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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2022

Neugestaltung Nord- und Nordostkaje Neuer Hafen in Bremerhaven

1. Preis

Preisgeld: 13.000 EUR

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Neugestaltung Nord- und Nordostkaje Neuer Hafen, Bremerhaven                   

 

SITUATION

Das Gebiet Neuer Hafen, das ehemals den größten Teil der Passagierabfertigung Bremerhavens übernahm, wurde aufgrund des Strukturwandels als Potentialraum für touristische Nutzungen erkannt. Obwohl seit den 2000er Jahren im südlichen Abschnitt des Neuen Hafens die touristische Entwicklung zu den 'Havenwelten' entstand, konnte der nördliche Bereich wegen einer Erbpacht damals nicht einbezogen werden. Die geplante Sanierung der Nord- und Nordost-Kaje bietet die Chance den letzten Baustein der Havenwelten zu realisieren, um das gesamträumliche Konzept zu vollenden.

 

KONZEPT

Aufgabe der Freiraumgestaltung ist es, den besonderen Charakter des Neuen Hafens zu stärken und an das funktionale und räumliche Konzept der Havenwelten anzuknüpfen. Um diese Verbindung herzustellen, greift das Freiraumkonzept der Nordostkaje wichtige Strukturen, Materialien und Elemente der bisherigen Gestaltung der Havenwelten auf. Vor allem die Aufnahme der bestehenden Fluchten und der Fortführung der Zonierung stärken den räumlichen Bezug. Eine klare Formensprache entlang der Promenade wird durch die Aufteilung der Aufenthalts- und Bewegungsbereiche betont.

Die vorhandenen historischen Spuren und identitätsstiftenden Elemente wie z.B. der Portalkran und Festmacherklampen werden sorgfältig in die Freiraumgestaltung integriert, um die ehemalige Nutzung dieses Ortes zu unterstreichen.  Das Konzept vereint die bestehende Formensprache und Materialität mit zeitgemäßen Ansätzen und Ausstattungselementen.

Durch die Aufwertung der Kajenfläche wird ein attraktiver Aufenthaltsbereich für Tourist:innen und Erholungssuchende gewährleistet. Wichtige Sichtachsen von dem Entwicklungsgebiet Rudolfstraße zum Hafen werden hervorgehoben und die Anbindung zwischen Kaiserhafen und Havenwelten gestärkt. Außerdem bietet die Erweiterung der Nordostkaje ausreichend Raum für Großveranstaltungen.  

 

ENTWURF

Zonierung

Die für die Havenwelten charakteristische Zonierung prägt auch hier das Bild der Nord- und Nordost-Kaje. Natursteinpflaster im Linienverband deckt die Kaianlagen mit einem durchgängigen Teppich. Großsteinpflaster mit gesägten Oberflächen fördert die Laufachse, während raues Altpflaster den Leinenpfad prägt. Eine breite urbane Vorzone unterscheidet die Nordost-Kaje von der unmittelbar südlichen Kaje. Die Vorzone beinhaltet eine Gräserpflanzung als Grünpuffer vor den Wohnhäusern und deren Betonmauer, ein Nebenweg für die Feuerwehrzufahrt, und eine multifunktionale Zone zum Verweilen.

In der Multifunktionszone ändert sich der Belag entsprechend der Nutzung, die entlang der Laufachse immer wieder Anziehungspunkte erstellen. Während auf Holzinseln verschiedene Sitzmöglichkeiten angeboten werden, deuten Betonplatten auf Bereiche für temporäre Einrichtungen oder Ausstellungen hin. Sie sind wie Intarsien oder „Trittsteine“ in den Steinteppich eingelassen.

 

Hafengarten

Der Hafengarten, der durch eine Gräserpflanzung gekennzeichnet und mit Kies gemulcht ist, gibt der angrenzenden Wohnbebauung den nötigen Abstand zur öffentlichen Promenade und kaschiert die bestehende Winkelsteinmauer. Die Choreografie des Windes und der sich ständig bewegenden Gräser zieht die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich. Der Kies bezieht sich auf die vorherige Kiesumschlagsanlage auf diesem Gelände und setzt einen schönen Akzent in der Gestaltung.

  

Wassertreppen

Die Nordost-Kaje wird mit drei charakteristischen Wassertreppen ausgestattet, die einen schönen Blick auf das Wasser ermöglichen. Somit werden die Sichtachsen und Wegebeziehungen an drei strategischen Orten, nämlich dem Hafenspielplatz und zwei Querverbindungen von der Barkhausenstraße, betont. Die Größe der Wassertreppen ermöglicht jedoch weitere nautische Nutzungen an der Kajenkante.

