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Offener Wettbewerb | 01/2022

Neubau Volksschule Goumoëns in Bern (CH)

DOUGLAS

4. Preis

Preisgeld: 30.000 CHF

Michaela Stolcova

Architektur

Clair Ensange

Architektur

Un-Icon Studio

Architektur

APROPOS ARCHITECTS

Architektur

SIMA | BREER GmbH

Landschaftsarchitektur

Ryffel Engineering

Bauingenieurwesen

Lippuner Energie- und Metallbautechnik AG

TGA-Fachplanung

Jäger Partner AG Bauingenieure

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

DOUGLAS


Zwischen den Rangiergleisen der BLS und dem Steinhölzliwald gelegen, kann das Areal Goumoëns auf verschiedene Arten interpretiert werden. Das Verfasserteam von Douglas betont den landschaftlichen Charakter des Ortes und blendet die Nachbarschaft zur rauen Infrastruktur der Bahn aus. Vis-à-vis des bogenförmigen Waldrands an der Gumere-Matte wird entlang der Gleise und der Goumoënsstrasse der schöne Baumbestand aufgeforstet, sodass in der Mitte des Areals eine Lichtung entsteht. Hier wird ein Solitär platziert. Geschickt wird das freistehende Schulhaus am Ort der heutigen Beachvolleyballfelder angeordnet. Da sein Fussabdruck ebenfalls den bestehenden Sportfeldern entspricht, müssen voraussichtlich nur wenige Bäume abgeholzt werden. Durch den sorgfältigen Umgang mit der gegebenen Situation wirkt die Erzählung eines öffentlichen Gebäudes im Park glaubwürdig. Während die ungedeckten Veloabstellplätze ungeschickt angeordnet sind, überzeugt die Anordnung der gedeckten Abstellplätze entlang der Goumoënsstrasse. Positiv fällt der sorgfältige Umgang mit dem Baumbestand auf. Dieser wird in selbstverständlicher Manier in die neue Umgebung integriert.


Die Zugänglichkeit des Gebäudes mit vier Ein- und Ausgängen ist im Grundsatz attraktiv. Mit der Stapelung dünner Deckenränder wird der Solitär als leichter Pavillon ausgebildet. Während in den oberen Geschossen die auskragenden Ränder lediglich Brise soleil in der Form von Gitterrosten sind, wird die Decke im Erdgeschoss als über dem Terrain schwebende Plattform gestaltet. Über drei Treppen und eine Rampe ist der abgehobene Umgang zugänglich, an dem die dezentralen Eingänge in das Schulhaus liegen. Durch die örtlichen Aufgänge und den gleichförmigen Umgang werden die Wege der Schüler*innen kanalisiert. Das damit entstehende Netz an Wegen und Spielräumen verwebt sich geschickt ineinander und überlagert schulische Anforderungen mit quartierbezogenen Nutzungen. Es entsteht ein stimmungsvoller, identitätsstiftender Freiraum mit parkartigem Charakter. Diese Art der Wegführung entspricht nicht dem spontanen Verhalten von Schulkindern. Für die Kinder der Basisstufe fehlen direkt zugängliche und übersichtliche Freiräume. Es zeigt sich, dass die Idee einer schwebenden Plattform eine ästhetische ist und nicht von den Bedürfnissen der Kinder hergeleitet wird.


Unter dem leicht aus dem Terrain ragenden Erdgeschoss liegt die Sporthalle, die auf beiden Längsseiten natürlich belichtet wird. Durch diese Anordnung entsteht zwar eine tiefe Baugrube, dafür ist der Fussabdruck der Schule minimal und die Gumere-Matte kann vollständig erhalten und mit grosszügigen nicht unterbauten Freiräumen ergänzt werden.


Die Jugendräume sind vom Quartier abgewandt und verfügen über einen gedeckten Aussenbereich. Die Nutzung der Toiletten der Sporthalle müsste ermöglicht werden. Die Rollsportanlage ist dem Quartier zugewandt, was zu Konflikten aufgrund von Lärmimmissionen führen kann. Ein grosser Mehrzweckraum ist für die mögliche Nutzung durch das Quartier gut angelegt und lässt sich vom weiteren Schulbetrieb abgrenzen.


Ein Kranz von gut belichteten Unterrichtsräumen umschliesst eine weite Halle mit zwei grosszügigen Treppenanlagen. In der Mitte der Halle sind zwei schmale dia - gonal zueinander liegende Lichthöfe durch die Decken gestanzt. Bei den Lichthöfen sind die Gruppenräume angeordnet, die als offene nur durch Vorhänge abgetrennte Räume dargestellt sind. Auch diese Lösung ist ästhetisch ansprechend, für den alltäglichen Gebrauch der Schule aber nicht geeignet. Es handelt sich um einen Hybridbau mit viel Massivbau im Sockelbereich und einem darüberliegenden viergeschossigen Holzbau. Der Vorteil des Hybridbaus liegt in der guten Materialzuweisung und der effizienten Nutzung der Materialeigenschaften. Die Lastabtragung über der Turnhalle erfolgt über fünf zweigeschossige Fachwerkträger. Darum herum und darüber ist im passenden Raster eine Stützen-Riegel-Konstruktion angeordnet mit Angaben zur Durchleitung der vertikalen Lasten. Die Materialisierung des Fachwerkes (Kernstück des Tragwerksentwurfs) ist jedoch zu wenig ausgearbeitet. Fachwerkanschlüsse, die Verknüpfung von Unterzügen und Teilen des Fachwerk-Trägers wie auch die Fachwerk-Abschlüsse sind nicht dargestellt. Das Fachwerk wirkt sehr gedrungen, auch wenn die abzutragenden Lasten sehr hoch sind. Die Systematik der Gesamtstruktur und die Hierarchie von Haupt- und Nebentragwerken überzeugen. Die regelmässige Anordnung der aussteifenden Elemente und die massiven Stahlbetonkerne erlauben die effiziente Abtragung der horizontalen Lasten. Die Bauteile in Massivbauweise sind unproblematisch. Neben den filigranen Deckenstirnen prägen grosse abstrakte Verglasungen den Ausdruck des Primarschulhauses. Nur schmale Lüftungsklappen lassen sich öffnen. Die nahe Landschaft kann im Frühling, Sommer, Herbst und Winter nur durch festverglaste Fenster betrachtet werden. Keine Schneeflocke, kein Regentropf, kein Laubblatt wird je den Weg in das raumschiffartige Haus finden.


Das Gebäude erscheint auf den ersten Blick sehr transparent. Im Schulbetreib wird sich dies aber stark reduzieren, da durch den Einbau von Lagern, fixen Wänden und Schränken deutlich weniger Licht auf die grosse zentrale Fläche fällt. Auf der Beletage sind die Basisstufen rund um eine auch als Essraum genutzte zentrale Fläche angeordnet. Die Nutzungsverteilung auf den verschiedenen Geschossen führt zu grossen Unterschieden bei der Nutzungsdichte. So werden sich beispielsweise auf dem zweiten Geschoss 13 Klassen mit bis zu 260 Schülerinnen und Schüler aufhalten. Gruppenräume sind Mangelware und stehen zudem nur als wenig abgrenzbare offene Flächen zur Verfügung.


DOUGLAS besticht durch eine klare städtebauliche Setzung und die sensible Wahl des Ortes, der durch eine genaue Beobachtung der heutigen Anlage entwickelt wird. Leider wird es verpasst, diese kluge Grundlage in ein robustes für den alltäglichen Gebrauch bestimmtes Schulhaus umzusetzen.