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Einladungswettbewerb | 07/2021

Klimaanpassung im Wohnungsbau Kopernikusstraße in Ingolstadt

Realisierungs- und Ideenteil

Realisierungs- und Ideenteil

4. Preis / Realisierungsteil

Preisgeld: 4.000

SETUP Landschaftsarchitektur PartG mbB

Landschaftsarchitektur

ap88 Architekten Partnerschaft mbB Bellm / Löffel / Lubs / Trager Freie Architekten BDA

Architektur

Erläuterungstext

IDEENTEIL

Gesamtkonzept Freianlagen

Das Wohnquartier ist geprägt durch die Zeilenbebauung der 60er Jahre, konventionelle grüne

Wohnhöfe und breitflächige Parkierungsanlagen. Der wichtigste Schritt zur Verbesserung der Wohnund Klimaqualität ist die Bündelung des ruhenden Verkehrs und die damit verbundene Entsiegelung von ca. 12.000m² befestigter Flächen. Dazu werden an drei zentralen Punkten ein Parkdeck sowie

zwei Tiefgaragen mit darüber liegenden Carports errichtet. Die restlichen Stellplätze verbleiben auf kleinen Garagenhöfen die mit Dachbegrünung aufgewertet und Carports ergänzt werden.

Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Reduzierung des Individualverkehrs durch die Installation von CarSharing und E-Bike Leihstationen. Dazu werden den drei Sammelparkzonen überdachte Mobilitätspunkte mit entsprechenden Angeboten bis hin zu Pick-Up & Drop-Off Zonen gemacht.

Ziel der Freiraumplanung ist die Vernetzung vorhandener hochwertiger Grünstrukturen in der Ebene und im Raum. Darin eingebettet greift das neue Wegekonzept die vorhandene Erschließung auf, stellt attraktive neue Verbindungen her und führt sie zu einem Gesamtnetz von Fuß- und

Radwegen mit Anbindung an die weiteren Stadtgebiete und den ÖPNV zusammen. Dabei werden die bereits umgesetzten Maßnahmen aus dem Sanierungsgebiet, wie Laubengänge, Mietergärten und Unterstände in modifizierter Form auf das gesamte Areal übertragen. So erhalten fast alle Wohnhöfe neben kleinen Sitzgruppen das Angebot zum Urban Gardening. In der eher gemeinschaftlichen Form des Gärtnerns stärkt diese Form der Mietergärten das soziale Gefüge des Viertels und kann allen Wohnparteien zugutekommen.

Beim Entsorgungskonzept wird konsequent auf unterirdische Container umgestellt. Die so freiwerdenden Müllhäuser werden teilweise mit Pergolen oder Dächern ergänzt und als Fahrradunterstände zu Verfügung gestellt.

Die Kopernikusstrasse und die Keplerstraße werden in Shared Space Flächen umgewandelt. Rad-, Fußgänger- und motorisierter Verkehr erhalten die gleiche Nutzungsberechtigung. Ausgewiesene Stellplätze begrenzen den ruhenden Verkehr auf das notwendige Minimum und lassen so Raum für

einen großzügigen zusätzlich nutzbaren Freiraum für die Anwohner. Ein einheitlicher Belag aus Betonpflaster definiert die Fläche und schafft Barrierefreiheit. Wechselseitige Pflanzbeete mit Bäumen begrünen den Straßenraum. Entlang der Guerickestraße werden durchgehend Senkrechtparkfelder angeordnet. Mit neuen Baumreihen, Hochbeeten und Sitznischen entsteht eine kleine Promenade, die einen Übergang zu den Gartenstrukturen der angrenzenden Wohnhöfe bildet.

Als Pendant zu den multifunktionalen Straßenräumen werden die zwei zentralen Grünflächen außerhalb der Wohnhöfe als kleine Parkanlagen gestaltet. Neue Bewegungs- und Aufenthaltsbereiche treten an die Stelle der freiwerdenden Flächen und bieten zudem die Möglichkeit zur großflächigen Regenwassersammlung und -versickerung. Hier werden zusätzlich Angebote für Ältere mit einer Calisthenicsanlage und Outdoorfitnessgeräten gemacht.


Maßnahmen zu Klimaanpassung und Artenschutz

Über 15.000m² Fläche werden in Animal Aided Design umgewandelt. Sie dienen zur Steigerung der Biodiversität und schaffen gleichzeitig eine Verbesserung des Kleinklimas. Hierzu zählen die Extensivierung von Scherrasen in zweischürige Wiesen, die Anlage von Blühstreifen als Bienen- und

Insektenweide sowie die Neupflanzung von strukturreichen Heckeninseln. Wo die Regenwasserableitung oberflächig erfolgen kann, werden die Wiesen als wechselfeuchte Zonen ausgebildet. Des Weiteren werden an den Gebäuden neue Lebensräume durch Dach- und Fassadenbegrünung geschaffen. Fledermauskästen, Nisthilfen sowie Insektenhotels können an geeigneter Stelle eine sinnvolle Ergänzung des Artenschutzprogrammes sein.

