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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2021

Neues Besucher- und Therapiezentrum (BTZ) für das Psychiatrische Zentrum Appenzell Ausserrhoden in Herisau (CH)

1. Rang

Preisgeld: 35.000 CHF

Ruprecht Architekten

Architektur

Heinrich Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Blumer Lehmann AG

Bauingenieurwesen

SJB Kempter Fitze

Bauingenieurwesen, Brandschutzplanung

Studer + Strauss Bauphysik

Bauphysik

Neroc GmbH

TGA-Fachplanung

Oekoplan AG

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Freiraum – Ankunft und Aufenthalt

Die eindrücklich, in einem die Kuppe des Krombachhügels umziehenden Ring organisierte Anlage der Psychiatrischen Klinik ist heute noch in weiten Teilen in ihrer ursprünglichen Absicht erlebbar. Von der Topographie bestimmt, von Wiesenlandschaft durchzogen ist der Ort wohltuend intakt. Mit dem nördlich des Hauses 8 angeordneten Parkplatz wurde zwischenzeitlich die Ankunftssituation verändert. Dem ursprünglichen Ring wurde dadurch eine zweite Schicht aussenseitig vorgelagert, welcher der Bezug zum «Innenraum» fehlt. Der Neubau des Besucher- und Therapiezentrums klärt die Ankunft und den Empfang für die Besucher. Zudem ergibt sich die Möglichkeit, mit einer «offensiveren» Freiraumgestaltung die Verbindung zwischen Besucherzentrum und innerem «Bezirk» nachhaltig zu stärken.

Der Erschliessungsstrasse als innerbetrieblicher funktionaler «Lebensader» wird ein Empfangsplatz zur Seite gestellt, der den Parkplatz integriert und die Besucher als Gäste abholt. Über einen beige eingefärbten Hartbelag führt die Besucherzufahrt an den begrünten Parkplätzen entlang. Der unmittelbare Vorplatz vor dem Besucherzentrum kann als Vorfahrt im Schritttempo genutzt werden. Als eigentliche Entrée-Situation ist er vor allem Aufenthaltsbereich, der von einem grosszügigen Brunnenbecken bestimmt wird. Flankiert wird das Entrée von begleitenden Gräser- und Staudenpflanzungen, welche eine geborgene, «weiche» Einbettung gewährleisten. Nach Norden ist der Empfangsplatz an die Hangkante modelliert und geht direkt in die abfallende Blumenwiese über. Parkplatzbegleitende Bergahorne komplettieren die bestehende Baumreihe und fügen den Ankunftsort in das freiraumbestimmende Motiv der baumbegleiteten Ringstrasse ein – der Ring wird erweitert.
Entlang der Ostseite wird das neue Gebäude von einem Gräser- und Blütenband gesäumt. Nach Nord-Ost ist die Aussenterrasse als Aufenthaltsbereich für Patienten an die Fassade angelagert. Durch eine begrünte Böschung mit Sitzkante fügt sie sich weich in die bestehende Hangsituation ein. Ein Stufenweg erschliesst den darunterliegenden Therapieaussenraum als Aufenthaltsort im Wiesenhang.

