modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 03/2022

Neubau Geh- und Radwegbrücke Wangener Straße in Ravensburg

Perspektive Wegeverbindung aus Richtung Holbeinstraße

Perspektive Wegeverbindung aus Richtung Holbeinstraße

Anerkennung

Preisgeld: 5.000 EUR

Sweco GmbH

Bauingenieurwesen

Die LandschaftsArchitekten. Bittkau-Bartfelder PartG mbB | Landschaftsarchitektur und Stadtplanung

Landschaftsarchitektur

Ferdinand Heide Architekt

Architektur

Erläuterungstext

NEUBAU GEH- UND RADWEGBRÜCKE RAVENSBURG

Anerkennung


Städtebauliches Konzept / Integration des Bauwerks

Einerseits sollte die neue Brücke mit größtmöglicher Sensibilität in den Landschaftsraum eingefügt werden, anderseits soll sie als signifikant und kraftvoll gestaltetes Element aber auch die neue städtebauliche Qualität der Verbindung im Stadtraum verdeutlichen und transportieren. Beide Ziele werden mit einer Konstruktion erreicht, die naheliegend und individuell zugleich ist: Von Hang zu Hang werden zwei filigrane Seile gespannt, in die ein schlankes Brückendeck eingehängt wird. Die Seil- führung und die ideale Lage der Brücke sind durch den Ort, seine Topografie und seinen Baumbe- stand vorgegeben: In Verlängerung des vorhandenen westl. Weges –vorbei am erhaltenen Ahorn- baum – führt die Seiltrasse und das Deck dem Höhenverlauf folgend nahezu orthogonal in ca. 10m Höhe über die Straße. Wir sind uns bewusst darüber, mit der Seilführung zum Hochpunkt des Veitsburgbergs den angedachten Betrachtungsbereich des Wettbewerbs nach Osten aufgeweitet zu haben; Sehen hierin aber eine große städtebauliche und konstruktive Optimierung, die im Rahmen dieses Verfahrens zur Diskussion gestellt werden soll.


Verkehr- und Wegekonzept

Die vorhandenen Wege werden mit der neuen Brücke einfach und in selbstverständlicher Führung miteinander verbunden: im Westen mit zwei Abzweigungen, die leicht schräg zu den Hanglinien das Höhenniveau bis zum Brückenwiderlager überwinden. Diese Wegeführung folgt der Topografie und ermöglicht einen geringen Gefälleverlauf. Im Osten wird die vorhandene Wegeführung aufgenommen und führt beinah selbstverständlich auf das Brückenbauwerk. Hier wird anstelle der vorhandenen Verbindung zur der Wangener Strasse ein grösser geöffneter Bogen ausgebildet, der mit geringerem Gefälle um den Baumbestand herum zur Anschlussstelle geführt wird. Die Aufwertung und Verbesserung der Wegeanbindungen stärken die touristische Attraktivität des Veitsburgareal für Einwohner und Touristen.


Freiraumkonzept / Artenschutzfachliche Verträglichkeit

Die Minimierung des Eingriff in den Baumbestands und in die Geländetopografie war das zentrale Anliegen des Entwurfes. Sowohl die Maßnahmen während der Bauausführung als auch der Trassenverlauf des Bauwerks folgen konsequent diesem Ansatz. Das Haupttragseil kann ohne Baumentnahmen zwischen den Baumkronen hindurchgeführt werden. Es wird seinem Verlauf entsprechend im Hang ausgelegt, angehoben und verspannt. Das Freiraumkonzept reduziert sich auf die erforderlichen Erschliessungswege. Die scheinbar schwebende Brücke ermöglicht unbe- einträchtigte Blicke in den Grünraum. Die Transferflugtrasse und das Nahrungshabitat der Felder- mauspopulation findet Beachtung. Die „Grünbrücke“ im Kronenbereich und wird nicht von Konstruk- tionen gekreuzt. Der lokale Biotopverbund zwischen Siedlungsraum und freier Landschaft bleibt ungestört. Die Konstruktion erfordert minimierte Eingriffe in den Boden. Zum Schutz der in 2020 kar- tierten Vogelarten werden die baulichen Arbeiten außerhalb der Brutzeit durchgeführt. Die Natur- schutz- und Artenschutzfachliche Verträglichkeit ist sichergestellt.

Beurteilung durch das Preisgericht

An der nahezu engsten Stelle des Flappachtals entlang der Wangener Straße wird unter einzigartiger Berücksichtigung der Topografie zur Überwindung des Tals durch Fahrrad- und FußgängerInnen ein konstruktives Gestaltungsmittel gewählt, das Eleganz, Leichtigkeit und ortsprägende Identifikation nahezu spielerisch in sich vereint. Wie ein unauffälliger Strich in der Landschaft wird sowohl für die Querenden der Brücke als auch für die Passanten der darunterliegenden Wangener Straße eine atmosphärische Dichte auf verschiedenen Ebenen erzeugt, die nicht nur prägend zwei Stadtteile verbindet, sondern die beiden ruralen Ankerpunkte luftig in sich vereint. Materialität und Ausdruck folgen konsequent einem inhaltlichen Understatement, das in Folge jenes wohltuende Maß an Verbindlichkeit und Gelassenheit widergespiegelt, das für diesen Ort geboten erscheint. Die Brückenköpfe und die äußerst ästhetische Seilkonstruktion werfen entgegen der Ausschreibung jedoch mehrere nahezu unüberwindbare Fragen im Zusammenhang mit der tatsächlichen Umsetzung auf.


Der Entwurf besticht durch seine Klarheit und Leichtigkeit. Die Verfasser wählen mit einer asymmetrischen Hängebrücke ein unerwartetes Tragwerk, das sich in die Topografie gut einfügt.


Die Länge der geraden und nur gering geneigten Geh- und Fahrbahnplatte ist auf ein absolutes Minimum reduziert. Der Kraftfluss ist folgerichtig und effizient: durch den Kraftschluss zwischen den Zugkräften im Tragseil und der Druckkraft im Brückenüberbau wird der Aufwand für die Gründung im Osten minimiert. Ebenso positiv wird der harmonische Wechsel vom Hänge- zum Stützsystem gesehen, gut sichtbar von der Wangener Straße aus. Zusammen mit einem schlanken Brückenquerschnitt entsteht ein zurückhaltendes und doch markantes Stadttor. 


Allerdings wirft die Wahl des Tragwerkes Fragen im Hinblick auf die Umsetzung auf. Die Seilverankerung auf der Westseite erscheint in der Umsetzung als sehr aufwändig, eine mögliche Notwendigkeit einer Schneise im Wald muss geprüft werden. Darüber hinaus wird ein erhöhter Wartungsaufwand für die Stahlseile erwartet. Im Falle der Realisierung müssten die Auswirkungen umfallender Bäume auf die Tragseile untersucht werden.


Durch die kurze Brücke sind aufwändige Wegeführungen insbesondere auf der Westseite notwendig. Das bestehende Wegekonzept wird nicht vollständig berücksichtigt. Die Eingriffe in die Natur und Landschaft sind erheblich, wodurch der Fledermauskorridor schwerwiegend beeinträchtigt sein wird und die Artenschutzverträglichkeit nicht vollständig gegeben ist. Die freiräumliche Gestaltung an den unmittelbaren Anschlüssen bleibt undefiniert, wie auch Aussagen zur Beleuchtung und ökologische Entwicklung der Freiräume fehlen.

Schnitt

Schnitt