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Nicht-offenes Werkstattverfahren | 11/2021

Erweiterungsbau Globushof in Hamburg

Perspektive Großer Burstah

Perspektive Großer Burstah

4. Rang

Max Dudler GmbH

Architektur

HW-Ingenieure GmbH

Bauingenieurwesen

ZWP Ingenieur-AG

TGA-Fachplanung

PICHLER Ingenieure GmbH

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

In unserem Entwurf wird der erweiterte Globushof mit einer gleichermaßen harmonischen wie spannenden Symbiose aus alter und neuer Architektur zum stadtteilprägenden Moment südlich des Hamburger Rathauses und der Handelskammer. Unsere zeitlose, in jeder Hinsicht auf die Dauer angelegte Architektur bleibt sich der Geschichte wohlbewusst und entwickelt auf ihr fußend ihren zeitgemäßen, abstrakt-skulpturalen Ausdruck. So dient sie gleichermaßen zum attraktiven Restaurant Standort am Ufer des Nikolaifleet, wie zur repräsentativen Unternehmens-Adresse in einem lebendigen neuen Quartier.

Städtebau
Grundgedanke der Erweiterung ist es, den Ort und seine Geschichte bewusst „weiterzubauen“. Der Entwurf zeigt ein Zusammenspiel aus Alt- und Neubau, das jedem Bauteil seine Eigenständigkeit und repräsentative, unverwechselbare Adresse verleiht. Gleichzeitig entwickelt sich die Architektur des Neubaus aus dem Bestand heraus, sodass beide zu einer zusammenhängenden Gebäudefigur, einem neuen Ensemble verschmelzen. Das Gebäude wird im Stadtraum als freistehende architektonische Skulptur erfahrbar. Mit seinen Vor- und Rücksprüngen reagiert der Dachaufbau differenziert auf den umliegenden Stadtraum. Gleichzeitig wird das Mansarddach in abstrahierter Form weitergeführt. Die Linien des Bestandsdaches werden aufgegriffen, sodass sich durch die sich ergebenden Rücksprünge attraktive Dachterrassen eröffnen, die unterschiedlich gerichtete Blicke auf die Hamburger Innenstadt bieten, unter anderem auf den nahen St. Nikolai-Kirchturm und das Nikolaifleet.

Architektur
Der Neubau präsentiert sich als abstrakt gewendete Weiterführung, als zeitgenössische Interpretation der vorgefundenen architektonischen Strukturen. Entstanden ist ein Erweiterungsbau, der mit seiner rationalen Architektursprache, der klaren und geradlinigen Gliederung seiner Fassade in die Zukunft blickt und dennoch seinem historischen Nachbarn anverwandt bleibt. In seiner Gliederung orientiert sich der Entwurf an der Gestaltung des Altbaus. Der Neubau übernimmt die grundlegende klassische Dreiteilung des Bestands in einen Sockel, einen Mittelteil und einen abschließenden Gebäudeteil. Die leicht vorstehenden, akzentuierenden horizontalen Bänder führen die Gesimsbänder des Altbaus fort. Auch die Fensterproportionen der klassischen Lochfassade des Globushofs werden im Neubau übernommen. Die massive Pfeilerstruktur des Sockels löst sich in den Obergeschossen in eine filigrane, rhythmisierte Reihung von Stützen auf, die zur feingliedrigen, krönenden Architektur des Dachaufbaus überleiten. Das Rundbogenmotiv im Sockel des Altbaus wird durch die nach innen gewölbten oberen Laibungen im Neubau-Sockel neuinterpretiert. Ein leichter Rücksprung in der Fassade am Anschluss der beiden Gebäudeteile betont subtil den Übergang von alter und neuer Fassade. Die reliefierte Fassade des Neubaus verweist im Zusammenspiel mit der differenzierten Kubatur ebenfalls auf die klassischen Erker- und Giebelstrukturen des historischen Nachbarn.

