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Offener Wettbewerb | 02/2022

Neubau Bürodienstgebäude Alt-Friedrichsfelde 60 in Berlin-Lichtenberg

Perspektive

Perspektive

ein 3. Preis

Preisgeld: 12.750 EUR

FRÖLICHSCHREIBER

Architektur

hutterreimann Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

ASSMANN BERATEN + PLANEN GmbH

Tragwerksplanung, TGA-Fachplanung, Bauphysik

brandplus GmbH

Brandschutzplanung

HeGe Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

GRÜNE KASKADE MIT ORIENTIERUNG ZUM PARK

Der Entwurf für das neue Bürodienstgebäude in Entwicklungsgebiet Alt-Friedrichsfelde sieht einen Atriumtyp vor, der sich um einen offenen Hof wickelt. Beginnend mit dem südwestlichen Hochpunkt mit sechs Geschossen stuft sich die Kubatur als Kaskade bis zum Tierpark auf der Südseite zu einem immer niedrigeren Baukörper mit drei Geschossen ab. Mit dieser klaren Geste bildet der Baukörper einen Endpunkt im neuen Quartier und orientiert sich gen Süden zum üppigen Grün des Tierparks. Der Komplex richtet sich durch die Staffelung günstig zum Sonnenlicht aus, das den Innenhof bis in die Tiefe erreicht. Die klar strukturierte Fassade bindet die Volumen zu einem präzise formulierten Erscheinungsbild mit übergeordneter Strahlkraft zusammen. Im Erdgeschoss öffnet sich ein großzügiger Einschnitt als angemessene Eingangsgeste zum Platz. Der begrünte Atriumhof ist von mehreren Seiten offen zugänglich und dient als Pausenhof. Eine Wegachse spannt vom Eingangsbereich durch den Hof bis zum rückwärtigen Teil des Gartens. Die Anlieferung befindet sich nördlich in kurzer Distanz zum befestigten Platz.  

 

FLEXIBLE TYPEN

Der Haupteingang mit Lobby liegt zentral im Bereich des Einschnitts und erschließt den Atriumhof sowie die Aufzüge. Ein windmühlenförmiges Erschließungssystem vollzieht die Drehung der abgestuften Kubatur im Gebäudeinneren nach und ermöglicht neben Ausblicken eine klare Orientierung. Verschiedene Breiten der Flügel ermöglichen bewusst vielfältige Bürotypologien und schaffen eine hohe Flexibilität der Nutzungsvarianten. Die Erschließungskerne sind an den Stirnseiten des Komplexes konzentriert, um großen Spielraum für die freie Büroanordnung zu erhalten. So ergeben sich in einem 1,35m Raster Dreibund-Typen mit Kombizone, klassische Zweibund-Systeme mit hoher Flächeneffizienz sowie eine Eineinhalb-Bund Typologie mit offener Arbeits- oder Kombizone. Im südlichen Flügel mit Bezug zum Garten befinden sich Familienraum, EDV-Schulung und Fitnessbereich sowie der Fahrradraum. Im nördlichen Bereich sind verkehrstechnisch günstig erschlossen Poststelle, Anlieferung und Personalservice verortet. Darüber gliedern sich in den Geschossen die einzelnen Fachbereiche. Durch die hohe Flexibilität der Skelettstruktur kann die Anordnung je nach Bedarf geändert werden. Umlaufende Bandfassaden sorgen für die bestmögliche Tageslichtqualität der Räume und ermöglichen einen Wandanschluss in jeder Fensterachse. Das in Klasse V eingeordnete Gebäude lässt sich in den Geschossen in 400m2 Nutzungseinheiten gliedern, die als jeweils an ein Treppenhaus anschließen und über eine weitere Einheit entfluchten können. 

Dadurch ist innerhalb der Einheiten jede gewünschte Konfiguration der Arbeitsplätze, ob offener oder geschlossener, möglich.

 

CO2-NEUTRALER SKELETTBAU

Das Gebäude ist als konsequenter Holzskelettbau CO²-neutral in einem 5,4m Stützraster mit einer Rippendeckenkonstruktion konzipiert. Die moderate Spannweite garantiert schlanke Querschnitte der Bauteile. Unter den nur 18cm starken BSH-Decken und zwischen den Rippenträgern befinden sich kombinierte Akustik-, Heiz- und Kühldecken. In den Fluren werden die Unterzüge ausgespart und die Hauptstränge der Technik verzogen. Die räumliche Wirkung der Rippendecken lässt den Charakter des Holzbaus sichtbar werden und erfüllt neben der statischen Funktion auch die ästhetischen Anforderungen an die Aufenthaltsräume.

