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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2022

Neubau Rathaus und Gestaltung Dorfplatz in Odelzhausen

Anerkennung

Preisgeld: 8.000 EUR

KLP Kummer . Lubk . Partner Architekten Ingenieure Generalplaner

Architektur

Frank Kiessling landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAULICHE GRUNDIDEE

Die Ortsmitte von Odelzhausen ist geprägt durch eine gewachsene, teils lockere Bebauungsstruktur, die jedoch ein eindeutig definiertes Zentrum vermissen lässt. Hauptansatzpunkt ist daher die Bildung einer Gebäudekonstellation, die sowohl einen baulichen Schwerpunkt als auch eine adäquate Mitte mit Dorfplatz zulässt.

Hierzu wird eine abgewinkelte Gebäudefigur definiert, die den baulichen Hochpunkt im Eckbereich Markt-/Gartenstraße bildet. Der zur Marktstraße zurückgesetzte Gebäudeteil bildet zum einen den klaren Abschluss zum östlichen Grundstücksabschluss und gleichwohl die westliche Raumkante des neu definierten Dorfplatzes.

Das durchgehend 3-geschossige Gebäude wird durch eine Überhöhung der Ecksituation und einen Gebäuderückschnitt als Dachterrasse zur Gartenstraße als Volumen gegliedert, um sich in die umgebende Bebauung in Höhe und Kantenlänge in die Umgebungsbebauung einzufügen. Die Überhöhung im Eckbereich, mit dahinterliegendem Bürgersaal, bildet den neuen baulichen Schwerpunkt als zentraler Anlaufpunkt und definiert somit die Ortsmitte.

Das Abrücken des Neubaus von der östlichen Grundstücksgrenze sowie der Rückbau der rückwärtigen Bestandsbebauung bietet die Möglichkeit, den neu entstehenden geschützten Hofbereich einer neuen Nutzung mit eigenem Charakter zuzuführen – hier wird ein öffentlicher Garten vorgeschlagen, der sowohl Biergarten, Bürgergarten oder auch Rückzugsort sein kann.

Entlang der Gartenstraße wird das Gebäude im Übergang zur östlichen Nachbarbebauung zurückgeschnitten, nimmt die bestehende Bauflucht auf und definiert somit die Zufahrtssituation zur Tiefgarage. Gleichzeitig wird durch die entstehende Aufweitung der Auftakt zur fußläufigen Nord-Süd-Verbindung mit Biergarten östlich des Neubaus geschaffen. Auch die nördliche Gebäudeflucht kann durch Abrücken vom Bestandsgebäude und Aufweitung Richtung Garten Teil des Dorfplatzes werden und bespielt werden.

 


FREIRAUMKONZEPT

Der Neubau des Rathauses schafft eine neue Ortsmitte. Das Rathaus soll als zentraler Ort wiederentdeckt werden.

Hierzu wird ein attraktiver, multifunktionaler Platz vor dem Rathaus an der Marktstraße geschaffen,

Von der Gartenstraße und von der Marktstraße gelangt man zum Garten im Osten.

Der Marktplatz wird mit befahrbarem, oberflächenbehandeltem Pflaster einheitlich belegt. Der beigegelbe, warme Naturstein bildet eine changierende Farbfläche. Das Pflaster wird ohne Richtung (passe) verlegt, so dass durch die seitlichen Spaltflächen ein lebendiges Fugenbild entsteht.

Den barrierefreien unteren Platz fassen jeweils eine Baumreihe und die vorhandenen Gebäude ein.

Attraktion des Platzes ist ein zentrales Wasserbecken. Es begleitet die Besucher auf dem Weg ins Rathaus. Der Sitzrand des Brunnens lädt die Besucher zum Verweilen ein.

Der Platz bietet die Möglichkeit einen Markt um den Brunnen abzuhalten oder kleinere Veranstaltungen vor dem Rathaus durchzuführen. Er ist sparsam möbliert. Die Sitzmöglichkeiten beschränken sich auf den Brunnen sowie Bänken zwischen den Bäumen.

Die Außenrestauration der Gastwirtschaft und der Metzgerei bietet zusätzlich Möglichkeiten zum Aufenthalt.

Es erfolgt eine Pflanzung von Blauglockenbäume auf dem Marktplatz, von schmalkronigen, resistenten Ulmen auf der Nordseite und Ostseite des Rathauses, sowie im Biergarten die traditionellen Esskastanien.

Die blauen Blüten und die Blätter des Blauglockenbaums, die Nüsschen der Ulme und die Maronen sind essbar.

Die Verwendung von regionalem Naturstein als Oberflächenbefestigung ist dauerhaft und nachhaltig, da der Naturstein wiederverwendbar ist und aufgearbeitet werden kann.

Im Biergarten wird eine wassergebundene Wegedecke mit Kiesabstreuung hergestellt, die von einer Hainbuchenhecke als Sichtschutz umrahmt wird.

