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Einladungswettbewerb | 03/2022

Ansgar To Huus – Leben unterm Kirchturm in Hamburg-Altona

Blick auf das Südgebäude von Süd-Osten

Blick auf das Südgebäude von Süd-Osten

ein 3. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

NEUSTADTARCHITEKTEN

Architektur

BSB Brandschutzberatung Kröger GmbH

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Die Ausformung der drei neuen Gebäude mit ihrem Außenraum verwebt den Neubau mit dem Bestand und der Umgebung. Durchblicke und Durchgänge schaffen Durchlässigkeit in die Nachbarschaft, geben Orientierung und lassen einen attraktiven hybriden Freiraum im Innenhof entstehen.


Suffizienz heißt mit Fläche und Materialien sinnvoll und sparsam umzugehen. Diese Haltung liegt unserem Konzept zugrunde und war u.a. entscheidend dafür den Gemeindesaal zu erhalten.


Außenraum und Gemeinschaft

Als Bindeglied zwischen den Baukörpern ist der Wohnhof gleichermaßen Platz, Durchwegung und Hof und regt an, Gemeinschaft zu stiften. Ein Durchgang durch den Westriegel verbindet den Grünzug des Othmarscher Mühlenwegs mit dem Hof und setzt Quartier und Projekt differenziert in Kontakt.


Sowohl die Treppenhauseingänge des West- und Südgebäudes, als auch die Tagespflege, Kita und die KGV Verwaltung werden über den Hof und den westlichen Durchgang erschlossen. Im östlichen Teil des Hofes befindet sich die Anlieferzone für Kita und Gäste der Tagespflege - mit kurzen Wegen zu den Einrichtungen.


Der Freiraum des Wohnhofes entwickelt sich von Süd nach Nord in Zwischenstufen vom halböffentlichen Raum hin zur privaten gemeinschaftlichen Freizeitfläche. Die individuellen Freiflächen mit Terrassen werden zugunsten der Gemeinschaft reduziert.


Der westliche Durchgang wird als Ereignisort inszeniert. Hier liegt ein Treppenhauseingang sowie der Kita-Eingang mit Karrenraum. Temporäres, geschütztes Fahrradparken für die Bewohner*innen als auch für Eltern und Personal ist hier möglich. Die Briefkästen für den gesamten Westriegel und eine kleine Fahrradreparaturstation schaffen informelle Begegnungen und halten den Hof von weiteren Einbauten frei.


Das Dach des Durchgangs bietet Schutz bei Veranstaltungen wie Hoffesten oder einem Flohmarkt. Die zentrale Hoffläche könnte mit flexiblem „Mobiliar“ ausgestattet werden, um auf verschiedene Anforderungen reagieren zu können.


Über das Foyer des Gemeindezentrums ist der Kirchplatz mit dem Wohnhof verbunden und eröffnet dadurch ein Mehr an Nutzungsmöglichkeiten. Barrierefrei ist er mit dem Aufzug des Treppenhauses erreichbar. Des weiteren erleichtert eine neue breite offene Treppe in Verlängerung der östlichen Zuwegung die Zugänglichkeit des Kirchplatzes. Eine Umgestaltung des Kirchplatzes ist empfehlenswert, um eine bessere Durchlässigkeit zu der Neubebauung zu gestalten.


Architektur und Baukörper 

Der Erhalt und das Freistellen des Gemeindesaals ermöglicht drei eigenständige Baukörper, deren Geschosshöhen je nach Nutzung differenziert werden. Die resultierenden Gebäudehöhen sind der Kirche untergeordnet. Die sich daraus ergebenden Sichtbezüge zur Kirche machen diese stets erlebbar.


Die Gebäude mit ihren hellen farbig differenzierten Putzfassaden und im Erdgeschoss und Staffelgeschoss abgesetzten Holzverkleidungen bilden ein Ensemble. Die Materialität setzt sich von derjenigen der Kirche ab, ohne in Konkurrenz zu treten. Einschnitte im Erdgeschoss lassen geschützte Außenbereiche entstehen. Die gestalterischen Themen der gefassten Balkone, des Sonnenschutzes und der Fassadenbegrünung wiederholen sich an allen drei Gebäuden.


Südgebäude 

Das Südgebäude nimmt die bestehende Gebäudekante entlang der Tiefgaragenabfahrt auf und wird Richtung Osten so positioniert, dass die Anlieferung per PKW möglich ist. Im Westen überbaut es nicht den Gemeindesaal, da das Foyer nicht die Raumhöhe des Gemeindesaals benötigt. Die Behindertenwohngruppe im 1.OG ist für 6 Personen geplant, damit kein Sonderbau mit 2 baulichen Rettungswegen erforderlich wird. Die gewünschten schaltbaren Gemeinderäume sind im Souterrain des Südgebäudes untergebracht. Eine gemeinsame Nutzung der WC's des Gemeindezentrums im EG ist möglich. Der Gemeindesaal wird nach Norden leicht verlängert. Eine Treppe und ein Lastenaufzug erschließen den Bestandskeller mit dem großen Lager. Über diesen Weg als auch durch den Fahrradraum im UG ist der Fundus der Zirkusschule unter der Kirche erreichbar. Die Bühne ist mit flexiblen Modulen herstellbar.


