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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2021

Aufwertung und Nachverdichtung Wohnsiedlung Moosach in München

Perspektive Hugo-Troendle-Platz

Perspektive Hugo-Troendle-Platz

Teilnahme

happarchitecture. JJH Architektengesellschaft mbH

Stadtplanung / Städtebau

AGS Garten Adelheid Schönborn

Landschaftsarchitektur

SAND. architektur und nachhaltigkeitsberatung

sonstige Fachplanung

Prof. Dr.-Ing. Johannes Schlaich

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Zuhause in Moosach
Zusammenhalt braucht Räume: Moosach soll mit neuem Leben erfüllt werden. Der Wandel in der Wahrnehmung des traditionsreichen Münchner Stadtviertels drückt sich auf allen Ebenen des öffentlichen und privaten Lebens aus, dem Stadtraum, dem Grün, dem Umgang mit den Ressourcen und dem Verkehr. Ein Netz differenziert gestalteter, gemeinschaftlich nutzbarer Grünräume, ein neues Zentrum mit Stadtplatz an der Nanga-Parbat-Wiese, eine aus der Fächerstruktur weiterentwickelte Bebauung mit behutsam sanierten und mit neuen Häusern sowie ein maßgeschneidertes Mobilitätskonzept sorgen für ein neues Gefühl der Zusammengehörigkeit. Leitbild ist das Miteinander, die Verbundenheit, im besten Fall das Zusammenwachsen der bestehenden Siedlung mit allen ihren ansässigen und neuen Bewohnerinnen und Bewohnern, jung wie alt, zu einem gemeinsamen Quartier, zu einem Zuhause in Moosach.

Grüne Modellstadt Moosach
Die Grundstruktur des städtebaulichen Entwurfs von Emil Freymuth bleibt unangetastet. Sanierung, Nachverdichtung und Neubau entwickeln das zentrale Motiv fächerförmiger Zeilenbauten und organisch geschwungener Straßenführungen weiter.
Ziel ist, den durchgrünten Charakter trotz dichterer Bebauung beizubehalten, jedoch besser zu fassen und für die Bewohner nutzbar zu machen. Erdgeschossige Wohnungen erhalten direkte Zugänge in den Hof über vorgelagerte Terrassen. An der Dachauer Straße werden die Zeilen lärmabschirmend eingefasst. Lärmschutzwände entlang des Wintrichrings mindern eine zu große Schallbelastung der Höfe und dienen gleichermaßen der solaren Energiegewinnung. Die städtebauliche Struktur bildet weiterhin fließende Grünräume. Der zentrale Hugo-Troendle-Platz und der Wasserturm setzten an markanten Punkten neue räumliche Akzente.

Die heute nur lose verbundenen Grünräume Karl-Lipp-Park, Nanga-Parbat-Wiese und Amphionpark werden durch ein Netz gut ausgebauter Fuß- und Radwege miteinander verbunden. Vom Bahnhof Moosach aus gut sichtbar markiert der neue Wasserturm an der Baubergerstraße den Eingang ins Quartier über den Karl-Lipp-Park. Breite von Gemeinschaftsgärten gesäumte Grünachsen führen nach Norden in die verdichteten Wohngebiete an der Karlinger und Bauberger Straße. Nach Osten öffnet sich der Weg zum neuen Hugo-Troendle-Platz mit Wochenmarkt, Geschäften, Kindertagesstätten, der Stadtbibliothek, Cafés und Gaststätten. Durchgänge in der ringförmigen, den Platz nach Südosten einfassende Bebauung führen weiter über die Nanga-Parbat-Wiese zur Grundschule am Amphionpark und von dort über eine neue Fußgängerbrücke über den Wintrichring zum Westfriedhof.

Zu den öffentlichen, miteinander vernetzten Freiräumen bilden die ruhigen, grünen Wohnhöfe den Gegenpart. Neu gepflanzte heimische Bäume verhelfen den luftig weiten Höfen zu einem angenehmen Klima und jeweils eigenem Charakter. Die Höfe werden als private Erholungs- und Aufenthaltsbereich ausschließlich für die Bewohner gestaltet. Sie sind gegenüber den Straßen leicht erhöht, teilweise auch unterbaut mit Tiefgaragen. Durchsichtige Zäune mit Toren lassen den Einblick in die Gartenhöfe zu und bieten gleichzeitig eine klare Grenze zwischen öffentlicher und privater Nutzung. Eine bunte Mischung aus Wald- und Wiesenflora begrenzen den privaten Bereich vor den Erdgeschosswohnungen. Spielplätze und Sitzbereiche im Hofinnern werden in Wegeaufweitungen oder unter Baumgruppen integriert. Eine Auswahl von sonnigen wie schattigen Aufenthaltsbereichen wird geboten. Das Licht im Jahres- und Tagesablauf ist bestimmend für die gefühlte Atmosphäre auf dem Platz und in den Gassen. Den Erdgeschoßwohnungen werden eingegrünte Terrassen/Vorgärten zugeordnet.

