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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2021

Neues Freiraumkonzept Arminiusstraße in Bonn

Vogelperspektive

Vogelperspektive

3. Preis

Preisgeld: 3.000 EUR

Machleidt GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Markus Fiegl Architekten

Architektur

Marek Jahnke Landschaftsarchitekt

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

DAS GRÜNE QUARTIER | Neues Leben am alten Wäldchen

Städtebauliche Leitidee
Das neu entstehende Quartier bildet innerhalb seiner heterogenen und durch sehr unterschiedliche Strukturen geprägten Umgebung auf überschaubarer Fläche einen eigenen Charakter aus, der im Inneren neue Qualitäten für die Bewohner*innen entstehen lässt und gleichzeitig auch den angrenzenden Bereichen neue, attraktive Freiräume und Nutzungen unter Einbeziehung des wertvollen Baumbestands anbietet.

Struktur und Typologie
Die behutsame Setzung der neuen Baukörper gibt den Beständen an der Arminiusstraße und am Gallierweg ein neues Rückgrat in Form der zentralen Quartiersachse und ihrer begleitenden und zu ihr adressierten Gebäude. Von Süden her entsteht durch das Freistellen der Baumbestände und die Aufnahme der Ausrichtung des Bestandsgebäudes (Nr. 65) ein begrünter Quartiersauftakt, der selbstverständlich in das Innere mit dem Spielwäldchen und der Quartiersachse leitet.
Typologisch unterscheiden sich die Gebäude in diesem Bereich von den weiter nördlich angrenzenden, wenngleich alle Neubauten als Geschosswohnungsbau (Zwei- bis Vierspänner) mit interner Mischung von Wohnungsgrößen und Finanzierbarkeiten angelegt sind. Während die einleitenden Gebäude im Süden eher längere Fassadenabwicklungen zeigen, werden die nördlichen Baukörper, die als Typenbauten seriell geplant werden können, durch eine stärkere Gliederung der Kubatur geprägt. Der Großteil der Gebäude wird viergeschossig mit partiellen fünfgeschossigen Bereichen und Einschnitten in den obersten Geschossen vorgesehen. Es entsteht ein lebendiges, aber dennoch räumlich leitendes Quartiersbild mit der funktionalen und ortsprägenden Mitte am Spielwäldchen.

Nutzungen und Abschnittsbildung
Die meisten Neubauten dienen programmgemäß dem Wohnen. Insbesondere entlang der Quartiersachse sind in den Erdgeschossen auch Mischungen aus Wohnen und Arbeiten wie Atelierwohnungen oder kleinere Büroflächen wünschenswert. Eine Konzentration von quartierswirksamen Nutzungen beinhaltet das Baufeld an der Ecke zum Gallierweg. Neben der Quartiersgarage mit Mobilityhub im EG entstehen im Übergang zur Quartiersachse Gewerberäume im EG, die vor allem als soziale Anlaufpunkte dienen sollen. Im Abschluss des Blocks Richtung Spielwäldchen findet folgerichtig die Kita ihren Platz (EG+1. OG). Neben der direkt zugeordneten Außenfläche kann diese auch das Spielwäldchen nutzen und beleben.
Die Entwicklung des Quartiers wird im Wesentlichen in zwei Abschnitten vorgeschlagen. In einem ersten Schritt können weite Teile der südlichen Gebäude an der Arminiusstraße errichtet und das Bestandsgebäude Nr. 61 ergänzt und aufgestockt werden. Durch die geschickten Einschnitte in den Dächern kann dies auch auf Grundlage des bestehenden Bebauungsplans mit rund 80 Wohneinheiten umgesetzt werden. In einem zweiten Schritt werden die artverwandten Baukörper im nördlichen Teil mit rund 40 Wohneinheiten sowie die Quartiersgarage und Kita ergänzt. Die Freiflächen können bereits im ersten Abschnitt in weiten Teilen hergestellt werden.

