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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2021

Neubau Lerngebäude für das Universitätsklinikum Köln

Perspektive Außenraum

Perspektive Außenraum

ein 2. Preis

Preisgeld: 20.200 EUR

Ferdinand Heide Architekt

Architektur

Die LandschaftsArchitekten. Bittkau-Bartfelder PartG mbB | Landschaftsarchitektur und Stadtplanung

Landschaftsarchitektur

Ingenieurbüro für Tragwerksplanung Professor Pfeifer und Partner

Tragwerksplanung

Alhäuser + König Ingenieurbüro GmbH

TGA-Fachplanung

IBC Ingenieurbau-Consult GmbH Mainz

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Städtebau
Das neue Hörsaalzentrum bildet einen kraftvollen Kopf und Eingang zum Campus. Es vermittelt zwischen Stadt, Magistrale und Campusplatz. Seine großzügige Erdgeschossgestaltung formuliert ein dreiseitig offenes Foyer, das das Haus mit dem öffentlichen Stadtraum vernetzt. Die schon beim Betreten sichtbaren Raumbeziehungen zu den oberen Foyerebenen – aber insbesondere die mög–liche Öffnung des großen Hörsaals im EG – generieren räumliche Transparenz und versprechen ein Höchstmaß an Austausch und Kommunikation. Diese Transparenz bildet sich auch in den Fassaden ab, bei denen sich maßvoll geöffnete Funktionsräume mit offenen, weitgehend verglasten, Foyer–zonen abwechseln. So kann insbesondere auf beiden Längsseiten zu den vorgelagerten Plätzen eine schöne Beziehung zwischen innen und außen aufgebaut werden. Die Cafeteria entwickelt sich über die volle Breite des Campusplatzes und wird mit ihrer Innen- und Außengastronomie diesen wesentlich beleben.

Organisation und Funktionalität
Ein vermeintlich massives Hörsaalvolumen, das sich durch alle Geschosse steckt und in den oberen Ebenen auch den Rechnerpool und die Technikzentrale aufnimmt, wird vierseitig von offenen Erschließungs-, Kommunikations- und Arbeitsflächen umspielt. Es beherbergt flexible – über mobile Trennwände teilbare – Hörsäle von 4x 250, 2x 500 oder 3x 250/2x 125qm. Trotz ihrer „Innenlage“ ist es uns ein großes Anliegen, allen Hörsälen für eine optimale Nutzungsqualität dennoch Tageslicht und einen Außenraumbezug zu geben: Bei den zweigeschossigen Hörsälen wird dies durch ge-schossweise in den Baukörper eingeschnittene „tiefe“ Fenster erreicht, die als Außenraum Tageslicht bis an das Hörsaalvolumen bringen und über die zusätzlich die natürliche Entrauchung der Hörsäle und der Treppenhäuser erfolgen kann. Der Prüfungspool erhält für die Arbeit am Rechner ideales, blendfreies Oberlicht.
Eine Besonderheit der Anordnung und Organisation der Nutzungen liegt auch in der Schaltbarkeit der Hörsäle: Die geforderte Hörsaalfläche von 1000qm wird auf zwei Ebenen à 500qm erbracht, dem Wunsch nach einer Veranstaltungsfläche für 750 Personen im EG wird zusätzlich dadurch Rechnung getragen, dass die Hörsaalwand zum Foyer nicht nur komplett aufgeschoben werden kann, sondern dass die mobile Trennwand so in das Foyer verfahren werden kann, dass zusätzlich 165 qm dem Saal akustisch abgetrennt zugeschaltet werden können. Somit ist die Forderung für das EG erfüllt und gleichzeitig könnten in dem verbleibenden großen Saal in OG weitere 500 Personen digital der Veranstaltung zugeschaltet werden (d.h. der Entwurf verfügt eigentlich über ca. 165 qm mehr und zusätzliche Hörsaalfläche).
Auf der westlichen Seite des Gebäudes – am Luftraum des Foyers – liegen gut einsehbar alle „öffentlichen“ Säle; auf der östlichen Hälfte der abzutrennende medizinische Bereich mit sechs Sälen sowie auf zwei Geschossen die Laborflächen. Das Dekanat bildet zusammen mit der Fachschaft und dem Prüfungspool das Staffelgeschoss. Von Luftraum des öffentlichen Foyers gelangt man entweder in den abgeschlossenen Trakt des Dekanats oder direkt zum PC-Pool oder zur Fachschaft.
Technische Gebäudeausrüstung
Im Gebäude werden auskömmlich Flächen für die technische Versorgung vorgehalten. Auf der ober-sten Ebene befinden sich die Lüftungszentrale für die effizient getrennt versorgten Bereiche – Hör–säle, Labore, Foyers – sowie die große Kältezentrale, die auch weiteren Gebäuden dienen wird. Im Untergeschoss mit der doppelten Höhe beider Tiefgaragagengeschosse befinden sich im wesent–lichen die Trafos, die MSHV und die Heizzentrale. Das Fluchwegekonzept macht keine Sprinklerung des Hauses erforderlich. Die Technikverteilung erfolgt effizient und direkt über zwei großen Schacht-trassen jeweils an der Seite der Säle und direkt an den Sanitärbereichen über alle Geschosse.

