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Einladungswettbewerb | 03/2022

HOLSTEN QUARTIER Baufeld 10 in Hamburg Altona

3. Preis

Preisgeld: 8.700 EUR

kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH

Architektur

hutterreimann Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das Areal gliedert sich in zwei Teile, zwischen denen sich der städtische Raum aufspannt: im Norden werden die originalen Fassaden des Juliusturmes ertüchtigt. Mit seinem neuen Turmaufsatz erinnert das Gitterwerk aus Backsteinen an die Industriekultur des historischen Hamburg Altona. Weithin sichtbar ist in diesem Turmaufsatz ein Saal enthalten, der dem gesamten Quartier als Festsaal dienen kann.


Im Süden verlangt das Areal mit seiner Folge von Bestandsbauten keinen weiteren vertikalen Akzent. Jedoch findet sich im Relief der Fassaden auch im Neubau an der Ecke ein weiteres Gestaltungsmerkmal aus Backsteinen: in Form von gemauerten Ziegel-Kanneluren wird der Eckbaukörper mit dieser besonderen Kontur zum gestaltprägenden Quartierseingang.

So lassen sich in diesem Baufeld mit nur zwei verschiedenen Formsteinen aus Backstein die charakteristischen handwerklichen Motive finden, die an die historische Handwerkskunst von Hamburg Altona erinnern und die dem Quartier seine Unverwechselbarkeit geben: Ziegelgitter und gemauerte Kanneluren.


Erläuterungen zum Entwurf:


Hotel:

Der Hotelbaukörper wird von Norden von der Planstraße A gut auffindbar erschlossen. Der im Nordwesten vorgesehene Einschnitt der Gebäudeecke schafft städtebaulich ein Gegengewicht zur Auskragung über der Schwankhalle und definiert den Eingang des Hotels. Hier befindet sich im Eingangsgeschoss die Rezeption mit dem Wartebereich und Grab&Go-Angebot. Die Tiefgaragenzufahrt trennt den Eingangsbereich von der östlich zur Schwankhalle orientierten Hotelbar, die als Ergänzung zur an diesem Vorplatz angebundenen Schaubrauerei in der Schwankhalle als Attraktor dient und gleichzeitig zum südlichen Platz hin vermittelt. Die Schaffung einer Gebäudefuge zwischen Hotel und Schwankhalle bindet den sich zwischen Juliusturm, Hotel und Schwankhalle aufspannenden Platzbereich an und aktiviert die nordöstliche Baufeld-Ecke als einen Aufenthaltsort im Quartier. Gleichzeitig wird dadurch die denkmalgeschützte Schwankhalle als Solitär städtebaulich freigestellt und deren architektonische Qualität auf besondere Art und Weise honoriert.


Auf Ebene 1 findet sich über dem Eingangsbereich des Hotels der Restaurantbereich im Piano Nobile mit Blick auf das Treiben im Quartier. Südlich an den Eingangsbereich im Erdgeschoss angrenzend schließt sich der Back-Of-House-Bereich mit Anlieferung und Hauswirtschaftsräumen an. Von hier aus sind die Servicebereiche der Obergeschosse auf kurzem Wege angebunden.

Die Zimmeretagen gliedern sich in die Geschosse 2-4 und 5-7, wobei im Gebäudekopf der Auskragung die attraktivsten Gästezimmer liegen.


Juliusturm:

Der Juliusturm wird als Sondernutzungsform mit Mikroapartments umgewidmet, die sowohl studentisches als auch Kurzzeitwohnen ermöglichen. Die Struktur der Bestandsfassaden wird hierbei behutsam aufgegriffen: An zwei Stellen mit im Bestand bereits vorhandenen hohen Fensterbändern werden gemeinschaftlich nutzbare, zweigeschossige Kommunikationsräume vorgesehen, die als funktionale Ergänzung zu den Kleinstwohnungen dienen. Städtebaulich wird der Juliusturm mit einer Aufstockung seiner Leuchtturmfunktion gerecht: Hier wird ein vom Quartier nutzbarer Festsaal vorgesehen, der als weit leuchtende Krone das Quartierszentrum beschreibt. Das Erdgeschoss wird durch ein zum öffentlichen Platz hin orientiertes Studentencafé aufgewertet.


