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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2022

Forschungsneubau Global Hub der Universität Leipzig

Ansicht Atriumsperspektive

Ansicht Atriumsperspektive

2. Preis / Städtebaulicher Ideenteil

Baumschlager Eberle Architekten

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Erläuterungsbericht                                                                                            210301

 

 

Der Global Hub – Schnittstelle zwischen Universität, Stadt und Welt

 

 

Städtebau und Außenraum

 

Die Neubesetzung des Grundstücks der historischen Markthalle stellt eines der drei Baufelder zur ostseitigen Begrenzung des Wilhelm-Leuschner-Platzes dar. Die Besonderheit des mittleren Baufeldes liegt hierbei in der Aufgabe zur Schaffung nicht einer, sondern zweier Stadtplatz bildender Raumkanten begründet. Den Wilhelm-Leuschner-Platz im Westen, sowie den Addis-Abeba-Platz im Osten.

 

Dieser Dualität folgend teilt sich der Entwurf entsprechend der Trennung Ideen- und Realisierungsteil in zwei klar ablesbare Bausteine. Den „Markthallen-Block“ im Westen und den Global Hub im Osten. Eine durchgehende Bebauung der unteren beiden Geschosse lässt beide als zusammengehörigen Stadtbaustein wirken, bestehend aus Block + Hub. Eine Trennung beider Elemente erfolgt durch die Ausformulierung eines zusätzlichen öffentlichen Raums auf Höhe des zweiten Obergeschosses.

 

Zur klaren Hierarchisierung der Einzelbaukörper und dem Vorbild der historisch gewachsenen Stadt folgend wird der Block in vier einzelne Bausteine zerlegt, welche durch Vor- und Rücksprünge den städtebaulichen Maßstab definieren. Westlich bleibt der Global Hub jedoch als klarer Solitär erhalten, der jedoch auch durch sein größeres Volumen, im Vergleich zu den Einzelbausteinen des Blocks, an städtebaulicher Bedeutung gewinnt.

 

Der Global Hub bildet zukünftig den Mittelpunkt des neu entstehenden Stadtquartieres östlich des Wilhelm-Leuschner-Platz und schafft ein klares Gegenüber zum Schulgebäude auf der anderen Seite des Addis-Abeba-Platz und wird somit als Haus am Platz lesbar. Die städtebauliche Idee des Blocks (Vor- und Rücksprünge) werden im Global Hub auf eine architektonische Ebene übertragen und bilden Orte des Austauschs. Der Global Hub verzahnt sich mit der Stadt.

  

 

Erschließung

 

Der Global Hub erhält eine klare Adresse zum Addis-Abeba-Platz und wird auf selbstverständliche Weise von dort Erschlossen. Der Neubau ist von nahen Stationen des öffentlichen Verkehrs fußläufig erreichbar. Abstellplätze für Fahrräder und PKWs sind im Untergeschoss situiert und verfügen über die einem zukunftsfähigen Neubau angemessene Ausstattung (Ladeinfrastuktur für E-Mobilität, sowie Duschen und Bike-Repair Station für Radfahrer). Der Anlieferverkehr wird ebenso wie die Tiefgaragenerschließung über die Brüderstraße abgewickelt.

 

Der vom Addis-Abeba-Platz aus klar ablesbare Eingang bildet eine niederschwellige Erschließung des Gebäudes durch eine über die geöffnete Fassade nach Außen getragene Öffentlichkeit der Nutzung. Dieses Element der „Zurschaustellung“ von Wissensaneignug, Wissensvermittlung und Diskussion prägt das Gesicht des Gebäudes zum Stadtplatz hin und wird in der Ausformulierung zweigeschossiger Außenräume auf Fassadenebene spürbar.

 

Im Inneren bildet das Atrium mit seiner repräsentativen Erschließung das Herz des Gebäudes. Erdgeschossig können Tagungssaal, Transfer Lab und die publikumsnahen Funktionen des Direktoriums unmittelbar vom Atrium aus erschlossen werden. Die Treppe ins erste Obergeschoss bildet als eingestelltes hölzernes Möbelstück nicht nur den Startpunkt der repräsentativen Erschließung, sondern ist gleichzeitig als Tribüne für Veranstaltungen oder informeller Treffpunkt nutzbar. Damit bietet sie über ihre „Eventisierbarkeit“ hinaus einen realen alltäglichen Mehrwert als sozialer Treffpunkt.