Westriegel 

Das Westgebäude ist so positioniert, dass eine 5m breite Vorgartenzone zum Othmarschen Mühlenweg entsteht. Das 3. Obergeschoss ist Richtung West und Ost eingerückt. Im Osten führt der 2. bauliche Rettungsweg für das 3.OG über die Dachterrasse. Die westliche Dachterrasse steht größtenteils der Gemeinschaft zur Verfügung und lädt zum Gärtnern oder sich Zurückziehen ein. Ausblicke Richtung Sonnenuntergang als auch in den Wohnhof sind von hier aus möglich. Die Kita ist im nördlichen Erdgeschoss des Westriegels untergebracht und über den Eingang im Durchgang erschlossen. Der über einen Nebenausgang erreichbare abgegrenzte Außenbereich schließt sich nördlich mit dem schattenspendenden Baumbestand an. Die sich anschließende Spielplatzfläche kann sowohl von Kitakindern als auch von den dort wohnenden Kindern genutzt werden. Die Tagespflege ist im südlichen Teil des Westriegels auf 2 Geschossen untergebracht und über zwei bauliche Rettungswege miteinander verbunden. Vom Foyer und Speiseraum ist das Außengelände barrierefrei erreichbar.


Ostriegel

Die KGV Verwaltung ist gut auffindbar im südlichen „Kopfbau“ des Ostriegels mit separatem Eingang verortet. Der gewünschte Außenraum erstreckt sich zum Wohnhof. Die Wohnungen werden von Osten erschlossen und sind mit ihren Wohnräumen und Freisitzen Richtung Westen orientiert. Alle Wohneinheiten sind barrierefrei erreichbar und verfügen über schwellenlose Freisitze. Der Wohnungsmix beider Gebäuderiegel besteht aus 1-6 Zimmer Wohnungen, die zu 70% förderfähig sind und zusammen 2.700m² Mietfläche (Ost 1625m²; West 1.072m²) betragen. Die Mietfläche ist in den Grundrissen eingetragen.


Untergeschoss

Die Tiefgarage ist baurechtlich eine Mittelgarage. Insgesamt sind 44 Stellplätze möglich, von denen 35 Stellplätze als Stapelparker (Combilift) vorgesehen sind. Weitere 4 Stellplätze befinden sich im Zufahrtsbereich im Außenraum. Es gibt 2 große Fahrradräume im Untergeschoss. Einer befindet sich unterhalb des Gemeindesaals im Rampenbereich. Im Untergeschoss befindet sich für sämtliche Nutzer*innen der Müllraum. Im Westgebäude ist eine große Waschküche eingeplant.


Brandschutz

Hohe Priorität hatte der Gedanke, dass der Innenhof von jeglicher Feuerwehraufstellfläche frei bleibt und so seine Qualitäten entfalten kann. Die Feuerwehr kann sich in der Zufahrt zur Tiefgarage aufstellen und mittels Steckleiter bis zum 2.OG der Gebäude Personen retten. Im 3.OG sind jeweils 2 bauliche Rettungswege über die Treppenhäuser ausgebildet (Ostriegel: notwendige Flure und Fluchtbalkon; Westriegel: notwendige Flure und Rettungsweg Dachterrasse). Es sind keine Sicherheitstreppenhäuser notwendig.


Energetisches-nachhaltiges Konzept

Die Gebäude sind im Effizienzhaus 40 EE- Standard mit einer gut gedämmten Gebäudehülle mit 3-fach verglasten Fenstern geplant. Die dafür erforderlichen Außenwände bestehen aus monolithischen Porotonsteinen (Ziegel), die mit Perlite gefüllt sind, ohne zusätzliche Dämmung auskommen und beidseitig mineralisch verputzt werden. Teilbereiche des Erdgeschosses und Staffelgeschosses erhalten auf tragendem Hintermauerwerk eine gedämmte vorgehängte Fassade mit horizontaler Holzverkleidung. Im Sinne der Weiterverwendung der Materialien nach der Nutzungsphase des Gebäudes, wären die v.g. Materialien gut voneinander trennbar. Nach heutigem Stand ist Ziegelmauerwerk im Downcyclingverfahren in anderen Produkten weiter verwendbar. Die Entwurfsverfasser können auf Erfahrung mit dieser wirtschaftlichen Bauweise zurückgreifen.