Gewerbebau:

Der Gebäudekopf des südlichen Riegels wird in flexibel nutzbare Bürogeschosse (Ebene 2-7) und Flächen für Gewerbe im EG und 1. OG unterteilt. Die Bürogeschosse zeichnen sich durch ihre Kanneluren ab, die gestalterisch an das angrenzende Malzsilo anknüpfen, dessen vertikale Gliederung dabei gleichzeitig neu interpretieren und zu einer eigenständigen Architektur führen, die den Eingang des Quartiers betont. Die Geschosse gliedern sich in die vertikale Erschließungsebene in der Gebäudefuge, einen angrenzenden Funktionsbereich mit WCs und Aufzug und eine dreibündige Bürofläche, die flexibel einteilbar ist und gleichermaßen als Großraumbüro als auch kleinteilige Büroeinheiten genutzt werden kann. Das Raster von 1,35m ermöglicht hier maximale Flexibilität.


Schwankhalle:

Die Schwankhalle wird als transparente Gastronomiefläche umgewidmet, die sich nach Osten und Westen zum Freiraum öffnet. Im nördlichen Bereich der Halle repräsentiert die Schaubrauerei als vom öffentlichen Raum einsehbarer Ort die Geschichte des Quartiers.


Ökologische Aspekte/Nachhaltigkeit/Haustechnisches Konzept:

Die Gebäude werden massenoptimiert in Stahlbetonskelett- bzw. Massivbauweise mit hohem Anteil an Recyclingbeton konzipiert. Die vorgeschlagenen Fassaden aus ortstypischem Backstein reagieren auf die historische Bausubstanz und schaffen gleichzeitig eine langlebige, nachhaltige Architektur.


Für die Neubauten werden ca. 1500 m² Dachfläche als Gründach vorgesehen, wovon ca. 1200 m² mit Photovoltaikpaneelen die Energieversorgung des Areals unterstützen. Zusätzlich werden die Gebäude über Geothermiesonden mit Niedertemperaturwärme versorgt, die durch die Thermische Masse der Stahlbetonkonstruktionen mittels Betonkernaktivierung zur Optimierung der thermischen Behaglichkeit herangezogen wird.


Für den Bürobaukörper wird zusätzlich eine Nachtluftspülung über freie Fensterlüftung vorgeschlagen, der hochwirksame außenliegende Sonnenschutz verhindert hier die sommerliche Überhitzung.

Erläuterungsbericht Wettbewerb Holsten Quartier – Baufeld 10

Die Technikflächen für die Gebäude werden gem. der Realteilung verteilt. Für das Hotel wird ein Technikbereich im 1. Untergeschoss in der Ebene der Tiefgarage vorgesehen, von hier aus werden sowohl die öffentlichen Aufenthaltsbereiche als auch die Zimmergeschosse auf kurzem Wege technisch erschlossen. Durch die Lage im Untergeschoss kann die Dachfläche des Hotels von Technikaufbauten freigehalten und als 5. Fassade mit einer extensiven Dachbegrünung mit integrierten Photovoltaikelementen gestaltet werden. Für den Juliusturm wird zwischen den Mikroapartments und dem Festsaal ein Technikgeschoss (Ebene +9) vorgesehen, welches sich durch die in der Fassade vorhandenen Blindfenster optisch unauffällig in die Gestalt integrieren lässt.

Die je Baukörper separat ausgewiesenen Technikflächen ermöglichen problemlos eine Umstrukturierung der Flächen bei geänderter Mietsituation.


Brandschutzkonzept:

Brandschutztechnisch werden die Gebäude gem. der Realteilung als eigenständige Einheiten aufgefasst. Dadurch fällt lediglich der Juliusturm in den Hochhausbereich, dieser wird über ein Sicherheitstreppenhaus entfluchtet und zusätzlich mit einem Personen- und einem Feuerwehraufzug ausgestattet. Das Hotel wird vom Juliusturm entkoppelt und entsprechend nicht als Hochhaus ausgebildet. Dadurch kommt das Hotel mit zwei notwendigen Treppenräumen aus, deren Position auf die entstehenden Stichflurlängen reagiert. Der Gewerbebau wird über ein notwendiges Treppenhaus in der Gebäudefuge entfluchtet und zusätzlich angeleitert. Die Stellflächen der Feuerwehr befinden sich im öffentlichen Raum.