Die Erschließungskerne in Stahlbeton genügen hohen Anforderungen an Brand- und Schallschutz und steifen das Gebäude statisch aus. Die Bodenplatte wird als Recyclingbetonplatte mit entsprechend notwendigen Gründungsmaßnahmen und unterseitig mit Schaumglasschotter als Dämmung konzipiert. Das Gebäude wird aus recycelbaren, ökologisch unbedenklichen Materialien und mineralischer Dämmung hergestellt. Die diffusionsoffene und klimaaktive Gebäudehülle in Holzelementbauweise erfüllt die aktuellen Energiestandards in Kombination mit einer Dreischeibenverglasung. Die Fassadenbänder sind außenseitig mit einer soliden vertikalen Holzverschalung bekleidet und werden durch deutliche hervortretende Holzfensterbänke akzentuiert. Fensterpfosten gliedern die verglasten Flächen. Durch eine zart hellgrüne Holzlasur geht der Baukörper eine Verbindung mit dem umgebenden Naturraum ein und setzt einen frischen Akzent im neuen Quartier. Zudem verlängert sich die Lebensdauer des Holzes deutlich.

 

BIODIVERSITÄT UND URBANES GÄRTNERN

Das Bürogebäude wird durch die umgebenden Freiflächen in die grüne Umgebung eingebunden. Im Ostteil des Planungsgebiets werden Bestandsbäume erhalten die durch Neupflanzungen im Süden und Westen ergänzt werden. Der zentrale Innenhof lädt durch die einladende, von Bäumen bestandene Grünfläche zum Verweilen in der Mittagspause ein. Einen ruhigeren Rückzugsort bietet die östliche Grünfläche mit diversen Sitzmöglichkeiten. Westlich des Gebäudes befindet sich ein großzügiger Platz und ein grünes Biotop, das mit Staudenbeeten, Wildblumenwiese und einer Retentionsmulde vielfältige Biodiversität  bietet und der Regenwasserversickerung dient. des Gebäudes dient. Eine kleine, mit Sitzgelegenheiten ausgestattete Platzfläche schneidet in das Biotop ein und leitet als Entree zum Haupteingang. Auf der Dachterrasse im dritten Geschoss des Gebäudes verbindet ein Weg mit Terrassen die Gebäudeflügel werden Pflanzkästen zum urbanen Gärtnern angeboten. Basilikum, Schnittlauch, Rosmarin und diverse andere Kräuter- und Gemüsesorten können dort angebaut und für das Pausenbrot geerntet werden. Die restlichen Dachflächen sind mit einer einfachen Intensivbegrünung versehen. Ein Weg aus versickerungsfähigem Pflaster führt einmal um das Gebäude herum und dient neben der Erschließung des Fahrradraums auch der Feuerwehr als Umfahrung. Ergänzend zum schmalen Weg werden hier teilweise Schotterrasenflächen angelegt. Auf der Grünfläche im Osten befinden sich auch die zu ersetzenden Magerrasenstandorte in einer Fläche zusammengefasst. Die nördlich anschließende Feuerwache liegt auf einem erhöhten Plateau, dessen Mauer durch einen Pflanzstreifen mit Gräsern und Kletterpflanzen begrünt wird.

 

KLIMANEUTRALES KONZEPT MIT VORBILDFUNKTION

Um dem Vorbildcharakter für öffentliche Bauten nach dem Klimaschutzgesetz §13 gerecht zu werden, wird das Bürodienstgebäude kompakt und wärmebrückenfrei nach dem Energiestandard KfW Effizienzhaus 40EE entwickelt. Die Wärmeversorgung erfolgt zentral über eine Erdwärmepumpe mit Erdsondenfeld, während die Kältebereitstellung energiesparend über freie Kühlung über das Erdreich ohne den aktiven Einsatz der Wärmepumpe erfolgt. Die Antriebsenergie der Wärmepumpe und die Gebäudestromversorgung wird anteilig über eine Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher gedeckt, während die restliche benötigte Energie über  externe Energieversorger bezogen wird.