 

Die repräsentative Erschließung wird in Form eines nahezu endlose verlaufenden Brüstungsbands sichtbar. Dieses verbindet sowohl Geschosse als auch Kommunikationsräume innerhalb der einzelnen Geschosse miteinander. Ein vernetztes Gebäude als Ausdruck einer vernetzten Welt ermöglicht eine hohe Durchlässigkeit zwischen den Teilgliederungen des Global Hubs.

 

Stirnseitig des Atriums befinden sich die beiden Erschließungs- und Sanitärkerne, welche als kontinuierlich durchlaufendes Element klar auffindbar sind und einen starken visuellen Bezug zum Atrium besitzen.

 

 

Funktion

 

Der Global Hub ist dabei jedoch nicht nur architektonischer Ausdruck einer globalisierten Welt, sondern zuallererst ein Arbeitsplatz der Graduiertenschule und diverser Forschungsgruppen. Während anfänglich eine organisatorische Teilung in zwei Geschosse Forschungsgruppen + Labs, zwei Geschosse Graduiertenschule, ein Geschoss Institute in Anbindung an das Erdgeschoss mit Transfer Lab und weiteren Funktionen mit öffentlicher Strahlkraft angedacht ist, stellt eine nutzungsneutrale Raumstruktur die Langlebigkeit des Bauwerks sicher. Somit wird der hohen Dynamik neuer Themen durch flexible Raumstrukturen Rechnung getragen.

 

Die kommunikationsfördernden Großraumstrukturen der Arbeitsgruppen werden entlang der Fassade situiert und können durch einzelne Zellenbüros in angemessen große Einheiten unterteilt werden. Alle festen Arbeitsplätze können hierbei an der Außenfassade realisiert werden, während temporäre Arbeitsplätze (Fokusräume, Kreativarbeitsplätze, Besprechungsräume, etc.) zum Atrium hin orientiert werden. Diese Hierarchisierung der Arbeitsplätze schafft offene Bürostrukturen entlang der Fassade, welche jedoch nicht durch das dynamische Treiben des Atriums gestört werden. Auch organisatorisch können diese einzelnen Nutzungseinheiten separat behandelt werden (Abschließbarkeit). Räume übergeordneter Bedeutung können dabei aus dem halb-öffentlichen Bereich des Atriums heraus erschlossen werden und sind somit nicht an einzelne Nutzungseinheiten gebunden. Diese Trennung endet jeweils im Bereich der Gebäudeeinschnitte. Dort befinden sich Kommunikationsräume, die vom Außenraum (der Stadt, bzw. der Stadtterassen) bis ins Atrium heran reichen. Diese stellen wichtige soziale Orte des informellen Kontakts dar.

 

Das Ziel: Kreativität und Innovation durch spontane Ereignisse und Begegnungen über die eigene «Bubble» (Arbeitsgruppe) hinaus fördern.

 

 


 

Konstruktion und Material

 

Die Beziehung von Innen nach Außen, Gebäude – Stadt und Universität – globalisierte Welt ist dabei weit mehr als ein rein gestalterischer Ausdruck. Auch die Konstruktions- und Materialwahl stellen dieses Konzept in den Vordergrund. Eine Materialwahl entsprechend den spezifischen konstruktiven Stärken des jeweiligen Baustoffes und die klare Ablesbarkeit, bzw. Nachvollziehbarkeit der Entscheidung sind die Maxime: konstruktive Ehrlichkeit und Materialgerechigkeit.

 

Holz als Baustoff unserer Zeit schafft nicht nur eine angenehme Atmosphäre, speichert C0² und ist lokal verfügbar, richtig angewandt, das heißt vor Witterung geschützt und mit ökonomischen Spannweiten geplant, besitzt es auch hervorragende statische Eigenschaften und bildet daher das Grundgerüst der Inneren Tragstruktur des Gebäudes. Ausgenommen sind auf Grund ihrer hohen brandschutztechnischen Anforderungen die Erschließungskerne. Diese werden den Anforderungen entsprechend als Stahlbetonkonstruktion ausgeführt, welches nicht nur dem Brandschutz, sondern auch der Gebäudeaussteifung zuträglich ist.

 

Die Decken werden als Holz-Beton-Hybriddecken ausgeführt und sind nicht nur statisch hoch effizient, sondern leisten darüber hinaus einen Beitrag zum Schallschutz und Gebäudeklimatisierung (thermische Speichermasse). Darüber hinaus bieten sie durch ihre Holzrippenstruktur auch Raum für akustisch wirksame Heiz- und Kühlsegel.