Zur Verschattung im Freiraum werden ca. 140 neue Bäume gepflanzt, die die Zahl der Hitzeinseln langfristig verringern. Mit über 3.500m² Fassadenbegrünung v. a. an fensterlosen Südfassaden wird der Aufheizung der Gebäude entgegengewirkt und das Klima kleinräumig verbessert. Zur kurzfristigen Verschattung von Wegen und Aufenthaltsbereichen dienen über 900m² berankte Pergolen. Wo es das Sicherheitskonzept zulässt, werden auch die Zugänge zu den Gebäuden und angrenzende Unterstände mit Laubengängen überstellt.

Die oberflächige Sammlung und großflächige Versickerung von Regenwasser trägt ebenfalls zur Temperaturregelung bei. Hauptsächlich dienen diese Wiesenmulden zur Ableitung des Oberflächenwassers von allen Dachflächen der Wohngebäude und Carports sowie der angrenzenden

befestigten Flächen. Sie sind Teil eines umfassenden Regenwasserkonzeptes, das die Versickerung des gesamten anfallenden Regenwassers vor Ort zum Ziel hat. Dazu werden über 1.000 m Rigolen und Mulden zur Ableitung des Wassers von den Gebäuden und Weiterleitung in die ca. 2.000 m²

großen flächigen Mulden geplant. Diese können in trockenen Zeiten als Rasenspielfelder genutzt werden. Die Straßenentwässerung leitet das Oberflächenwasser in Baumrigolen zur Bewässerung des Straßengrüns. Auf ca. 6.000m² Flachdächern der bestehenden und geplanten Wohnhäuser sowie

denen von Parkdeck und Carports sorgt eine extensive Begrünung für die Rückhaltung und Verdunstung des Regenwassers.


REALISIERUNGSTEIL

Städtebau und Architektur

Die geplante Wohnanlage bildet den westlichen Abschluss der Zeilenbebauung aus den 1960-er Jahren zur Kopernikusstraße. Durch die Kombination aus Punkt- und Winkelgebäude wird exemplarisch ein modularer Stadtbaustein vorgeschlagen, der in der Wiederholung eine Abfolge unterschiedlicher Höfe generiert. Durch die klare Setzung gelingt es, eine neue Adresse mit eigener Identität zu schaffen und dabei die bestehende Zeilenbebauung selbstverständlich in das Gesamtkonzept zu integrieren.

Den Außenbereichen, die gleichermaßen Aufenthalts- und klimaverbessernde Grünräume sind, kommt dabei entscheidende Bedeutung zu. Indem sie sich im Wechsel zur Straße und zum Innenbereich U-förmig öffnen, wird die Wohnanlage mit der Stadt locker verwoben.

Die unterschiedlichen Typologien der Gebäude haben differierende Erschließungstypen zur Folge. Das Punkthaus ist als klassischer 2-Spänner konzipiert, während die Wohnungen des Winkelbaus über einen offenen Laubengang erreicht werden. Gleichwohl sprechen beide Typen die gleiche

architektonische Sprache, die durch die Verwendung von Holz (Weißtanne aus der Region) für die Fassade und die intensive bodengebundene Fassadenbegrünung Nachhaltigkeit und klimabewusstes Bauen zum Thema macht.


Äussere Erschließung

Die Erschließung der Wohnanlage knüpft an die bestehenden Strukturen an. Über einen separaten Hauptweg gelangt man durch das Quartier von der Kopernikusstrasse zu den benachbarten Wohnzeilen bis hin zur Hauptstraße. Das Wegenetz ermöglicht abwechslungsreiche Spaziergänge.

Die notwendigen Stellplätze für den Wohnungsbau sind komplett in der Quartiers-Tiefgarage auf der gegenüberliegenden Seite der Kopernikusstraße untergebracht. Durch die Unterbauung der bestehenden Parkplätze mit einem Tiefgaragengeschoss, wird zusätzliche Versiegelung von

Flächen vermieden. Die Tiefgaragenzufahrt befindet sich an der Südwestecke des Grundstücks, wo aufgrund der Topographie eine fast ebenerdige Zufahrt möglich ist.

Fahrradstellplätze gibt es straßenseitig, im Hof sowie in der Tiefgarage.


Nutzungskonzept, soziale Belange

Der Quartiersgedanke hat einen hohen, übergeordneten Stellenwert. Das beinhaltet konzeptionell nachbarschaftliche Kommunikation zu fördern ebenso wie den Impuls der Bewohner sich mit „ihrem Kiez“ zu identifizieren. Neben den Freianlagen sind in diesem Zusammenhang die Erschließungsräume relevant, die als großzügige Kommunikationsräume mit zusätzlichem Aufenthaltsangebot konzipiert sind.


