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Studienauftrag | 05/2021

Büroquartier „Friedrich und Karl“ auf dem Druckzentrum-Areal in Köln-Niehl

Engere Wahl / Anerkennung

JSWD Architekten

Architektur

Werner Sobek AG

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Zum städtebaulichen Konzept

Ruhig und selbstverständlich bildet der Baukörper des ersten Bauabschnittes eine städtische Kante entlang der Friedrich-Karl-Straße. An der Ecke zur Boltensternstraße öffnet sich das Gebäude zu einem repräsentativen Eingangsbereich der eine eindeutige Einladung ausspricht. Zugleich definiert die klare Gebäudegeometrie den Eingang aus einer eher diffusen städtebaulichen Situation in den neu gefassten, urbanen Stadtraum. Eine zweite attraktive Adresse mit Vorfahrt entsteht an der Westseite des Gebäudes. Von der Kreuzung Amsterdamer Straße aus sichtbar, markiert dieser Eingang den Zugang in das Quartier, falls die Druckerei einmal entfallen sollte.

Die Verlegung des Moblity Hubs zwischen die beiden Bauabschnitte hat neben der Adressbildung an der Friedrich-Karl-Straße auch den Vorteil, dass beide Bürohäuser gleichberechtigt und auf sehr kurzen Wegen erreichbar sind. Der aufgeweitete Stadtraum mit den vorgelagerten Grünflächen entlang der Boltensternstraße wird zur Flaniermeile und gewährleistet Fußgängern und Fahrradfahrern ein gefahrloses Erreichen des Mobility-Hubs. Die Anordnung von publikumsintensiven Nutzungen wie Café, Fahrradshop, Fitness etc. machen diesen Bereich zu einem urbanen Stadtraum.

Die PKW-Zufahrt zum Mobility Hub kann optional von der Boltensternstraße (rechts rein, rechts raus) erfolgen, aber auch von der Pasteurstraße aus entlang der Grundstücksgrenze des zweiten Bauabschnitts. Fuß-und Fahrradverkehr und motorisierter Verkehr könnte dadurch getrennt werden. Auch eine Zufahrt über die Druckereiumfahrt bei einer Neustrukturierung des Druckereiareals wäre langfristig möglich.

Im Falle eines Entfalls der Druckerei (siehe Pikto 3), könnte unter Einbeziehung des Verlagsgebäudes ein attraktives städtebauliches Quartier mit einem öffentlich zugänglichen Freiraum entstehen. Zusammen mit dem Ziel der CO2 Neutralität entwickelt das Quartier eine Strahlkraft, die weit über die Grenzen Kölns hinausgeht.


Gebäudestruktur

Die klare Gebäudestruktur ermöglicht sowohl die Nutzung durch einen Großmieter als auch eine flexible Aufteilung bei einer multitenante Vermietung. Neben den bereits benannten Hauptadressen bietet die Organisation des Gebäudes weitere Nebeneingänge an der Friedrich-Karl-Straße und zum Druckereigelände. Die leiterförmige Struktur verbindet die horizontalen Flurzonen mit allen vertikalen Erschließungssträngen. Dadurch können alle Mieteinheiten/Brandabschnitte kreuzungsfrei erreicht werden. Konferenz- und Coworking-Bereiche im EG sind den Innenhöfen zugeordnet und können von allen Mietern auf neutralen Wegen erreicht werden. Pro Regelgeschoss sind so bis zu 12 Mieteinheiten realisierbar. Die Regeltiefe von 15,0 m erlaubt die Umsetzung unterschiedlichster Büroformen. Zellenbüros, Kombizonen oder offenen Arbeitslandschaften sind flexibel realisierbar.

 

Fassade

Die vorgehängte Elementfassade besteht aus mehrfach gekantetem, recycelten Metallblechen, die neben der Sonnenschutzwirkung auch schalldämmende Lüftungselemente zur Nachtauskühlung bereithält. So kann auch tagsüber trotz der Lärmbelastung durch die Boltensternstraße gelüftet werden. Alle Fensterelemente und Profile werden in Holz ausgeführt und variieren in Abhängigkeit von Gebäudehöhe und Himmelsrichtung. Der Fensterflächenanteil liegt unter 50% der gesamten Fassade sodass die Gebäudehülle hinsichtlich ihrer U-Werte entsprechend leistungsfähig ist und den hohen Energieeffizienzstandard eines Passivhauses erreichen kann. Der hocheffiziente, außenliegende Sonnenschutz als LM-Raffstore (lichtlenkende Lamellen im oberen Bereich) vervollständigt die intelligente Fassade.

 

Baukonstruktives Konzept

Für das klimaneutrale Büroquartier Friedrich und Karl wird ein Rohbau mit möglichst geringen grauen Emissionen erstellt. Dies gelingt zum einen durch die Wahl der Materialien und zum anderen durch die Definition wirtschaftlicher Spannweiten und Systeme.