Tragwerkskonzept:

Hotel: Der Hotelneubau wird in seiner Tragstruktur als Stahlbetonkonstruktion bestehend aus umlaufender tragender Lochfassade, den inneren Flurbegleitwänden ab dem 2.OG und den aufgelösten Bereichen in Stützen und Unterzüge im EG und 1.OG sowie den einachsig gespannten Deckenplatten konzipiert. Die Gebäudeauskragung im 5.-7. OG wird über die auskragenden Wandscheiben der Flure und Fassade realisiert. Über eine lastverteilende Stahlbetonplatte bzw. Trägerrost oberhalb der Tiefgarage bzw. in diese integriert werden die Bauwerkslasten des Hotels auf die vertikalen Tragelemente der Tiefgarage und auf Sonderelemente in den Baugrund abgetragen. Als aussteifende Tragelemente dienen die Kerne, die Wand- und Deckenscheiben. Die Mengenoptimierung und -reduzierung der Betonkonstruktion wird maßgeblich über Verdrängungskörper in den Stahlbetondecken bzw. durch die Systemwahl einer Rippendecke erreicht.


Juliusturm:

Die erhaltenswerte Ziegelfassade des Juliusturms wird in seiner Ursprünglichkeit voll umfänglich in die neue Sondernutzung und deren Tragstruktur integriert. Dafür wird der Turm entkernt, durch eine Stahlkonstruktion gesichert, eine neue Tragkonstruktion aus Fertigteilelementen eingebaut und die Ziegelfassade angebunden. Die Aufstockung erfolgt über eine Leichtbau-Konstruktion in Stahlbauweise.


Schwankhalle:

Die Schwankhalle wird bis auf die denkmalgeschützte Struktur zurückgebaut und in das Nutzungskonzept integriert.


Freianlagen:

Der neu gestaltete Platz verknüpft auf spielerische Weise die nördlich und südlich angelagerten Bestands- und Neubauten. Erhöhte, mit Stauden bepflanzte Bauminseln strukturieren den Platz und bilden individuelle Räume, die zum Aufenthalt im Schatten der Bäume einladen. Vor dem zukünftigen Quartierszentrum im Süden des Platzes befindet sich neben klassischen Sitzbänken auch eine Sitzlandschaft (Leseinsel), die die Funktionen des Quartierszentrums im Freiraum ergänzt. Eine flache Wasserscheibe sorgt in den heißen Sommermonaten für Erfrischung (z.B. durch Nebeldüsen) und bildet einen zentralen Blickfang auf dem Platz.

Der etwas höher gelegene nördliche Platzbereich zwischen Juliusturm und Schwankhalle ist über eine zweistufige Freitreppe erreichbar, im Bereich des Juliusturms auch barrierefrei. Sitzstufen mit Blick auf den südlichen Platz laden zum Verweilen ein. Auch die Flächen für Außengastronomie (Schwankhalle, Hotelbar, Studentencafé) finden hier ausreichend Platz und aktivieren den Freiraum. Zwischen Hotelbar und Schwankhalle wird im Norden eine attraktive Eingangssituation geschaffen, welche neben einer Pflanzintarsie auch Möglichkeiten zum Sitzen beinhaltet. Eine Treppenanlage verbindet den Entréebereich und die nördlich verlaufende Straße mit dem Platz. Fahrradstellplätze befinden sich hauptsächlich in den Randbereichen entlang der Gehwege. Die erhöhten Pflanzinseln bieten ausreichend Substratstärke (120cm) für die Bäume (Acer campestre). Auf der Tiefgaragendecke wird Niederschlag über Wasserretentionsboxen zurückgehalten und an die Pflanzen zurückgegeben. Naturstein prägt die Platzfläche und verbindet die Freiflächen gestalterisch mit den bestehenden Gebäudefassaden. Zwei Gehbahnen aus Senatsplatten verbinden die gegenüberliegenden Straßenräume und knüpfen an die angrenzenden Gehwege an.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das neue Gebäudeensemble für das Baufeld 10 im Holsten Quartier überzeugt durch seinen ausgesprochen einheitlichen Gesamteindruck. Durch das Verständnis des Ortes, mit seinen identitätsstiftenden kontextuellen Parametern der ehemaligen Holstenbrauerei und der teilweise zu erhaltenden Bausubstanz, definiert der Entwurf eine klare ausdrucksstarke architektonische Erscheinung.