Materialität
Im Entwurf wurden ein Materialkonzept und eine Farbgebung entwickelt, die die Gestaltung des Altbaus einbeziehen und die beschriebene Gliederung unterstreichen. Die gesamte Ausführung der Fassade ist dabei in unterschiedlichen Rottönen gehalten. Sockel und Geschossbänder sind in rötlich eingefärbtem Architekturbeton gehalten. In ihrer etwas helleren Tonalität heben sie sich von den filigranen Pfeilern der Obergeschosse ab, die in einem dem Bestandsgebäude ähnlichen Ziegelsteinmauerwerk errichtet werden. Die Fenster- und Türprofile in matt eloxiertem Metall lehnen sich in ihrem gebrochenen Rotton an den Farbton der Ziegel an.

Nutzungskonzept
Unser Entwurf schlägt ein Gebäude vor, das mit flexiblen Grundrissen und barrierefreiem Grundkonzept ausgestattet ist. So sind alle Geschossebenen barrierefrei an den Bestand angebunden. Ein kompakter Erschließungskern mit Sicherheitstreppenhaus und Feuerwehraufzug wird mittig zur Brandwand angeordnet mit jeweils zwei Übergängen in den Bestand. Die Grundrisse sind flexibel als Großraumbüro, Einzelbüro oder Kombibüro zu nutzen. Raumtrennwände können im Raster von ca.1,30m flexibel an die Fassade angeschlossen werden. Der Büroeingang befindet sich in der Bohnenstraße an der Gebäudefuge zum Bestand. Der Höhenunterschied zwischen Straßenniveau und Souterrain wird durch einen Durchlader und Treppenzwischenpodest ausgeglichen. Die Büroetagen sind über eine Galerieebene und einen barrierefreien Aufzug mit dem Restaurant verbunden. Der Eingang zum Restaurant befindet sich schwellenfrei in der neu entstehenden Gasse zwischen Nikolaifleet und Bohnenstraße. Der Speiseraum, mit seiner großzügigen Raumhöhe von über 5m und der Bartresen orientieren sich zum Ufer des Nikolaifleet und profitieren vom besonderen Flair direkt am Wasser. Im Untergeschoss befindet sich der Übergang zur Tiefgarage, ein Tagungsraum mit Oberlicht sowie die WC-Anlagen des Restaurants.

Haustechnikonzept
Das Gebäude wird in seiner energetisch wertvollen und optimierten und kompakten Gestaltung durch ein schlankes und effizientes Energiekonzept ergänzt bzw. unterstützt. Das Energiekonzept hat – trotz seiner Schlankheit – den höchstmöglichen Nutzungskomfort und Energieeffizienz sicherzustellen. Auch die gewählte Fassadengestaltung in Bezug auf bauphysikalische Eigenschaften und Fensterflächenanteil bildet ein Optimum hinsichtlich der Vermeidung von Energieverlusten in den Wintermonaten, der Tageslichtausnutzung und der thermischen Belastung in den Sommermonaten. Dies wird noch durch einen tageslichtgelenkten, außenliegenden Sonnenschutz nachhaltig optimiert. Als thermischer Hauptenergieträger wird der Wärmebezug aus einem Fernwärmenetz genutzt. Die Fernwärme wird fast ausschließlich aus Kraft-Wärme-Kopplung gewonnen und weist einen hervorragenden Primärenergiefaktor von 0,36 auf.
Darüber hinaus entsteht im Gebäude in Teilbereichen Abwärme, die dem Gebäudeprozess wieder zugeführt wird. Hier wird die Abwärme als Vorerwärmung in die Beheizung eingebunden. Die Lüftungsanlagen erhalten darüber hinaus hocheffiziente Wärmerückgewinnungsanlagen, um den thermischen Bedarf zu minimieren. Die Lüftungsanlagen ver- und entsorgen – neben dem Restaurant - auch die Büroflächen. Hier wird eine Bedarfslüftung konzipiert. Das bedeutet, dass den Räumen lediglich so viel Außenluft zur Verfügung gestellt wird, dass eine Fensterlüftung nicht notwendig, aber möglich ist. Die Lüftungsanlagen werden mit 100% Außenluft betrieben, damit sind alle hygienischen Schutzmaßnahmen aus Lüftungsanlagen abgesichert.
Die Kühlung der Zuluft erfolgt weitestgehend über adiabate Befeuchtung. Durch diesen Prozess wird die Verdunstungsenergie genutzt, um die Zuluft abzukühlen, ohne elektrische Energie zu verbrauchen. Das erforderliche Wasser kann durch das auf dem Gebäude anfallende Regenwasser gewonnen werden. Die verbleibende notwendige Spitzenlastkühlung wird über hocheffiziente Turbo-Kältemaschinen erzeugt.
Die Rückkühlung erfolgt über einen Hybridkühlturm, so dass ein hoher Anteil von Freikühlung über das ganze Jahr möglich ist.
Die thermische Grundversorgung der Büros erfolgt über akustisch wirksame Heiz-/ Kühldecken. Dieses System benötigt zur Beheizung sehr niedrige Systemtemperaturen, so dass die Abwärme optimal eingesetzt werden kann.
Der Strombedarf wird durch hocheffiziente Leuchtmittel, die tageslicht- und präsenzabhängig gesteuert werden, wesentlich reduziert. Der Einsatz von LED ist grundsätzlich vorgesehen.
Der Einsatz von wassersparenden Armaturen senkt den Verbrauch an Trinkwasser. Somit werden Ressourcen geschont, was das nachhaltige Energiekonzept abrundet.