Hinsichtlich der Materialien wird das Hauptaugenmerk auf den Baustoff Holz gelegt. In Kombination mit Beton für die Decken und die Aussteifung können die Eigenschaften beider Baustoffe optimal genutzt werden und erreichen die bauphysikalischen Anforderungen hinsichtlich des Schall- und Brandschutzes. Im Vergleich mit einem klassischen Betonskelettbau können durch die Holzhybridbauweise ca. 30 % der mit dem Bau des reinen Massivbaus verbundenen CO2 Emissionen vermieden werden.

 

Das vorgesehene Tragwerk weist entlang der Fassade ausgerichtet auf das Fassadenraster von 1,35 m einen Stützenabstand von 5,4 m auf und senkrecht dazu 6,5 – 7,5 m. In den Stützenachsen spannen die Hauptträger jeweils senkrecht zur Fassade. Dazwischen liegen die Holz-Beton-Verbunddecken mit Brettsperrholzplatten in Trockenbauweise auf. Die Oberkante der Decken schließt dabei bündig mit der Oberkante der Hauptträger ab. Ein Randträger entlang der Fassade ermöglicht die einfache, schnelle Befestigung der Elementfassade.

 

Die Decke setzt sich zusammen aus 14 cm Brettsperrholzplatte und 8 cm Betonfertigteil. Dabei werden die vorgefertigten Bauteile auf der Baustelle aufeinander platziert und nachträglich über einbetonierte Verbinder miteinander verschraubt, sodass eine Verbundtragwirkung entsteht. Die Decken werden zusätzlich mit dem Hauptträger verschraubt, um den Schubfluss der Scheibenwirkung zur Aussteifung herzustellen.

Die Trockenbauweise garantiert dabei den sortenreinen Rückbau und die möglichst hohe Wiederverwertungs- und Wiederverwendungsquote im Sinne des zirkulären Bauens. Holzbauteile können erneut als Bauteile eingesetzt werden oder einer stofflichen Verwertung z.B. in Form von spanbasierten Holzbauprodukten zugeführt werden. Die Betonfertigteilplatten können theoretisch ebenfalls als Bauteil wieder eingesetzt werden oder zerkleinert und für neue Betonbauteile verwendet werden. Die Holzbauteile werden im Gebäude massentechnisch sorgsam eingesetzt und gemäß den Ausnutzungen in den Querschnitten abgestuft. Somit besitzen die Stützen im EG einen quadratischen Querschnitt von 55 x 55 cm und diejenigen in den Obergeschossen 45 x 45 cm. Für die Durchleitung der vertikalen Kräfte besitzen die Stützen Stahldetails, die eine Beanspruchung des Hauptträgers auf Querdruck verhindern und die Beanspruchbarkeit der Bauteile optimal nutzen.

 

Das Gebäude wird zur Aufnahme der Technikzentrale lediglich Teil unterkellert. Ansonsten ist eine Flachgründung mit direktem Anschluss an die Geländeoberkante vorgesehen. Die Bereiche unterhalb der Stützen besitzen im Sinne der Materialeffektivität dabei eine größere Stärke als die Bereiche dazwischen. Grundsätzlich werden alle Betonbauteile mit CO2 reduziertem Hochofenzement CEM III gemäß Norm hergestellt. Dies erlaubt gegenüber der Verwendung eines Portlandzements eine Reduktion der CO2 Emissionen der Betonbauteile um 30 %. Dies wirkt sich zusätzlich positiv auf den eingangs genannten Wert von ca. 30% für die Holzhybridbauweise aus.

Die Aussteifung des Gebäudes erfolgt über die Teppen- und Aufzugskerne, die unter anderem aus Brandschutzgründen (nicht brennbares Material), aber auch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit in Stahlbeton erstellt werden. Die Holzbauteile besitzen hingegen eine ausreichende Abbrandrate, sodass sie ohne weiteren Schutz oder Anstrich die Anforderung an den Feuerwiderstand erfüllen.

Durchbrüche für Installationsleitungen werden gebündelt und in der Anzahl minimiert. Durchbrüche können in den Hauptträgern vorgesehen werden, bedürfen jedoch einer Abstimmung in der frühen Genehmigungsphase.

Die Holzhybridbauweise in Trockenbauweise ermöglicht zudem einen hohen Vorfertigungsgrad mit schnellem Baufortschritt und staub- und lärmfreien Arbeitsschritten.

 

Zur Integration des energetischen und gebäudetechnischen Lösungsansatzes

Grundsätzlich kann das vorgegebene Energiekonzept problemlos auf die Gebäudekonzeption übertragen werden. Die drei Grundprinzipien der energetischen Gebäudeausrüstung sind der hochbaulichen Konzeption des Gebäudes zugrunde gelegt.

 

- Bedarf reduzieren

- Bedarf effizient bedienen

- Regenerative Quellen nutzen

 

Die Kompakte Volumetrie des Gebäudes unterstützt die energetischen Ziele sowie die Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens Bauwens ausdrücklich. Die Minimierung der Leitungswege aus der Technikzentrale sowie die Integration von technischen Dachaufbauten in die Gestaltung der Dachlandschaft sind ebenso Bestandteil der Konzeption wie die Integration von Solarpaneelen, dort wo sie sinnvoll und effizient eingesetzt werden können. Auf die Wiederholung der weiteren technischen Komponenten wir an dieser Stelle verzichtet.

