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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2022

Hochbauliche, städtebauliche und freiraumplanerische Entwicklung Rathausumfeld in Flein

2. Preis

Preisgeld: 12.000

Mattes Riglewski Wahl Architekten GmbH

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Pfrommer + Roeder Freie Landschaftsarchitekten BDLA IFLA

Landschaftsarchitektur

Kruck + Partner Wohnbau und Projektentwicklung GmbH+Co.KG

Projektsteuerung

Erläuterungstext

Neue Mitte Flein

Rund um das Neue und Alte Rathaus entsteht Fleins neue Mitte. Der Beitrag zur Neugestaltung der verschiedenen Areale ist in einen Realisierungsteil und einen Ideenteil gegliedert. Der Realisierungsteil umschreibt, die im Eigentum der Stadt Flein befindlichen Grundstücke und deren Neuordnung. Im Ideenteil sollen die potenziale einer innovativen, attraktiven und lebendigen Mitte weiter aufgezeigt werden. Ziel der Entwicklung ist es öffentliche Nutzungen zur Attraktivitätssteigerung Fleins und qualitätvollen, modernen Wohnraum zu verorten.

Der neu gegliederte Platz vor dem Neuen Rathaus bildet den Auftakt des Quartiers. Durch die Neuordnung der Baumfelder verzahnt sich der Platz mit dem Straßenraum. Die vielfältigen Möglichkeiten einer Bespielung rücken in den Fokus der Ortsmitte. Brunnen, Wasserspiel, Baumfelder, Beleuchtung und der nun vorgeschlagene Weinpavillon, bilden die gestaltenden und belebenden Elemente des Platzes. Perspektivisch könnte südlich, im Bereich zwischen Platz und Unterer Weihergasse, eine wertvolle Markthalle entstehen, um regionale Produkte an Markttagen direkt im Zentrum zum Verkauf anbieten zu können.

Über die Kellergasse hinweg wird der Blick zur neuen kulturellen Ortsmitte Fleins, der Mediathek, frei. Diese verbindet sich mit dem historischen Rathaus zu einem spannungsreichen Ensemble aus alt und neu. Eine Revitalisierung des Alten Rathauses findet durch die vorgeschlagene barrierefreie Verbindung mit der modernen Mediathek statt. Die Mediathek findet sich als wichtiger Baustein in einem eigenen Gebäude wieder. Zukunftsweisende Bibliothek, Shop in Shop Café, Vortragsbereiche und Leseempore mit Co-Working Arbeitsplätzen definieren das Raumprogramm. In der geschützten Gasse entstehen ein „Grünes Lesezimmer“ und eine in Sommermonaten sehr schöne Außenterrasse.

Die sich in Richtung Westen entwickelnde Kellergasse wird zu einem verkehrsberuhigten Shared Space Bereich ausgebaut. Differenzierte Belagsoberflächen mit neuer Baumreihe und der bewusste Verzicht von Längsparkern bilden einen attraktiven Straßenraum in der Ortsmitte. Eine Stärkung der Aufenthaltsqualität, unter anderem der Gastronomie mit Außenterrassen, sind positive und gewünschte Effekte einer solchen Umgestaltung.

Im rückwertigen Bereich des neuen Rathauses wird die öffentliche Parkierung neu geordnet und sinnhaft platziert. Wegeverbindungen rund um das Rathaus werden geschaffen und Grünräume neu definiert. Oberhalb dieser Parkierungsfläche entsteht zukunftsträchtiges Wohnen in direkter Zentrumslage. Durch die vorhandene topographische Höhenlage ist die Tiefgaragenzufahrt direkt von den öffentlichen Stellplätzen aus, ohne den Bau von Rampen, möglich. Die Kellergasse wird bewusst von einer direkten Zu- und Abfahrt der Tiefgarage freigehalten, um diesen wertvollen Verkehrsraum belastungsfrei zu belassen.

Die vorgeschlagene Wohnbebauung mit Aussichtslage besteht in einem ersten Realisierungsabschnitt aus drei Baukörpern in ortsverträglicher Körnung. Die einzelnen Gebäudehöhen entwickeln sich der Topografie entsprechend. Grüne Außenräume mit hoher Aufenthaltsqualität liegen zwischen den einzelnen Häusern und verbinden diese zu einem attraktiven Wohnquartier. Im Ideenteil wird die Gruppe um weiter 2 Einzelhäuser bis zur Unteren Weihergasse entwickelt. Im Inneren der Häuser findet sich ein vielfältiger Wohnungsmix. Ziel der Entwicklung ist eine lebendige soziale Mischung, in der individuelle Wohnwünsche und Angebote für Familien mit Kindern, Singles und Paare aller Altersgruppen gleichermaßen Raum finden. Sämtliche Wohnungen werden barrierefrei erschlossen.