 

Hafenspielplatz

Der Hafenspielplatz schafft einen klaren Bezug zur früheren Nutzung des Nord- und Nordost-Kaje. Auf einer Kiesfläche verteilte Felsen laden Kinder zum Klettern ein. Die camouflageartige Kiesfläche aus unterschiedlichen Korngrößen und Grautönen regt die Kleinen zum Graben und Spielen mit dem Kies an. Unterschiedliche Höhen der Felsen laden zum Klettern ein und berücksichtigen die Bedürfnisse der Kinder in verschiedenen Altersgruppen. Vielfältige Wasserspielthemen (spritzen, sprudeln, dampfen, fliessen, u.v.m.) schaffen große Attraktionen für Kinder. Der Wasserspielplatz bietet hier nicht nur eine Spielmöglichkeit für Kinder, es kühlt zusätzlich das Mikroklima an heißen Sommertagen.

 

Föhreninseln

Der Anteil von Grünflächen wird deutlich in diesem letzten Abschnitt des Neuen Hafens erhöht. Der Hafengarten und eine schattenspendende Baumreihe entlang der Laufachse erzeugen künftig eine grüne Kaje. Mehrstämmige Kiefern in Holzinseln erinnern an mediterrane Föhren und bilden mit ihrem charakteristischen Habitus schattige Aufenthaltsorte und eine angenehme Aufenthaltsqualität. 

 

Material und Ausstattungselemente

Hochwertige Natursteinbeläge, großformatige Betonflächen und „roughe“ Holzmöbel stärken den industriellen Charme der Kaje. Der Leinenpfad wird mit einer Ausstattungsachse flankiert. Mit eingebunden in die Ausstattungsachse sind Bänke aus großen Eichenbalken Abfalleimer, Versorgungsstationen für Wasser- und Stromanschlüsse. Die bestehenden Multifunktionsmasten mit blauer Lichtreihe werden fortgeführt. Die Nautischen Elemente wie z.B. Poller, Rettungsleitern und 'Kajenmeter' Markierungen prägen die Kajekante und erinnern an die ursprüngliche Nutzung der Kaje. Holzinseln mit mehrstämmigen Kiefern bieten verschiedene Sitzmöglichkeiten wie eine Hockergruppe, eine Tribüne, eine Ruhebank mit Rückenlehne an und schaffen somit diverse attraktive Orte zum Verweilen für unterschiedliche Nutzergruppen entlang der Kaje.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der vorliegende Beitrag zeichnet sich durch die klare inhaltliche Fortführung der Grundidee des Pflasterteppichs der Havenwelten aus.


Den Verfasser*innen ist eine elegante Komposition gelungen, die wohldosiert neue Elemente mit den bisherigen Grundprinzipien vermischt.


Bruchraues, taktil wirksames Pflaster im Leinenpfad, geschnittenes Großpflaster in den Laufbereichen, die Linie der Multifunktionsmasten wird fortgeführt.


Konzeptionell wird die Kaje mit einem mittleren – sog. Multifunktionsstreifen – geteilt, die Wohnbebauung erhält durch einen Grünstreifen einen angemessenen Schutz.


Rhythmisch folgen im Multifunktionsstreifen Plattenbereiche – die als Feuerwehraufstellflächen und für Marktbuden dienen – auf holzeingedeckte Bereiche, die Baumstandorte (immergrüne Föhren) sowie unterschiedlich ausgeprägte Bänke, Bankpodeste und oder auch Tribünen aufnehmen.


Durch diese geschickte Gliederung und akzentuierte Baumstellung wird ein offen wirkender und nutzbarer Kajenbereich an der Uferlinie erhalten, der mittlere Steifen erlaubt in der Nutzung auch eine beidseitige Orientierung, die dem Raumerleben absolut zuträglich ist. Die wenigen Baumstandorte sind sehr gut auf das städtebauliche Konzept des Neuen Hafens abgestimmt. Die Föhren werden von der Jury als nordische und immergrüne Art begrüßt.


Die notwendigen Funktionen für die Feuerwehr werden berücksichtigt.


Es werden drei abgesenkte Sitzstufenbereiche an der Kaje vorgesehen, die Anordnung verdeutlicht die räumlichen Bezüge zur Umgebung und stellt den jeweiligen Endpunkt der Querachsen dar.


Unter dem Kran ist der zu allen Seiten offene und barrierefreie Wasserspielplatz angeordnet. Die Erscheinungsform als Platzfläche und nicht als eingegrenztes Spielareal wird von der Jury positiv bewertet. Die Attraktivität eines Wasserspielplatzes als Anziehungspunkt am Hafenbeckenende wird hervorgehoben.


Kontrovers wird über die Materialität und Pflanzenverwendung diskutiert. Rutschfestes Holz sowie mehrstämmige Föhren sollten zur Verwendung kommen, um sich den klimatischen Verhältnissen anzupassen.


Das Großpflaster in den Laufbereichen wird als nur bedingt barrierefrei angesehen.


Der Entwurf wird in seiner Gesamtheit als eine sehr gut geeignete Arbeit gewürdigt um das Konzept des Alten /Neuen Hafens angemessen fortzuführen und eine attraktive Fortführung der Laufachse zu erzielen.