Mobilität
Grundgedanke ist ein Quartier, welches sich durch einen hohen Grad an Vernetzung innerhalb der näheren und weiteren Umgebung, insbesondere für Fuß- und Radverkehre, selbstverständlich in die vorhandenen Erschließungsnetze einfügt und diese sinnfällig ergänzt. Neben dem Aufgreifen der Radwege im Umfeld der Arminiusstraße werden auch die Fußwegeverbindungen zur Straßenbahn, den Bushaltestellen und zum Rheinufer miteinander auf der zentralen Quartiersachse verbunden. Es entsteht ein Quartier der kurzen Wege – innerhalb wie außerhalb.
Die Quartiersachse bietet Raum für Bewegung und Aufenthalt und kann im Bedarfsfall von Feuerwehr und Andienung (z.B. bei einem Umzug) befahren werden. Sie ist mit Drainpflaster befestigt (wasserdurchlässig) und zu 15 bis 20% begrünt. Aufenthaltsbereiche mit Bänken und Sitzmöbeln laden zum Verweilen ein. Pflanzinseln, Gräser, Baumneupflanzungen und Fassadenbegrünung geben dabei einen attraktiven freiräumlichen Rahmen.
Der Entwurf setzt den Grundgedanken des autofreien Quartiers konsequent um. Die Autos aller neuen Bewohner*innen finden nach Stellplatzsatzung Platz in der Quartiersgarage, die vom Gallierweg aus erschlossen wird, nur designierte, wohnungsnahe Behindertenstellplätze befinden sich im Quartier. In einem Tiefgeschoss und 2 Obergeschossen bietet die Quartiersgarage 90 PKW-Stellplätze an, wobei insbesondere die oberirdischen Geschosse bei rückläufigem Bedarf auch anderweitig genutzt werden können.
Darüber hinaus werden im ebenengleichen Erdgeschoss ergänzende Mobilitätsangebote verortet, die von gesicherten Fahrradabstellflächen über Stellplätze für Sharingfahrzeuge bis hin zu einem für Quartiersbewohner*innen verfügbaren Pool an Lastenrädern und E-Bikes reicht. Die durch das breite Angebot in Abzug zu bringenden konventionellen Stellplätze können bei entsprechender Bewilligung zu einer nachträglichen Verkleinerung der benötigten Nutzfläche führen.
Weitere Fahrradstellplätze sind dezentral im Quartier verteilt und zum Teil den Gebäuden zugeordnet.Die FW-Flächen werden zeitgemäß markiert und dienen als Spielflächen. Vier Unterflur-Müllsammelstellen an den Quartiersausgängen (gut anfahrbar für Entsorger) stellen die Entsorgung sicher.

Nachhaltigkeit, Klimaanpassung und regenerative Energien
Alle Gebäude, inkl. des Anbaus und der Aufstockung des Bestands (Nr. 61) im Westen, können in Holzbauweise hergestellt werden. Selbst die Quartiersgarage mit ihrem modularen System ist in Holzhybridbauweise umsetzbar. Auch die Fassaden sollen vorwiegend mit nachwachsenden und regionalen Rohstoffen hergestellt werden.
Der Entwurf legt besonderen Wert auf den Erhalt der ortsprägenden und stadtklimatisch äußerst wertvollen Baumbestände. Es müssen nur wenige Einzelbäume fallen, die aber durch eine höhere Zahl an Neupflanzungen kompensiert werden. Die wesentlichen Bereiche der Gebäudegrundflächen werden auf heute bereits durch Stellplätze oder Zufahrten versiegelten Arealen platziert, insgesamt kann durch die wasserdurchlässigen Beläge der Quartiersstraße sogar ein geringerer Versiegelungsgrad als im Bestand realisiert werden.
Die Ausrichtung der Baukörper ermöglicht an einigen Fassaden gestalterisch integrierte PV-Module zu verwenden. Die Dächer werden als Flachdächer Teil der grün-blauen Infrastruktur, in die Wasserkaskade von Dach über Fassade und Freiflächen im Sinne der Schwammstadt eingebunden und nehmen auf den Hauptflächen darüberliegende, leicht aufgeständerte PV-Module zur Energiegewinnung auf. Der Großteil der Freiflächen dient neben Aufenthalt und Erholung der Umsetzung des abflusslosen Quartiers, von dem aus kein Oberflächenwasser in die Kanalisation abgegeben, sondern wo dieses vor Ort zur Bewässerung der Bäume und Grünflächen genutzt oder über zusätzlich in den Retentionsflächen ausgebildeten Versickerungsmulden über belebte Bodenzonen versickert.

Freiraum
Der "Schmuckplatz" am Quartierseingang mit seinen Bestandsbäumen und gestalterisch integrierten Mulden wird durch kompakte Liegewiesenbereiche ergänzt – Rasen betreten erlaubt! Die öffentliche "Grüne Lunge" bildet den zentralen, stark begrünten Bereich des Quartiers, in welchen ein Spielwäldchen von 800 m² Fläche integriert und topografisch gestaltet wird.
Die KITA-Außenfläche misst 615 m² (auch größer möglich) und wird durch einen Zaun mit Hecke eingegrenzt (Sichtschutz).
Die privaten Grünflächen gliedern sich in EG Mietergärten mit Terrasse plus Mietergärten für OGs, welche über einen Nebenweg zugänglich sind.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf schafft mit seiner räumlichen Fassung klar definierte Eingangssituationen.
Das Preisgericht lobt die prägnante städtebauliche Haltung und die vorgeschlagene Grün- und Freiraumkonzeption, die sich kontinuierlich durch das Gebiet erstreckt. Jedoch wird die große städtebauliche und freiraumplanerische Geste der Öffnung zur Arminiusstraße im Süden kritisch gesehen. Auch die dort geschaffene trichterförmige Platzsituation wird hinsichtlich ihrer Differenzierung und Funtkion kritisch hinterfragt. Der vorgeschlagene Standort der Kita erscheint nicht optimal. Insgesamt hat der Entwurf zwar eine konsequente und präfnanten Haltung, jedoch wirken die vorgeschlagenen Typologien starr und wenig flexibel, weshalb der Entwurf nicht vollständig zu überzeugen weiß.
Konzept 1:1.000

Konzept 1:1.000

Lageplan 1:500

Lageplan 1:500

Perspektive südlicher Quartierseingang

Perspektive südlicher Quartierseingang

Leitidee

Leitidee

Schnitte 1:500

Schnitte 1:500