Verhandlungsverfahren | 12/2021
Grundinstandsetzung Süd- und Südwestbau Germanisches Nationalmuseum in Nürnberg
©Onirism Studio für David Chipperfield Architects
Rekonstruktion Südflügel Kreuzgang
Zuschlag
Tragwerksplanung
bhp - Bummer Hof Planungs-GmbH
TGA-Fachplanung
TGA-Fachplanung
Bauphysik, Akustikplanung
Brandschutzplanung
Dr. Siebert und Partner Beratende Ingenieure
Fassadenplanung
Belzner Holmes und Partner Light-Design
Lichtplanung
Visualisierung
Erläuterungstext
Das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg ist Deutschlands größtes kulturhistorisches Museum. Vom kulturellen Reichtum des deutschen Sprachraums zeugen die vielfältigen Sammlungsobjekte von der Altsteinzeit bis in die unmittelbare Gegenwart. Auch die Architektur des Museums selbst ist ein beeindruckendes Zeugnis des kulturellen Erbe Europas aus vier Epochen. Im Zentrum des 1852 gegründeten Museums liegt das mittelalterliche Kartäuserkloster, ergänzt durch Gebäude des Historismus. Nach schweren Kriegszerstörungen prägen heute daneben die Bauten des
Wiederaufbaus von Sep Ruf aus den 1950er bis 1970er Jahren sowie die postmoderne Eingangshalle von 1993 den Museumskomplex.
Im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens erhielt David Chipperfield Architects Berlin den Auftrag zur denkmalgerechten Grundinstandsetzung des Süd- undSüdwestbaus. Wie in einer Zeitkapsel entsprechen technische Ausstattung und museale Präsentation dem Stand der 1960er Jahre und müssen an die heutigen Bedürfnisse angepasst werden. Darüber hinaus war die Verbesserung der Erschließungder einzelnen Museumsbauten ein wesentlicher Bestandteil der Planungsaufgabe. Die Grundinstandsetzung verfolgt das übergeordnete Ziel, die denkmalgeschützte Substanz weitgehend zu erhalten und teils ursprüngliche Zeitschichten wieder sichtbarzu machen. Unabdingbare Maßnahmen werden dabei behutsam und größtenteils nicht sichtbar integriert.
Der 1963 bis 1968 von Sep Ruf entworfene und realisierte Südbau öffnet sich mit seiner vollständig verglasten Nordfassade wie eine Schauvitrine
zum Klosterhof. Die energetische Ertüchtigung der Fassade, die Integration desLichtschutzes und der erstmalige Einbau einer Klimaanlage in den Obergeschossen sind notwendige Maßnahmen für den heutigen Museumsbetrieb. Der großflächige Einsatz von natürlichen Materialien wie Lehmbauplatten wirkt sich positiv auf das Raumklima aus. Ein Großteil der Böden, Decken- und Wandbekleidungen werden denkmalgerecht demontiert, gereinigt und wieder eingebaut. Eine zentrale Treppe sowie ein neuer Personenaufzug für den barrierefreien Zugang verbinden zukünftig die Geschosse innerhalb der Ausstellungsfläche. Der massive neugotische Südwestbau von Gustav von Bezold wurde um 1900 errichtet und beherbergt den Rittersaal, die Bauernstuben und zukünftig die Sammlung Musikinstrumente. Der Bauwurde nach Kriegsschäden ohne seine Ornamentik wiederaufgebaut. Im Rahmen der Instandsetzung werden überformte bauzeitliche Schichten wie die florale Deckenmalerei im Rittersaal wieder freigelegt, um die Idee der Architektur als Ausstellungsobjekt
zu betonen.
Um die Orientierung innerhalb des Museums zu verbessern, wird der Große Kreuzgang durch die Wiederherstellung seines Südflügels in Form eines schlichten Ziegelvolumen mit Spitzbogenfenstern und begrüntem Flachdach geschlossen. Mit diesem neuen Erschließungsweg ist zukünftig jedes Ausstellungsgebäude unabhängig zu erreichen, Sackgassen im Ausstellungsrundgang werden aufgelöst. Zudem macht die bauliche Ergänzung die ursprüngliche Dimension des Klosterhofs wieder erkennbar. Form und Material des neuen Südflügels stehen in der Tradition des Architekten Hans Döllgast – einem Weggefährten Rufs – der in seinen Entwürfen die Reparatur kriegszerstörter Gebäude durch sichtbares Mauerwerk aus Ziegeln kenntlich machte. Auf diese Weise ergänzt David Chipperfield Architects das Ensemble durch eine zeitgenössische Interpretation des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Kreuzgangs.
©Onirism Studio für David Chipperfield Architects
Kreuzgang und Verbindungsbau innen
©Onirism Studio für David Chipperfield Architects
Südbau innen
©David Chipperfield Architects
Grundriss Erdgeschoss
©David Chipperfield Architects
Schnitt
©David Chipperfield Architects
Ansicht Nord
©David Chipperfield Architects
Lageplan