Für den sommerlichen Wärmeschutz sorgen Schiebeläden mit Holzfüllung vor den Fenstern bzw. Sonnensegel/Senkrechtmarkisen im Bereich von Loggien und Balkonen, die von den Nutzer*innen betätigt werden.


Die Gebäude werden, gemäß Auslobung, an die Fernwärme mit niedrigem Primärenergiefaktor angeschlossen. Das Heizungswasser zirkuliert in den Gebäuden und erwärmt das Trinkwasser wohnungsweise über sogenannte Frischwasserstationen (Wärmetauscher) – Legionellenbildung ausgeschlossen. Die innenliegenden Bäder werden entlüftet. Eine weitergehende Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist nicht vorgesehen.


Die Flachdächer sind als Gründächer geplant, die die Unterkonstruktion für die PV-Module mit ihrer Auflast integrieren. Energiegenossenschaften bieten PV-Anlagen im sogenannten Mieterstrommodell an. Die Eigentümer verpachten die Dachfläche, die Energiegenossenschaft investiert in die PV-Anlage, organisiert die Stromabrechnung und verkauft die Stromernte an die Nutzer*innen. Sowohl die Dachflächen als auch das Tiefgaragendach eignen sich als Retentionsflächen.


Die Fassaden sind so gegliedert, dass sich geschlossene Wandbereiche bilden, die sich für erdgebundene Fassadenbegrünung eignen. Rankhilfen an den Balkonen und Freisitzen stehen den Nutzer*innen für weitere rankende Begrünung zur Verfügung und spenden zusätzlich Schatten.


Die bestehende Kita kann während der Abbruch- und Bauphase temporär in Containermodulen ausgelagert werden. In Abhängigkeit mit der Baustelleneinrichtung und der Zugänglichkeit der Kirche sind diese aufzustellen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf erhält den Gemeindesaal ohne ihn zu überbauen und lässt darüber eine Sichtverbindung vom Hof auf die Kirche zu. Im Innenraum wird über das Foyer und eine innenliegende (Sitz-)treppe eine Verbindung zum Hof geschaffen, die positiv bewertet wird. Auch der Durchgang zum Othmarscher Mühlenweg im Westflügel stärkt die Verknüpfung mit der Umgebung. Besonders gelungen ist die differenzierte Zonierung des Innenhofes durch die Lage der Erschließung und der Balkone im Ostflügel. Die lebendige Gestaltung der Westfassade zur grünen Wegeverbindung wird positiv gesehen, die Höhensstaffelung zum Grünraum erfolgt jedoch nur unzureichend. Die Hofsituation ist lebendig und ermöglicht Gemeinschaft und Kommunikation, aber auch Rückzug. Die Erschließung der Tagespflege und der Kita über den Hof sind gut gelöst. Die Anordnung der KGV-Büros überzeugt. Die Wirtschaftlichkeit liegt in einem guten akzeptablen Bereich. Hinsichtlich der ökologischen Kriterien werden die monolithische Bauweise und der Einsatz von Photovoltaik positiv bewertet, während die Eignung einer Putzfassade mit Fassadenbegrünung gestalterisch und hinsichtlich laufender Kosten in Frage gestellt wird. 


Die Positionierung des Südriegels ist nicht vollständig überzeugend, die räumliche Enge an der östlichen Grundstücksgrenze und die starke räumliche Abtrennung des Wohnhofs kann nicht gänzlich überzeugen. Der westliche 5m-Abstand zum Othmarscher Mühlenweg wird nicht eingehalten (überschritten um ca. 1,20 Meter). Hier muss der 5m Abstand zum Othmarscher Mühlenweg eingehalten werden, damit der Entwurf zur Realisierung kommen könnte. Zudem entspricht der viergeschossige Westflügel nicht den Vorgaben der Auslobung, es müsste im 3. Obergeschoss erheblich an Fläche reduziert werden. Die monotone Lochfassade auf der Ostseite kann nicht gänzlich überzeugen. 


Die Realisierung der geforderten und zu errichtenden 30% bodengebundener Fassadenbegrünung wäre in einer weiter Bearbeitung zur Umsetzung zu überarbeiten. Ein Gesamtkonzept zur Nutzung des Grau- und Regenwassers zur Bewässerung der Fassaden- wie auch Dachbegrünung muss mit einbezogen werden. Außerdem sollte das Thema des Animal Aided Design stärker aufgegriffen werden.  

Blick in den Innenhof von Norden

Blick in den Innenhof von Norden

Kirchplatz und Wohnhof, Durchwegung, Bestand im Neubau integriert

Kirchplatz und Wohnhof, Durchwegung, Bestand im Neubau integriert

Grundrisse 1.-3.OG

Grundrisse 1.-3.OG

Schnittansichten West- und Südflügel

Schnittansichten West- und Südflügel

Schnittansichten West- und Ostflügel

Schnittansichten West- und Ostflügel