Vor der Metzgerei befinden sich die Kurzzeitparkplätze mit 2 Behindertenparkplätze und die Fahrradstellplätze. Es erfolgt eine Beleuchtung des Platzes durch Mastleuchten mit drehbaren Aufsätzen, die in die Baumreihen integriert sind. Die Bestückung der Leuchten erfolgt mit wartungsarmen LED. Das Energiesparen wird durch die automatische Anpassung an das Umgebungslicht durch die integrierte Dimmbarkeit der Leuchten erhöht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die vorgeschlagene Baukörpersituierung gliedert – insbesondere mit dem westlichen Teil des Rathauses – städtebaulich vorteilhaft den neu entstehenden Platzraum des Marktplatzes. Die neuen Raumkanten definieren einen überschaubaren, zu kleinen, aber durchaus attraktiven Platzraum. Die Blickbeziehung aus der vom Süden kommenden Marktstraße zum neuen Rathaus wird nicht wesentlich eingeengt. Die Rathausnutzung steht als Dienstleistungsangebot für die Bürger nicht nur in der neuen Dorfmitte, sondern zeigt sich von Süden exponiert, jedoch ohne Effekthascherei mit einer noblen Schlichtheit, die sehr zu begrüßen ist. 

Das freiraumplanerische Konzept folgt konsequent der städtebaulichen Grunddisposition. Der Dorfplatz erfährt somit eine städtebauliche Fassung an seiner Ost- und Südseite und öffnet sich zur Marktstraße. Die robuste, großzügige Grundstruktur und die vorgeschlagene Materialwahl mit Granitgroßpflaster sind sowohl aus gestalterischen als auch Nachhaltigkeitsgründen positiv zu bewerten. 

Überdies fügt sich der neue Dorfplatz unaufdringlich in den Gestaltungskanon der umgebenden Freiflächen ein. Brunnen und Maibaum akzentuieren maßvoll die Platzgestaltung. Flächen für Außengastronomie werden selbstverständlich auf den gebäudenahen Platzbereichen angeboten. Großbaumpflanzungen zonieren zu den Fahrbahnen, wobei die nördlich situierte Baumreihe eine nicht verständliche räumliche Abgrenzung zum Bestandsgebäude bewirkt. 

Der neue Platzraum des Marktplatzes stellt sich allerdings in einem inakzeptablen Maß kleiner dar als in der Auslobung gefordert und würde eine Reihe von Veranstaltungen auf dem Marktplatz nicht zulassen. Das Preisgericht erkennt darin das signifikante Defizit der Arbeit. 

Die für die vorgesehene Nutzung eigenständige anspruchsvolle Architektursprache unterstützt die Funktionen der Rathaus-, Verwaltungs- und Infrastrukturnutzung, ohne einen direkten Bezug zur baulichen Umgebung herzustellen.

In Teilen wird die Gesamthöhe des Rathaustraktes von der Glonn kommend (westlicher Zugang des Marktplatzes) als zu dominant empfunden. Diese kommt über die lichte Raumhöhe von 6,5 m Raumhöhe des Multifunktionssaales zustande. Die fensterlose westliche Wand des Rathausmultifunktionssaales wirkt als Wandscheibe massiv. 

Die Grundrisse erfüllen vollumfänglich das angeführte Raumprogramm und zeigen sich robust mit hoher Flexibilität für individuelle Nutzer. Besonders positiv hervorzuheben ist die getrennte Erschließung von Gewerbe und Rathausnutzungen. Die Abstandsflächen werden eingehalten, der Brandschutz ist ohne Einschränkungen gewährleistet und die Barrierefreiheit sichergestellt. 

Die dargestellten Fensterformate sind sowohl in der Brüstungshöhe als auch in der Fensterbreite für die noch nicht abschließend festgelegten Nutzungen problematisch und in Teilen ungeeignet. 

Die vorgehängte Klinkerfassade mit dem verschlämmten Rotton spricht eine eigenständige und wohltuende Gestaltungssprache, diese wird jedoch in Bezug auf das Umfeld des Dorfzentrums kritisch diskutiert, da sich diese als ortsbilduntypisch bzw. ortsbildfremd nicht in das Umfeld des Dorfplatzes einfügt. 

Positiv wird die Terrasse im 2. Obergeschoss bewertet. Bedauert wird, dass diese sich zur Gartenstraße und nicht zum Marktplatz orientiert. 

Die Tiefgaragenzufahrt ist übersichtlich, wurde an der richtigen Stelle ins Gebäude integriert und erfolgt über die Gartenstraße. Die Tiefgarage mit zwei Untergeschossen und 89 Stellplätzen erfüllt die Anforderungen an die vorgesehenen Nutzungen. Die Integration der Tiefgaragenrampe innerhalb des Gebäudes wird hinsichtlich der Freiraumqualitäten im Gebäudeumfeld und der Nachbarschaft begrüßt. 

Die Freiflächenplanung überzeugt im östlichen und nördlichen Bereich nicht, da zum einen ein Biergarten im Grundstücksbereich immissionsschutzfachlich sehr problematisch gesehen wird, wie die Außenbewirtschaftung im Norden, und zum anderen lässt das Wasserbecken und die vorgeschlagene Baumreihe eine multifunktionale Nutzung nur eingeschränkt zu. Die PKW-Stellplätze sowie die Fahrradabstellbereiche westlich des Rathauses sind in Bezug auf die Blickbeziehung und die Raumansprüche an den Platz wenig überzeugend. 

Eine wirtschaftlich günstige Umsetzung kann pauschal erkannt werden, zumal eine konventionelle Massivbauweise vorgeschlagen wird. Bezüglich Nachhaltigkeit und Energieeffizienz werden außer einer angemessenen Dämmung der Wände und einer PV-Anlage auf der Dachfläche keine weiteren Aussagen gemacht.