Wohnungen und Raumangebot

Alle der Wohnungen profitieren von einem offenen durchgesteckten Grundriss (Durchwohnen) welcher natürliche Querlüftung und Belichtung aus mindestens zwei Himmelsrichtungen ermöglicht.

Vor den Wohnungen des Winkelbaus erweitert sich der Laubengang, wodurch eine Vorzone mit Aufenthaltsqualität entsteht. Diese potenzielle Wohnraumerweiterung ist geeignet interaktiv nachbarschaftliche Beziehungen zu fördern.

An die erweiterte Vorzone angegliedert ist der Essbereich. Sowohl die in ihrer Materialität geschlossene Eingangstür, als auch das garderoben- Küchenmöbel gewährleisten Blickschutz und Privatheit. Das Wechseln der Räume von Schlafzimmer zu Bad kann so unbeachtet von dem

restlichen bewohnten Teil der Wohnung passieren.


Freiraumgestaltung

Zur Straße wird ein städtisches Vorfeld mit Baumbeeten und Bänken angelegt. Gartenseits werden vier kleine thematisch unterschiedliche Wohnhöfe gestaltet. Die zwei äußeren Höfe nehmen aktive Nutzungen wie ein Boulespielfeld und eine Spielwiese auf. In den zwei inneren Höfen bieten

gärtnerisch gestaltete Gartenanlagen die Möglichkeit zum Ausruhen, Lesen und den sozialen Austausch. Hier wird das überschüssige Regenwasser sowohl der Retensionsdächer als auch der angrenzenden Wohnzeilen zum einen in einem Teich und zum anderen in einer Zisterne zur Bewässerung von Beeten (Urban Gardening) gesammelt.

Als Abgrenzung der privaten Bereiche sind den Terrassen der Erdgeschosswohnungen Blühstreifen und Pflanzbeete vorgelagert. Mittels Fassadebegrünung werden auch die neuen Gebäude gestalterisch und klimatisch aufgewertet.


Nachhaltigkeit, Klimaanpassung und Energieeffizienz

Die Baukörper verfügen aufgrund der klaren geometrischen Grundstrukturen über ein sehr gutes A/VVerhältnis. Dieses bildet die Voraussetzung für einen niedrigen Heizwärmebedarf in Verbindung mit einer energieeffizienten CO2-neutralen Bauweise. Die Gebäudehülle ist durch hoch wärmegedämmte Holzelemente sowie 3-fach verglaste Fenster bezüglich Wärmeverluste optimiert.

Raumweise angeordnete Zu- und Abluftelemente mit Wärmerückgewinnung stellen eine energieeffiziente kontrollierte Wohnraumbelüftung sicher.

Der Anschluss an das vorhandene Nah-/Fernwärmenetz wird mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe kombiniert, um einerseits den Anteil an regenerativen Energien zu erhöhen und andererseits im Sommer Kühlung zur Verfügung zu stellen.

Die Dächer sind als intensiv begrünte Retentionsdächer ausgelegt. Dadurch verzögern sie nicht nur den Abfluss von Starkregenereignissen, sondern sorgen durch erhöhte Verdunstung für Kühlung und bilden wichtige Rückzugsräume für die Tierwelt. Das überschüssige Niederschlagswasser der Dächer

wird in Zisternen in den Wohnhöfen geleitet und gespeichert. Aus diesem Reservoir wird die bodengebundene und nicht-bodengebundene Vertikalbegrünung der Gebäudefassaden bewässert, die wiederum auch zur Verbesserung des Klimas im Wohnumfeld beiträgt. Zusätzliche und

überschüssige Niederschlagsmengen aus den Zisternen werden in Wiesenmulden geleitet. Zusätzlich sind auf den Flachdächern PV-Flächen vorgesehen.


Holz-Hybridbauweise

Präzise Details und solide Verarbeitung pur eingesetzter Werkstoffe bestimmen das Materialkonzept. Tragwerk und Hülle basieren auf einer klaren geometrischen Ordnung. 

Die Gebäude sind modular in Holz-Hybridbauweise geplant. Außen- und Innenwände werden als Holzkonstruktion errichtet und durch Decken aus Stahlbeton ergänzt. Fassadenelemente aus heimischer Weißtanne unterstreichen eine ökologisch orientierte Grundhaltung.

Perspektive Innenhof

Perspektive Innenhof

Wohnungsbau mit Freiflächen

Wohnungsbau mit Freiflächen

Realisierungsteil Wohnungsbau

Realisierungsteil Wohnungsbau

Ideenteil Freianlagen

Ideenteil Freianlagen