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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2022

„Landratsamt der Zukunft“ in Würzburg

ein 3. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

Lehmann Architekten GmbH

Architektur

w+p Landschaften

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Idee und städtebauliches Konzept
Baukörper aus unterschiedlichen Bauepochen bilden ein Ensemble und formen einen zentralen Platz, der aus allen Richtungen erreicht werden kann. Ihre Eingänge
orientieren sich zur gemeinsamen Mitte.

Das neue Verwaltungsgebäude signalisiert durch seine einfache Architektursprache den neuen Eingangsbereich und vermittelt sofort eine nachhaltige und zeitgemäße Haltung einer modernen Verwaltung.


Entwurfsschritte
1. Aufnahme der vorhandenen städtebaulichen Merkmale:
Aufgelockerte, parallel verlaufende, aus unterschiedlichen Epochen entstandene
Bebauung.

2. Darstellung des erforderlichen Bauvolumens auf der Grundlage des
Raumprogrammes und den spezifischen Anforderungen an die Funktionalität.

3. Volumenreduzierung durch Gliederung der Baumasse. Einfügung in den
historischen Kontext sowie bessere Bedingungen für neue Arbeitswelten -
hell, freundlich, natürliches Licht, Aufenthaltsmöglichkeiten im Freien etc.

4. Neubaumaßnahmen und Bestandsgebäude werden ein Ensemble und
bilden zusammen mit den Freianlagen die neue Adresse –
Verwaltungscampus Kreisverwaltung Würzburg.


Architektur, Funktionalität, Konstruktion und Nachhaltigkeit
Die aus dem städtebaulichen Kontext entwickelte Verwaltungsstruktur eignet sich in besonderer Weise, dem Wunsch der Kreisverwaltung mit dem Neubau an moderne, dynamische Arbeitswelten anzuknüpfen. Die lockere Bebauung des Stadtteils
Frauenland mit dem Gartenstadtcharakter wurde deshalb zum Leitmotiv der
Entwurfsplanung und bildete die Basis für den Wunsch Aufenthaltsqualität im Innen- und in den Außenbereichen umzusetzen.

Die drei pavillonartigen Gebäudeteile werden über eine zusammenhängende
Erdgeschosszone mit zwei Erschließungselementen barrierefrei miteinander
verbunden. Hier sind die vier geforderten Organisationseinheiten, modular aufgeteilt für je 20 Arbeitsplätze, ohne notwendige Flure über zwei Geschosse mit der
notwendigen Flexibilität für veränderbare Arbeitswelten untergebracht. Hell, freundlich mit viel natürlichem Licht und natürlicher Lüftungsmöglichkeit etc., alles mit hoher
Aufenthaltsqualität.

Die Erdgeschosszone mit Foyer und Bürgerservice, Besprechungs- und Schulungs-bereich sowie Cafeteria mit Mitarbeiterbereich bilden zusammen mit dem
neugestaltetem Außenbereich das neue Zentrum der Kreisverwaltung. Das Foyer mit Bürgerservice wird am neuen Forumsplatz die gewünschte Anlaufstelle und verbindet die unterschiedlichen Bestandsgebäude außen sowie Besprechungs-/Cafeteriabereich im Innern miteinander.

Der Besprechungsbereich, in dem auch Schulungen und Sitzungen stattfinden
können, erhält einen Eingangsbereich für separate Nutzungen. Dieser Bereich ist so angelegt, dass durch mobile Trennwände Abtrennungsmöglichkeiten entstehen, die Nutzung auch außerhalb der Arbeitszeiten möglich ist.

Die zwischen den Gebäudegliedern entstehenden Innenhöfe eignen sich in
besonderer Weise für die gewünschten Aufenthaltsmöglichkeiten im Freien für
Besucher und Mitarbeiter.

Die auf einem orthogonalen Raster entwickelte Verwaltungsstruktur wird in einer
Holzhybridbauweise vorgeschlagen. Die Verwendung von Holz sichert zum einem
eine ressourcenschonende Bauweise und zum anderen vermittelt der Baustoff Holz eine moderne, nachhaltige Haltung des Bauherrn sowohl nach Innen als auch Außen.
Die Arbeitswelten profitieren vom Baustoff Holz zusätzlich durch seine behagliche und natürliche Atmosphäre und tragen deshalb wesentlich zu einer Wohlfühlarbeitswelt bei.

Architektur mit ökologischer Ausrichtung bedeutet neben der Reduzierung von CO2 belasteten Materialien auch Verbesserung der Energiebilanz. Es wurde deshalb
darauf geachtet, dass die Fassaden ein ausgewogenes Verhältnis zwischen
transparenten und geschlossenen Wandteilen aufweisen. Die geschlossenen
Fassadenteile der Außenfassade werden in einer hochgedämmten, vorgesetzten
Schindelverkleidung vorgeschlagen. Dazu Fensterelemente in einer hochwertigen Holzkonstruktion in 3-fach-Verglasung und außenliegenden textilem Sonnenschutz.

Diese insgesamt wärmebrückenfreie Konzeption bietet die Grundlage für den Erfolg weiterer energetischen Maßnahmen. So kann z. B. das vorgeschlagene extensiv
begrünte Flachdach eine Photovoltaikanlage aufnehmen und diese optimal ausrichten. Neben diesem technischen Vorteil sorgt ein begrüntes Flachdach auch für einen gewissen Ausgleich für das in Anspruch genommene Gelände und entlastet darüber
hinaus durch die Rückhaltung von Regenwasser die örtliche Infrastruktur.