 

Freiraum und Dachbegrünung

Eine besondere Bedeutung kommt dem umgebenden Freiraum und der Gebäudebegrünung zu. Durch die geplante Begrünung wird der Aufheizung des Stadtraumes im Sommer entgegengewirkt, der Verbesserung des Mikroklimas Rechnung getragen und nicht zuletzt eine angenehme Aufenthaltsqualität für Nutzer und Besucher gewährleistet. Grundsätzlich ist das geplante Freiraumkonzept mit diesem Hochbaukonzept kompatibel. Gleichwohl sollen hier noch einige Impulse gesetzt werden.

 

Grüne Höfe

Die großzügigen Innenhöfe werden mit extensiver Begrünung zur Verbesserung des Mikroklimas ausgestattet. Das ist auch sehr gut möglich, da die Höfe nicht unterbaut werden und daher auch für größere Bäume ausreichend Substrat vorhanden ist. Es entstehen lärmgeschützte Freiräume die der Kontemplation und der Entspannung dienen. Insbesondere die angrenzenden Konferenzbereiche profitieren davon.

 

Baumdach

Eine besondere Attraktion ist das Spalier - Baumdach aus beschnittenen Platanen oder Buchen über den Dächern des Büroquartiers. Die Bäume werden in entsprechend dimensionierte Substratbecken gesetzt und bilden ein Schatten spendendes, grünes Dach auf dem Dach. Technische Dachaufbauten werden unter einer Pergola aus PV Modulen selbstverständlich integriert. Es entsteht ein einzigartiger Freiraum der für die Nutzer des Gebäudes einen großartigen Mehrwert besitzt.

 

Hängende Gärten

Im Bereich der Gebäudefugen werden hängende Gärten angeboten. Entsprechend geeignete Pflanzen werden in Pflanztrögen über den Nebeneingängen angeordnet und entwickeln ein weithin sichtbares Zeichen der bewussten Verbesserung der stadtklimatischen Situation durch Begrünung.

 

Flanierzone

Durch die Zurücksetzung der Bauflucht an der Boltensternstraße entsteht ein großzügiger öffentlicher Raum. Dieser Raum wird durch die geplante Bepflanzung stark aufgewertet. Eingänge, Vorzonen und Zufahrten werden durch die bepflanzten Flächen logisch gegliedert. Zusammen mit den angrenzenden Nutzungen entsteht eine attraktive Flaniermeile, die über das Quartier hinaus ausstrahlt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Eigenständigkeit der Arbeit resultiert aus der Verschiebung des Mobilitäts-Hubs zwischen dem ersten und zweiten Bauabschnitt. Die dadurch mögliche riesige Blockstruktur mit drei Innenhöfen an der Friedrich-Karl-Straße kann jedoch nicht überzeugen. Die Eingänge sind vom Mobilitäts-Hub ausgehend und von innen nicht gut aufzufinden. Intern erscheint das Bauvolumen für eine kleinteilige Vermietung schwer adressierbar. Die vorgeschlagenen untergeordneten Seiteneingänge im langen, monotonen Riegel sind hierfür nicht adäquat.


Die in den Innenhöfen entstehenden Freiräume sind im Zusammenspiel mit den Dachgärten und gestaffelten Terrassierungen grundsätzlich gut proportioniert. Die vorgeschlagene Dachlandschaft erscheint jedoch überdimensioniert und überinstrumentiert. Die vorgeschlagene Baumlandschaft im 6. Obergeschoss ist weder genehmigungsfähig noch überzeugend. Die resultierende Gebäudehöhe ist durch den Bauvorbescheid nicht gedeckt.


In architektonischer Hinsicht macht die Arbeit im Innern die Primärstruktur sichtbar, was eine gute Atmosphäre verspricht. Besondere Aufenthaltsqualitäten versprechen die Besprechungsbereiche mit Anschluss an die Innenhöfe. Diese unaufgeregte Haltung im Innern des Gebäudes steht im Kontrast zur gefalteten, verschlossenen Blechfassade, die nicht überzeugen kann. Die zweigeschossige Ausbildung der Eingänge ist in der vorgeschlagenen Form in Holzbauweise ohne großen konstruktiven Mehraufwand nicht umsetzbar.


Die vorgeschlagene Fassade ist auch aus stadtökologischer Sicht problematisch. Konstruktiv ist die Arbeit in Holzbauweise gut umsetzbar. Die geometrischen Sondersituationen halten sich in Grenzen. Die brandschutztechnischen Aspekte sind weitestgehend beachtet worden und versprechen eine wirtschaftliche Umsetzung. Als Gebäude der Gebäudeklasse 5 in Holzbauweise, einschließlich der Decken, ist der Einbau eines Sprinklerschutzes erforderlich. Das Projekt nutzt die städtebaulichen Möglichkeiten und Potentiale, die die vorgeschlagene Verlagerung des Mobilitäts-Hubs bietet, leider nur ansatzweise aus. Die Jury würdigt vor allem den mutigen Lösungsansatz.

Lageplan

Lageplan

Einsatzmodell

Einsatzmodell