Award / Auszeichnung | 04/2022
BDA-Architekturpreis Nike 2022
©Rory Gardiner
Blick vom Besselpark
Ein neues Haus für die taz
DE-10969 Berlin, Friedrichstraße 21
Shortlist / Kategorie "Atmosphäre"
Landschaftsarchitektur
SMV Bauprojektsteuerung Ingenieurgesellschaft mbH
Projektsteuerung
Projektsteuerung
Schnetzer Puskas Ingenieure AG
Bauingenieurwesen
GuD Planungsgesellschaft für Ingenieurbau mbH
Tragwerksplanung
Fassadenplanung
TGA-Fachplanung
PHA Planungsbüro für Haustechnische Anlagen GmbH
TGA-Fachplanung
Bauphysik
Energieplanung
hhpberlin - Ingenieure für Brandschutz GmbH
Brandschutzplanung
Projektdaten
-
Gebäudetyp:
Büro-, Verwaltungsbauten
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Projektgröße:
keine Angabe
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Status:
Realisiert
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Termine:
Baubeginn: 11/2015
Fertigstellung: 10/2018
Projektbeschreibung
Das strukturelle System neuen Hauses ist als Netz ausgebildet. Mit möglichst wenigen Elementen soll die grösstmögliche Belastbarkeit erreicht werden. Es ist eine Struktur, in der alle Teile gleichviel leisten müssen und nur zusammen Stabilität erreichen. Es ist ein System ohne Hierarchie. Die architektonische Anmutung des neuen Hauses für die taz wird so Struktur und Sinnbild der Organisation zugleich. Nach aussen hin tritt die Netzstruktur des Hauses als filigrane Schicht mit französischen Balkonen in Erscheinung. Sie umspannt den Neubau und verleiht ihm seine Leichtigkeit. Die Struktur ermöglicht es den Nutzern hin¬auszutreten und punktuell ihren Arbeitsplatz in den Außenraum erweitern zu können.
Die Hauptstruktur besteht aus diagonalen Verstrebungen entlang Gebäudehülle und erfordert keine zusätzliche Unterstützung auf der Innenseite. Die dreizehn Meter tiefen Büroflächen schaffen eine Werkstattatmosphäre und ermöglichen eine Vielzahl unterschiedlicher Arbeitsformen. Im Zentrum des Gebäudes verbindet eine vertikale Treppenskulptur die Geschosse miteinander. Aufgrund ihrer Dimension und Plastizität mehr ist sie jedoch mehr als nur eine Erschliessung: Sie ist die vertikale Fussgängerzone des Hauses. Die Zwischenpodeste sind Orte der Begegnung und informellen Austauschs. Hier atmet das Gebäude und fördert die spontane Kommunikation.
Die Architektur, Fassade und wenig aber intelligent eingesetzte Gebäudetechnik sind optimal aufeinander abgestimmt, so dass ein Gebäude –und Technikkonzept entwickelt werden konnte, mit welchem hohen Nutzerkomfort mit minimalem Energieaufwand erreicht wird. Es wird der Grundsatz verfolgt den Nutzern viele individuelle Einflussmöglichkeiten zu geben, keine Wärme ungenutzt entweichen zu lassen sowie die Lüftung und Kühlung möglichst natürlich zu gestalten.
Über den ganzen Gebäudekomplex werden möglichst ausgeglichene Verhältnisse geschaffen, wodurch die Heiz- und Kühlperioden kurz gehalten werden können, und es zwischen diesen Perioden oft längere energiefreie Übergangszeiten geben wird. Die offenen Raumstrukturen gleichen zudem etwaige klimatische Unterschiede zwischen den verschiedenen Fassadenausrichtungen natürlich aus. Durch die konsequente Reduktion der thermischen Lasten werden die Energieumsätze in den Räumen auf ein Minimum reduziert, was sich positiv auf den Energieverbrauch, aber auch den thermischen Komfort auswirkt.
Beurteilung durch das Preisgericht
2014 hat das Zürcher Architekturbüro E2A Piet Eckert und Wim Eckert den Wettbewerb für den Neubau der taz, der tageszeitung, für sich entscheiden können. 2018 wurde der in ökologischer, ökonomischer und konzeptioneller Hinsicht ehrgeizige Bau fertiggestellt. Das Gebäude ist ein markanter Beitrag zu Architektur und Städtebau im Kunst- und Kreativ-Quartier Südliche Friedrichstadt.
Das Verlagshaus befindet sich an der Friedrichstraße und damit im historischen Zeitungsviertel Berlins. Das Grundstück liegt südlich vom Gelände des ehemaligen Blumengroßmarktes, dem heutigen Besselpark. Nach Süden schließt das Gebäude eine Ecke in einem Block, hält dort die Berliner Traufhöhe von 22 Metern ein, um dann zum Park hin um ein Geschoss höher zu werden. Es ist um einen Innenhof angelegt, der nach Osten durch eine Fluchttreppe abgeschlossen wird.
Der Neubau hat ein Stahlbetonskelett mit vorgehängter Glasfassade. Es gibt umlaufende französische Balkone, die Geländer mit unauffälligen Stahlnetzen, und, in einer weiteren Schicht, ein massiv wirkendes selbsttragendes Gitter aus Stahl. Es folgt in seiner Form der Tragwerkstruktur aus schräg gesetzten Stützen im Innenraum, die dort eine Spannweite von 13 Metern erlauben. Die Stahlstreben außen ziehen sich diagonal, vertikal und horizontal über die gesamte Fassade und formen das Bild von sich jeweils über zwei Geschosse erstreckenden Rauten.
Die großzügige Netzstruktur ist durchaus symbolisch im Sinne der Auftragsgeberin als Form ohne Hierarchie zu lesen, sie spielt absichtsvoll auf die berühmte Konstruktion des Shabolovka-Radioturms Vladimir G. Shukhovs aus den 1920er Jahren an. An Industrieästhetik erinnern auch die Materialien des Gebäudes, Streckmetallgeländer, Sichtbeton und Stahl, dazu Noppenböden aus Kautschuk.
Die 5.400 Quadratmeter stützenfreie Nutzfläche verteilen sich auf sieben Geschosse. Der Eingang in der Friedrichstraße führt in das öffentlich zugängliche Erdgeschoss. Im obersten Geschoss befindet sich ein doppelstöckiger Panoramaraum. Die weiteren Etagen verfügen über kleine Büros an der Brandwand im Süden und nach Norden, zum Park hin, über offene Flächen. Dazwischen liegen doppelstöckige Besprechungsräume und eine großzügige offene Treppenanlage. Das erlaubt eine große Flexibilität in der Nutzung und kommt unterschiedlichen Kommunikations- und Arbeitsformen entgegen.
Prof. Dr. Susanne Hauser, Kulturwissenschaftlerin und Architekturtheoretikerin
©Rory Gardiner
©Rory Gardiner
Fassadenansicht aus der Hedemannstraße
©Yasu Kojima
Erdgeschoss,Café
©Yasu Kojima
Redaktions -und Konferenzraum, Richtung Friedrichstrasse
©Yasu Kojima
Bürogeschoss
©Yasu Kojima
Blick durch das taz.Panorama