Moosach, ein Stadtteil der kurzen Wege
Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Bildung und Erholung sind auf kurzen Wegen erreichbar, das macht ein lebendiges Stadtquartier aus. Damit Moosach sich dahin entwickelt, ist schon das einzelne Wohnhaus für Nutzungsmischungen konzipiert mit vielfältigen Wohnungstypen und nutzungsoffenen Erdgeschossen. Im Erdgeschoss kann etwas anderes stattfinden als in den Obergeschossen; mindestens aber im Block oder in den benachbarten Blöcken des Quartiers ist alles möglich, was ein Stadtquartier braucht, wenn es mehr sein will als eine Siedlung. Das heißt: Es ist dabei nicht heute schon alles minutiös multifunktional durchgeplant – Nutzungsmischung und Nutzungsänderung sind langfristig möglich. Die uneingeschränkt barrierefreien Wohnungen haben Räume, die groß genug sind, sich wechselnden Wohnbedürfnissen anzupassen. Es gibt keine Vorfestlegung nach Nutzergruppen, sondern normale Stadthäuser, in denen es ein breites Angebot an Wohnungstypen gibt bei Gebäudetiefen zwischen 12 und 15 Metern. Die Geschichtsfähigkeit der Stadt, die Aneignung durch ihre Bewohner ist dort gegeben, wo dauerhafte Konstruktionen und alterungsfähige Materialien eine langfristige Haltbarkeit ermöglichen. Nur massiv gemauerte Wände, die auch im Umbau anschlussfähig sind, sind die langfristig nachhaltig und ökologisch sinnvoll.

Mikroklima und Niederschlagsbewirtschaftung
Der städtebauliche Entwurf sichert durch die Ausformung und die Anordnung der Baukörper, insbesondere durch Nachverdichtung und kompakte Bauweise gebäudeseitig den energetisch optimierten Betrieb. Die begrünten Höfe in Verbindung mit einer wasserspeichernden Retentionsschicht sorgen für ein angenehmes Mikroklima und senken die Temperatur in heißen Sommermonaten. Zusammen mit den großkronigen Laubbäumen entsteht ein effektiver Temperatursenkungseffekt und die Bindung von CO2. Anfallendes Oberflächenwasser versickert in den erdgebundenen Vorgärten, Dachflächenwasser wird in Retentionsschichten zurückgehalten und steht pflanzenwirksam zur Verfügung. Die Nutzung von Grauwasser im Gebäude ist ein zentraler Bestandteil des Entwurfs.

Wasser-Sensitive Stadtgestaltung in Moosach
Das Quartier besitzt ein bisher in Europa einzigartiges Wasserkonzept, welches neben dem Trinkwasser aus der städtischen Versorgung auch Grauwasser und Regenwasser als wertvolle Ressource betrachtet. Das Grauwasser, also das benutzte Wasser aus Duschen, Waschbecken und Waschmaschinen, wird auf Blockebene gesammelt, mittels einer Membrananlage mit anschließender Desinfektion gereinigt und semizentralen Kreisläufen zugeführt. Die Wasserqualität erreicht dadurch nahezu Trinkwasserqualität, auch wenn es sich lediglich um „Servicewasser“ handelt und die Nutzung auf den Einsatz in der WC Spülung bzw. der Waschmaschine beschränkt wird. Das Servicewasser wird tagsüber bei Energieüberschuss aus den Photovoltaik Anlagen in einem Wasserturm gepumpt, der am nördlichen Eingang ins Quartier einen starken visuellen Akzent setzt, sondern durch seine Nutzung als Wasserturm auch ohne weitere elektronische Energie die Versorgung der Häuser sichert.

