe der Schnittstelle dieser beiden Freiraumstrukturen und grenzt an den ottonischen Kern. Der Blick auf die historische Entwicklung dieses Ortes zeigt, dass er sich im Laufe der Jahre von einer Handelsstraße über Marktgassen zum heutigen Platz mit zahlreichen gastronomischen Angeboten entwickelt hat. Er hat sich also funktionell und räumlich verändert.
Noch heute lässt sich ablesen, dass es sich um einen erweiterten Straßenraum handelt, der ein Baustein in einer Abfolge aus Straßen und kleinen Platzaufweitungen ist, die sich um den ottonischen Kern legen.
Deshalb ist es wichtig auch in der Gestaltung diese Kontinuität von Raumabfolgen ablesbar zu machen. Der Marktplatz übernimmt dabei eine andere Rolle, als der Theodor Heuss Park oder der Garten am Dom. Während hier der Grünanteil im Vordergrund steht, wird der Marktplatz, gekreuzt von der Fußgängerzone, einen stärker städtischen Charakter behalten. Die gute Stube, kulinarischen Oase, der multifunktionale Platz, der sich im Laufe des Jahres verändert und vielfältigen Nutzungsansprüchen gerecht werden muss.
Trotzdem wäre es wünschenswert, die Aufenthaltsqualität, auch durch ein verbesserstes Mikroklima auf dem Platz zu erhöhen. Deshalb setzt das Konzept auf zusätzliche Baumpflanzungen. Jeweils an den Eingangssituationen werden kleine Gruppen von Bäumen gepflanzt.
Im Bereich des ehemaligen Stallgadums entsteht eine Multifunktionsband, das ebenfalls mit locker gestreuten Bäumen überstellt ist. Hier findet sowohl die Außengastronomie wieder ihren Raum als auch flexible Bänke, die zum konsumfreien Aufenthalt auf dem Markplatz einladen. Durch die versetzte Anordnung ergeben sich auch gegenüberliegende Sitzplätze, die zum Austausch einladen. Während der Kirmes oder des Weihnachtsmarktes können sie versetzt werden und an anderer Stelle kleine Sitzgruppen formen.

Vor dem Band Richtung Platz wird ein breites bodengleiches Wasserfeld zur Attraktion. Dieses kann je nach Bespielung des Platzes seinen Aggregatszustand verändern und sich anpassen. Im Hochsommer sorgt es mit Fontänen für Abkühlung und Spaß, während der Kirmes oder dem Weihnachtsmarkt kann es abgestellt und überfahren werden.
Das Thema Wasser findet sich wie die Bäume auch in den Eingangsbereichen in Form von Trinkbrunnen wieder.

Ein weiteres Thema, dessen Bedeutung für die Planung vor allem auch in den Bürgerbeteiligungen deutlich geworden ist, ist die Barrierefreiheit. Um die Querung des Platzes auch für Menschen mit Behinderung uneingeschränkt zu ermöglichen, verläuft ein breites taktiles Band von der Marktstraße zur Fußgängerzone mittig über den Platz und schließt hier an das vorhandene taktile Leitsystem an.
Der Platz selber ist z.B. mit einem Luserner Gneis gepflastert, der eine ebene Oberfläche hat und durch die gebundene Bauweise gut befahr- und begehbar macht.
Sein natürliches Farbenspiel, passt sich gut an das vorhandene Pflaster der Rathausstraße an, nimmt aber auch Bezug zum charakteristischen grünen Sandstein der Kirchen.
Entlang der Fassaden wird ein 1,5 m breiter Streifen mit dem Kleinsteinpflaster fortgesetzt, dass sich auch in den restlichen Innenstadtbereichen Soests befindet.
Den Übergang zum Platzbelag bildet eine 0,45 m breite Pflasterrinne, die zur Entwässerung aber auch als taktiles Leitsystem fungiert. Der Aufenthaltsbereich unter den Bäumen setzt sich von der Platzfläche durch die Verwendung des gleichen Steins in einem helleren Ton ab. So entsteht insgesamt ein stimmiges Belagsbild von Fassade zu Fassade, dass sich in die vorhandenen Gestaltungsprinzipien der Stadt einfügt, dem Marktplatz aber trotzdem als besonderen Ort hervorhebt und ihm einen eigenen Charakter gibt.

In der Marktstraße fahren Busse, die eine robustere Fahrbahngestaltung erforderlich machen. Dieser Bereich wird mit einem Farbasphalt ausgestattet, der sich farblich an den Platzbelag anpasst.
Auch in den Abendstunden soll der Marktplatz ein angenehmer und repräsentativer Ort sein. Die historischen Fachwerkfassaden prägen die Identität Soests. Deshalb sollen diese auch die beleuchtete Kulisse des Marktplatzes am Abend bilden. Zusätzlich sorgen Mastleuchten am Multifunktionsband für eine stimmungsvolle Lichtstimmung.

Insgesamt soll der Marktplatz lebendiger Treffpunkt und Veranstaltungsort bleiben und durch die Umgestaltung das Aufenthalts- und Nutzungsangebot ergänzt werden. Die Gestaltung sollte entsprechend seiner bedeutenden Rolle im Stadtgefüge aufgewertet werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf wird aus einer intensiven Beschäfti¬gung mit dem städtischen Kontext abgeleitet. Das Bemühen um die Ergänzung von mehr Grün auf dem Marktplatz wird gewürdigt und aus Klimaan¬passungsgründen deutlich unterstützt. Die Her¬leitung aus der Idee des „grünen Bands“ jedoch kann nicht nachvollzogen werden. Nach intensi¬ver Beschäftigung mit den neuen Baumstandor¬ten muss auch leider attestiert werden, dass ei¬nige Standorte aufgrund versperrender Fahrbe¬ziehungen oder Blickachsen, wie im Entwurf vor¬gesehen, wahrscheinlich nicht realisiert werden können. Mehr Bäume auf dem Marktplatz und ins¬besondere auch das Thema der „hüpfenden Bäu¬me“ führen aus Sicht des Gremiums zu einer Ver¬unklarung des historischen Stadtraums. Die Gliederung des Platzes mit einem umlaufen¬den Traufpflasterstreifen wie auch die in diesem Entwurf vorgesehene Leitlinie in der Mitte des Platzes werden begrüßt. Die Wahl des Oberflä¬chenmaterials jedoch wird kritisch gesehen. Die perspektivische Darstellung zeigt ein großforma¬ tiges Plattenmaterial aus einem grünlichen Gneis, dies wird in seiner Wirkung als zu großstädtisch erachtet. Kritisch diskutiert werden auch die gro¬ßen Möbel, die in ihrer Mobilität möglicherweise eingeschränkt sind. Des Weiteren unterscheidet sich die Planung von den anderen durch das Angebot der Wasserfontä¬nen. Die Notwendigkeit eines großen Wasser¬spiels, sein Beitrag zum Stadtklima, der Aufwand und Nutzen wie auch der damit verbundene Ein¬griff in den Unterbau des Platzes werden kontro¬vers diskutiert. Auch wenn der in diesem Entwurf hervorgehobe¬ne Klimaaspekt in der Stadt seine Berechtigung hat, stellt sich für den Marktplatz die Frage, ob nicht die anderen Aspekte, nämlich die sozialen, funktionalen und städtebaulich-denkmalpflege¬rischen eine größere Gewichtung haben sollten. Mit dem Entwurf wird deutlich, dass nicht alles an einem Ort funktionieren kann.