Tragwerkskonzept
Die Geschossdecken werden als punktgestützte Flachdecken aus Stahlbeton errichtet. Der Einsatz von Verdrängungskörpern in der Decke zur Reduzierung des Deckeneigengewichtes (Lasteinsparung Pfahlgründung) und des Zementverbrauchs (Nachhaltigkeit) ist möglich. Die Platzierung der Stützen rückt bewusst vom Deckenrand ab und verbessert damit den Wiederstand gegen das Durchstanzen. Die Aussteifung des Gebäudes wird über den Treppenhauskern mit anschließendem Aufzugs- und Haustechnikschacht gewährleistet. Damit erfolgt der Lastabtrag - horizontal und vertikal - vollständig abgekoppelt vom Bestand. Die gegenseitige Beeinflussung der Gebäude wird durch dieses Konzept ausgeschlossen.
Durch die massive Bauweise können die lastabtragenden Bauteile in die Feuerwiderstandsklasse F90, feuerbeständig, eingeordnet werden.
Das Untergeschoss wird als WU-Konstruktion konzipiert. Es steht ständig drückendes Wasser an (Beanspruchungsklasse 1) und es wird eine Nutzung geplant, die keinen Wasserdurchtritt zulässt (Nutzungsklasse A). Diese Anforderungen werden durch Festlegung von Trennrissbreiten in Kombination mit den im Entwurf vorgesehenen planmäßigen Dichtmaßnahmen erfüllt. Weiterhin wird zur Sicherung der hochwertigen Nutzung im Untergeschoss eine Frischbetonverbundfolie angeordnet.
Der Lastabtrag in den Baugrund erfolgt über eine Pfahlgründung.
Für die Baugrube ist eine Trogbauweise aus dichten Spundwänden und einer hochliegenden Unterwasserbetonsohle vorgesehen. Die lastabtragenden Pfähle werden für Zug- und für Drucklasten ausgebildet. Sie können damit sowohl die Unterwasserbetonsohle im Bauzustand gegen Aufschwimmen sichern als auch die zukünftigen Bauwerkslasten sicher abtragen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die starke horizontale Gliederung sowie die Höhenentwicklung des Entwurfs werden von der Jury kritisch beurteilt. Die sehr kompakte und massive Anmutung des Daches bzw. der obersten Geschosse kann nicht überzeugen. Auch insgesamt wirkt der Entwurf zu massiv und wuchtig für diesen sensiblen Ort. Die Fassade ist im Vergleich zur Zwischenpräsentation zwar feiner ausdifferenziert, allerdings fügt sich die Verwendung von Architekturbeton nicht stimmig in die Umgebung ein. Die Ausgestaltung des Gebäudes an der Gasse bietet keinen Mehrwert für den öffentlichen Raum.
Perspektive Bohnenstraße

Perspektive Bohnenstraße

Perspektive Trostbrücke

Perspektive Trostbrücke