Die Gebäude der Wohnbebauung werden in dem zukunftsweisenden KFW 40 Standard errichtet. Um diesen Energiestandart zu erreichen, wird ein Konzept mit Wärmepumpe in Verbindung mit Solarenergie zum Einsatz kommen. Die Dachflächen werden mittels PV-Anlagen zur Energiegewinnung genutzt und begrünt. Durch den gewählten Substrataufbau auf den einzelnen Dächern wird der Wasserabfluss deutlich verzögert. Das in einer Zisterne gespeicherte Wasser („Schwammstadt“) dient zur Bewässerung des Innenhofes. E-Mobilität für Fahrräder und Automobile wird gefördert, indem der regenative, vor Ort erzeugte Strom in einer Batterie zwischengespeichert und als Energiequelle zu Verfügung gestellt wird.

Biodiversität und Insektenfreundlichkeit der Freiraumgestaltung und Bepflanzung wird gefördert. Dabei wird großer Wert auf Blühaspekten vom frühen Frühjahr bis in den Herbst. Obstbäume und Spalierpflanzungen sind in der Planung vorgesehen und nehmen Bezug auf die Pflanzungen historischer Ortskerne.



Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich überzeugt der Entwurf durch die gekonnte Setzung der Mediathek am Rathausvorplatz. Dadurch wird in Verbindung mit dem alten Rathaus ein zentraler öffentlicher Raum geschaffen, der eine angemessene Antwort für die neue Ortsmitte Fleins bildet. Kritisch wird die zurückhaltende Maßstäblichkeit der Mediathek gesehen, sowohl in der Raumgröße als auch Raumhöhe.

Interessant wird die Idee einer Markthalle in unmittelbarer Nähe zum Rathaus gesehen. Auch gelingt es dem Verfasser mit geringen Mitteln, die Außengestaltung des Rathausvorplatzes neu und einladend zu strukturieren. Kontrovers wird die Anordnung von Stellplätzen hinter dem Rathaus diskutiert, die eine städtebauliche Zäsur generieren und gleichzeitig keine Antwort auf die Topographie anbietet. Dadurch entsteht eine Hinterhofatmosphäre. Gleiches gilt auch für die südlichen Parkplätze an der Mediathek.

Die Anordnung einer ebenerdigen Tiefgarage mit direkter Zufahrt von den Parkplätzen wird positiv bewertet und bildet eine ebenerdige Plattform für die darauf stehenden Wohngebäude. Die Körnigkeit der Wohngebäude erscheint überzogen und widerspricht der kleinteiligen innerörtlichen Struktur. Hier wäre ein angemessener Umgang wünschenswert gewesen. Zwischen Rathaus und Wohnbereichen entsteht kein städtebaulicher Zusammenhang, die Anordnung, Kubatur und blockhafte Gestaltung der Wohngebäude wirkt zu massiv und isoliert. Die Idee, die Mediathek mit dem alten Rathaus über einen Steg im 1.OG zu verbinden, wird begrüßt und schafft eine großzügige Barrierefreiheit. Die Verbindung von Mediathek und Shop in Shop Café entspricht modernen Nutzungen. Allerdings fehlt diese Konsequenz bei der Anordnung von Lesegarten und grünem Zimmer. Auch entspricht die Fassadengestaltung der Mediathek nicht dem Duktus der Offenheit. Der Entwurf weist die wenigsten Wohneinheiten aller Wettbewerbsarbeiten auf.

Die Zugänglichkeit zu den Wohngebäuden über einen mäßig gestalteten Innenhof verfehlt eine klare Adressbildung. Begrüßt wird die alternative Darstellung der Wohngebäude bei Entfall des Bestandsgebäudes in der Unteren Weihergasse. Allerdings gilt auch hier das Problem der Maßstäblichkeit und Körnigkeit. Intensive Gedanken zur Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sind klar formuliert. In diesem Zusammenhang wird die Anordnung von begrünten Flachdächern und Photovoltaik kontrovers diskutiert. Die Verfasser machen keine Vorschläge zu weiteren gewerblichen Nutzungen. Insgesamt bleibt der Entwurf mit seinen städtebaulichen Kennwerten im unteren Bereich.

Der Entwurf besticht durch seine klare Haltung im öffentlichen Bereich, kann aber mit der Anordnung der Wohngebäude und der städtebaulichen Trennung nur eingeschränkt überzeugen.

Lageplan

Lageplan