 

Das äußere Konstruktionsraster ist dabei durch eine ganzheitliche Betrachtung im Zusammenhang mit der Außenfassade und Gebäudekontur geprägt. Das heißt in diesem Fall vor allem im Bezug zu den Vor-/ Rücksprüngen der Stadtterassen, denn die großzügigen Außenterrassen schneiden mit dem Ziel der Verzahnung mit dem umliegenden Stadtraum den Baukörper über die Tiefe einer kompletten Raumschiene ein und entblößen somit das Holztragwerk des Gebäudeinneren. Um dieses entsprechend der Materialgerechtigkeit konstruktiv zu schützen und die Bedeutung als Kommunikationsort zu forcieren, werden diese Bereiche mittels einer Doppelfassade vollflächig verglast ausgebildet.

 

Die aus diesen Gesten heraus entstehenden statischen Anforderungen werden durch die Umsetzung in einer leichten Holzkonstruktion mit einer Holzlamellenfassade auf ein ökonomisches Maß reduziert.

 

 

Tragwerkskonzept

 

Das Tragwerkskonzept setzt die gestalterische Idee der räumlichen Vielfalt des Gebäudekomplexes in Kombination mit höchstmöglicher Flexibilität in der Grundriss- und Raumentwicklung unter der Anwendung konventioneller Baustoffe und Konstruktionsweisen um. Gleichzeitig werden mit einfachen Maßnahmen das wichtige Ziel einer ressourcenschonenden und emissionsarmen Primärkonstruktion verfolgt. Holzbetonverbunddeckensysteme und der weitgehende Einsatz von Holzwerkstoffen für Träger und Stützen reduzieren den Volumenanteil an Stahlbeton maßgeblich.

Zur Sicherstellung einer raschen und kostengünstigen Umsetzung setzt der Entwurf auf eine Systembauweise mit hohem Vorfertigungsgrad.

 Vertikaler Lastabtrag: Die vertikale Lastableitung erfolgt grundsätzlich weitgehend auf direkten Lastpfaden von den oberen Geschossen bis zur Gründung. Alternativ werden über effektive Stabwerksysteme Gebäudeversprünge realisiert. Biegebeanspruchte materialintensive Abfangungen von tragenden Bauteilen werden vermieden. Regelspannweiten des Primärtragwerks von 4.05m bis 8.10m erlauben eine hybride Holz- Stahl - Stahlbetonkonstruktion mit schlanken Querschnitten.

Decken: Die Wahl der Deckenkonstruktion entsteht aus den Grundgedanken einer nachhaltigen Bauweise. Hybride Deckenelemente aus Stahlbeton (d= 14cm) und Holzträgern (24/26 BSH) erlauben Spannweiten zwischen 4.05m bis 6.20m und erfüllen gleichzeitig die Anforderung des Schallschutzes durch ihr daraufhin abgestimmtes Eigengewicht, sowie des Brandschutzes an Geschossdecken. Als lineare Auflager der Deckenelemente dienen Längsunterzüge über den Stützen oder die Stahlbetonwände der inneren Kernzonen. Die Unterzüge können in Slim-Floor Bauweise deckengleich als Holzträger in Baubuche ausgeführt werden. Zum Atrium kragen die Deckenelemente über die Längsträger stellenweise ca. 2.10m aus. Hier werden diese unterseitig zur Druckeinleitung verklotzt und oberseitig über eine Zugverankerung im Beton gelagert. Für Sondersituationen wie der Tagungsraum im Erdgeschoss mit einer Spannweite von ca. 11.00m wird grundsätzlich dasselbe System mit angepassten Abmessungen (Stahlbeton d=16cm, Holzträger 28/40 BSH) eingesetzt

Auskragungen der Geschossebenen: Die ca. 5.00m große Auskragungen der Geschossebenen werden durch Flagwall - Konstruktionen aus Holz ermöglicht, die offen oder verkleidet, die entstehenden Druckkräfte über diagonale Holzstäbe in die inneren durchlaufenden Tragachsen ableiten. Die Längsträger der Deckensysteme übergeben hier ihre Auflagerlasten an Zug- und Druckstützen im Fassadenbereich. Die durch Lastumlenkung entstehenden horizontalen Druck und Zugkräfte werden durch die Scheibentragwirkung der Deckenkonstruktion aufgenommen.