Der Entréeplatz öffnet sich nach Süden grosszügig hin zum Freiraum zwischen den Häusern 2, 6 und 8. Die neue Ankunftssituation sowie die Neugestaltung der Restaurantterrasse bieten das Potenzial, diesen Freiraum nicht nur als Verbindungsweg, sondern als verbindenden und «öffentliche» Aktivitäten umfassenden Ort der Begegnung werden zu lassen. Der Belag des Entrée-Bereichs wird dazu jenseits der Erschliessungsstrasse wieder aufgenommen und als «fliessendes Kontinuum» fortgeführt. Hier als offenporiger Belag realisiert, entsteht eine Parksituation, in die wiederkehrend die Gräser und Blütenpflanzen inselartig «schwimmen». Als grosse Insel wird der Spielplatz ebenfalls eingeschrieben und von der neuen Restaurantterrasse hat man einen guten Blick über das Geschehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Nordstern wie im Sternbild des kleinen Wagens weist im Besucher- und Therapiezentrum den Menschen zu jeder Tages- und Nachtzeit den Weg. Das kompakte, zentrale BTZ ist ein Sinnbild für eine einfache Orientierung im ruhigen Alltag und in stürmischen Zeiten. Das neue Besucher- und Therapiezentrum mit quadratischem Grundriss führt die in Appenzell vorherrschende Bauweise mit kompakten Baukörpern weiter. In der Landschaft gut eingebettet wird der Neubau im Areal zum Dreh- und Angelpunkt. Die gewählte Geometrie verhindert überlange, ortsfremde Fassaden und orientiert sich gleichermassen an den Himmelsrichtungen. Die eindrückliche, in einem die Kuppe des Krombachhügels umziehenden Ring organisierte Anlage der Psychiatrischen Klinik ist heute noch in weiten Teilen in ihrer ursprünglichen Absicht erlebbar. Von der Topografie bestimmt, von Wiesenland durchzogen ist der Ort wohltuend in Takt. Mit dem nördlich des Hauses 8 angeordneten Parkplatz wurde zwischenzeitlich die Ankunftssituation verändert. Dem ursprünglichen Ring wurde dadurch eine zweite Schicht aussenseitig vorgelagert, welcher der Bezug zum „Innenraum“ fehlt. Der Neubau des Besucher- und Therapiezentrums klärt die Ankunft und den Empfang für die Besucher. Zudem ergibt sich die Möglichkeit, durch die gewählte Körnung, Setzung und Typologie zusammen mit der Freiraumgestaltung die Verbindung zwischen Besucherzentrum und dem inneren „ Bezirk“ nachhaltig zu stärken. Die Fassaden passen sich in der Massstäblichkeit differenziert ins Areal ein, ohne kopierend zu wirken: der Neubau steht selbstbewusst im homogenen Ensemble und empfängt die Besucher in einer einladenden Eingangssituation. Die Themen des Heimatsstils - schützende Dächer, Plastizität, Kleinteiligkeit mit dezenter Ornamentik beim Eingang - werden spielerisch in die Gegenwart übersetzt, so dass ein in die Zukunft gerichteter Neubau mit historischem Erbe als Begegnungsplatz geschaffen werden kann. Der Entréeplatz öffnet sich nach Süden grosszügig hin zum Freiraum zwischen den Häusern 2,6 und 8. Die neue Ankunftssituation sowie die Neugestaltung der Restaurantterrasse bieten das Potential, diesen Freiraum nicht nur als Verbindungsweg, sondern als verbindenden und öffentliche Aktivitäten umfassenden Ort der Begegnung werden zu lassen. Die Nutzungsverteilung im Haus ist übersichtlich und lässt eine einfache Orientierung zu. Alle Nutzungen sind direkt vom zentralen Treppenhaus her zugänglich. Im auch separat zugänglichen Untergeschoss sind die Bewegungstherapieräume. Im Erdgeschoss befinden sich Empfang und Tagesklinik. Der Empfangsplatz ist asymmetrisch als Rechteck im quadratischen Grundriss angeordnet. Der Liftaustritt liegt gegenüber dem Windfang und öffnet sich nicht zum innenliegenden Treppenhaus hin. Der dreispännige Grundriss mit eher knappen Erschliessungsflächen erschliesst von einem grosszügigen Empfangsplatz (Empfangszone) aus alle Raumzonen. Die Mitarbeiter haben einen separaten Zugang. Im Piano nobile sind die Fachtherapieräume und der Pflegedienst. Darüber liegend sind die Büroräumlichkeiten und Arztbüros. Stets zur Empfangsseite sind die Sitzungs- und Schulungsräume leicht auffindbar angeordnet. Die Aussenräume sind