Die Wärmepumpe speist einen Pufferspeicher Kälte und einen Schichtenspeicher Heizung, der mit einem zusätzlichen elektrischen Heizstab zur Abdeckung von Spitzenlasten ausgestattet ist. Von den Pufferspeichern werden das Zentrallüftungsgerät zur raumneutralen Zuluftbereitstellung und die Raumheizflächen versorgt. Die Raumheizflächen werden als akustisch wirksame Heiz- und Kühlsegel zur Verbesserung der Raumakustik im 4-Leitersystem und in Nebenräumen als Heizkörper ausgeführt. Alle Nutzungsräume werden mittels Temperatur-Einzelraumreglung zur Beheizung und Kühlung ausgestattet. Die Belüftung des Gebäudes erfolgt CO2-geregelt raumweise. Die Zuluft wird raumneutral eingebracht und im Zentrallüftungsgerät mit einer effizienter Wärmerückgewinnung einschließlich Feuchterückgewinnung und einer optionalen adiabaten Kühlung aufbereitet. Zur individuellen Raumbelüftung ist eine Nutzerabhängige Fensterlüftung eingeplant. Die erforderliche Beleuchtung erfolgt über energiesparende LED-Lampen. Eine Präsenzsteuerung in Flurbereichen und WC-Räumen ist eingeplant. Die Arbeitsplätze werden einzeln dimmbar beleuchtet. Das Trinkwasser wird aufgrund der geringen anzunehmenden Lasten dezentral über Durchlauferhitzer erwärmt. Die Erschließung des Gebäudes erfolgt über intelligente und energiesparende Aufzugsgruppen. Eine übergeordnete Gebäudeautomation ermöglicht eine effiziente Anlagenregelung und ein optionales Energiemonitoring. Zur stromseitigen Nutzung erneuerbarer Energien wird eine PV-Anlage mit Batteriespeicher geplant, die die Wärmepumpe sowie das interne Stromnetz versorgt.

Die Freiflächenentwässerung speist eine unterirdische Regenwasserzisterne, die als Nutzwasser für Grünflächenbewässerung in den Außenanlagen und auf der Dachterrasse genutzt werden kann und optional auch als Löschwasserreservoir eingesetzt werden könnte. Überschüssiges Regenwasser aus Dachflächen und Zisterne werden einer Rigole zur örtlichen Versickerung zugeführt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit 1006 übernimmt sehr konsequent die Ideen des städtebaulichen Rahmenplans. Das Gebäude bildet eine klare Setzung an dem gemeinsamen Vorplatz und bildet eine nachvollziehbare Platzbegrenzung und einen adäquaten Abschluss innerhalb des Gesamtensembles. Die drei unterschiedlich hohen Gebäudeteile wirken gut proportioniert und abgestimmt. Beginnend mit dem südwestlichen Hochpunkt stuft sich die Kubatur bis zum Tierpark auf der Südseite ab.


Das Gebäude öffnet sich im Erdgeschoss im Süden und Osten und bietet eine interessante halböffentliche Erschließung mit Aktivierungspotenzial des grünen Innenhofs. Die überwiegende Zahl der Fahrradstellplätze ist im Gebäude im östlichen Gebäudeteil untergebracht, erreichbar auch über den Hof. Kritisch ist aus Nutzersicht der als Restfläche verbleibende östliche Bereich des Grundstücks. Damit fehlen ausreichende Pausenflächen.


Die innere Erschließung wirkt sehr gleichförmig und monoton. Die langen Erschließungsgänge schaffen keine Aufenthaltsqualität und bieten wenig attraktive Begegnungszonen. Auch aus Nutzersicht trägt die strenge Anordnung der Büros zu einer zu großen Gleichförmigkeit und Anonymität in der Bürostruktur bei. Die vier Erschließungskerne sind zu gleichwertig, eine wünschenswerte Hierarchisierung und Betonung ist nicht zu erkennen. In der Grundrissgestaltung werden vor allem die querliegenden Büroeinheiten als sehr kritisch und nicht praktikabel gesehen.


Die horizontale Fassadengliederung mit durchlaufenden Bandfenstern und Holzfenstern wirkt überzeugend und der Nutzung angemessen.


Auf Grund des sehr ambitionierten Haustechnikkonzepts des Holzskelettbaus, der Verwendung recycelbarer Materialien und eines Konzeptes zur Klimaneutralität wird die Arbeit im Hinblick auf die Nachhaltigkeit besonders gewürdigt. Die angestrebten BNB-Ziele im oberen Silberbereich scheinen erreichbar. Das aufgezeigte sehr ambitionierte ökologische Haustechnikkonzept beinhaltet zahlreiche Komponenten und hat Potenzial zur Klimaneutralität. Die durch die Vorprüfung geschätzten Kosten liegen im oberen Drittel der eingereichten Arbeiten, das A/V Verhältnis liegt im mittleren und der Versiegelungsgrad im oberen Bereich.


Städtebaulich liefert die Arbeit einen sehr ausgewogenen und interessanten Beitrag, kann dann aber insbesondere durch starke Schwächen in der inneren Erschließung und einer wenig attraktiven Grundrissausbildung leider nicht in Gänze überzeugen.


Lageplan

Lageplan

Ansicht West

Ansicht West

EG

EG

2.OG

2.OG

Abgabeplan 01

Abgabeplan 01

Abgabeplan 02

Abgabeplan 02

Abgabeplan 02

Abgabeplan 02

Abgabeplan 02

Abgabeplan 02