Freianlagen, ein Campus für die Verwaltung
Die Neugestaltung von dem öffentlichen Raum formuliert zusammen mit dem Neubau einen städtebaulichen Impuls als verbindend und zukunftsorientiert ausgestalteten Campus von dem Landratsamt hier in Würzburg. Das neue Gebäude ergänzt sich hierbei wohltuend mit den Bestandsgebäuden und bildet somit ein ausgewogenes Ensemble zur Stärkung von einer ausgewogenen belebten Mitte, als ein pulsierendes Herz der Verwaltung.


„Forum Neue Mitte“
Die Architektur zeigt sich zu allen Seiten offen, definiert Eingänge, Durchgänge und Verbindungen. Dadurch entstehen großzügige Freiflächen und geschützte Zwischenräume. Die Freiraumplanung stärkt diese besonderen Qualitäten, integriert die Bestandsbäume und formt im neu angelegten Innenhof ein „Forum der Neuen Mitte“. Das bedeutet eine angemessene Adresse mit attraktiven Aufenthaltsmöglichkeiten für vielfältigste Anlässe und Nutzungen.

Funktionale Anforderungen wie Vorfahrt, Parkierung, Fahrradstellplätze, Anliefermöglichkeiten, Rettungswege werden wie selbstverständlich berücksichtigt. Sitzmöglichkeiten, Wasserspiel, mobile Pflanzgefäße und eine stimmungsvolle Ausleuchtung in den Abendstunden sind die schmückenden Accessoires der qualitätsvollen Neugestaltung. Hierbei werden ökologische Belange wie Dachbegrünung, Regenwasserversickerung und die Verwendung von Materialen aus der Region gleichermaßen beachtet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf stellt mit seiner Kammstruktur einen eigenständigen Beitrag dar. Das gestreckte Gebäude fügt sich vergleichsweise locker in den Freiraum ein , hält ausreichende Abstände und rundet das Quartier in Richtung Norden maßvoll ab. Der Neubau nimmt sich gegenüber dem denkmalgeschützten Landratsamt (zu) stark zurück. Selbst von weitem wird die dominante Bauanlage des vorhandenen Landratsamtes als Denkmal wahrgenommen, dies trifft ebenfalls für die Kirche zu. Dem dreigeschossigen Neubau, in der auch für viele andere Nutzungen geeigneten Kammstruktur, fehlt jedoch die Kraft, um neben dem dominanten Bestandgebäude zu bestehen. Ob mit der hinlänglich bekannten Bautypologie, die funktional zweifellos für neue Arbeitswelten eine gute Grundlage ist, im gegebenen städtebaulichen Kontext ein Landratsamt der Zukunft mit eigener Adressbildung / Identität geschaffen werden kann, wird hinterfragt. Insgesamt steht das Gebäude im Grünen und vermittelt eine nachhaltige, zeitgemäße Haltung durch ein ausgewogenes Verhältnis von Grün zu befestigten Flächen. Der Erhalt von oberirdischen Stellplätzen wird positiv gesehen, wobei die Parkplätze an der südwestlichen Seite wegen der Kreuzung mit der Tiefgarageneinfahrt problematisch anzusehen sind. Auch die südöstlichen Parkplätze sind zu hinterfragen. Auf die Herausforderungen der Regenwassernutzung wurde nicht angegangen. Das Erschließungskonzept ist klar und überzeugend. Alt- und Neubau haben eine gemeinsame Mitte und sind von drei Seiten gut erreichbar. Die gute Durchwegung wird positiv gesehen und kann auch von der Öffentlichkeit genutzt werden. Gut gelöst ist die Funktionalität der Tiefgarage, bei der die Aufzüge an der richtigen Stelle in der Mitte der Halle ankommen. Sie unterschreitet die Sollzahl der Stellplätze jedoch deutlich. Geschützte Fahrradstellplätze fehlen ebenfalls. Die Innenraumaufteilung besticht durch eine sehr gute Funktionalität und erfüllt die Anforderungen eines Landratsamtes der Zukunft in besonderer Weise. Hierin sieht das Preisgericht die besondere Qualität des Beitrags. Der Eingang zum Innenhof ist gut positioniert und öffnet sich zu einem großzügigen Bürgerfoyer. Innenhöfe laden entweder zur Erholung oder zum Arbeiten im Freien ein. Die im Erdgeschoß gut verortete Cafeteria könnte für die Außennutzung im Seitenbereich zum Freisitz hin geöffnet werden. Zwei geräumig gestaltete Treppen laden zum Aufgang in die Obergeschosse ein. Die Bürogrundrisse sind flexibel und lassen verschiedene Arten von Arbeitswelten zu. Die Arbeitsbereiche sind gleichwertig, außenorientiert und gut tagesbelichtet. Auch die vorgeschlagene Aufteilung öffentlicher Bereiche und der Meeting Zonen im EG, sowie ORG1 im 1.OG, ORG 2-4 im 2.OG sind funktional überzeugend gelöst. Nach den Kenndaten lässt der Entwurf im Vergleich aller Arbeiten auf eine besonders wirtschaftliche Lösung schließen. Aufgrund der klaren Grundstruktur ist der Bau wirtschaftlich und rationell zu erstellen. Die vorgeschlagene Hybridkonstruktion ist eine zeitgemäße Lösung. Die Holzschindelfassaden wirken im Kontext des Bestandes jedoch fremd. Als Bautypus für ein Landratsamt mit neuen Arbeitswelten ist der Entwurf mit seiner Kammstruktur eine gute Grundlage, die jedoch städtebaulich an diesem Ort nicht restlos überzeugen kann.