Holz Hybrid-Tragwerk / Materialität
Die Struktur des Hauses folgt seiner Nutzung: Für optimale Akustik- und Sichtbedingungen haben die großen Säle ein hohes Raumvolumen und weitgespannte Holz-Deckentragwerke.
Es wird eine hybride Konstruktion vorgeschlagen, die die besonderen Materialvorzüge jeden Baustoffes optimal nutzt. Beton – idealerweise als Recycling-Beton – kommt nur dort zum Einsatz, wo es unumgänglich und sinnvoll ist: Im Bereich der Untergeschosse, der weitgespannten Foyer-decken und Galerien, des offenen Erdgeschosses und der Aussteifung des ansonsten gemauerten Hörsaalkubus. Die Wände des Kubus werden mit wenigen Ringbalken und wenigen vertikalen Beton-gliedern so ausgesteift, dass die große Masse, die auch zur Speicherung genutzt werden soll, ohne flächenaufwändige Wandvorlagen mit Ziegeln gemauert werden kann. Die Decken inklusive der Fassadenstützen des westlichen und östlichen Funktionstraktes können energieeffizient und nachhaltig aus Holz errichtet werden. Diese Hybridkonstruktion soll den CO2 Fußabdruck der Bau-maßnahme begrenzen, wird aber dennoch die Belange hinsichtlich Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Brandschutz berücksichtigen. So wird es bei den unvermeidlichen Betonkonstruktionen um den geringstmöglichen Einsatz von Masse und der Verwendung von so viel als möglich Recyclingbeton gehen. Die Speichermassen der offen verbleibenden Wand- und Deckenflächen (Hörsäle und Foyer) werden aber auch mit ihren passiven Eigenschaften das Raumklima des Foyers positiv be–einflussen.
Bei den Fassaden wird ein ausgewogenes Verhältnis zwischen opaken Flächen und Glasflächen angestrebt. In den Seitentrakten ist dieses durch den Anteil der tragenden Holzglieder und der dazwischen liegenden Holzleichtbau-Brüstungen ohnehin angemessen reduziert. Die geschosshohen Glasflächen des Foyers werden auf der Südseite mit außenliegenden automatisch gesteuerten Schiebeelementen mit Holzlamellen verschattet, auf der nördlichen Stadtseite können sie offen verbleiben. Das exponierte Staffelgeschoss erhält vor den drei sonnenbeschienenen Fassaden feste, durchlaufende Vertikallamellen, die mit Photovoltaik belegt sind und die gleichzeitig dem zurückgesetzten Volumen eine dauerhafte Verschattung sichern.

Brandschutz
Um die offene kommunikative Halle umzusetzen, wurde ein elaboriertes Fluchtwegekonzept mit drei notwendigen Treppenräumen – zwei davon als Schachteltreppe – entwickelt: Ziel ist es, alle Rettungswege aus allen Sälen und Räumen nicht über die offene Halle führen zu müssen, um in dieser keine aufwändigen Abtrennungen, Rauchschürzen oder gar Sprinklerungen zu haben.
Von den großen Hörsälen gelangt man jeweils direkt in ein Treppenhaus. Den westlichen fünf Seminarräumen ist ein weiteres Treppenhaus so vorgelagert, dass man – bevor man in die Halle müsste – direkt nach unten flüchten kann. Die östliche Seminar- und Laborschiene hat einen vorge-lagerten notwendigen Flur, der jeweils zu den beiden Schachteltreppen führt. Einen solchen not-wendigen Flur gibt es auch im 4. OG, der ohne Verbindung um die offene Halle herumführt und der alle Büros und den Rechnerpool abgetrennt an die beiden Treppenhäuser anbindet.
Die zwei zentralen notwendigen Treppenräume sind jeweils für die Erhöhung ihrer Kapazität zwischen 1. UG und 3. OG und für die wechselseitige Zugänglichkeit als Schachteltreppen aus–gebildet. So kann man sie aus den Hörsälen direkt begehen. Die Schachteltreppen, die von den Obergeschossen kommen, führen ins 1. UG und von dort sicher über jeweils einen Fluchttunnel direkt nach draußen. Große Veranstaltungen mit 700 Personen kann man im Erdgeschoss jeweils direkt entflüchten.