Da im Gebiet der Grauwasseranfall den Servicewasserbedarf übersteigt, produziert die Anlage dauerhaft einen Überschuss. Dieser Überschuss wird gemeinsam mit anfallendem Niederschlag im Karl-Lipp-Park gesammelt und genutzt, um die durch das Gebiet führenden Wasserrinnen zu bewässern. Diese sind neben ihrer Funktion als landschaftsbildendes Element und den damit weitreichenden positiven Effekten im Kontext der Biodiversitätserhöhung auch dafür da, die angeschlossenen Urban Gardening Flächen bewässern zu können. Die Wasserrinnen sind mit dezentralen Retentionsflächen ausgestattet, die den Niederschlag eines 100-jährigen Regenereignisses für 15 min zurückhalten können. Regenwasser kann in das Grauwassernetz eingespeist werden um im Falle eines erhöhten Servicewasserbedarfes (in den Sommermonaten) zu unterstützen.

Klimaneutrale Energieversorgung
Die Energieversorgung des Quartiers kombiniert auf innovative Weise die unterschiedlichen Stoffströme an der Schnittstelle zwischen Gebäude- und Stadttechnik. Die Verknüpfung von Gebäuden und Freiräumen bewirkt dabei über übliche Bilanzgrenzen hinaus ein städtebaulich ausgewogenes Versorgungskonzept, dass sensibel auf die heterogene Bebauungsstruktur und ihren spezifischen Eignungen eingehen kann. In solar hochexponierten Flächen integrierte Photovoltaikanlagen schaffen in Kombination mit den aus der Kraftwärmekopplung resultierenden Stromerträgen ganzjährig ein konstant hohes Angebot, dass auf unterschiedlichen Ebenen zum Betrieb des Gesamtquartiers herangezogen werden kann. Dazu werden sowohl die unverschatteten, süd-östlich angeordneten Schallschutzwälle als auch die Dachflächen der Gebäude herangezogen.

In Zeiten elektroenergetischer Überschüsse während des Tages werden die Stromerträge genutzt, um die semizentralen Wassernetze des Quartiers zu betreiben, in denen sowohl Regenwasser als auch Grauwasser als wertvolle Ressource betrachtet werden. Während Phasen des Tages mit erwartbaren Lastspitzen an Nutzenergie dient der gewonnene regenerative Strom dem Betrieb von Abwasserwärmepumpe zur Versorgung der Neubauten mit Wärmenergie.

Die zusätzlich im Quartier integrierten und kaskadierend betriebenen Blockheizkraftwerke, die an das bestehende Gasnetz angeschlossen werden, erlauben es, zusätzlich hochtemperierte Wärme für den heterogenen Bestand bereitzustellen. Ein wachsender Anteil an verfügbarem regenerativ gewonnenem Gas wird dadurch den Betrieb der Modellstadt Moosach zunehmend klimaneutral gestalten.

Moosach schafft Raum für Vielfalt in der Mobilität
Die kompakte flächensparende PKW-Erschließung erfolgt über geschlossene Straßenringe ohne Sackgassen. Um die grünen Wohnhöfe möglichst von KFZ-Stellplätzen freizuhalten, konzentriert sich der ruhende Verkehr auf wenige in den Stadtkörper integrierte Quartiersgaragen an den Zufahrten ins Quartier, deren Entfernung zur Wohnung dem Einzugsradius des ÖPNV entspricht. Parkplätze entlang der öffentlichen Straßen können flexibel für private PKWs, Besucher, Carsharing-Unternehmen oder Fahrräder reserviert werden. Durch den reduzierten motorisierten Verkehr, Neuprofilierung der Straßenquerschnitte und veränderte Verkehrsführung lädt der öffentliche Raum zum Aufenthalt und Spiel ein. Wasserflächen kühlen an heißen Sommertagen und Sitzmöglichkeiten unter Bäumen bieten Ruhepunkte. Offene Veloplätze werden dezentral in der Nähe der Hauseingänge positioniert.

Ein maßgeschneidertes Mobilitätskonzept für Moosach sieht die Stärkung des Umweltverbundes (ÖPNV, Radverkehr, Fußverkehr) sowie der geteilten Mobilität (Carsharing, Bikesharing mit Mobilitätsstationen, Fahrradwerkstätten und Servicestationen, Stellplatzmanagement, Paketstation) vor, das den freiwilligen Verzicht auf die Nutzung des eigenen PKW komfortabel und ökonomisch attraktiv macht:

• Die innere ÖPNV-Erschließung wird gestärkt durch einen Shuttle-Bus, der ausgehend von der S-Bahn-Station Moosach ringförmig das Gebiet erschließt. Hier sollen kleine Elektro-Fahrzeuge (z.B. 6-12 Sitzer) zum Einsatz kommen, die hochfrequent mit geringen Haltestellenabständen (300m) für eine attraktive Nah-Erschließung sorgen. Da aufgrund der geringen Linienlänge die Fahrgeschwindigkeit hier nicht im Vordergrund steht, kann hier auch ein Einsatz von heutzutage eher langsam fahrenden autonomen Fahrzeugen geplant werden.