diskret vom Hauptzugang entfernt angeordnet. Im Dach befindet sich die Lüftungszentrale. Je weniger Fläche und Raum für einen vergleichbaren Nutzen verbaut werden muss, umso geringer ist der ökologische Fussabdruck. Die Lösung ist sehr flächeneffizient und kompakt, indem sie mit einem Treppenhaus auskommt und die Erschliessungsflächen minimiert. Die graue Energie ist sowohl im Aushub wie im Rohbau minimiert. Das Gebäude ist sehr nutzungsflexibel und verspricht somit eine lange, nachhaltige Lösung. Das Gebäude weist eine effiziente, sehr einfache Tragstruktur auf. Sämtliche Obergeschosse werden über Stützen im Gebäude und an der Fassade sowie den Betonkern abgetragen. Die Steigzonen sind zugänglich, erweiterbar und schaffen somit maximale Nutzungsflexibilität. Die Fassadenstruktur im Raster 2.85m bietet Möglichkeiten für die Grössen der Innenräume. Die Projektverfasser*innen würdigen die heutige, ringförmig um die Kuppel des Krombachhügels organisierte Anlage der psychiatrischen Klinik, beanstanden allerdings berechtigterweise die problematischen Aspekte der nördlich des Hauses 8 angeordneten Parkierungsanlage, welche die Ankunftssituation verunklärt. Insbesondere der Bezug der Oertlichkeit mit der Parkierung zur historischen Anlage, bzw. zum „Innenraum“ wird bemängelt. Die städtebauliche Setzung des Baukörpers reagiert auf die komplexen Anforderungen an das neue Zentrum und ermöglicht die Ausbildung einer ansprechenden Umgebung. Die Parkierungsanlage wird mit einer Baumreihe, begrünten Abstellflächen und eingefärbtem Asphalt aufgewertet und in ein freiräumliches Gesamtkonzept integriert, welches sich bis zur repräsentativen Ankunftssituation (Entrée) vor dem BTZ entwickelt. Die Bedeutung dieser Empfangssituation wird mit einem Brunnen betont. Sitzbänke laden zum Verweilen. Die „inselförmige“ Formensprache, die für den Brunnen gewählt wird, findet sich auch in den benachbarten Rabatten, welche sich bis zum inneren Ring weiterentwickeln. Inwiefern diese Formensprache, die an eine Gestaltung der 50er Jahre erinnert zu diesem Ort passt, wäre zu überprüfen. Auch die Verwendung von beigem Asphalt scheint etwas forciert. Insbesondere als Verbindung zum benachbarten Spielplatz und Begegnungsort, der durch seine expressive Ausbildung die Präsenz und die Bedeutung des Entrée-Platzes vor dem Empfangsgebäude eher schwächt. Zudem scheinen die Verfasser*innen davon auszugehen, dass ein grosser Teil der Besucher mit dem Auto anreist. Dies verdeutlicht sich in der Absicht, die Verkehrsfläche der Parkierung zum Empfangsplatz auszubilden. Gut angedacht ist das Bepflanzungskonzept. Das Motiv der baumbegleitenden Ringstrasse mit Bergahorn ist nachvollziehbar. Die Standorte der Bäume gründen allerdings in der Annahme, die Parkierung zum Empfangsplatz umzugestalten. Es ist zu überprüfen, ob dies sinnvoll ist und die Bergahorne nicht eher der Krombachstrasse folgen könnten. Das sorgfältig entworfene, kompakte Projekt sollte im Schnitt bzgl. Piano nobile und im Grundriss bzgl. überdachter Aussenterrasse, Eingangsvordach, Innenraum für Rauchende und Lagerraum überarbeitet werden. Die fehlenden Überdachungen sollten als integrierte Volumen oder eingezogene Vordächer geprüft werden. Das Piano Nobile könnte mit mehr Geschosshöhe ein spürbares Erlebnis und somit einen Mehrwert für das ganze Haus schaffen. Der Dachausbau als Lüftungszentrale, sowie eine Aufdachanlage für Fotovoltaik oder Kollektoren ist gestalterisch zu prüfen. Beim Dach fehlt momentan die Plastizität der sorgfältig ausgeschaffenen Fassaden. Die fein angedachten Themen des Heimatsstils - schützende Dächer, Plastizität, Kleinteiligkeit mit dezenter Ornamentik sollten im Aussenraum, am Volumen und im Innenraum spielerisch in die Gegenwart übersetzt werden, so dass ein in die Zukunft gerichteter Neubau mit historischem Erbe als Begegnungsplatz als geschaffen wird.
Schema Formkonzept

Schema Formkonzept

Situationsplan 1-500

Situationsplan 1-500

Ansichten 1-200

Ansichten 1-200

Schnitte 1-200

Schnitte 1-200