Energiekonzept / Energieeffizienz
Der kompakte Baukörper verfügt über ein gutes A/V Verhältnis. Seine hochwärmegedämmte Fassade mit ausgewogenem Fensteranteil steht für Energieeffizienz: Grundsätzlich können alle Räume jahreszeitabhängig über Öffnungsflügel in der Fassade natürlich belüftet werden. In der Heizperiode und zur mechanischen Be- und Entlüftung kommen drei Lüftungsanlagen mit einer Wärmerückgewinnung durch Rotationswärmetauscher zum Einsatz. Die Außenluft wird über einen Erdwärmetauscher auf der nicht unterkellerten, der Stadt zugewandten, Platzfläche im Sommer und Winter vorkonditioniert. Bedingt durch die Dämmqualität der äußeren Gebäudehülle und den hohen Wärmerückgewinnungsgrad der Be- und Entlüftungsanlage tritt die Wärmeversorgung des Gebäudes in den Hintergrund. Auf der weitgehend unverschatteten Dachfläche sowie an der Fassade des Staffelgeschosses wird Photovoltaik zum Einsatz kommen. Durch eine extensive Begrünung der Dachfläche neben der Technikzentrale wird der Abfluss des Oberflächenwassers verzögert und in einem Stauraumkanal gespeichert.

Wirtschaftlichkeit / Nachhaltigkeit
Die einfache Struktur und die durchgängige Lastabtragung über alle Geschosse versprechen einen moderaten baulichen Aufwand. Für Effizienz und Nachhaltigkeit im Betrieb sorgen klare Instal–lationswege. Nachhaltigkeit bei den Versammlungsräumen wird insbesondere durch eine optimale Funktionalität, Flexibilität und die ausgewogene technische Ausstattung erreicht. Die Teil- und Schaltbarkeit vieler Säle mit mobilen Trennwänden und gute Sicht- und Tageslichtbedingungen tragen zu einer hohen Nutzungsqualität und einer langen Nutzungsdauer bei.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit besticht durch ihre übersichtliche Organisation der geforderten Programmflächen. Sie erreicht dies durch die Innenlage der großen Hörsäle, um die sich die Erschließungs-, Foyer- und Lernflächen sowie die weiteren Gruppenräume legen. Durch diese Organisation ist es möglich, eine großzügig belichtete, vollflächig erschlossene und räumlich anregende Binnenzone zu schaffen, die ein angemessenes und vielfältiges Raumangebot und eine lebendige Atmosphäre schafft.
Insbesondere die Offenheit des Erdgeschosses zur Gleueler Straße, nach Westen und zum Campusplatz wird gewürdigt. Das Café ist richtig positioniert, ebenso der Stadtplatz nach Nordosten, der den Kontakt zum Stadtteil herstellt und ebenfalls der Erschließung des Gebäudes dient. Das Erdgeschoss ermöglicht durch seine großflächige Offenheit ein Höchstmaß an Flexibilität und gibt alle möglichen Veranstaltungen optimal Raum. Diese strukturelle Klarheit des Erdgeschosses setzt sich auf allen Ebenen fort und verleiht dem Gebäude eine wohltuende Ruhe mit entsprechender Orientierung. Erreicht wird dies auch durch ein intelligentes Entfluchtungskonzept, dass die räumlichen Qualitäten nicht durch Maßnahmen für den Brandschutz entstellt.
Anerkannt wird, die Hörsäle trotz Innenlage mit Tageslichtöffnungen zu versehen, sodass eine Außenwahrnehmung bei gleichzeitig gewünschter Konzentration ermöglicht bzw. erfahrbar bleibt. Bedauert wird hingegen, dass die Gruppenräume an der Joseph-Stelzmann-Straße nur über einen schmalen Flur / Korridor erschlossen werden, die der Raumqualität der anderen Flächen nicht entspricht. Die Untergeschosse bedürfen hinsichtlich der Geschosshöhe und Rampenlängen sowie der Garderoben- und WC-Flächen einer intensiven Überarbeitung.
Die gezeigten freundlichen Fassaden sind diszipliniert in Materialität und Struktur und geben insbesondere zum Campus Platz eine mögliche Fassung. Eine Transparenz lässt das Gebäude insbesondere in den Abendstunden zu einem leuchtenden Baustein werden und verschafft ihm an dieser Stelle die gemeinschaftliche Qualität als Auftakt des Universitätscampus. Der Außenraumperspektive fehlt es hier noch an Glaubwürdigkeit.
Insgesamt zeigt die Arbeit eine sehr gute Antwort auf die Aufgabenstellung und überzeugt durch zahlreche funktionale, räumliche und ästhetische Qualitäten.
Perspektive Innenraum

Perspektive Innenraum

Lageplan

Lageplan

Ansicht Nord/Stadtplatz

Ansicht Nord/Stadtplatz

Ansicht Süd/Campusplatz

Ansicht Süd/Campusplatz

Schnitt Hörsäle

Schnitt Hörsäle