• Die bestehenden Radwege auf den das Gebiet umgebenden Straßen sowie der Hugo-Troendle-Straße bleiben als wichtige Radverkehrsrouten bestehen. Es wird ein neuer Radweg von der Dachauer Straße über die Alfred-Drexel-Straße und die Nanaga-Parbat-Straße durch die neue Grünverbindung zum neuen Stadtplatz angelegt. Im sonstigen Straßennetz werden keine gesonderten Radverkehrsanlagen vorgesehen, sondern der motorisierte Verkehr u.a. durch Tempo 30, versetztes Parken und geschwindigkeitsreduzierende Schwellen so beruhigt (vgl. FGSV RASt), dass Mischverkehr auf der Straße sicher möglich ist (vgl. FGSV ERA). Sichere Fahrradabstellmöglichkeiten (1 Abstellplatz pro 40qm Wohnfläche) machen das Radfahren noch attraktiver!

• Die Qualität des Fußverkehrs wird durch breite Gehwege (vgl. FGSV EFA) entlang der Straße und vor allem auch in den Grünanlagen gestärkt. Das Fuß- und Radwegenetz besteht aus zwei Bereichen unterschiedlicher Qualität und Ausprägung: ein grüner Ring für Freizeit/Erholung und ein sozial kontrolliertes Siedlungsnetz, das direkt zum ÖPNV führt. Die Verbindungsqualität von Süden wird durch zwei Brücken gestärkt, die ein sicheres Queren des Wintrichrings ermöglichen.

• Die geteilte Mobilität und damit ein Verzicht auf das eigene Fahrzeug wird gefördert durch ein dichtes Netz von Sharing-Stationen. (Lasten-)Fahrradverleihstationen sind innerhalb von 150m erreichbar, Carsharing-Stationen innerhalb von 300m. Spätere Umwidmungen von freien Anwohnerparkplätzen zur weiteren Carsharing-Stationen werden bereits eingeplant, um eine steigende Nachfrage abbilden zu können. Moosach wird - auch - für den privaten Pkw und Lieferverkehr erschlossen sein. Der Autoverkehr soll aber die Wohnsiedelungen nicht dominieren, sondern auf ein nötiges Minimum reduziert werden. Verkehrsberuhigungsmaßnahmen sowie Abbiege- und Durchfahrtsverbote sorgen zum einem dafür, dass der Durchgangsverkehr auf die umliegenden Hauptverkehrsstraßen verdrängt wird. Zum anderen wird aber auch der Erschließungsverkehr reduziert, indem dieser möglichst schnell wieder auf die Hauptverkehrsstraßen zurückgeleitet wird und die Zufahrt zur Quartiersgarage und zur Tiefgarage im Süden außerhalb des Quartiers liegt. Dies steigert die Aufenthaltsqualität im Straßenraum erheblich und schafft insbesondere am Hugo-Troendle-Platz einen attraktiven verkehrsberuhigten Bereich. Parken wird in Tiefgaragen (mit ca. 1000 neu geplanten Stellplätze), einer neuen Quartiersgarage (268 Stellplätze) und mit straßenbündigem Parken (426 Stellplätze) realisiert. Um die Dominanz des Pkw im Straßenraum zu brechen und damit die Aufenthaltsqualität zu steigern, werden die Parkplätze regelmäßig durch Baumpflanzungen unterbrochen. Dadurch ergibt sich ein Stellplatzschlüssel von 0,6, der sich durch das umfangreiche Mobilitätskonzept begründen lässt.

Brandschutz
Durch die städtebauliche Neukonzeption können Flächen für Rettungsfahrzeuge gebündelt und besser in die Bebauungsstruktur integriert werden. Es werden möglichst zweiseitig orientierte, „durchgesteckte“ Grundrisse geplant, um die Innenhöfe von jeglichem Verkehr freizuhalten. In besonderen Fällen, dort wo Wohnungen von der Drehleiter des Hubrettungsfahrzeugs nicht erreicht werden, wird der zweite Rettungsweg baulich mittels zusätzlicher Treppen oder Sicherheitstreppen nachgewiesen.
Lageplan

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Piktogramm

Piktogramm

Piktogramm

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Ansicht

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Schnitt

Schnitt

Schnitt

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