Stützen: Alle Stützen werden als gestaffelte System in Holzbauweise ausgebildet, bei denen sich von oben nach unten Abmessungen und Holzfestigkeitsklassen erhöhen. Die Abmessungen variieren von 30/30 über 40/40 zu 40/60 starken Querschnitten. Alternativ ist auch hier der Einsatz von Holzwerkstoffen möglich.

Horizontaler Lastabtrag: Die Aussteifungskräfte aus vertikaler Beanspruchung (Eigengewicht und Nutzlast) und die horizontale Beanspruchung aus Windlast werden über die beide im Grundriss nahezu symmetrisch angeordneten Erschließungskerne aus Stahlbeton abgleitet. Die robusten Querschnitte erlauben die Lastabtragung dieser Kräfte allein über die Kernwandscheiben.

Untergeschoss und Gründung: Das Untergeschoss wird vollständig in Stahlbeton ausgeführt. Stützen und Wände übernehmen die Lastweiterleitung aus den darüber liegenden Geschossen in die Gründung. Für Gründung des Bauwerks ist eine Flachgründung durch eine partiell verstärke Bodenplatte mit einer Bauteilstärke von 60cm vorgesehen. Alle erdberührende Bauteile werden als WU Konstruktion ausgeführt.

 

Ökonomie und Ökologie

 

Hier ergänzen einander diese wesentlichen Parameter zeitgemäßen Bauens. Die kompakte Form bringt ein positives Verhältnis zwischen Oberfläche und Volumen. Auf diese Weise werden Bewirtschaftungs- und Energiekosten reduziert bzw. optimiert. Aufgespannt zwischen den tragenden Kernen und den in konzentrischen Ringen angeordneten Tragachsen ergeben sich Flächen, die im höchsten Maß flexibel sind und damit zur Langlebigkeit des Gebäudes beitragen.

 

Ziel ist es, im Bau und im Betrieb die Ressourcen zu schonen, wobei natürlich der niedrige Energieverbrauch berücksichtigt wird. Nachhaltigkeit hat in der Architektur sehr viel mit Langlebigkeit zu tun. Nutzungsflexibilität und durchdachte, nach Lebensdauer getrennte Betriebssysteme sorgen dafür, dass strukturell die Lebensdauer des Hauses erhöht wird. Die Gebäudetechnik sollten möglichst einfach, effizient und trotzdem flexibel gestaltet werden. Der Sonnenschutz wird im Bereich der geschlossen wirkenden, tiefen Fassaden als außenliegendes Element vorgesehen, welches zwischen thermischer Hülle Lamellenstruktur platziert wird. In den Bereichen der Gebäudeeinschnitte (Stadtterassen) wird der Sonnenschutz im Zwischenraum der Doppelfassade gewährleistet. Die thermische Speichermassen der Hybriddecke versprechen eine ausgewogene Passiv-Performance bei niedrigem Energieverbrauch. Der Einsatz von Technik ist auf das Nötigste beschränkt, gut zugänglich und von anderen Systemen wie dem Ausbau und dem Tragwerk unabhängig erneuerbar. Bauteilaktivierung kombiniert mit Heizungen und Kühlsegeln sorgen in den Büros für ein angenehmes Raumklima.

 

 

Architektur

 

Dem Selbstanspruch des Global Hubs folgenden muss auch die Architektur auf verschiedenen Ebenen wirksam gestaltet werden. Im übergeordneten Kontext gilt es einen einzigen klaren Stadtbaustein zu schaffen (ein Gloabl Hub). Im mittleren Maßstab gilt es hingegen den Ausdruck eines mit dem Stadtraum verzahnten Forschungsbaus zu stärken. Hierfür werden die Stadtterassen als zweigeschossige Einschnitte im Solitär sichtbar und prägen die architektonische Gestalt durch Gliederung in drei zweigeschossige Einheiten (drei Einheiten). Doch insbesondere im alltäglichen Umgang als Nutzer oder Passant spielt auch der kleinste Maßstab, «der Maßstab des Menschen in der Architektur», eine herausragende Bedeutung. Für diesen Maßstab besitzt die Ablesbarkeit der Geschosse und der visuelle Kontakt mit anderen Menschen, insbesondere in aufgelösten Fassaden und mit Natur besetzten, den Austausch fördernden Freiräumen, einen nicht zu unterschätzenden Wert (sechs Geschosse voller Menschen).

Ansicht innen

Ansicht innen

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Grundrisse Erdgeschoss und 1. Obergeschoss

Grundrisse Erdgeschoss und 1. Obergeschoss

Ansichten Nord und Süd

Ansichten Nord und Süd