Durch das Freistellen der Schwankhalle und die Positionierung des Hotels entstehen städtebaulich spannende Synergien zwischen den Bauvolumen. Die hierdurch generierten Durchwegungen im Quartier bieten zusätzliche Möglichkeiten die Planstraße und den Juliusplatz zu verknüpfen. Nicht gänzlich nachvollziehbar in Ihrer monumental wirkenden Dimension und geschlossenen Ausgestaltung erscheinen die Rücksprünge des Hotels im Westen zur Schwankhalle hin und im Nordosten an der Planstraße. Die zweigeschossige transparente Betonung der nördlichen Hotelfassade ist eine qualitätsvolle bereichernde Geste für den Stadtraum und assoziiert die Kommunikation der Räume von innen und außen. Die Unteransicht so wie der westliche Kopfbau des Hotels wirkt zu hermetisch.

Die Grundrisse des Hotels weisen eine gut strukturierte und organisierte Einteilung für eine klassische Hotelnutzung auf. Allerdings können das Erdgeschoss und das 1. Obergeschoss die komplexen Anforderungen an die Raumorganisation und Funktionalität noch nicht gänzlich nachweisen. So sind beispielsweise verbindende Funktionen durch die Tiefgaragenrampe getrennt, die Hotellobby ist peripher, ohne Öffnung zum Innenhof platziert und es bestehen Konflikte zwischen dem Restaurant und der Zimmererschließung.
Der Juliusturm mit seiner Sondernutzungsform für Mikroapartments versucht behutsam die Bestandsfassaden an die spezifische Nutzung anzupassen. Von hoher Qualität sind die Positionierung der öffentlicheren Funktionen und deren Öffnung in den Fassaden zu den Plätzen hin. Einen gestalterisch gelungenen Abschluss bildet die Spitze des Turms dessen Funktion eines Festsaales für das gesamte Quartier zur Verfügung steht.

Das Bürogebäude weist durch die leicht zurückliegende gläserne Erschließungsfuge eine respektable materielle Distanz zum Malzsilo auf. Die Grundrisstypologie ist sehr flexibel geprägt und lässt sowohl Einzelbüros als auch offenere Büronutzungen zu. Obwohl die Notwendigkeit einer groß verglasten Fassade der Verkaufsfläche erkannt wird, scheinen vor allem der Sockelbereich aber auch der Dachabschluss noch nicht gänzlich optimiert.

Die Materialauswahl und die Farbnuancen der Klinkerfassaden und Bodenbeläge der Plätze hätten variantenreicher ausfallen können, um dem Quartier eine größere Lebendigkeit, ganz dem Charakter Altonas entsprechend, mitzugeben.
Die Freianlagen sind klar strukturiert und angemessen dezent gestaltet. Allerdings scheint die Barrierefreiheit der Plätze nicht gänzlich durchdacht.

Eine gestalterische Aussage zu den Dachflächen hinsichtlich Nutzung, Begrünung, Technikaufbauten, etc. sowie Nachhaltigkeitsaspekte, die das gesamte Projekt betreffen, werden grundsätzlich vermisst.
Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss OG 2-4

Grundriss OG 2-4

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht Nord

Ansicht Nord

Ansicht West

Ansicht West

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ansicht Nord (Gewerbebau mit Malzsilo und Sudhaus

Ansicht Nord (Gewerbebau mit Malzsilo und Sudhaus

Schnitt A-A

Schnitt A-A

Schnitt B-B

Schnitt B-B

Schnitt C-C

Schnitt C-C